Volltext Seite (XML)
1865. Mittwoch, den 1L. Deeembe? öscha«. Vies« Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs udd Sonnabends, und testet viertel)Lhrlich 12j N-t» Inserate werden nur bi« Dienstag und Freitag früh 8 Uhr angenommen. Bischofswerda Stolpen und ltmgcgenp» Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamtes und Les ItaLtrathe» z« DifchofsDer^ch^ Dec 12. December ist ein für unS Sachsen hoch bedeutsamer: gestern vor 64 Jahren erblickte unser König Johann das Licht der Welt. SachsenS König ist einer der wenigen Fürsten, welche in ihrem Privatleben wie in ihrer öffentlichen Wirk samkeit die Feuerprobe jeder Kritik bestehen. Man kann von ibm sagen, daß er die Krone mehr, alS die Krone ihn ziert. Es ist daher nicht eine her gebrachte Huldigung, daß man gestern im ganzen Lande durch Militär-Reveille, durch feierliche Acte in Behörden und Schulen, durch Gottesdienst, wie durch Galas-Diners, durch Armenspeisungen wie durch brennende GaSpyramiven, durch Vorträge in wissenschaftlichen Kreisen wie durch glänzende Sot- räen bet hochgestellten Regierungsbeamten, durch feierliche Gratulation am Hofe wie durch anonvwe Gedichte in der Presse den Geburtstag beS KönjgS feierte, — denn man fühlte eS aus jedem Tone, jeder Handlung, jedem Worte heraus, daß diese Feser nicht der Krone, daß sie der Person des Mo narchen galt. Und wir haben in Sachsen auch ei« Recht hierzu und man muß unsere Nachbarn reden hören, mit welcher Hochachtung sie den «heuern Namen „Johann" erwähnen, um unS be wußt zu werden, was wir an ihm besitzen. In diesem Augenblicke sind in seinem Auftrage mehrere Commissionen des Landtags in Dresden beschäftigt, Gesetze auSzuardeiten und zu begutachten, welche, wenn sie eingeführt sind, unser Vaterland um rin gut Stück weiter in seiner Entwicklung gebracht haben werden. Man weiß nicht, welchem Gesetze man die größere Wichtigkeit beimeffen soll: der neuen Proceßordnung, der Kirchenordnung oder dem über die Reform der Verwaltung. Laut und schreiend sind die Mißstände, welche unser bisheriges Proceßverfahren mit sich führt und wer jemals in der unglücklichen Lage war, einen längeren Proceß führen zu müssen, kennt die tausenderlei Schwierig keiten, die unsäglichen Scherereien, die harrenden Gerichts- und Advoratenrechnungen, denen er un rettbar verfiel. Wie viele haben sich, nachdem sie Swanzitjster Jahrgang. einen Proceß verloren, wo das sonnenklarste RkD auf ihrer Seite war, gefragt: ob denn wirklich Wr Gerechtigkeit im Lande sei? Und worin lag dies? In dem widersinnigen Verfahren, der PeweiSgiltig- keiiS-Theorte, in de« Mangel an Orffentlichken und Mündlichkeit. Alle diese schreienden Gebrechen sollen möglichst beseitigt werden. — Die Kirchen ordnung aber, so viele Ausstellungen MM auK noch gegen den Entwurf erheben mag, ist wenigstens rin Anfang zu einer geregelten, gesetzmäßigen Ver tretung der evangelisch-lutherischen Kirche. ES ist in der That eigcnihümlich, daß, während die katho lische Kirche, ja die Reforwirien und selbst tie Is raeliten eine geordnete Kirchenvertretung haben, die Landeskirche SachsenS einer solchen noch rntbrhA daß das, was den Gemeinden noth »Hut, nicht auSgesührt werden kann, weil «S an passender Organen hierzu fehlt. Selbst die. Merzte hadeo tll der Mericinalverfassung eine Vertretung ihrer In teressen, und die Gesammtheit des Landes sollte ohne Vertretung bleiben? WaS endlich die Vertrauensmänner anlqtrgt, die Anfang Januar in Dresden zusammentretesi, M werden sie die tirfeinschneidendsten Fragen beschäf tigen: Soll auch in der ersten Instanz, den Uftter« gcrichten, die Justi» von der Verwaltung getrennt werden? Soll eine Umarbeitung der StätzteordrtuNg vorgenommen werden, wobei u. A. die zahlreich« Claffe der Schutzverwandten, welche bisher zWM den größeren Theil der städtischen Abgaben zahlte«, aber in den Stadlverordnelen-Collegien picht »S- treten waren, zu einiger Vertretung gelangen? Sollen endlich die KreiSbirectionen aufgehoben, dir 2. Instanz abgeschafft werde«, da sich bekanntlich selten Jemand, der von der KreiSkrreUlön abfällig beschieden wurde, hiermit beruhigt, sondern regel mäßig RecurS an'S Ministerium ergreift und jö- mit den Behörde« dieselbe Arbeit zweimal zu Kun obliegt? Alles dies find Gesetze, die unser« ganzen fentlichen Leben eine andere Gestalt geben werden und die Regierung stellt hiermit dem Lande rük hohe» Zeugntß der Reife auS, daß sie eS in all«? den genannten Gebieten für fähig erklärt, »en