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6518 Börsenblatt i. o. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 123, 1. Juni 191H. für die Bürger 1803 dem Gymnasium übergeben und auch seither dieser Bibliothek viel Wohlwollen bewiesen hat, sodaß sie von den meisten Schwesteranstalten beneidet werden darf. Sehr reich ist die Bibliothek auch an Inkunabeln, trotzdem sie in den 40er Jahren eine Anzahl an die Landes bibliothek abgab. Da findet sich Cicero von 1472, 1480, 1481; Herodot (lateinisch) von 1476; Porphy- rius und Seneca von 1478; Eusebius 1480; Sallust 1481; Ovid 1485, 1486; Lukan 1486; Gellius 1489; Cäsar und Persius 1490; Quintilian 1494; Jamblichus 1497- Wie die »Times« vom 23. März d. I. berichten, ist dieser Tage ein Exemplar der ersten Ausgabe Homers (Florenz 1488) um 4900 verkauft worden, während zwei andere Exemplare in den zwei letzten Jahren 6600 und 7600 X erzielten. Haben die Heilbronner Wiegendrucke auch keinen solchen Geldwert, so ist eine Anstalt doch zu beneiden, die ihren Schülern auch einmal in natura vorweisen kann, aus was für Ausgaben unsere Humanisten ihre Begeisterung für das klassische Altertum schöpften. — Der Druck des Katalogs ist sehr sorgfältig. (Aus einer Besprechung in der Beilage zum Staatsanzeiger für Württemberg.) * Beilage zum Börsenblatt. Nachtragsverzeichnis Mai 1910 znm Offiziellen Adretzbuch deS Deutschen Buch handels 1910. — Der heutigen Nr. 123 des Börsenblatts liegt das »Monatliche Verzeichnis der neuen und geänderten Firmen Mai 1910« (Nachtrag zum Offiziellen Adreßbuch des Deutschen Buchhandels 1910) bei. Personalnachrichten. Fünfzigjähriges Berufsjubiläum. — Herr Heinrich Wagner, Mitinhaber der Geographischen Anstalt und Verlags handlung von H. Wagner <L E. Debes in Leipzig, kann heute auf eine fünfzigjährige Berufstätigkeit zurückblicken. Als Fünfzehn jähriger trat er in die damals gut bekannte kartographisch-litho graphische Anstalt seines Vaters, Eduard Wagner, in Darm stadt am 1. Juni 1860 als Lehrling ein, arbeitete nach Vollendung seiner Lehrzeit zu seiner weiteren fachlichen Ausbildung unter Theodor von Bomsdorffs Leitung in der kartographischen Ab teilung von F. A. Brockhaus und später in der eng mit dem Justus Perthesschen Institut verbundenen lithographischen Anstalt von Carl Hellfarth in Gotha, um nach Ablauf der Wanderjahre ins väterliche Geschäft zurückzukehren und an dessen Führung teilzunehmen. Eine in Gotha geschlossene Freundschaft mit E. Debes, einem Schüler der Perthesschen Anstalt, führte 1872 zu einer geschäft lichen Vereinigung mit diesem und zur Gründung der Geo graphischen Anstalt von H. Wagner L E. Debes in Leipzig, mit der im Sommer 1874 das Darmstädter Geschäft vereinigt wurde. Nachdem die neue Firma bisher lediglich für fremde Rechnung, namentlich für den Reisebücher-Verlag von Karl Baedeker, zu dem Eduard Wagner bereits von den Anfängen an (1811) in engster geschäftlicher Beziehung gestanden hatte, tätig gewesen war, begann sie Ende der siebziger Jahre eigne Verlagsunter nehmungen ins Werk zu setzen, die namentlich auf schul geographischem Gebiete schöne Erfolge erreichten und vielfach vorbildlich für andere Unternehmungen geworden sind. Die hervorragende Arbeitskraft des Jubilars, sein vorzügliches Organisationstalent, seine geschäftliche Routine und nicht zuletzt sein stark ausgeprägtes Pflichtgefühl wurden Veranlassung, ihn mehr und mehr zu öffentlichen Ämtern heranzuziehen. Seine vielfachen Verdienste, die er sich als Vorstandsmitglied und als erster Schatzmeister um den Deutschen Buchgewerbeverein er worben hat, sind ja in buchgewerblichen Kreisen hinreichend be kannt, ebenso seine fruchtbringende Tätigkeit als Vorsitzender des Verwaltungsausschusses des Börsenvereins der Deutschen Buch händler. Erwähnen wir noch seine Tätigkeit als zweiter Vor sitzender des Vereins Deutscher Steindruckerei-Besitzer und des aus diesem hervorgegangenen Fachverbandes, sowie daß er seit einer Reihe von Jahren das Amt eines ordentlichen Handels richters bekleidet, so ergibt dies ein annäherndes Bild von der umfassenden, selbstlosen Tätigkeit des Vielbeschäftigten. Möge der Jubilar in körperlicher und geistiger Frische noch viele Jahre all der Ämter und seines Berufs walten können, zum Glück und Wohlergehen der Seinen, zur Freude seiner Freunde und seiner Mitarbeiter und zum Wohle der Vereine und Anstalten, denen er bisher treue Dienste geleistet hat! Das sind unsere Wünsche, die wir ihm zum heutigen Tage von ganzem Herzen darbringen. Gestorben: am 29. Mai in München nach langem Leiden im Alter von 68 Jahren Herr Hofrat Edgar Hanfstaengl, Inhaber der weltbekannten Firma: Franz Hanfstaengl, Königlich Bayerische Photographische Hofkunstanstalt als Kunstver lag in München. Edgar Hanfstaengl war am 15. Juli 1842 geboren als ein Sohn von Franz Hanfstaengl, der das von ihm gegründete lithographische und photographische Institut bis 1868 leitete. War der Name Franz Hanfstaengl auch schon durch seinen eigent lichen Träger, den Begründer der Firma, ein weitberühmter durch die mustergültigen, seiner Hand entstammenden lithographischen und später photographischen Erzeugnisse geworden, so blieb es doch hauptsächlich seinem Sohne Edgar Vorbehalten, ihn in der ganzen Welt als einen der ersten auf dem Gebiete der reproduzierenden Kunst bekannt zu machen. Als Hofrat Edgar Hanfstaengl im November 1868 das Geschäft, dem er schon als Prokurist zwei Jahr gedient hatte, übernahm, befand sich die photomechanische Technik noch in den ersten Stadien der Entwicklung; doch er hat von Anfang an die richtige Erkenntnis von der großartigen Bedeutung der Photographie für Kunst und Wissenschaft gehabt und es als sein Hauptziel betrachtet, dieses Vervielfältigungsmittel zu vervollkommnen und auf die Höhe einer selbständigen Kunst zu heben. Mit der erfreulichen Entwicklung der bildenden Künste in den letzten Jahrzehnten hat der Fortschritt der photographischen Technik im Hanfstaenglschen Institut gleichen Schritt gehalten, und heute finden wir die mustergültigen Re produktionen der Gemälde der modernen Kunst in aller Welt verbreitet, wo gebildete Menschen wohnen. Nicht nur das Beste und Vortrefflichste an Schöpfungen der ver schiedenen Kunstrichtungen wurde bei Hanfstaengl publiziert, sondern auch die Hauptwerke der alten Meister aus den berühm testen Galerien des In- und Auslandes, sowie zahlreiche wert volle Buch-Prachtwerke. Die Werke der Galerien und Samm lungen in München, Dresden, Berlin, Kassel, Brüssel, Amsterdam Haag, London usw. hat Hanfstaengl ganz vorzüglich reproduziert. Alle bekannten Verfahren, welche die Photographie zur Grund lage haben, wurden und werden in der Hanfstaenglschen Anstalt ausgeübt: Photogravüre (Kupferätzung), Aquarellgravüre, Licht druck, Zinkogravüre und Typogravüre, usw. Die künstlerischen Leistungen der Firma Hanfstaengl sind längst weltbekannt und ihre Kunstblätter allenthalben verbreitet. So hat Hofrat Hanfstaengl durch seine Bestrebungen im Dienste der Kunst eine der bedeutendsten Aufgaben unserer Zeit mit erfüllen helfen, und sicher werden nicht nur unsere Zeit genossen, sondern auch noch kommende Geschlechter seine Be strebungen voll zu würdigen wissen. Hofrat Hanfstaengl stand in regem Verkehr mit den be deutendsten Münchener Künstlern. Meister wie Defregger ver danken den treffenden Nachschöpfungen des Hanfstaenglschen Ver lags zum großen Teil ihre umfassende Popularität. Der Herzog von Sachsen-Koburg-Gotha verlieh ihm den Titel Hofrat. Von Bayern hatte er den Titel K. Hofphotograph und den St. Michaelsordeu vierter Klasse erhalten. Ferner war er Mitglied des staatlichen Sachverständigenvereins für Photo graphie. Kurze Zeit wandelte er sein blühendes Unter- nebmen in ein Aktienunternehmen um, doch kaufte er die Aktien rasch wieder auf und führte den Betrieb wieder in Personalfirma. Als Mensch war Hofrat Edgar Hanfstaengl gut, edel und liebenswürdig. Gegen alle, die er an seine Seite be rufen hatte, um ihm mit Rat und Tat behilflich zu sein, war er gerecht und wohlwollend. Er hatte stets ein Herz für die Sorgen eines jeden feiner Mitarbeiter, und alle, die ihm nahestanden, erleiden einen schweren Verlust. Ein treues, dankbares Angedenken ist ihm gesichert.