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14298 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 268. 17. November 1911. tragen, bzw. sich mit einem verkürzten Rabatt begnügen müsse. Sie übersieht dabei, daß sie mit solchen Überweisungen dem Sortimenter weder ein Geschenk macht, noch ein besonderes Ent gegenkommen zeigt. Denn Aufträge, die der Buchhändler eo ipso von »seinen« Schulen durch seine langjährigen, nicht ganz mühelosen Verbindungen zu erwarten berechtigt ist, und die nun zufällig durch den Besuch des Reisenden dem Verleger H. oder 6 zufallen, sind doch wirklich keine Begünstigung oder Ver größerung seines Umsatzes, wenn sie infolge ausdrücklicher An ordnung der betr. Schulleiter ihm überwiesen werden müssen. Etwas anderes wäre es mit einer Bestellung, die eine Schule ausnahmsweise einmal über ihren gewöhnlichen Etat hinaus zu machen in der Lage ist; in solchem Falle wird sich der Sortimenter wohl gern mit einem geringeren Rabatt begnügen, wenn ihm ein derartiger Auftrag ohne fein Zutun von dem Verleger übergeben wird. — Auf diese Ausführungen, mit denen wir die Firma Justus Perthes zu überzeugen und zur Gewährung eines normalen Rabatts bei Erledigung der uns von den Schulen zugedachten Aufträge veranlassen zu können glaubten, erhielten wir die nach stehenden im Auszuge folgenden Antworten. Dresden. Carl Adler's Buchhdlg. Inh. Holze L Pahl. Gotha, den 16. November 1910. Herrn Carl Adler's Buchhandlung (A. Huhle) Dresden. Ich besitze Ihr gef. Schreiben vom II. d. M. und bemerke Höst., daß Sie sich in früheren Jahren wiederholt mit nur 20 Prozent, soweit es sich um überwiesene Schulbestellungen handelte, begnügt haben. Damals erkannten Sie also an, daß es in Anbetracht der hohen Unkosten, die meine Reifevertreter verursachen — deren Tätigkeit doch in der Hauptsache nur dem Sortiment zugute kommt —, gerechtfertigt ist. den Rabatt um 6 Prozent zu kürzen. Heute sind Sie anderer Ansicht und berück- ßchtigen nicht die Tatsache, daß Sie zur Erlangung der Aufträge nicht einen Finger zu rühren brauchten. Hochachtungsvoll Justus Perthes. Gotha, den 26. November 1910. Herren Holze L Pahl, Dresden. Im übrigen muß ich aber zu meinem lebhaften Be dauern auf einen weiteren Rechnungsverkehr mit Ihren beiden Firmen verzichten, wenn Ihr Herr Holze seine meinem Wandkartenreisevertrieb gegenüber kundge gebene Auffassung nicht einer Revision unterzieht. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, daß eine Firma wegen noch nicht 10 Mehrrabatt für einen seitens des Verlegers mit großen Kosten direkt gewonnenen Auf trag von über 200 ordinär das bisherige gute Ein vernehmen aufs Spiel setzt. DaS ist meiner Auffassung nach ein gar zu krasser Auswuchs des derzeit in einem gottlob noch kleinen Teil des Sortiments grassierenden «nstiltbaren RabatthungerS, der sicherlich keine guten Früchte tragen wird. Hochachtungsvoll Justus PertheS. Gotha, den 7. November 1911. Herrn Karl Adler's Buchhandlung Dresden. Auf Ihre Bestellung vom 6. d. M. auf ein Haack, Karte der Alpenländer, erwidere ich höflichst, daß ich diese Karte für den Vertrieb durch meine Reisevertreter Vorbehalten habe und deshalb im Buchhandel gar nicht zur Anzeige bringen ließ Wünscht eine von den Reisenden besuchte Schule Lieferung der Karte durch den ortsansässigen Buchhandel, so liegt es nicht in meiner Ab sicht, ihn durch Nichtlieferung in Verlegenheit zu bringen, bedinge aber Angabe der Schule, welche die Karte bestellte, und liefere angesichts der hohen Spesen des Reisevertriebs mit verkürztem Rabatt, den ichIhnen gegenüberaufnurlSA bemessen kann, da Sie es sich bisher nicht angelegen sein ließen, die zwischen uns schwebende Differenz zum Ausgleich zu bringen. Hochachtungsvoll Justus Perthes. Erwiderung. Um ein richtiges Bild von der Sachlage zu geben, ist es meines Erachtens notwendig, den von der Firma Adler weg- gelassenen zweiten Teil meines Briefes vom 15. November 1910 und den Inhalt des weiter an sie gerichteten Briefes vom 30. November 1910 ebenfalls abzudrucken. Nur dann wird der Wortlaut des jüngsten Briefes vom 7. November 1911, der die Firma Adler veranlaßt, die Angelegenheit im Börsenblatt auszu- tragen, verständlich. Ich schrieb am 16. November 1910 ferner: Ich will Ihnen, nachdem Sie mir die Pistole auf die Brust setzen, und um die Rücksendung der Karten zu vermeiden, womit die Arbeit meines Reisenden nutzlos aufgewendet worden wäre, den Difserenzbetrag von 7 60 H bei gleichzeitiger Belastung meiner Frachtauslagen von 80 für Frankolieferung gut- fchreiben, betone aber, daß die Mehrzahl Ihrer Herren Kollegen vom Sortiment gottlob noch anderer Auffassung über den Grundsatz »Leben und leben lassen« ist und sich gern mit dem minimal verkürzten Rabatt bei Frankolieferung begnügt, wenn ihr Bestellungen ins Haus getragen werden. Wenn Sie in Zukunft das bisher meinerseits geübte Ent gegenkommen Ihnen gegenüber vermissen sollten, brauchen Sie sich nicht zu wundern, worauf es zurückzuführen ist und am 30. November 1910 wie folgt: Die Ausführungen in Ihrem Geehrten vom 29. ds. sagen mir nichts Neues. Daß Sie von den betreffenden Schulen auch ohne das Zutun meines Reisenden Aufträge in bestimmter Höhe bekommen hätten, mag zutreffen, vorausgesetzt, daß nicht andere Firmen, die überhaupt nicht durch den Buch handel liefern, wie Kohl in Chemnitz, oder Leutert L Schneidewind in Dresden u. a., den Löwenanteil des Jahresetats für sich in Anspruch genommen hätten. Maßgebend für mich ist aber nur, ob die Schulen, wenn ich sie nicht hätte besuchen lassen, auch von meinen Artikeln gekauft haben würden, und das bezweifle ich. Würde das Sortiment für genügenden Absatz von meinen Wandkarten bisher Sorge getragen haben, hätte ich den direkten Vertrieb mit seinen vielen Unannehmlichkeiten überhaupt nie angefangen; lange genug habe ich damit sowieso gezögert und mir die Kon kurrenz, die weniger Vertrauen in die Bertriebstätigkeit des Sortiments setzte als ick, über den Kopf wachsen lassen. Erste Preise und höchste Auszeichnungen wurden meinen Wandkarten überall zuteil, aber solange ich mich auf das Sortiment ver ließ, blieben sie unverkauft. Daß ich nun durch den mir auf gezwungenen direkten Reisevertrieb dem Sortiment ab und zu ins Gehege komme — indirekt kommt ihm doch aber der dadurch erzielte Absatz hauptsächlich zugute —, ist wahr, aber nur eine natürliche Folge des wirtschaftlichen Kampfes der Gegenwart, dem sich jede Branche unterwerfen muß, will sie nicht unter gehen. Nur das Sortiment kann sich an das freie Spiel der Kräfte nicht gewöhnen, sondern sucht sein Heil lieber in dem Rufe nach Rabatterhöhung, Beschränkung der Bewegungs freiheit der Verleger, Zusammenschluß in Sortimentervereinen, Klagen über Verlegerwillkür und dergleichen mehr. Ich stehe jetzt auf dem Standpunkt: gingen meine Schulwandkarten nicht mit Hilfe der Sortimenter, so müssen sie eben ohne sie Absatz finden, verloren gebe ich das Riesenkapital, das darin steckt, dem Sortiment zuliebe auf keinen Fall. Hat mich so das Sortiment durch seine Unfähigkeit, für be- stimmte Artikel Absatz zu schaffen, gezwungen, direkt zu arbeiten, so halte ich es nur für recht und billig, es auch mit einem minimalen Teile an den mir dadurch erwachsenden hohen Reise spesen zu beteiligen, soll die Lieferung der durch meine Ver treter gewonnenen Aufträge durch feine Vermittlung erfolgen. Davon gehe ich nicht ab. Wollen Sie es deshalb zwischen Ihren beiden Firmen und mir zum Bruch kommen lassen, so werde ich das mit Rücksicht auf unsere langjährigen ungetrübten Beziehungen — früher akzeptierten Sie, wie schon einmal gesagt, solche Aufträge mit verkürztem Rabatt — zwar sehr bedauern, mich aber in das Unvermeidliche zu finden wissen. Weiter habe ich nichts hinzuzufügen. Gotha, 13. November 1911. Justus Perthes.