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x° 252, 29. Oktober 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f.b.Dtschn. Buchhandel. Antiquaform zur deutschen Schrift hingeleitet, um von da ab, späte stens aber vom Beginn des 3. Schuljahres ab ausschließlich ge schrieben zu werden. Ja sogar im ersten Schuljahr schon führt z. B. Hans Brückl in seiner Fibel »Mein Buch« die deutsche Lcse- schrift ein. Die Vorliebe für den Gebrauch der Lateinschrift ist also nicht der neuzeitlichen Schreibmethode, sondern einem andern Umstande zuzuschreiben. Kühl manu bemerkt ganz richtig, daß diejenige Schrift dem Kinde weniger gelte, gleichsam als Kinderschrift er achtet werde, die es gleich nach dem Schuleintritt erlernt, während es die spätere Schrift, die sich das Kind ans einer höheren Stufe geistiger Reise aneignet, viel höher bewertet. Galt bisher nicht gerade die deutsche Schrift als die Schrift der ungebildeten Leute, weil sie bisher in der Grnndschnlc vorherrschend war? Gestehen wir uns doch offen zu, baß selbst wir Deutschschriftler der alten Schule bei den Namen in Briefen und bei Überschriften, Adressen n. dergl. zur besonderen Hervorhebung uns häufig lateinischer oder kursiver Formen be dienen. Ist das nicht ein ähnliches Bekenntnis? Gibt man, wie Professor Schlegl zu, daß die deutsche Schrift den Gipfel der »Schriftentwicklung« darstellt, so sollte man im grund legenden Schrcibunterricht doch erst den Berg besteigen lassen, der den Gipfel trägt. Auch bet diesem Unterricht muh nach pädagogischen Grundsätzen verfahren und vom Leichten zum Schweren, von den einfachen Grundformen der Antiqua zu den künstlerisch hochstehenden Formen der deutschen Schrift geschritten werden. Die Schwierigkeiten bei Aneignung der deutschen Schrift durch den Schulanfänger werden von Professor Schlegl kurzweg in Abrede gestellt. Diese könnten doch nur dem Laien vorgcredet werden. Hören wir, was der Verfasser einer deutschschristigen Fibel, M. F. Eisenlohr in der pädagogischen Monatsschrift »Pharus« sagt: »Die Mehrzahl der Abc-Schützen ist den Aufgaben des ersten Schreib unterrichtes meistens nicht gewachsen . . . Die Erlernung einiger Buchstaben, ich übertreibe nicht, ist manchmal eine ganze Leidensge schichte fiir die Anfänger.« Auch Rektor L. Green, ebenfalls Ver fasser einer deutschschristigen Fibel, der vom »Bunöfiirdeutsche Schrift« bei einem Preisausschreiben mit zwei Preisen ausge zeichnet wurde, gibt die Schwierigkeit der deutschen Schrift für den Schulanfänger zu, wenn er in einer Broschüre zu seiner Fibel schreibt: »Die Darstellung der Wortbilder durch einen von Anfang bis zum Schlüsse zusammenhängenden Schreibzug ist so schwer, daß sie dem Schüler zunächst nicht zugemutet werden kann.« Diesen be stehenden Schwierigkeiten zu begegnen, hat Green, der Preisgekrönte, in seiner Fibel 14 Buchstaben des deutschen Alphabetes — der kleinen Antiqua in bezug auf Malbarkeit ungefähr gleiche Formen gegeben, wodurch die deutsche Fibel in ihren ersten neun Seiten durchaus das Gepräge einer Antiquasibel erhält. Darüber, daß die Antiqua mit ihren einfachen Formen psycho logisch und pädagogisch die bestgeeignete Schrift ist, kommt man bei unvoreingenommener Beurteilung der Entwicklungsstufe eines sechs jährigen Kindes eben nicht Hinweg. In diöser Frage darf kein anderer Grund maßgebend sein als die Rücksicht auf das kleine wehrlose Kind. Weitere pädagogische Erwägungen entgcgenzustellen, kann ich mir versagen, wenn ich auf meine im Oktoberheft der »Scholle« (Verlag Prögcl-Ansbach) gegebene kritische Würdigung des Pro blems »Antiqua oder Fraktur als Ausgangsschrist« verweise. Ich kann mir Prof. Schlegls abfällige Äußerungen über neu zeitliche Schriftancignung ans Grund der Antiqua nur dadurch er klären, daß er sie praktisch noch nie erprobte oder sich nicht ernstlich über Wege und Erfolge des neuen Unterrichtes informierte. Ich glaube, er würde dann eine ähnliche Wandlung durchmachen wie der von ihm zitierte vr. Heinrich Kolar-Wien, der auch erst (1923) in Aussätzen und sogar in einer eigenen Broschüre gegen die Wiener Steinschriftftbeln wetterte und dann (1989) — eine Antiqua fibel erscheinen ließ. München. W i l h e l in W e i d m ü l l e r. Können bereits abgesandte Postsendungen zurückgefordert oder ihre Anschriften nach träglich geändert werden? In der heutigen Zeit ist es keine Seltenheit, daß man bei einem Briefe oder einer Postkarte vergessen hat, die Adresse oder einen Teil der Anschrist, die Straße oder die Hausnummer des Empfängers zu vermerken. Den Fehler bemerkt man gewöhnlich erst bann, nach dem man seine Sendung schon in den Briefkasten geworfen hat. Das Gleiche kann aber auch dem Absender einer Postanweisung, eines Pakets u. dergl. passieren. Ferner ist es dem Auflieferer oft sehr 1160 erwünscht, daß die Aushändigung eines bereits abgesandten Gegen standes an den Empfänger aus verschiedenen Gründen unterbleibt. Da aber das einzuschlagende Verfahren den wenigsten Absendern bckann sein dürfte, so will ich die hierüber bestehenden Vorschriften kurz nachstehend erläutern. Nach 8 33 der Postordnung kann der Absender einer Post sendung dieselbe zurückziehen oder ihre Anschrift ändern lassen, so lange sic dem Empfänger noch nicht ausgchänöigt ist. Demnach hat der Absender — wohlgemerkt nur dieser, nicht auch der Empfänger, wie vielfach angenommen wird— ein Rückfordevungsrecht seiner auf gelieferten Sendungen, bzw. er darf die Anschrift ändern oder ver vollständigen lassen. Wo kann nun die Rücknahme einer etngelieser- ten Sendung erfolgen? Die Postordnung sagt hierüber folgendes: Die Rückforderung kann am Aufgabeort, unterwegs und auch am Bestimmungsort erfolgen. An häufigsten kommt der erste und der letzte Fall in Betracht. Wie hat ni a n sich nun in einem solchen Falle zu verhalten? Der Absender, der sich als solcher entsprechend auszuweisen hat, muß außer dem etwa erteilten Einlieferungsschein ein Doppel des Briefumschlags, der Postanweisung, der Paketkarte usw. oder sonst eine Wiedergabe der Anschrift bet Beantragung der Rückforderung vorlegen. Das Doppel muß von derselben Hand, die die Anschrift der zurückzufordernden Sendung geschrieben hat, ausgefertigt sein. Zu beachten ist ferner, daß, falls die Adresse mit Schreibmaschine geschrieben oder gedruckt ist, das Doppel in dieser Form vorzulegen ist. Kommt eine Berichtigung der Anschrift in Frage, so ist auf das Doppel aber trotzdem die ursprüngliche Auf schrift zu setzen. Der Antrag kann der Aufgabepostanstalt auch schriftlich unter Beachtung dieses Verfahrens übergeben werden. Auch telegraphisch können diese Anträge er folgen, nur sei erwähnt, daß bei Änderung einer Anschrift stets der telegraphische Antrag von der Aufgabepostanstalt schriftlich wiederholt werden muß und daß die Sendung zunächst nur ange halten wird, eine Aushändigung an den neuen Empfänger jedoch erst nach Eingang des Ergänzungsschreibens erfolgt. Dagegen wird der telegraphischen Rückforderung sofort entsprochen, auch fällt hier die schriftliche Bestätigung fort. Auch bei einer mit Nachnahme belasteten Sendung kann nach träglich der Nachnahmebetrag gestrichen, also die Sendung ohne Er hebung des Nachnahmebetrages dem Empfänger ausgehändigt wer den. Ebenso ist eine Ermäßigung des Nachnahmebctrages zulässig. Das Verfahren ist das gleiche wie eingangs geschildert. Dem An trag ist ein Doppel der Paketkarte oder der sonstigen Aufschrift bei zufügen. Bei Anträgen aus Änderung einer Nachnahme hat die dem Doppel der Nachnahmekarte oder Paketkarte anhängende Post anweisung oder Zahlkarte auf den neuen Nachnahmebetrag zu lauten. Es ist ferner auch zugelassen, eine gewöhnliche Briessendung oder ein Paket usw. noch nach der Absenkung mit Nachnahme zu belasten. In diesem Falle ist ein gleicher Antrag unter Beifügung einer ausgefiillten Postanweisung oder Zahlkarte zu stellen. Auch bei P o st a u f t r ä g c n ist eine Rückforderung möglich, und zwar solange, als der Auftrag noch nicht eingelöst, nicht angenommen, zurück- oder weitergesandt oder solange noch kein Protest erhoben worden ist. Der Absender hat wie in anderen Fällen ein Doppel der ausgefiillten Postauftragskarte der Aufgabepostanstalt vorzu- legen. Bei Postanfträgen zur Geldeinziehung (grüner Vordruck) und znr Annahmeeinholung kann der Absender auch die Angaben auf der Pvstauftragskarte (sofort zurück, sofort zum Protest usw.) ändern lassen. Bei Postprotestanfträgen (Wechsel oder Schecken, die durch die Post zu protestieren sind) und bei den Anlagen sind jedoch nach trägliche Änderungen nicht gestattet. Handelt es sich aber bei der Berichtigung oder Änderung nur um die Berichtigung der Aufschrift ohne Änderung des Namens oder des Standes des Empfängers, so bedarf cs im allgemeinen dieses Antrages nicht. Es genügt in diesem Falle eine kurze schriftliche Mitteilung an die Bestimmungspostanstalt. Erwähnt sei aber noch mals, daß es sich hierbei nur um Änderung oder Hinzufllgung der Straße oder der Hausnummer handeln darf. In jedem anderen Falle ist das vorstehend geschilderte Verfahren anzuwenden, denn den unrichtig gestellten Anträgen seitens der Absender oder der Empfän ger wird von der Post nicht entsprochen. Die Sendungen werden nur angehalten und die Verfügung des Absenders wirb erst durch eine Unzustellbarkeitsmeldung herbetgeführt. Erwähnt sei noch, daß bet Schecken (Zahlungsanweisungen) eine Berichtigung der Anschrift nicht zulässig ist. I. Nienas, Postinspektor.