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Nichtamtlicher Teil. 296. 20. Dezember 1907. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 13865 Lieferungsgeschäften zu treffen, usw. Gegen diese Bestimmung war von dem betreffenden Mitglieds verstoßen worden. Der Ver band, gesetzlich vertreten durch den Vorsitzenden, Dachdeckermeister Balten, hatte darauf am 14. August 1907 den Wechsel dem Aus steller vorlegen lassen. Dieser verweigerte Zahlung. Hierauf wurde Klage erhoben, der Verband jedoch durch Urteil des Amts gerichts am 25. September abgewiesen. Hiergegen legte der klagende Verband Berufung ein und erstritt ein obsiegendes Er kenntnis. Das Landgericht (VI. Zivilkammer) führt in seinem Urteil folgendes aus: -Soweit der klagende Verband diesen (oben bezeichneten) Zweck verfolgt, stellt er sich als eine Vereinigung von Gewerbe treibenden zur Herbeiführung und Erhaltung ange messener Preise für ihre Gewerbserzeugnisse und Erreichung günstiger Abschlüsse von Verträgen dar, als eines der im heutigen Wirtschaftsleben überhaupt häufigen Kartelle und Syndikate, deren Rechtsbeständigkeit nicht in Zweifel gezogen werden kann. Das Ausscheiden eines Mitgliedes aus dem Verein kann sich somit, soweit diese Zwecke in Frage kommen, nur nach den Be stimmungen der Satzungen vollziehen. Danach ist aber die Mit gliedschaft zunächst aus die feste Zeit von zwei Jahren festgesetzt, und erst nach Ablauf dieser Zeit ist eine Kündigung vorgesehen. Der Beklagte war also nicht in der Lage, sein Mitgliedsverhält nis am 7. Juni einseitig zu lösen. Somit war, da eine andere bewiesene Einrede nicht bestand, der Beklagte zur Zahlung des Verpflichtungswechsels zu verurteilen. Die Kosten des Rechts streites hat der Beklagte zu tragen.» (Leipziger Tageblatt.) * Gehikferrbewegung in Leipzig. (Vgl. Nr. 279, 290, 291, 292, 293 d. BI.) — Die Sektion der Buchhandlungsgehilfen im (sozialdemokratischen) Zentralverband der Handlungsgehilfen Deutschlands hat mit einem undatierten, am 16. d. M. versandten Flugblatt der Gehilfenschaft empfohlen, die -passive Resistenz aufzugeben. * Rcmittcndenfaktur - Vordrucke O.-M. IVO». (Vgl. Nr. 29l, 293, 294, 295 d. Bl.) — Weitere Eingänge: I. Guttentag, Berlin, C. Heinrich, Dresden, S. Karger, Berlin, Langenscheidt'sche Verlagsbuchhandlung (Prof. G. Langen- scheidt), Berlin-Schöneberg. * Kunstausstellung. —Die Winterausstellung der Münchener Sezession wird am 28. Dezember eröffnet werden und bis An fang Februar 1908 dauern. * Zeugniszwaug. -- Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung schreibt: In der Frage der Anwendung des Zeugniszwanges hat der Reichskanzler das nachfolgende Schreiben an die Bundes regierungen gerichtet: Berlin, den 9. Dezember 1907. Die Tatsache, daß im Strafverfahren von der Befugnis, zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft anzuordnen, mitunter in Fällen Gebrauch gemacht wird, in denen die Anwendung des Zwangsmittels nach der Lage des Einzelfalls weder zu der Bedeutung der Sache, noch zu dem voraussichtlichen Ergebnis der Maßregel in dem richtigen Verhältnisse steht, hat schon häufig zu unliebsamen Erörterungen Veranlassung gegeben. Daß die Gerichte in solchen Fällen die Grenzen der ihnen übertragenen Befugnisse formell einhalten, kann zur Rechtfertigung des Verfahrens nicht dienen. Denn die Gerichte sind durch die gesetzlichen Vorschriften nicht genötigt, das Zwangsmittel in jedem Falle zur Anwendung zu bringen; das Gesetz überläßt alles ihrem verständigen Ermessen. Es liegt daher ganz im Sinne des Ge setzes, wenn die Gerichte von ihrer Befugnis nur da Gebrauch machen, wo es nach den Umständen des einzelnen Falles uner läßlich erscheint. Wenn dies stets geschähe, würden Mißgriffe ver mieden werden, wie sie zuweilen Vorkommen. Es herrscht wohl Einverständnis darüber, daß in der neuen Strasprozeßordnung hier eine wirksame gesetzliche Abhilfe zu schaffen sein wird; ich habe deshalb in den Entwurf eines neuen Strafprozeßgesetzes, welcher dem Bundesrate demnächst zugehen wird, dahin gerichtete Bestimmungen aufnehmen lassen. Aber Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 74. Jahrgang. auch abgesehen von diesem gesetzgeberischen Einschreiten, sollte, wie ich meine, in jeder Weise dahin gewirkt werden, daß niemals ohne gebieterischen Anlaß von dem durch das Gesetz zur Verfügung gestellten Zwangsmittel Gebrauch gemacht werde. Wenn die Staatsanwaltschaften darauf hingewiesen würden, ihrerseits bei der Stellung von Anträgen auf An ordnung der Zwangshaft Zurückhaltung zu üben, aber auch den Gerichten gegenüber die Bedenken, die gegen die An wendung der Maßregel nach Lage des Einzelfalls sprechen, regel mäßig geltend zu machen, so möchte sich eine größere Vorsicht bei der Anwendung des Gesetzes wohl erreichen lassen, ohne daß der Unabhängigkeit der Gerichte zu nahe getreten wird. Ich wäre dankbar, wenn diese Anregung bei den einzelnen Hohen Regierungen eine entgegenkommende Würdigung finden und, wo diese angezeigt erscheint, zu entsprechenden Anweisungen an die zuständigen Instanzen führen sollte, (gez.) Bülow. * ^.oscksoris äss Soisnoss i« Psris. — Zwei bemerkens- - werte Wahlen hatten am 16. d. M. ein außergewöhnlich zahl reiches Publikum von Gelehrten in den Sitzungssaal der Voaäsmis äes 8oisnos8 in Paris geführt. Es galt zwei verstorbenen Größen der französischen Wissenschaft, dem Chemiker Berthelot auf dem Lehrstuhl der organischen Chemie des Oollszs äs kVauos und dem Astronomen Maurice Loewy, Direktor der Pariser Sternwarte, Nachfolger zu geben. Für den elfteren Platz erwählte sie den Chemiker Jungfleisch, Mitglied der ^.oaäswis äs Lls- äsoins, Professor der Chemie am Pharmazeutischen Institut und am Oonssrvatoirs äs8 ^rts st Ustisrs, geboren im Jahre 1839 in Paris. Er ist seit 1880 Mitglied des Instituts und hat sich namentlich durch die Werke »Mails äs manipuiations äs obiwis« und Mails slsmsvtairs äs obimis oi'Aavigus» bekannt gemacht. Früher war er Assistent Berthelots. — Be treffs des Nachfolgers Loewys hatte die Akademie vorige Woche in erster Linie den Direktor der Sternwarte in Toulouse, Edouard Baillaud, und in zweiter Linie den Pariser Astronomen Guillaume Bigourdan ins Auge gefaßt. Aber am 16. d. M. wählte sie letzter» in erster Linie, und da es dem Herkommen entspricht, daß der Unterrichtsminister, der das letzte Wort bei diesen Ernennungen zu sprechen hat, den Vorschlägen der Akademie Rechnung trägt, so kann Bigourdan als Nachfolger Loewys und als der neue Direktor der Pariser Sternwarte gelten, an der er schon seit 1879 tätig ist. Bigourdan ist im Jahre 1850 im Tarn- und Garonne-Departement geboren. Er wurde im Jahre 1877 an die Sternwarte in Toulouse berufen, kam aber schon nach zwei Jahren an diejenige in Paris. Er ist seit drei Jahren Mit glied der ^eaäsmis äss Loisvoss, wo er den Astronomen Callan- dreau ersetzte, und seit 1903 Mitglied des Längenbureaus. Großbritannien. Gesetz über Handelsgesellschaften — Ein kürzlich erlassenes Gesetz über Handelsgesellschaften — -6ow- ps,vis8 Vot 1907» (7 Käv. 7. Obap. 50) das die Ergänzung, Verbesserung und Klarstellung des geltenden Gesellschaftsrechts bezweckt und am 1. Juli 1908 in Kraft treten soll, enthält u. a. Vorschriften über die im Ausland errichteten Gesellschaften. Danach sollen solche im Ausland errichteten Gesellschaften korpo rativen Charakters (Aktiengesellschaften usw.), die eine Zweig niederlassung im Vereinigten Königreich beim Inkrafttreten des Gesetzes besitzen oder künftig errichten werden, bei Strafe gehalten sein, binnen dreier Monate nach dem Inkrafttreten des Gesetzes oder binnen eines Monats nach Er richtung der Zweigniederlassung bei dem zuständigen inländischen Registerbeamten eine beglaubigte Abschrift der Errichtungs urkunde und, wenn diese in fremder Sprache abgefatzt ist, eine beglaubigte englische Übersetzung davon, ferner ein Ver zeichnis ihrer Direktoren (Verwaltungsratsmitglieder) sowie Namen und Adresse eines oder mehrerer im Inlands wohn haften Zustellungsbevollmächtigten einzurcichen. Spätere Änderungen in den einschlägigen Verhältnissen müssen nachträg lich angemeldet werden. Ferner soll eine solche Gesellschaft in gleicher Weise wie eine inländische Aktiengesellschaft dem zu ständigen Registerbeamten alljährlich ihre Bilanz vorlegen. End lich soll jede derartige Gesellschaft, die in ihrer Firma das Wort »Inmiksä» (d. h. -mit beschränke! Haftung») gebraucht, bei Strafe gehalten sein, in jeder Einladung zur Zeichnung auf ihre Aktien 1806