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Sonnabend, den 4. November. Deutschland. Man begegnet jetzt wieder öfter der Ansicht, daß im staatlichen Leben nur das-zu bestehen berechtigt, waS sich zu behaupten befähigt sei. Wer diesen mehr kühnen als wahren Grundsatz bestreitet und etwa gar darauf hinweist, mit demselben werde doch eigentlich die Lehre gepredigt, daß Macht vor Recht gehe, der kann zwar das Lob eines recht biedern Mannes ernten, ist aber sonst in Gefahr, von gar Manchem in politischen Dingen für einen beschränkten Kopf gehalten zu werden, der nicht zu begreifen im Stande sei, daß die geschicht liche Entwickelung ihren Gang gehe, unbekümmert um daS, waS in einer bestimmten Zeit von Bielen für gutes Recht gehalten werde. Dabei wird denn hingewieseu auf so viele Ereignisse, durch welche Vorhandenes trotz seines Rechtes untergegangen sei, weil eS eben nicht die Macht gehabt habe, sich zu behaupten. Das ist wahr; aber ein Anderes ist es, Thatsachen anerkennen, ein Andere-, allgemeine Grundsätze aufstellen. Im preußischen Volke ist gegenwärtig unverkennbar Partei in Preußen die Ansicht gewönne, die jetzt ßische Verfassung sei nicht lebensfähig, vermöge ! zu halten und dürfe deshalb beseitigt werden nur die Macht dazu vorhanden sei? was Liberalen dazu sagen? Solch ein halb wahrer, Mb falscher Grundsatz ist eine gar zweischneidige Waffe, upd man soll sich gar wohl hüten, ihn als politische LehrA - zu verkündigen. Ueber die in allen Zeitungen so viel besprochene» preußischen und österreichischen Noten bemerkt die,L. Z ", daß sie unmittelbare practische Folgen nicht zu haben scheine. Der Nationalverein hat unangefochten in Frank furt getagt. Angesicht« der Politik , welche-die öster reichische Regierung seit zwei Jahren befolgt hat, von der Affaire von Rendsburg bis zur Gasteiner Conven- i tion und der Bedrohung der Bundesstadt Frankfurt nimmt ein Wiener Blatt, die „Abendpost?, keinen An stand, zu erklären, daß Oesterreich di« Verbindung mit Deutschland als eine Lebens bedingung kür sich selbst, be trachte und auf jede Gefahr hin an derselben festMten werde, auch wenn die Geschichte eS nicht zur „Präsitüal- macht" und damit zur „schirmenden Spitze" des Bunde- Wochenblatt . Bischofswerda, Stolpe« u«d UmgegeM " ' " ' — — ' Amtsblatt -es Königlichen Verichtsamtes und -es Ita-trathes zv Difchsfswer-M - .— —, —' ...——— . - - --- ---''t - f Viese Zeitschrift erscheint^wöchenttich zwei Mal, Mittwoch- upd Sonnabend-, und kostet vierteljckhüich121 «gr. Inserate werden nur bi« Dienstag und Freitag früh 8 Uhr angenommen. — —- - -- -' ----- der Drang nach Machterweiterung vorhanden. Aber freiwillig wird sich, trotz des Vorganges der Lauen burger, kein deutscher Staat dazu verstehen, etwa mehr oder weniger preußisch zu werden. Denn dem Drange der Preußen nach Vergrößerung kommt ein entsprechen- der Drang der übrigen deutschen Stämme, in Preußen baldmöglichst aufzugehen, dermalen nicht entgegen, auch nicht in Schleswig-Holstein. Wenn nun jetzt, wo es sich um Machterwciterung des preußischen Staates ban delt, auch Mitglieder der liberalen Partei des preußischen Volkes der im Eingang erwähnten Ansicht hulvigen, so geben sie damit eigentlich den Standpunkt auf, von dem auS sie bis jetzt ihren VerfaffungSkampf gekämpft haben. Worauf beruht denn in diesem Streite die Hoffnung der liberalen Partei auf Sieg? doch wohl auf der Uebtrzeugung, daß schließlich das Recht sich behaupte» werde gegenüber der Macht. Der preußische Minister präsident hat es ausgesprochen, daß, wenn die Volks vertretung zu einseitig und schroff ihre Rechte geltend mache, eS sich um eine Machtfrage handle zwischen ihr und der Regierung. Wenn nun die jetzt einflußreichste Zwanzigster Jahrgang. der deutschen Staaten gemacht hätte, welche früher der Reif der deutschen Kaiserkrone zusammenhielt. Denn die österreichische Regierung sich neuerdings entschlossen hat, die Frankfurter Angelegenheit an den Bund zw bringen (ob sie das von Anfang an beabsichtigt hat, muß bezweifelt werden), so ist da» immer anerkennÜugS- werth, aber die Worte der „Wiener Abendpost", die, mit den Thaten der österreichischen Regierung im, schnei« denden Widerspruch stehen, können auf Deutschland keinen Eindruck machen und klingen wie Ironie; jeder Satz dieses Artikels ist eine Anklage gegen eine Politik, welche seit zwei Jahren die Stellung Oesterreichs in Deutschland untergraben Md durch die Gasteiner Con vention und das September-Manifest, welches da deutsche Oesterreich dem Magyaren- und Slaventhum unterordnet, tief erschüttert hat. Mit Worten, denen die Thaten widersprechen, beschwichtigt man Deutschland, nicht und gewinnt auch nicht das Vertrauen wieder, das man verloren hat. ' -