Volltext Seite (XML)
1090 Börsenblatt f. d Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 22. 28 Januar 1908. biete der angewandten Graphik ausgedehnt; eS war dies bereits der zweite Vortrag in diesem Sinne. Eine umfassende Aus stellung von historischen und modernen Notentiteln aus der Samm lung des Herrn Vortragenden, die demnächst auch in Leipzig ausgestellt werden sollen, dienten zur Erläuterung des Vortrags; sie zeigten, wie geschmackvoll in früherer Zeit die Notentitel ausgestattet wurden. Ferner hatte auch die Königliche Bibliothek wertvolle musikalische Druckwerke aus den letzten vierhundert Der Vortragende gab eine eingehende Darstellung über die künstlerische Ausstattung der Notentitel und musikalischen Druck werke von der Frührenaissance bis auf unsre Tage und ging an Hand von Beispielen auf die prägnantesten Stadien der Ent wicklung näher ein. Er führte u. a. folgendes aus: Die Bibliophilie hat in den letzten Jahren in Deutschland einen großen Aufschwung genommen, für historische Druckwerke werden zum Teil fabelhafte Preise bezahlt. Aus diesem Anlaß wurden vielfach von seltenen historischen Werken Neudrucke herausgegeben, die ebenfalls gute Liebhaberpreise erzielten. Musikfreunde betrachten es als eine Ehre, die Erstausgaben von Komponisten in ihrer Bibliothek zu haben. In Deutschland gibt es nicht allzuviel Sammler von seltenen musikalischen Druckwerken; Zur Zeit der Frührenaissance waren es meist die Kirchen musiken. geistlichen Lieder, Motetten usw., die mit Holzschnitten dekorativ ausgestattet wurden und auf die sich in früherer Zeit Schmuck war dem jeweiligen Zeitgeschmack angepaßt und zeigte oft keinen besonders charakteristischen Unterschied von den Druck werken der übrigen Literatur. Die Titelblätter waren mit prächtigen, in Holzschnitt aus geführten Umrahmungen verziert, der Text geschmackvoll an- Der Schmuck von Notenwerken stand mit dem Inhalt vielfach nur in losem oder gar keinem Zusammenhang; er war nicht eigens für das betreffende Werk hergestellt; er stammte vielmehr aus dem Bestände der Druckerei und hätte ebenso für jedes andre Buch Verwendung finden können; der Schmuck sollte eben nur dekorativ wirken. Die Formate der Musikliteratur waren den übrigen lite rarischen Veröffentlichungen angepaßt. Für Kirchenmusiken wurden meist Folioformate bevorzugt. rahmungen, in denen Musikinstrumente in dekorativer Weise in die Ornamentik eingeflochten sind; diese Mütter sind daher musik geschichtlich nicht ohne Interesse. Ferner werden den Werken Ab bildungen zeitgenössischer Konzerte und die Porträts der Kompo nisten beigesügt. Der berühmte Komponist der niederländischen Schule Orlando di Lasso, von 1557 ab Hofkapellmeister in München, gestorben daselbst 1594, durfte sich der schönsten Ausgaben seiner Werke erfreuen. Außer diesem kommen noch die Händelschen Werke in Die Ausstattung der Notenwerke hat sich später nicht auf der künstlerischen Höhe gehalten, die sie bis Ausgang des sechzehnten Jahrhunderts erreichen konnte. Im siebzehnten Jahrhundert ver schwindet der bis dahin ausschließlich gebräuchliche Holzschnitt immer mehr, der Kupferstich gewinnt die Herrschaft. Die deutschen Kupferstiche konnten sich in künstlerischer Beziehung aber mit den französischen nicht messen; im siebzehnten und achtzehnten Jahr hundert hatte überhaupt Frankreich in der Ausstattung musi kalischer Druckwerke die führende Stellung. Mit dem Aufkommen der Oper (1594) entwickelte sich der illustrative Notentitel; ferner kam auch die Musikillustration in Aufnahme. Das Musikdrama erhielt eine glänzende Durch führung. Um nun die Erinnerung an die glänzende Ausstattung wieder wachzurufen, ging man dazu über, die großen Opern- Partituren mit Kupfertafeln auszuschmücken. Die Illustrationen waren oft drei- bis viermal größer als das Format des Buches und wurden auf die Größe passend gefalzt. Im achtzehnten Jahrhundert begannen bereits Musik-Journale zu erscheinen, und zwar Hefte, in denen dem Publikum musi kalische Neuheiten mitgeteilt wurden. Die Händelverehrung zeitigte in England durch die Händel- Teils tritt in diesem Werk zutage. Es enthält prächtig gestochene Titel von Bartolozzi. In Deutschland ist auf diesem Gebiete von Augsburger Künstlern der Renaissance Hervorragendes geleistet worden. Aus einer Augsburger Druckerei stammt aus dem Jahre 1520 ein musikalisches Druckwerk in Folioformat mit hervorragend schönem Schmuck. Ein berühmter Musikverleger des achtzehnten Jahrhunderts war Hummel in Berlin. Er legte Wert auf gute Ausstattung der Titel, und obwohl diese nicht immer als Kunstwerke ersten Ranges anzusprechen sind, so sehen sie doch durchweg anständig aus. Die Titel zeigen eine klare Schrift und schöne Umrahmung mit allegorischem oder figürlichem Schmuck. Eine andre Richtung verfolgt der Andrssche Verlag in Offenbach; er bevorzugt das Idyllische. Die Titelblätter der Veröffentlichungen von Breitkopf in Leipzig entbehrten ursprünglich des ornamentalen Schmuckes; als später Härtel eintrat, wurde den Titeln in dieser Richtung mehr Sorgfalt gewidmet. Während im achtzehnten Jahrhundert noch der Kupferstich als Veroielfältigungsverfahren dominierte, wurde dieser im neun zehnten Jahrhundert von der durch S-neselder im Jahre 1795 erfundenen Lithographie verdrängt. In neuerer Zeit sind alle photomechanischen Druckverfahren für die Notentitel zur An wendung gelangt. Die Ausstattung der Noten ist im neunzehnten Jahrhundert in Papier, Druck und auch in künstlerischer Beziehung sehr zurück gegangen. Notentitel von Max Klinger für seinen Freund Brahms, von Adolf von Menzel und von Schwind bilden seltene Ausnahmen. Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts schien eine Besserung eintreten zu wollen; viele Verleger waren bestrebt, wenigstens das Außere der Bücher zu reformieren, und auch eine Reihe Musikalienverleger schloß sich dieser Bewegung an; aber die Freude dauerte nicht lange. Die vor einem Jahrzehnt einsetzende Plakatbewegung war nicht ganz ohne Einfluß auf die Ausstattung der Musikliteratur; wir begegnen sehr oft plakatmäßig gehaltenen Titelblättern. Die Karikatur ergriff Besitz vom Notentitel. Auch realistische Dar stellungen sieht man nicht selten. Obwohl eine große Anzahl neuer Schöpfungen herausgebracht worden sind, hat die Bewegung in künstlerischer Beziehung nicht das gehalten, was sie versprochen hat. Auf andern Gebieten der angewandten Graphik sind bessere Resultate erzielt worden als beim Notentitel. Nach einigen Jahren des Aufschwungs flaute die Bewegung wieder ab, und erst in neuerer Zeit ist eine Reihe guter Sachen herausgebracht worden. Die jetzige Bewegung wird voraussichtlich nicht so bald versanden wie die vor einem Jahrzehnt. Inzwischen hat sich vieles geändert; die buchgewerbliche Be wegung hat im Publikum bereits tiefe Wurzeln geschlagen. Es gibt schon viele Bücher, die gut ausgestattet sind und die man zu verhältnismäßig billigem Preise kaufen kann. Es macht dem Bücherfreund mehr Freude, ein Buch zu lesen, das aus gutem Papier gut gedruckt ist. Was für die Ausstattung der Bücher im allgemeinen möglich war, dürfte auch für Musikalien nicht ausgeschloffen sein. Ver leger, die eine Reform anstreben, sollten nicht nur schöne Titel bringen, sondern das Ganze hübsch auSstatten, damit sie auf Er folg ihrer Bestrebungen rechnen dürfen. Bruno Senf. Neuigkeiten des russischen Büchermarkts. (Mitgeteilt von W. Henckel.) P. f. --- Preis fehlt. (Schluß aus Nr. 19 u. 21 d. Bl.) Sagurskij, L., Versuch einer Geschichte der juridischen Fakultät der Charkower Universität. 2. Ergänzung. P. f. Sajontschkowskij, A., Der Orientkrieg von 1853—1856 in Ver bindung mit der damaligen politischen Lage. Bd. I. Heraus gegeben auf Kosten des Kriegsministeriums. Mit Porträt, Abbildungen, 1 Karte und Beilagen. P. f.