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281, 5. Dezember ISIV. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt I. d. Dtschn. Buchhandel. 15089 Zeitungsverlag«, Hannover I90S, Nr. 39) so braucht man ihr doch aus der anderen Seite auch nicht gleich alle Schuld beizr,messen, ebensowenig wie etwa den Zeitverhältnissen, auf die sich namentlich die Erben alter Firmen mit Vorliebe zu berufen pflegen, wenn sie ihr väterliches Geschäft in Grund und Boden gewirtschaftet haben. Den Gegenbeweis dafür liefern die vielen Gesellschaften, welche immer noch über raschend hohe Gewinne abwerfen, und alle die neugegründeten Firmen, welche den alten, dekadenten zum Trotz einen rapiden Aufschwung nehmen. Es muß also doch wohl auch noch an etwas anderem liegen und nicht bloß an der Gesellschafts form und an den schlechten Zeiten. Am einfachsten könnten sich die Aktionäre der graphischen Industrie gegen Verluste, die auf Fahrlässigkeit oder Unfähigkeit ihres Vorstandes und Aufsichtsrats zurückzusühren sind, schützen, indem sie in ihre Gesellschaftsverträge eine Bestim mung aufnehmen, nach der ihrem Aufsichtsrat stets je ein Bankier oder Großkaufmann, ein Buchdrucker, ein Jurist und ein Verlagsbuchhändler angehören müßten. Wo geeignete Fachleute, die sich ihrem Berufe oder ihrer Vorbildung nach im Ernstfälle niemals hinter ihre bona Läes verschanzen könnten, in ihren Reihen nicht zu finden sind, sollte man solche zu diesem Zweck gegen eine angemessene Entschädigung von anders woher heranziehen. Es wären dabei die Bestimmungen des 8 215 zu beachten. Die Ausgabe für solche besoldeten Aussichts ratsmitglieder wird sich sicher bezahlt machen. Ein etwaiger Einwand, daß der Aufsichtsrat ja jetzt schon in der Lage sei, sich jederzeit bei seinem Vorstande alle erforderlichen fach lichen und technischen Ausschlüsse zu erholen, wäre von vornherein hinfällig, denn dem Sinne nach soll der Aussichtsrat einer Aktien-Gssellschaft ein selbständiges Organ derselben sein, das befähigt und jederzeit in der Lage ist, den Vorstand zu beaufsichtigen und zu beraten. Das besagt allein schon sein Name. Hinzu kommt noch, daß in wenigen Geschäftszweigen eine richtige Bilanzierung der Aktiva und Passiva so schwierig sein dürste, wie gerade in Buchdruckereien und Verlagsge- schästcn. Müssen doch da nicht selten neben den Waren und anderen Vermögensgegenständen auch noch Fassonwerte und Verlagsrechts als Aktiva in die Bilanz eingestellt werden; und wer die Dehnbarkeit solcher imaginären Werte kennt, wird sich leicht einen Begriff von der Zuverlässigkeit der Gewinn- und Verlustrechnungen machen können, wenn ausschließlich Laien den in solchen Fällen aus möglichst gute Abschlüsse angewiesenen Vorstand bei der Aufstellung derselben beauf sichtigt haben. Daher auch das tief eingewurzelte Mißtrauen und die Zurückhaltung des Großkapitals und der Banken gegenüber dem Büchermärkte und der graphischen Industrie. Um dieses Mißtrauen nach Möglichkeit zu beseitigen, rechnen schon viele Firmen überhaupt nicht mehr mit ideellen Werten. Nur läßt sich diese Gepflogenheit nicht überall in der Praxis durchführen. Es könnte sonst beispielsweise eine Gesellschaft, die ihrer Geschäftslage nach berechtigt wäre, eine hohe Divi dende zu vorteilen, leicht in den falschen Verdacht geraten, die Hälfte ihres Grundkapitals verloren zu haben. Zum leichteren Verständnis dieser Tatsache braucht man sich nur eine Gesellschaft mit einem Stammkapital von 1 000 000 A vorzustellen, die sich mit einem Kostenaufwand von 600 000 A sehr schnell ein periodisch erscheinendes Blatt geschaffen hat, dessen Einnahmen seine Herstellungskosten um 100 000 »K im Jahre übersteigen. Verbucht die Gesellschaft die veraus gabten 600 000 A nicht bloß als Passivum aus der einen Seite, sondern auch als Verlagsrecht unter ihren Aktiven, wozu sie, wie gesagt, in diesem Falle berechtigt ist, dann darf sie eine Dividende verteilen, unterläßt sie das letztere aber, so wird sie so lange scheinbar einen Verlust zu tragen haben, bis sie die 600 000 F Propaganda-Kosten wieder verdient hat. Und Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. ??° Iahraana !so lange werden ihre Aktionäre wohl nicht auf Dividenden warten wollen, zumal der mit einem Aufwand von 600 000 ^ erworbene Abonnenten- und Jnserentenstamm ihres Blattes, das 100 000 F Reingewinn abwirst, ein gesuchtes Kaus- objekt, also ein jederzeit realisierbares Bermögensstück ist. So sonderbar es auch erscheinen mag, liegt aber gerade in dieser regen Nachfrage wieder eine Schwäche der Verlags rechte. Die Aktien einer größeren Tageszeitung zum Beispiel, werden auf Parteigänger aller Schattierungen, auf Politiker, Großindustrielle usw. stets eine ungewöhnliche Anziehungskraft ausüben, weil mit ihrem Besitz ein Einfluß auf die Haltung des Blattes und andere Vorteile verbunden sein können. Solche Aktien werden daher an der Börse eine Zeitlang einen unverhältnismäßig hohen Kurs haben. Dieser Hausse wird aber naturgemäß früher oder später eine um so tiefere Baisse folgen müssen, weil durch die inneren Kämpfe um die Redaktion oder durch jede ungeschickte Schwenkung derselben der sensible Abonnentenstand des betreffenden Blattes sofort in alle Winde zerstreut, und sein Verlagsrecht damit vollständig entwertet wird. Bei manchen Blättern kommt auch noch der Umstand hinzu, daß ihr Erfolg lediglich von ihrem Herausgeber abhängt, also aus zwei Augen steht. Was wäre wohl »Die Zukunft« ohne Harden?! In der Praxis gilt zwar bei Ver käufen als der ideelle Wert eines Blattes gewöhnlich der füns- bis sechsfache Betrag des Reingewinns. Eine Regel läßt sich aber nicht aufstellen, weil politische Blätter oft noch viel höher bezahlt werden. Riskant bleibt ein solches Geschäft trotzdem immer, solange hochbewertete Verlagsrechts dabei in Frage kommen. Eine Zeitung oder Zeitschrift gleicht eben einem Uhrwerk, das unter sachkundiger Pflege Jahrzehnte lang vor trefflich gehen kann, aber sofort den Dienst versagen wird, wenn es in ungeschickte Hände gerät, oder Erschütterungen ausgesetzt wird. Um das letztere tunlichst zu vermeiden, wird für politische Blätter auch meistens die Form einer Gesellschaft mit beschränk ter Haftung gewählt. Wo das aber nicht angeht, wird ein Aufjichtsrat aus den angeführten Gründen gut daran tun, sich durch eine hohe Rente nicht etwa dazu verleiten zu lassen, übermäßige Dividenden auszuschütten, sondern die Über schüsse lieber für Abschreibungen auf das Verlagsrecht zu verwenden, auch wenn das letztere in seinen Augen einen bleibenden Wert von Millionen haben sollte. Eine noch größere Vorsicht ist in Fällen geboten, wo es sich um die Bewertung neuer oder im Werden begriffener Verlagsunternehmungen handelt, welche vernunstgemäß erst in absehbarer Zeit einen Nutzen abwerfen können. Da einer Gesellschaft billigerweise nicht zugemutet werden kann, ihre Einfllhrungskosten einfach als Verlust zu buchen und damit ihre Bilanzen zu verschlechtern, solange die Möglichkeit besteht, daß der Erfolg noch in Erscheinung tritt, werden solche Aufwendungen bei der Inventur in der Regel zu einem Aktivposten zusammengefaßt, dessen Höhe nach oben durch die Bestimmung von Artikel 261 begrenzt ist. Unzweck mäßig wäre es aber, bei den unklaren gesetzlichen Bestimmungen dabei von der Annahme auszugehen, daß man alles tun darf, was nicht direkt verboten ist, und zur Verbesserung der Bilanzen auch noch Handlungsunkosten oder gar die Zinsen des in dem betreffenden Verlagsartilel investierten Kapitals heranzuziehen, eine Praktik, die von notleidenden Gesellschaften nur zu oft geübt wird. Man braucht ein Verlagsrecht ja nur mit einem Patent zu vergleichen: erwirbt eine Gesellschaft ein solches beispielsweise für IS 000 «K, so darf dieses bekanntlich immer nur zu diesem Anschaffungspreise angesetzt werden, auch wenn sich nachträglich Herausstellen sollte, daß es einen viel höheren Wert hat. Wenn man nun jährlich 6 Zinsen des Kaufpreises drausschlagen wollte, würde das Patentkonto in den IS Jahren, die ein Patent dauert, ans 27 600 ^ anwachsen. In dem iSSä