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für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt Leo Königlichen Gerichtsamteo und Le» StaLtrathes zu DischofswerLa. >1871 Mittwoch, den LS. Januar Vies« Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch« und Sonnabend«, und kostet einschließlich der Sonn abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljShrlich 12^, Rgi. Inserate werden bi« Dienstag« und Freitag« früh 8 Uhr angenommen und kostet die gespaltene LorpuSjeile oder deren Raum 8 Pfennige. M7^ Run-schau. Seit Beginn des Krieges war wohl kein Zeit abschnitt so ereignißreich, als die vergangene Woche. Drei französische Armeen: im Osten unter Bour baki, im Westen unter Chanzy, im Norden unter Faidherbe wurden geschlagen und von ihrem Ziele, Paris zu entsetzen, hoffentlich für immer abgedrängt; außerdem erklärte König Wilhelm sich zum Kaiser des geeinigten Deutschlands. Jahre kommen und gehen, Geschlechter steigen in'S Grab, aber wie sich auch die Dinge der Zukunft gestalten mögen, wie auch die Anschauungen und Verhältnisse der später Lebenden sich wandeln werden in dieser wandelbaren Welt — sie werden den Tag des 18. Januar 1871 als einen Tag von höchster welt geschichtlicher Bedeutung bezeichnen und mit Genug- thuung auf den Fürsten blicken, der den sehnlichsten Wunsch oes deutschen Vaterlandes in Erfüllung brachte, dabei gelobend, „allezeit Mehrer des Reiches zu sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Ge sittung." Die Geschichte geht ihre eigenen Wege und das Schicksal ist nicht selten ironisch! In eben jenem Schlosse, wo Frankreichs übermüthige Beherrscher so oft die Pläne zur Zerreißung und Vernichtung Deutschlands schmiedeten, ward unter dem Donner der Kanonen, die das stolze Paris bombardiren, die Einheit und die neue Größe Deutschlands be siegelt. Frankreichs Uebermuth, der uns zum Kriege zwang, ward die Ursache dieses großen Ereignisses; der'Manu auf Wilhelmshöhe aber — erscheint er jetzt nicht wie „ein Theil der Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft?" Und welch' ein Gegensatz zwischen den beiden kämpfenden Völkern: hier Aufblühen, dort Niedergang; hier Zusammen- fassen, dort Zersetzung! Während in der neuen deutschen Kaiserstadt der Jubel widerhallt, windet sich die Weltstadt an der Seine in den Um armungen des eisernen Gegners, der sie mehr und Mehr erdrückt. Was auch fränkische Prahlerei sagen mag: dem Riesenkinde beginnt der Äthern auszugehen und der Anfang de» Ende» steht nahe bevor. Sechrulldiwaniigster Jahrgang. Gewiß, Paris wird bald fallen, aber auch diese» „Bald" dürfte Wochen und nicht Tage ausmachen. Das Bombardement in seiner jetzigen Allgemeinheit drückt, so lange noch Lebensmittel vorhanden sind, weniger die Stadtbevölkerung nieder, als es viel mehr die bewaffnete Macht demoralisirt. Die Be völkerung kann zum Theil über die Seine flüchten, wohin die Wirkung unserer Geschosse noch nicht reicht; sie kann in die Keller retiriren und wenn sie sich der Gefahr aussetzt, so ist es nur zeitweise bei den durchaus nöthigen Passagen. Die zahlreich bewaffnete Mannschaft dagegen, welche ohnehin mancherlei Elemente innerer Auflösung in sich trägt, kann sich in solcher Weise nicht schützen — und wenn auch wirklich die Opfer, die das Bombardement fordert, nicht sehr bedeutend sein möchten, so demoralisirt bekanntermaßen nichts mehr als ein unthätiges AuS- harren iw groben Geschützfeuer. Die unglücklichen Ausfälle, die Trochu wirklich nur zur Beschäftigung der Truppen zu machen scheint, werden nebenbei die völlige Auflösung der Disciplin vorbereiten und damit die Uebergabe beschleunigen. Der Fall von Straßburg dürfte einige Analogie bieten. Weder der Hunger noch die Verzweiflung der Bevölkerung erzwangen die Capitulation, sondern lediglich die gebrochene Disciplin der Vertheidiger,- welche der Commandant nicht mehr zur Vertheibigung der erst beginnenden Breschen zu zwingen vermochte. Es wäre mehr als Leichtsinn, wollten die Pariser immer noch ans Entsatz hoffen. Alle drei Armeen, die den Entsatz bringen sollten, sind nunmehr voll ständig besiegt. Am schlimmsten ist jedenfalls die Westarmee unter Chanzy daran; sie scheint gar nicht mehr mitzuzählen. Aber auch Bourbaki's Ostarmee, auf die man selbst in Deutschland mit einiger Besorgniß blickte und von der Frankreich Alles hoffte, ist von den Truppen des Generals Werder anf's Haupt geschlagen und wird ununterbrochen verfolgt. Die Nordarmee unter Faidherbe erlag dem wackeren General Göben, der ebenfalls die Verfolgung derselben energisch fortsetzt. Da sollte man doch in der That meinen, daß die Franzosen am Ende ihrer Illusionen angekommen sein müßten. Aber nein; im Gegentheil sucht die französisch« Regierung auch jetzt noch da» Feuer de»-' Grimm» in den Herzen der Landeskinder mit allen möglichen