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6762 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 140, 19. Juni 1908. durchaus keine berechtigte deutsche Eigentümlichkeit ist. Auch) würde die alleinige Anwendung der Antigua bedeutende wirtschaftliche Opfer fordern, deren die Druckindustrie in den letzten vier Jahrzehnten schon wegen der Orthographie reichlich gebracht hat. Jedermann muß aber zugeben, daß die großen deutschen Buchstaben viel weniger leicht lesbar sind als die großen lateinischen: man vergleiche: DEUTSCHE SCHRIFT und VUUD80M 8MRIbD. Auch können c, e, f, s, n, u, o, v, B, V, C, E, N, R der Fraktur viel leichter verwechselt werden als die ent sprechenden Buchstaben der Antiqua. Das Erlernen der komplizierten Formen der Frakturbuchstaben macht den Abc- schützen sicher mehr Mühe als das Erlernen der ein facheren Formen der Antiqua. Außerdem müssen unsere deutschen Kinder acht Alphabete lernen, nämlich ein großes und kleines Alphabet deutscher Schreibschrift, je ein solches deutscher Druckschrift, je ein solches lateinischer Schreibschrift, je ein solches lateinischer Druckschrift. Die Zeit, die zum Einprägen von vier unter Umständen entbehrlichen Alphabeten verwendet werden muß, könnte anderen Unterrichtsgegen ständen zugute kommen. Versuche von Fick (Cohn, a. a. O. S. 45) haben ergeben, daß lateinischer Druck sich etwas schneller, also leichter liest als deutscher von derselben Größe. Der Unterschied ist aber so gering, daß die Fehde zwischen deutschem und lateinischem Druck als ein Kampf um des Kaisers Bart erscheint. Wenn wir Deutschen, meint Fick, mehr unter Kurzsichtigkeit zu leiden haben als Franzosen und Engländer, so liegt dies nicht daran, daß deutscher Druck an sich schlechter ist als lateinischer, sondern daran, daß bei uns schlechter gedruckt und mehr gelesen wird als bei den anderen Völkern, und daß die deutschen Zeitungen betreffs der Güte des Papiers und der Schärfe des Drucks weit hinter den englischen z. B. zurückstehen. Die Beschaffenheit des Papiers ist für die Schonung der Augen sehr wichtig. Über die Farbe des Papiers gehen die Ansichten etwas auseinander. Am meisten wird wohl möglichst weißes Papier bevorzugt, da der schwarze Druck mit demselben am besten kontrastiert und schwarze Buch staben auf weißem Grunde selbst bei schlechter Beleuchtung leichter gelesen werden können als auf irgendeinem andern. Nach anderer Meinung sollte gelbliches Papier zum Druck verwendet werden, da gerade der Kontrast von weiß und schwarz ermüdend wirkt. Auch leicht graues Papier wird vorgeschlagen. Das Durchschlagen der Schrift darf besonders bei Schulbüchern durchaus nicht Vorkommen. Das Papier darf keinen Glanz zeigen, da derselbe beim Lesen immer stört und ermüdet. Der Druck muß tiefschwarz sein. Fr. I. Kleemeier. Kleine Mitteilungen. Zrntralverti« Deutscher Buch- und Zeitschriftenhändter, E. V. (Vergl. Börsenbl. Nr. 106 u. 138.) — Am zweiten Ver handlungstage, den 16. Juni, wurden zunächst die Ersatz wahlen zum Zentralvorstand vorgenommen. Ein hierzu gestellter Antrag, den Vorstand durch Zuwahl von zwei Beisitzern von 7 auf 9 Mitglieder zu erhöhen, fand einstimmige Annahme. Für den verstorbenen ersten Vorsitzenden Schöps wurde mit großer Stimmenmehrheit Kolbig-Berlin gewählt (auf ein Jahr). Zum zweiten Vorsitzenden wurde Wilh. Müller-Braunschweig, zum ersten Schatzmeister Herm. Schild-Berlin per Akklamation wiedergewählt. Die übrigen Vorstandsmitglieder sind Jser- Berlin, 1. Schriftführer, Franke-Köln, 2. Schriftführer, I. Vürner- Nürnberg, 2. Schatzmeister. — Nach Beendigung der Wahlen sprach Herr Schild-Berlin über die Schädigungen des Buch- und Zeit- schrtftcnhandels durch die »Bibliothek Scherl». Nach kurzer Debatte wurde hierzu folgende Resolution einstimmig an genommen: »Die in Chemnitz tagende Generalversammlung des Zentralvereins Deutscher Buch- und Zeitschriften händler erblickt in der .Bibliothek Scherl' eine schwere Schädigung des gesamten Buch- und Zeitschriftenhandels. Die Versammlung ist der festen Überzeugung, daß das Verleihen von Romanen, verbunden mit kostenloser Zustellung und Abholung, zu einem so geringfügigen Preise das weitere Lesebedürfnis des Publikums bedeutend vermindern und dadurch unsere Existenz erschwert wird. Die Versammlung hofft, daß die Firma August Scherl unter Berücksichtigung dieser Umstände und in dem Bestreben, mit dem gesamten Buchhandel in angenehmen Beziehungen zu bleiben, nach Schluß des ersten Jahres das Erscheinen der Bibliothek einstellt-. Die am ersten Verhandlungstage zurückgestellten Anträge der Lokalvereine Braunschweig und Magdeburg, das gewerbsmäßige Verleihen von Romanheften, einschließlich der sogenannten bunten Literatur- und Witzblätter, sowie der abgeschlossenen 10-, 15- und 20 H-Bände zu verbieten, wurden angenommen. Mit der Verlegung der Verkehrskommisston von Breslau nach Leipzig war die Generalversammlung einverstanden. — Den Antrag Breslau, an den Reichstag zu petitionieren um Ab änderung des Z 184 St.G.B. dahingehend, nicht den Verbreiter, sondern nur den Verleger unzüchtiger Schriften verantwortlich zu machen, ließ die Generalversammlung auf sich beruhen. Betont wurde, daß der Zentralverein kein Interesse an einer Abänderung des genannten Paragraphen habe, da seine Mitglieder keine un züchtigen Schriften verbreiten. — Ein vorgebrachter Fall von Kundenraub soll bis zur höchsten Instanz durchgefochten werden. — Nach Erledigung interner Vereinsangelegenheiten wurde die Generalversammlung durch den Vorsitzenden mit Dankesworten an die Teilnehmer gegen ^4 Uhr nachmittag geschloffen. (Nach »Leipz. Tageblatt-.) Kreisverei« Ost- und Westpreutztscher Buchhändler. — Die 28. ordentliche Hauptversammlung des Vereins findet am 28. und 29. Juni in Graudenz statt. Wegen der Tagesordnung und des Vergnügungsprogramms verweisen wir auf die Bekannt machung S. 6753 dieser Nummer. Gtudieureise französischer Buchdruckereibesttzer in Deutsch land. (Vgl. Börsenbl. Nr. 127, 134 u. 136.) - Die zurzeit in Deutschland auf einer Studienreise begriffenen etwa 100 franzö sischen Industriellen der graphischen Branche besuchten am 15. d. M. nachmittags die Kgl. Universitäts-Druckerei von H. Stürtz in Würzburg. Es war dies die erste Druckerei, die von den französischen Kollegen in Deutschland besichtigt wurde. Die auf das modernste eingerichtete, in einem schönen großen Neubau untcrgebrachte Anstalt mit ihren auf alle Gebiete der graphischen Künste sich erstreckenden Abteilungen machte den allerbesten Ein druck auf die Gäste. In der Nacht vom 16. zum 17. Juni trafen die Herren unter Führung des Herrn Arthur Müller, des Pariser Vertreters der Leipziger Maschinenfabrik Karl Krause, in Leipzig, dem Zentrum des deutschen Buchhandels, ein. Über ihren Aufenthalt in Leipzig sei nach den Leipziger Tageszeitungen hier folgendes mitgeteilt: Ihr erster Besuch am 17. Juni vormittags galt dem Deutschen Buchgewerbehause, in dessen feierlicher, dem Andenken Gutenbergs geweihter Halle die Begrüßung der französischen Berussangehörigen durch den Verein Leipziger Buchdruckereibesitzer ersolgte. In dessen Namen entbot der Vorsitzende Herr Verlagsbuchhändler und Buchdruckereibesitzer E. Haberland den französischen Gästen in französischer Sprache ein herzliches Willkommen; er wies auf die bedeutsame Stellung Leipzigs in seiner Eigenschaft als hervorragende Buchhändler- und Buchdruckerstadt hin und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die von den Besuchern hier gewonnenen Eindrücke ihnen wertvolle Anregungen geben und die angenehmen Be ziehungen zwischen der französischen und deutschen Buchdruckerwelt erweitern möchten. Lebhafte Zustimmung und Beifall folgten. Mit einem kurzen Begrüßungswort wandte sich hierauf Herr vr. Ludwig Volkmann (in Firma: Breitkopf L Härtel), der Erste Vorsteher des Deutschen Buchgewerbevereins, im Namen des Vereins als des Erbauers und Besitzers des Hauses an die Gäste. Es gewähre ihm eine große Freude, zu sehen, wie die Bestrebungen des Deutschen Buchgewerbevereins auch unter den Kollegen außerhalb Deutschlands beachtet würden. Möchte der