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Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. , verantwortlicher Redakteur: Friedrich May. Mittwoch, de« H. September Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich 2 Mal, Mittwochs und Sonnabends, unk kostet vierteljährlich 12j Rgr.— Besteilungw »rhmen alle Postanstalten Sachsens an.— Annoncen werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 8 Pf. vertchnet und fär di« nächste Rümmer bis Lags vorher vormittags 9 Uhr angenommen.— Eine Annonce unter 4 Zeilen kostet 2 Rgr. L Pf. : Politische Umschau. ES ist längst vorher gesehen worden, daß die rus sische Antwort auf die Vorschläge der Westmächte einen Charakter an sich tragen wird, welcher weder als an nehmend noch ablehnend angesehen werden kann. ES liegt im Interesse des Peterburger CabinetS, die Frie- denShoffnungen so lange als möglich wach zu halten, und durch alle diplomatischen Mittel in seiner Gewalt einen entschiedenen Bruch mit Oesterreich und den deutschen Staaten zu verschieben. Deshalb glauben wir auch, daß die Moldau wird geräumt werden, und daß sich Rußland auf europäischem Boden ausschließ lich auf die Defensive beschränken wird. Wie lange dieser unerquickliche Zustand dauern wird, welcher alle Lasten deS Krieges und keinen seiner Bortheile im Ge folge hat, wird Niemand auf sich nehmen, zu bestim men. Die Jahreszeit ist jetzt «in wichtiger politischer Factor geworden. Mit jedem kommenden Tage nimmt dje Aussicht ab, einen entscheidenden Erfolg m diesem Jahre zu erzielen. Die Heimsuchung einer höheren Macht hat die Kraft der Anglo-Franzosen in der Türkei, noch ehe sie in den Kampf geführt wurden, wesentlich geschwächt. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß die Unternehmungen der Truppen nicht in diesem Jahre den entscheidenden Charakter an sich tragen werden, den man ihnen hat zuschreiben wollen. ES steht nicht zu erwarten, daß der Frieden vor dem Jahre 1855 von Rußland wird erobert werden können. Dennoch hat Europa keine Ursache, mit den Resultaten, welche bisher erzielt worden (selbst wenn keine größeren vor dem Eintritte der strengen Jahreszeit gewonnen werden sollten) unzufrieden zu sein. Die materiellen Bortheile, welche errungen worden, sind ungeheuer. Die Räumung der Donau« fürfienthümer in der Art, wie sie bewerkstelligt worden, - wäre an und für sich ein herrlicher Preis für den glück lichsten Feldzug gewesen. Die Einbuße, welche Ruß land erlitten hat, ist eine unermeßliche gewesen. Richt nur, daß eS binnen wenige» kurzen Monaten in dem Bestreben, sein Endziel (Constantinopel) zu erreichen, um ein halbesJahrhundertzurückgeschleudert tvoxds»; nicht nur daß seine Position im Orient gründlich ^er schüttert worden, sein Verlust im Okkident ist noch viel größer gewesen. Allein die entgegenstrebende Stellung, welche das Wiener Cabinet gegen Rußland eingenom men, vernichtet alle Erfolge der Politik jeneS Staates seit dem Jahre 1830. Sollte jetzt wirklich eine lange Pause in den Feindseligkeiten eintreten müssen» so wird in diesem Fälle Europa gegenüber Rußland nicht t» Nachtheile sein. Oesterreich wird während dieser Zeit in den Donaufürstenthümern seineMission erfüllen. Die Westmächte werden sich zu einem großen Kriege vorbereiten. In Deutschland werden die Völker, je mehr Zeit sie haben, desto besser im Stande sein, ihre Meinungen auf ihre Regierungen zu übertragen. Skandinavien wird während des WinterS für Ruß land nicht günstiger gestimmt werden können. All« Länder werden aber besser als das in seinem Handel und seinen Finanzen am tiefsten beeinträchtigte Ruß land im Stande sein, die Folgen deS jetzigen Zustan des zu ertragen. Ist doch die Kraft der Westpächt« durch ihre jetzigen Anstrengungen kaum tiefer berührt als vor einigen Jahren durch ihre Kriege in Ostindien, am Cap oder in Afrika. ES ist natürlich, daß «an bedauert, wie dieser Krieg nicht durch entscheidende Schläge in kürzester Zeit beendet worden« aber tröstlich ist eS, daß nirgendwo eine Ursache gefunden werde« kann, um den Gegner aufzurichten oder um dir gegen ihn verbündeten Mächte in ihren Aussichten und in ihrem Muth niederzudrücken. AuS Berlin, 1. Sept., schreibt man dem Dr. I. folgende wichtige Nachricht: Während man noch gestern der Hoffnung sich hingeben zu dürfen glaubt«, Ruß land werde sich bezüglich der bekannten Proppfitj-nen der Westmächte in seiner Rückantwort, wenn aroch »ficht in allen, so doch in einigen Puntte» eingKnMch äu ßern, wird heute von gut unterrichteterSeu« varstchat, daß im Teqentheil di« Nachricht von her, «Wtzten Ablehnung jener Garantieforderungen der ÄrKchWte ihre volle Bestätigung finde. ES wird beigefi^hdaß der Kaiser Nicolaus nicht abgeneigt gewesen sein Neunter Jahrgang.