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Arbeit, wenn er die Eintragung während der gesetzlichen Frist nicht bewirkt hat. Wir müssen hier eine weitere Absurdität feststellen und diese der Prüfung des Kongresses unterbreiten. Ange nommen, ein Übersetzer erlangt nach Überwindung aller Schwierigkeiten die gewünschte Erlaubnis, ein fremdes, z. B. ein französisches Werk in unsere Sprache zu übertragen. Sobald seine Arbeit beendet ist, veröffentlicht er sein Buch und er unterläßt aus irgendeinem Grunde die Eintragung. Nach dem Wortlaut unseres Gesetzes wird diese Übersetzung Gemeingut. Der Artikel 36 läßt hieran keinen Zweifel. Was wird aber nun aus den Urheberrechten des Original werkes, die laut Artikel 2 und 5 der Berner Konvention verbürgt sind? Wenn die Übersetzung Gemeingut wird, ist das dann nicht auch mit dem Originalwerk der Fall, ob gleich die hierfür durch die internationalen Verträge ver einbarte Frist noch nicht abgelaufen ist? Und wenn das Originalwerk nicht Gemeingut ist, wie kann es dann die Übersetzung sein? Bilden nicht das Originalwerk und die Übersetzung ein unteilbares Ganzes? Wenn man einem ausländischen Verfasser das Honorar mit einem Male bezahlt, so wird dieser allerdings nicht in seinen materiellen Interessen geschädigt; ein Prozeß zwischen dem Übersetzer und dem Verleger ist dann rein lokaler Natur; wenn man aber dieses Honorar zu so und soviel per Exemplar oder per Auflage bezahlt, so trifft der Schaden auch die fremden Verfasser, denen eine Sondergesetzgebung die durch internationale Verträge anerkannten Rechte nimmt. Die durch die Eintragungsförmlichkeiten verursachten Schwierigkeiten werden noch durch die große Anzahl Gesetze erhöht, die in allen Ländern hinsichtlich einer Hinterlegung von Exemplaren bestehen. Man glaube ja nicht, daß diese Förmlichkeit der Hinterlegung, die einzig zum Zwecke einer Vermehrung der Bibliotheken geschaffen wurde, ohne jede Verantwortlichkeit sei; denn, um auf unser Beispiel zurück zukommen: der durch königliches Dekret vom 15. Juni 1894 abgeänderte Artikel 52 der Verordnung bestimmt folgendes: »Die Eigentümer, welche am Kopfe ihrer Werke erklären die gesetzliche Hinterlegung bewirkt zu haben, und die es innerhalb einer bestimmten Frist nicht tun, werden nicht nur vor den Gerichten verantworlich sein, sondern auch einer Geldstrafe von 25 bis 250 Frcs. unterliegen«. Die Verordnung verkündet diese harte Strafe, ohne daraus Rücksicht zu nehmen, daß man vor der Hinterlegung das Buch erst drucken muß, und es folglich Vorkommen könnte, daß man erklärt, die Hinterlegung bewirkt zu haben, entsprechend der guten Absicht des Verfassers oder des Verlegers, und daß später ein unvorhergesehenes Hindernis die Verwirklichung gehindert hat. Diese wichtige Frage der Hinterlegungs- und Ein tragungsformalitäten hat schon verschiedene Kongreffe be schäftigt. Die ^.ssocritttion littsrsirs st s-rtistigus intsrogtio- nttls hat in ihren Sitzungen in Barcelona (1893), Bern (1896) und Neapel (1902) zustimmende Erklärungen zugunsten folgender Grundsätze beschlossen: »Der Mangel einer Erfüllung der Formalitäten soll keinen Einfluß auf den Schutz des Geisteswerkes haben. »Die Hinterlegung von Exemplaren veröffentlichter Werke soll von der Anerkennung des Urheberrechtes un abhängig sein.« Ebenso gab der 1896 in Paris abgehaltene inter nationale Verleger-Kongreß eine entschiedene Erklärung in dem Sinne ab, daß die Hinterlegungs- und Eintragungs- Formalitäten in keiner Weise den literarischen oder künst lerischen Besitz beeinflussen dürfen, mit anderen Worten, daß das Urheberrecht nicht von der Erfüllung irgendwelcher Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. Förmlichkeit abhängen darf. In der genannten Versamm lung faßte man folgenden Beschluß, den wir hier wörtlich wiederholen, um seine Bestätigung vom Kongreß zu erbitten: »1. Im Augenblicke des Erscheinens eines Druck erzeugnisses sollen zwei für die Nationalsammlungen be stimmte Exemplare hinterlegt werden. Diese Hinterlegung erfolgt in drei Exemplaren für Stiche, Mustknoten und für andere als eigentliche, gesondert veröffentlichte Druckwerke. »Der Hinterlegung wird eine ausführliche, den im be treffenden Lande gebräuchlichen Formen angepaßte Er klärung beigelegt. Dem Hinterleger wird kostenfrei ein Hinterlegungsschein ausgestellt. »2. Die Hinterlegungspflicht liegt dem Verleger des Werkes und mangels solchen dem Verfasser ob. Vom Drucker soll sie nur für solche Veröffentlichungen gefordert werden, die keinen Namen des Verlegers oder Autors tragen. »3. Die auf solche Weise hinterlegten Exemplare müssen vollständig und verkaufsfertig sein. Sie müssen mit einer Angabe des Verkaufspreises versehen sein und, falls sie nicht für den Verkauf bestimmt sind, eine Be merkung tragen, daß sie nicht im Handel zu haben sind. »4. Der Kongreß drückt ferner den Wunsch aus: ch daß in den Ländern, wo für die Veröffentlichung eines Werkes Förmlichkeiten vorgeschrieben sind, die letzteren so einfach wie möglich sein mögen; b) daß die Nichterfüllung ohne Einfluß auf den Schutz des Buches sein soll.« Ich habe hier kurz zusammengestellt, was nach meiner Ansicht in den besonderen Gesetzgebungen einiger Länder be züglich der Bücher-Eintragung und -Hinterlegung mit Rück sicht auf literarisches Eigentum einer dringenden Änderung bedarf. Wenn die Ursachen der hauptsächlichsten von mir angeführten Hindernisse einerseits in dem Mißtrauen des Staates gegenüber der Ehrbarkeit desjenigen, der ein Werk zur Eintragung vorlegt, und andrerseits in Vorsichtsmaßregeln des Fiskus gegenüber möglichen Hinterziehungen bestehen, so ist es Zeit, daß diese Hindernisse verschwinden; die bürger lichen und Strafgesetze haben Hilfsmittel genug, um ein reines Präventivsystem entbehrlich zu machen. Es besteht also die wichtige und dringende Forderung, die Hindernisse zu beseitigen, die der Anerkennung des indi viduellen Eigentums zugunsten des Autors oder seines Rechtsnachfolgers entgegenstehen. Behufs Erreichung dieses Zweckes schlage ich dem Kongreß vor: 1. daß er sich mit den Vorschlägen solidarisch erkläre, die die deutsche Delegation in der Berner Versammlung für die Vereinheitlichung der Gesetzgebungen hinsichtlich des Schutzes für literarisches und künstlerisches Eigentum gemacht hat; 2. daß er sich auch mit den oben erwähnten Er klärungen des internationalen Verlegerkongresses von Paris (1896) in bezug auf Bücher-Eintragung und -Hinterlegung für solidarisch erkläre; 3. daß ein Gesuch an die Regierungen, und besonders an diejenigen Italiens und Spaniens, zu dem Zwecke gerichtet werde, daß sie, bis das Mittel gefunden wird, die Gesetze den obigen Folgerungen anzupassen, die Ein tragung und Hinterlegung von Originalwerken und Über setzungen erleichtern und eventuell von den Personen welche diese als ihr Eigentum vorlegen, eine beeidete Erklärung annehmen, unter Vorbehalt der strengsten Strafe für diejenigen, welche diese Erleichterungen miß brauchen, indem sie sich die Rechte des legitimen Eigentümers anmaßen. 49