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s18L6 Sonnabend, den LA. November. 5 95.j Biscbofswerda, Stolpen und Umgegend Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich 2 Mal, Mittwoch« und Sonnabend-, und kostet vierteljährlich Ngr. Die Wehrkraft der Schweiz. Bei der europäischen Bedeutung, welche die Neuenburger Frage gewonnen hat und in Hin blick auf die ernsten Verwickelungen, welche der Schweiz drohen, dürste eS eben vielleicht nicht ohne Interesse sein, die eidgenössische Militärmacht etwas näher InS Auge zu fassen. Bekanntlich ver bietet die Bundesverfassung dem Bunde, stehende Truppen zu halten: auch den einzelnen Cantonen ist untersagt, ohne Bewilligung der BundeSbehörke ein stehendes Heer von mehr als 300 Mann zu haben. Das Gesetz sagt: „DaS ganze eidgenössische Militär- wesen soll in seinem ganzen Umfang und tu der nähe, ren Ausbildung seiner einzelnen Theile möglichst ein fach und mit Vermeidung jedes unnöthigen Aufwan des eingerichtet sein. Die Kraft und das Ansehen desselben söü vielmehr auf der Vaterlandsliebe der Bürger eines freien Staates, auf dem ernsten und ge nauen Zusammenhalten aller Theile deS Bundes und auf dem festen Willen und hohen Sinn beruhen, der in Zeiten der Ruhe sich mit Umsicht und Anstrengung vorbereitet und in der Zeit der Gefahr den Arm deS Eidgenossen zur entschlossenen Vertheidigung des Va terlandes bewaffnet." Die allgemeinen Grundlagen des eidgenössischen WehrwesrnS sind, daß jeder waffen fähige Schweizer Soldat und verpflichtet ist, zur Ver- theidigung deS Vaterlandes Kriegsdienste zu thun; daß in jedem Canton die daS Bundesherr bildenden Truppen stetSvollständig in Bereitschaft gehalten und in jedwedem Nothfall verfügbar sein sollen, daß die Mannschaft aller Waffen gleichförmig bewaffnet, ge bildet undgerüstet zum Bundesheer rücke; daß eS dem nach den Cantonen obliegt, für Waffen, Munition und Ausrüstung aller Art und für die KriegSfuhr» werke zU sorgen; daß von der Bundesbehörde das Stabspersonal der Armee gewählt wird; daß die Eid genossenschaft keine militärische Anstellung besoldet, so lange Üe nicht in wirklicher Dienstactivität ist. Da im Frieden nur während der UcbungSzeil Sold gezahlt wird, so erfordert VaS schweizerische Heerwesen - einen verhälinißmäßig geringen Aufwand, Die im weitesten Umfange eingefübrtey Turnübungen, die leidenschaftlich betriebene« Schießübungen, die soge nannten CadetlenrorpS in vielen Städten, in .welchen Elfter Jahrgang. Knaben vom 10. Jahre an in allen Ererritien bis zum Vorpostendienst undManövriren im Feuer geübt werden, find eine gute Vorschule für den Eintritt in'- Heer. Die aller zwei Jahre abgehaltmen Schützen feste tragen vorzüglich viel dazu bei, daß die Eidgenos senschaft im Nothfglle mehr als 20,000 vortrefflich ge übte und wohlbekannte Scharfschützen aufstellen und dadurch ihre Wehrkraft bedeutend steigern kann. Um die Militärmacht der Schweiz im Allgemeinen zu überschauen, theilt man ihre Streitkräfte am besten in zwei Categorien, nämlich: 1) die wirklich organisir- ten Truppen. Aus ihnen stellen die Cantone ihre Contingente zu dem 64,000 Mann starken Bundes heer. Ferner gehört hierher ein Theil der Landwehr truppen, welche stch in mehreren Cantonen auf besse rem dienstfähigen Fuße befinden, als die ContingentS- truppen anderer Länder. 2) Die nicht vollständig organifirten Streitkräfte, nämlich jene älteren Mann- schaft-elaffen, welche zwar noch im dienstpflichtigen Alter stehen, allein gehöriger Formation und Instruc tion ermangeln ; ferner die junge milizpflichtige, aber noch nicht eingetheilte Mannschaft. Unter dieser Kategorie find viele Unbewaffnete begriffen, hingegen enthält sie eine beträchtliche Zahl alter, versuchter Schützen, die bei einer allgemeinen LandeSvertheidi- gung treffliche Dienste leisten können. Die wirklich organifirten Truppen zählen: Artillerie und Train 10,500 Mann, 1050 Genietruppen, 1900 Mann Cavallerie, 8600 Scharfschützen, 100,000 Mann Infanterie, zusammen 121,600 Mann. Die nicht organifirten Streitkräfte enthalten annähernd 64,000 Mann. Total der dienstpflichtigen Mannschaft aller Cantonen 185,600 Mann. Diese Angaben beziehen sich auf die Zustände der Jahre 1838 und 1839. Die außerordentliche Entwickelung, welche einige Canto«« dem Wehrwesen seit dem SonderbundSkrieg gegeben, gestalten die Annahme, daß die Eidgenossenschaft .gegenwärtig ein gutbewaffneteS und in seiner Mehr heit gutgeübteS Volksheer von 200,000 Mann auftti- dringen im Stande ist; also 136,000 über hie das Bundesheer bildenden 64,000 M.; durchschnittlich ein Wehrmann auf 11 Seelen Bevölkerung. WaS das Kriegsmaterial betrifft, so belaufe« sich außer detin Händen der Mannschaft liegendenWaffen, die sie entwe der auf eigene Kosten angeschofft oder vomCtaatr anver-