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Bischofswerda, Stolpen nnd Umgehend Zu gemeinnütziger Unterhaltung für alle Stände. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich 2 Mal, Mittwochs und Sonnabends, und kostet vierteljährlich 1V Ngc. Bestel- lungen nehmen alle Postanstalten Sachsens an. — Annoncen werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 6 Pf. berechnet und für jede nächste Nummer bis Lags vorher Bormittags S Uhr angenommen. — Eine Annonce unter 4 Zeilen kostet 2 Rgr?L Pst - Redigier unter Verantwortlichkeit des Verleger«. Sonnabend, den Marz. Politische Umschau. Sachsen. Dresden, 12. März. s2.K.j Rach Erledigung der Negistrande, die eine Dankadresse ans Apcnrade an die Kammer enthielt und nach Einführung des im 33. Bezirk gewählten SadtrathS Rewitzer, fand die Neuwahl des Direktoriums statt, welches keine Ver änderung erlitt, als daß an die Stelle des bisherigen ersten Sccretairs Hohlfeld der zweite Secretair Prüfer gewählt wurde. Hierauf folgte die Bcrathung über Zuziehung von der wendischen Sprache kundigen Ju risten zu den Gerichtsbehörden. Mit geringen Mo difikationen wurde der Antrag einstimmig genehmigt. Sodann refcrirte Abg. Funkhänel über die Beschwerde Rewitzers wegen seiner Suspension von seinem städ tischen Ehrenamte, welche am 13. Dec. 1849 von der Kreisdirecti'on zu Zwickau verfügt worden war. Hier erhob sich eine heftige Debatte zwischen dem Regie- rungscommissar Schmalz, den Abgg. Klinger und Funkhänel. Klinger wiederholte, daß die Regierung gar nicht das Recht habe, Jemanden von einem städ tischen Amte zu suSpcndiren. Er knüpft daran die scharfe Beweisführung, daß die genannte Kreisdircc- rion die Gesetze verletzt und nicht .ruf Grund des Rechts, sondern nur aus politischen Gründen den Stadtrath Rewitzer suSpendirt habe. Wenn der Aus schußbericht im Publikum bekannt werden würde, so würde daraus eine tiescrgreifende Mißstimmung ent stehen und in andern Ländern würde man verwundert sagen: „So regiert man das Volk in Lachsen." Dcr Referent sagt geradezu, daß hier eine Verletzung der Gesetze vorlicge, wogegen der Regierungsrath heftig protrstirte, waS jedoch der Präsident mit Stillschwei gen überging. Im Saale und auf den Gallerten hatte man laut Partei für die genannten Abgeordneten und gegen die Regierung genommen, welche vom Commis- sar ziemlich ungeschickt und unter starker Heiterkeit ver- theidigt ward. Zum Schluß folgte eine neunfache Berichterstattung über Petitionen in Straßenbau sachen. Dresden, 13. März. Der bekannte Stadtrath Advocat Heydenreich ist wegen eines schweren gemei- Fünfter Jahrgang. nen Verbrechens angeklagt und die Criminaluntersu- chung beschlossen worden. Er hat bei dem Stadtrath um Urlaub nachgesucht, daß er aber von der advoca- torischen Praxis suSpendirt sei, davon ist Nicht- be kannt. Die Dr. Z. sagt, cr habe dies am Ende wohl auch nicht zu fürchten, da er nicht eines politischen, sondern nur eines gemeinen Verbrechens angeklagt sei. Das neueste Gesetz- und Verordnungsblatt, Rr. 4, bringt die Aufhebung aller Bannrechte, namentlich dcS Bierzwanges, des ViehschnittS, dcS Schleifens, deS Asche-, Hader- und Federsammelns, deS GlasauS- spielens und des Kochens bei Ehrenmahlzeiten. Wie die Dr.Ztg. berichtet, liegt die durch ihr muth- volles Ausharren in den Maitägen auf der Barrikade in dcr Wilsdruffer Gasse bekannt gewordene Pau li neWunderlich ernstlich krank im Stadtkranken hause. Sie ist zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe ersten Grades vcrurtheilt. Fast alle bis jetzt bekannt gewordene Uriheile sind außerordentlich hart ausge fallen. Rockel und Bakunin sollen wirklich erschossen werden. Es scheint, als ob der Racheengel zu Gericht säße und die Milde aus den Gesetzen gestrichen hatte. Unseres Dafürhaltens sind, wenn der Beweggrund der unglücklichen Maiereigniffe richtig in's Auge gefaßt wird, mehrere dcr bereits gefällten Urtheile barbarisch zu nennen. Das eben ist der Fluch des alten verroste ten Jnquisitionsverfahrens, daß die Partei die Partei richtet, und welches himmelschreiende Unrecht schon oft dabei begangen wurde, lehrt die Geschichte deutlich, Empörend muß der Gedanke für Diejenigen sein, die ihrer innersten Nebcrzeugung nach in der Partei, die jetzt zu Gericht sitzt, gerade diejenige erkennt, welche durch Unbeugsamkcit, Halsstarrigkeit und noch durch andere Gründe die unseligen Wirren herbeigesührt hat. Ueberhaupt ist eS der Fluch der sächsischen Politik, daß sie, mit wenig Ausnahmen, nie der Stimme deS Vol- keö, vielmehr den verdrrblichen Einflüsterungen aus wärtiger Politik und einer sich unfehlbar und über alle menschlichen und göttlichen Gesetze erhaben dünken- den SouverainetätGehör gegeben har. Welcher Grund ist vorhanden, daß man die Maiangeklagten nicht vor die Geschworenengerichte stellt, welche cher gesunden Vernunft nach durch die einmal publioirtrn Grund-