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Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Redigirt unter Verantwortlichkeit des Verlegers Friedrich May. Sonnabend, den L. Februar. 1848. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich 1 Mal und zwar jeden Sonnabend ein Bogen in 4. — Bestellungen nehmen alle resp. Postämter Sachsens an. — Pränumerations-Preis vierteljährlich 7 Ngr. 5 Pf. — Mittheilungen werden unter der Adresse: „An die Expedition des Sächsischen Erzählers in Bischofswerda" erbeten. — Annoncen wer den die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 6 Pf. berechnet und für jede nächste Nummer bis Freitag 10 Uhr Norm, angenommen. — Eine einzelne. Nummer kostet 8 Pf. — Zeitgeschichtliches. Dresden, den 2. Februar. Nach einer zwei Tage anhaltenden Kälte von 18—20 Grad und einem orkanähnlichen Sturme, welchem ein ' starker Schneefall folgte, scheint der Februar mit Thauwetler beginnen zu wollen, während alle Volks-, Ameisen- und hundertjährige Kalender auf die strengste Kälte Hinweisen, denen cs mit unter eben so geht, wie unserer Gasbeleuchtung, i welche auch bisweilen Mondschein voraussetzt, während es diesem oft erst ein Paar Stunden später beliebt, jener Voraussetzung nachzukommen. Jedenfalls war die den Januar hindurch sich haltende Kälte von 4—10 Grad (mit Ausnahme jener beiden Tage) für den Gesundheitszustand unserer Stadt sehr vortheilhaft und trug wesent lich zur Verminderung jener grippenarligen Fie- berzustände bei, welche seit den Monaten Septem ber und October bis Weihnachten so zahlreich vorhanden waren. — Was unser geselliges Le ben für diesen Winter betrifft, so hat sich dasselbe wie gewöhnlich durch Concerte und Bälle in den immer zahlreicher werdenden geschlossenen Gesell schaften und Vereinen bemerkbar gemacht, aber ein neuer und wahrhaft schöner Genuß ist im Allgemeinen durch die Abonnementsconcerte ge boten, welche sowohl auf der Brühlschen Terrasse von dem Stadtmusikchor und dem Musikchor des Leib-Jnfanterie-Nkgimcnts, sowie im königl. Hofthcater von der Kapelle aufgeführt werden. — Seit Ludwig Tiecks Entfernung aus Dresden vermißten wir leider auch hier den Genuß wahr haft gelungener und mit geistiger Tiefe vorgetra- j Dritter Jahrgang. gcner dramatischer Vorlesungen, einen Ersatz da für, wenn auch nicht in dem Grade, wie von jenem Meister, bietet uns Julius Hammer, des sen Talent die gerechteste Anerkennung findet, und der mit eben so viel Liebe als glücklicher Auffassung sich an Shakespeare's Meisterwerke wagt. — Auch der bekannte Publicist Groß-Hof- finger, der sich jetzt hier aufhält und sich als Mitarbeiter an dem Dresdener Korrespondent bctheiligt, wahrscheinlich um diesen mit zu Grabe tragen zu helfen, hat Vorlesungen für diesen Winter angekündigt, doch werden sich diese wahr scheinlich auf seine eigenen Schöpfungen er- stnckcn,' denen tiefes politisches und historisches Interesse nickt abzusprechen ist, eben so wenig, als dem Verfasser selbst ein kolossaler Egoismus. — Unser Anzeiger, der das immer weiter sich verbreitende Tageblatt wegen der Jnscrtionsauf- nahme mit mißtrauischen Augen betrachtet, er schien zur Unbequemlichkeit aller Geschäftstrei benden vom 1. Januar an täglich zweimal, um noch vor Monatsschluß wieder in die alte Ord nung zurückzutreten, während das mit demselben zugleich erscheinende Morgenblatt den Anklang nicht zu finden scheint, den Verleger und Redak teur vielleicht gehofft haben, aber eine in dem selben durch ein Gedicht, die Holzkasse, von unterzeichnet, angeregte Idee, unterstützt durch eine Gabe des Verfassers im Betrag von 5 Thlr., hat bereits den'glücklichsten Erfolg ge habt, und jeden Tag steigt die Summe, welche durch Spenden der Milde in für diesen Zweck aufgestellte Büchsen fließen, einen neuen-Beweis liefernd, wie unermüdlich der Wohlthätigkeitssinn