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körsknbllUt s. d. Dtschn. kuchhandel. Redaktioneller Teil. X° 103. 22. Mai 1919. Der politische Umsturz gefährdet den Schulbuchverlag durch das drohende Schulbuchmonopol in ganz besonderem Maße. Die Unentgeltlichkeit der Lehr- und Lernmittel bildet einen der Hauptpunkte im Programm der Sozialdemokratie, und sie wird ihn mit um so größerem Eifer zu verwirklichen bemüht sein, als diese Lehrmittelfreiheit ja selbst in Staaten durchge führt ist, deren Verfassung zwar demokratisch, aber keineswegs sozialdemokratisch ausgestaltet ist. Es ist zwar ein Vorurteil, daß die Lehrmittelfreiheit nur durch das Schulbuchmonopol zu erreichen sei, aber leider ein weitverbreitetes. Das Monopol aber würde nicht nur den Schnlbuchverlag vernichten, sondern auch für das Schulwesen selbst und damit für das gesamte Kulturleben des Volkes so schwere Schäden mit sich bringen, daß es die Vereinigung für ihre Pflicht gehalten hat, nicht nur im wirtschaftlichen Interesse ihrer Mitglieder, sondern auch im ideellen Interesse des Landes mit besonderem Nachdruck gegen derartige Pläne aufzutreten. Ihr Vorsitzender hat sich deshalb der Bearbeitung einer Denkschrift unterzogen, deren Erscheinen leider durch verschiedene äußere Umstände verzögert wurde, die aber nunmehr in großem Umfange an die Behörden, die Frak- tionsvorsitzenden der Reichs- und der Landesversammlungen, die Handelskammern, die Fach- und Tagespressc usw. verbreitet worden ist. Wir richten auch an dieser Stelle an unsere Mit glieder die Bitte, in ihrem Bekanntenkreise dafür sorgen zu wollen, daß alle für die Entscheidung ins Gewicht fallenden Persönlichkeiten auf diese Denkschrift hingewiesen und ersucht werden, gegen das Schulbuchmonopol zu wirken. Wenn auch das preuß. Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Unterricht aus unsere Eingabe zunächst erwidert hat, daß von ihm das Schulbuchmonopol noch nicht erwogen worden sei, so ist damit doch noch keine Gewähr für alle Zukunft gegeben, und niemand weiß, wie das Ergebnis der demnächst zusammentretenden Schulkonfsrenz sein wird. Auf dieser vertreten zu sein, hat der Schulbuchverlag nicht nur ein lebhaftes Interesse, son dern u. E. auch ein gutes Recht. Wir habe« deshalb an das preuß. Ministerium die Bitte gerichtet- seinerzeit auch Vertreter unserer Vereinigung berufen zu wollen. Naturgemäß haben die durch den Krieg verur sachten Maßnahmen unsere Kräfte ganz besonders in An spruch genommen. Unter diesen steht die Papierversor gung an erster Stelle. Es ist uns gelungen, durch Eingaben an die Kultusministerien den Schulbuchverlag für kriegswichtig erklären zu lassen, sodaß ihm sein Bedarf von der Kriegswirt schaftsstelle in vollem Umfange bewilligt werden mußte. Im Herbst 1917 haben wir auf behördliche Veranlassung eine Um frage über den unentbehrlichen Papierbedarf, die vorhandenen Vorräte usw. in Sachsen veranstaltet, deren Ergebnis die feste Grundlage für die Belieferung der einzelnen Betriebe geschaffen hat. Anfangs ergaben sich erhebliche Reibungen und Mißstände, die aber, wie wir hoffen dürfen, glücklich überwunden sind. Später sind uns Beschwerden nicht mehr zugegangen. Der Personalmangel einerseits, die Verkehrsschwierigkeiten andererseits machten für die möglichst glatte Abwicklung des Ostergeschäftes besondere Maßnahmen notwendig. Wir sind an die Kultusministerien der Bundesstatten mit der Bitte herangetreten, die Nachgeordneten Stellen anzuweisen, den Sorti mentern schon frühzeitig den Bedarf an Schulbüchern aufzu geben, damit die Bestellungen rechtzeitig an den Verlag abge sandt werden könnten. Diesem Ersuchen ist von allen Ministerien in dankenswerter Weise entsprochen worden. Allerdings ist es nicht möglich gewesen, über ein gewisses Maß hinaus der Schwierigkeiten Herr zu werden. Die Entwertung des Geldes machte je länger je mehr eine Preiserhöhung der Schulbücher notwendig. Anfängliche Bestrebungen, ein einheitliches Vorgehen aller Schulbuchver leger durch Teuerungszuschläge durchzusetzen, scheiterte daran, daß einzelne Verleger ihre Mitwirkung hierbei versagen zu müssen glaubten. Wir mußten infolgedessen den überaus müh seligen Weg der Gruppenbildung beschreiten und haben viel fach die engeren Konkurrenten zu gleichmäßigem Vorgehen be stimmen können, dadurch die notwendige Preissteigerung erleich tert und diese den Behörden gegenüber vertreten. Nach letz terer Richtung waren die Schwierigkeiten z. T. recht erheblich; doch können wir im allgemeinen nur dankbar des verständnis vollen Eingehens der Behörden auf die Wünsche des Verlags buchhandels gedenken. Gefährdet waren unsere Bemühungen im August 1918 durch einen an sich wohlgemeinten Erlaß des damaligen preußischen Kultusministers, der von den Verlegern bei Preiserhöhungen Einzelbegründung durch Nachweis der Herstellungskosten usw. verlangte. Da die Ausführung dieses Erlasses den Behörden sowohl wie den Verlegern unnötige Mühen und Zeitverlust verursacht hätte, so empfahlen wir un fern Mitgliedern, behördliche Rückfragen adzuwarten, die in Preußen u. W. nicht erfolgt sind. In Bayern dagegen haben die Behörden sehr eingehende Auskünfte von den Verlegern cin- gezogen; eine Mahnung zur Vorsicht bei Preiserhöhungen! Der preußische Erlaß war durch ein Vorstandsmitglied des Börsen vereins veranlaßt, ohne daß darüber eine Verständigung oder auch nur Benachrichtigung des Deutschen Verlegervereins oder unserer Vereinigung erfolgt wäre. Wir haben uns gegen ein solches Verfahren verwahrt. Je stärker die Entwertung des Geldes wurde, um so leichter entschloß sich auch der Schulbuchverlag zur Erhebung von Teuerungszuschlägen oder zu Preis erhöhungen. Zu diesen kam im vorigen Jahre der Rotstandszuschlag des Sortiments. Unsere Bemühungen beim Vorstande des Börsenvereins, das Schulbuch von dem Sortimenterzuschlag auszunehmen, sind leider ohne Erfolg geblieben. Es konnte das bei den gegenwärtigen ver worrenen Verhältnissen allenfalls hingenommen werden. Wenn aber ein einzelner Ortsverein jetzt bereits damit vorgegangen ist, den 107°igen Sortimenterzuschlag in einen 207°igen umzu wandeln, so haben wir uns veranlaßt gesehen, dagegen bei dem Ortsverein selbst, wie auch beim Vorstände des Börsen vereins zu protestieren. Auch wird der Schulbuchverlag zu er wägen haben, ob er für die Auslieferung seines Verlages nicht andere Wege suchen muß, wenn sie durch das Sortiment über mäßig verteuert wird. Über die mit der Preisstellung eng verbundene, für den Schulbuchverlag besonders wichtige Frage der Bücher als Gegenstände des täglichen Bedarfs hat sich Ihr Vorsitzender in einem ausführlichen Aufsatz im Börsenblatt ge äußert. Um zu verhindern, daß das Gesetz über den vaterlän dischen Hilfsdienst dem Schulbuchverlag unentbehrliche Hilfskräfte entzog, haben wir rechtzeitig Eingaben an die in Betracht kommenden Stellen gerichtet, zu dem Zwecke, diesen als kriegswichtig erklären zu lassen, was auch von Erfolg gewesen ist. Neben diesen größeren Arbeiten liefen eine Anzahl klei nerer her, namentlich auch zahlreiche Auskünfte, Ratschläge und Gutachten auf an uns gelangte Fragen. Ferner benachrichtigten wir unsere Mitglieder von Verhandlungen mit dem General kommando in Tilsit wegen Einführung von Schulbüchern in den damals von uns besetzten russischen Gebieten, sowie nach Belgien und dem besetzten Frankrei ch. Ebenso waren wir bemüht, möglichst bald Klarheit über die Bedingungen zu schaffen, unter denen jetzt nach den be setzten deutschen Gebieten im Westen geliefert werden kann, und die bestehenden Schwierigkeiten wenigstens in etwas zu vermindern. Die Herausgabe einer übersichtlichen Karte der Besatzungszonen und ihrer gegenseitigen Begren zung haben wir beim Verlegerverein angeregt. Die Karte wird inzwischen in die Hände unserer Mitglieder gelangt sein. Angesichts der immer mehr steigenden Herstellungskosten erschien es uns von besonderer Wichtigkeit, daß der Buchhandel sich auch für die Beschaffung seines Bedarfs zusammenschlietzt. Wir haben deshalb die Gründung der Wirtschaftlichen Vereinigung deutscher Buchhändler, e. G. m. b. H. nach Kräften unterstützt und freuen uns, daß diese segensreiche Neu gründung sich kräftiger Entwicklung erfreut. Auch für die Übergangswirtschaft waren wir nach Möglichkeit vorzusorgen bemüht. Einerseits müssen in den Schul büchern die tatsächlichen Angaben richtiggestellt und nachgetragen werden, namentlich auf dem Gebiete der Geschichte und Geo->