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8586 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 187, 13. August 1908. dunkelt ist und gelbe Ränder bekommen hat, während das viel billigere, holzsurrogierte Papier sich scheinbar nicht veränderte; zwei Bände aus dem Jahre 1902 lassen das Gesagte besonders deutlich erkennen). Wären wir nicht im Besitz dieser billigen und dabei außerordentlich zweckdienlichen Papiere, oder wollte man ihre Verwendung durch irrige amtliche Vorschriften einschränken, so müßte ein Stillstand auf geistigem Gebiete eintreten, und Deutschland würde seine anerkannte Führerschaft in der Welt auf graphischem Gebiete verlieren. Der Preis dieser Papiere liegt zwischen 36 und 42 Pf. pro Kg, je nach Holzschliffgehalt, Druck fähigkeit, Festigkeit und reiner Färbung. Wir kommen nunmehr zu den ausgesprochenen Holzschliff p a p i e r e n, die für die Legion der deutschen Zeitungen und die sonstigen Druckerzeugnisse des alltäglichen Bedarfs das Druck material abgeben müssen. Der Bedarf in diesen Holzschliffpapieren wird zu acht Zehnteln des gesamten Verbrauchs geschätzt! Große Ansprüche werden an diese Papiere überhaupt nicht gestellt, sie dienen für heute auf morgen, und wir dürfen uns daher nicht wundern, daß sie fast nur noch Holzschliff mit ca. 15—20^ß Zell stoffzusatz enthalten, also gerade so viel Zellstoff, daß das Papier noch einen gewissen Halt bekommt und nicht während des Druckes in der modernen Rotationsmaschine abreißt; denn hiermit würde großer Zeitaufenthalt entstehen und die Tageszeitung nicht recht zeitig erscheinen können. Die besseren Sorten enthalten mehr Zell stoff. Preis 23 bis 35 Pf. pro Kg. Eine besondere Gattung bilden unsere gestrichenen Kunstdruckpapiere; sie sind ziemlich jungen Datums, haben sich aber im Flug die Welt erobert, da sie mit einem ele ganten Aussehen eine ganz vorzügliche Druckfähigkeit verbinden. Ganz besonders sind sie für die auf photochemischem Wege erzeug ten Buchdruckklischees (Autotypien) der beste Bildträger. Als Rohstoff dient ein sehr gleichmäßig gearbeitetes, mäßig geglättetes Papier, dessen Poren durch Aufstrich irgend einer kasein- oder leimgelvstcn Weißerde (Kreide, Kalk, Ton, Talkum, Barytweiß usw.) vollständig verebnet worden sind. Die geschlossene, glatte Oberfläche dieser Papiere, verbunden mit der Saugfähigkeit des mineralischen Aufstrichs, läßt alle Feinheiten eines Bildes voll wertig zum Abdruck kommen. Ihre Nachteile sind allerdings: die beim Lesen störende, lästige Spiegelglätte, die große Brüchigkeit, das hohe spezifische, durch den Mineralaufwand bedingte Gewicht und der hohe Preis, der 55—80 Pf. pro Kg und darüber beträgt. Wenden wir uns nunmehr der Herstellung unserer moder nenPapiere zu. Jeder der oben aufgeführten Roh stoffe: die Hadern, der Zellstoff (gleichviel ob aus Holz oder Stroh stammend), ebenso der Holzschliff bildet einen Halb floss für sich, und jeder wird für sich besonders erzeugt. 1. Hadern. Ihre Sortierung erfordert große Sorgfalt und noch größere Sachkenntnis. Sie werden nach Reinheit, Weiße, Färbung, Festigkeit und Gattung (Baumwolle, Leinen usw.) in ca. 30 Sorten eingeteilt, wobei ungebrauchte Ausschnitte aus den Wäschefabriken die wertvollsten, abgetragene schmutzige Lumpen aber die wertlosesten sind. Jede dieser im Haderndrescher von Staub gereinigten Sorten wird von Räten, Knöpfen, Hefteln, Haken üsw. sauber befreit, in größere Stücke an einem sensenartigen Messer zertrennt und dann in Hadernschneidmaschinen in gleichmäßig große Stücke geschnitten. Diese geschnittenen Hadern wandern in den Hadernstäuber und werden hier einer trockenen Reinigung durch Klopfen unterzogen. Von hier aus gelangen sie in den rotierenden Kugelkocher, wo sie mit Ätznatron, Soda, meistens aber Kalk unter 2—5 Atm. Dampfdruck gekocht und vonFetten, Unreinigkeiten und Farbstoffen befreit werden. In einem sog. Waschholländer werden die nunmehr gereinigten Hadern gründlich durch mehrmaliges Erneuern des Waschwassers ausgewaschen und sind jetzt reif für den Halbzeugholländer, ein eisernes, büttenartiges, durch eine Scheidewand in zwei Abteilungen getrenntes Gefäß. Ein mit Stahl- oder Bronzeschienen (den Messern) radial besetzter Eisen zylinder (die Walze), der sich um seine Achse dreht, schneidet auf ebensolche Messer, die auf dem Boden des Holländers befestigt sind (das Grundwerk). Die zwischen Walze und Grundwerk^ge- triebenen Hadern werden hierdurch zerfasert und durch mehr maliges Erneuern des Wassers noch weiter gereinigt; sog. Wasch trommeln seihen das schmutzige Wasser ab und ersetzen es gleich zeitig durch frisches. Der Mahlprozeß wird aber hier noch nicht bis zu Ende geführt, sondern nach Erhalt eines langfaserigen Breies unterbrochen. Der so erhaltene »Halbstoff« gelangt zunächst in Abtropfkästen und von hier aufs Halbstofflager zu späterer^Ver- wendung und Umwandlung in »Ganzzeug«, da die Mehrzahl aller Papiere aus Mischungen verschiedener Faserarten besteht, wie wir vorn gesehen haben. Außerdem muß der Stoff auch noch gebleicht, gefärbt und geleimt werden, was mit den anderen Halbstoffen zu sammen erfolgt. Wir kommen nun zu den Surrogathalbstoffen. 2. Der Holzschliff. Die Zerfaserung des Holzes erfolgt auf rotierenden, ca. IV- in Durchmesser haltenden nassen Schleif steinen, wobei die Holzstücke mittelst eiserner Kästen und Ketten räderübertragung kräftig angepreßt werden. Meistens sind 5 Kästen radial zum Stein angeordnet, welche das zum Schleifen bestimmte Holz aufnehmen. Der so erhaltene Holzschliff ist noch sehr ungleich mäßig und enthält grobe und feine Splitter, welche durch Passieren des Splitterfangs — einer Anordnung von übereinanderliegenden Schüttelsieben — aussortiert werden müssen. Je nach Art und Sorgfalt der Schleifarbeit und des Sortierens fällt auch der er haltene Holzschliff verschieden aus, und es bestehen hierbei außer ordentlich weite Qualitätsunterschiede, die auf die spätere Halt barkeit und Lichtbeständigkeit des hieraus hergestellten Papiers von größtem Einfluß sind. Soll der Holzschliff aufbewahrt werden, so muß er über rotierende Zylindersiebe geleitet und in Pappe tafeln verwandelt werden, die man künstlich trocknet. 3. Der S t r o h z e l l st o f f (Strohcellulose) ist einer der wertvollsten Halbstoffe für die Herstellung unserer Illustrations- Papiere. Obgleich seine Faser außerordentlich zart, dünnwandig, dabei hart und sein ist, somit wenig Haltbarkeit besitzt, gibt er den hiermit gearbeiteten Papieren eine dichte und geschlossene Ober fläche. Sein weiterer Vorzug ist, daß er sich rein weiß bleicht und demgemäß auch schöne, weiße Papiere gibt. Ganz nahe hiermit verwandt, nur weicher, geschmeidiger und auftragender, ist der in englischen Papieren viel verwendete Halfa- oder Alfastoff. Meistens wird das Stroh in stehenden Kochern mit Natronlauge bei 2—4 Atm. Druck 5—6 Stunden lang gekocht; die Silikate des Strohs werden von der Lauge vollständig gelöst und lassen sich nach Beendigung des Kochprozesses leicht und sorgfältig auswaschen. Die Zerfaserung erfolgt am gleichmäßigsten im Holländer, kann aber auch im Kollergang vorgenommen werden. Hierauf wird der Strohzellstoff in zementierten Behältern mit Chlorkalk gebleicht, entwässert und wie der Holzschliff über rotierende Zylindersiebe in Form von Pappetafeln gebracht und getrocknet aufbewahrt. 4. Der H o l z z e l l st o f f (Holzcellulose). Das entrindete, von Ästen sauber befreite Holz wird in dünne Scheiben geschnitten, diese zerhackt und der so erhaltene Häckerling in den meistens auf rechtstehenden Kocher gefüllt, der bis ca. 180 obin gehäckseltes Holz zu fassen vermag. Man läßt 8—10 Stunden lang Dampf durch die Holzfüllung, um die wasserlöslichen Bestandteile und die in den Holzporen sitzende Luft daraus zu vertreiben. Dann wird die Sulfitlauge in den Kocher eingelassen, bis sie die Holzfüllung überragt. Die Kochung erfolgt mittels Dampf bei 3—4 Atm. Druck 31—37 Stunden lang. Sämtliche Holzinkrusten sind hierdurch in die Lauge gelöst übergegangen, die als dunkelbraun gefärbte Flüssigkeit nunmehr abgelassen wird. Der im Kocher verbleibende Zellstoff muß mehrmals mit Wasser gründlich ausgewaschen werden, gelangt dann auf die Separatoren, die die Äste daraus entfernen und die Faserbündeln des Zellstoffs aufschließen. Aus den Schlitzen der Trommelwände tritt der nunmehr gereinigte und au'geschlos- ene Zellstoff heraus, um mit Chlorkalk gebleicht und auf Entwässe rungsmaschinen wie vorn beschrieben, in Pappetafelform gebracht und getrocknet zu werden. (Schluß folgt.)