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295, 19. Dezember 1807. Nichtamtlicher Teil. ko-s-nblatt f. d. Dtschn. »uchhand-l. 13825 Anspruch auf die Lieferung irgend eines Gebrauchsgegenstandes gewährt. Auch diese Frage eignet sich gegenwärtig nicht zu einer gesetzlichen Regelung. Die Gewährung von Rabatt oder sonstigen Vergünstigungen an den Käufer einer Ware entspricht uralten Geschäftsgewohnheiten und liegt namentlich dann, wenn es sich um die Gewährung von Vorteilen für geleistete Barzahlung handelt, sogar im Interesse sowohl des Handelsgewerbes wie des Publikums. Zu diesen unbedenklichen Geschäftsgebräuchen gehört nach den bisherigen Erfahrungen im allgemeinen auch die Rabatt gewährung in der Form von Rabattmarken, wie sie in vielen Geschäften namentlich seit Einführung der Kontrollkassen mehr und mehr Eingang findet. Ob die Rabattmarken in barem Gelbe oder in Waren eingelöst werden, kann grundsätzlich keinen Unter schied bedingen. Als unlauteres Geschäftsgebaren können ebensowenig die üblichen Zugaben von Waren in den Geschäftsläden der Kaufleute usw., die Lieferung von Bildern, wie sie den Packungen von Schokolade und anderen Waren beigefügt werden, oder ähnliche, in vielen Zweigen des Detailhandels verbreitete Vergünstigungen an die Kundschaft angesehen werden. Allerdings ist nicht zu be zweifeln, daß derartige Zuwendungen sich auch in Formen äußern und Zwecken dienen können, die mit den Geschäftsgrundsätzen eines ehrbaren Kaufmanns nicht vereinbar sind. Auf Grund der bis jetzt vorliegenden Erfahrungen hat sich jedoch eine sichere Ab grenzung zwischen den einwandfreien und den geschäftlich ver werflichen Formen der Rabattgewährung, welche die Schaffung eines besonderen gesetzlichen Tatbestandes ermöglichte, nicht sest- stellen lassen. Die Verfolgung unredlicher Geschäftsformen au- diesem Gebiete muß daher dem gemeinen Rechte überlassen bleiben. Hier kommt in erster Linie die Vorschrift im Z 826 des Bürger lichen Gesetzbuchs in Betracht. Diese Vorschrift gewährt schon jetzt die Möglichkeit des Einschreitens durch Klage vor den bürgerlichen Gerichten, soforn die Art und Weise der Rabattgewährung gegen die guten Sitten verstößt. Wie in den Bemerkungen zu 88 1 ff. näher erläutert ist, beabsichtigt der Entwurf, diesen Weg durch Vorschriften, welche den Beteiligten die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs aus 8 826 erleichtern, näher auszubauen. Es darf hier auf diese Bemerkungen verwiesen werden. Soweit außer den vorerörterten Fragen einzelne weitergehende Wünsche beteiligter Kreise in dem Gesetzentwürfe nicht haben Be rücksichtigung finden können, ist dafür in den Erläuterungen zu den Einzelvorschriften an geeigneter Stelle die erforderliche Be gründung gegeben. Wenn auch nach dem Vorstehenden die Grundlagen des gelten den Gesetzes beizubehalten sein werden und es sich nur um eine Ergänzung und Ausgestaltung im einzelnen handeln kann, so greifen die erforderlichen Abänderungen in das äußere Gefüge des Gesetzes doch derart ein, daß es sich empfahl, die Neuregelung in Form eines neuen Gesetzes, das an die Stelle des bisherigen zu treten hat, vorzunehmen. Die neuen Vorschriften sind im Drucke besonders kenntlich gemacht. Im einzelnen ist folgendes zu bemerken: Zu Zs 1 bis 5. Bei den Vorarbeiten zum Wettbewerbgesetz und bei den parla mentarischen Beratungen ist die Frage eingehend erörtert worden, ob der Schutz des redlichen Verkehrs gegenüber dem unlauteren Wettbewerbe durch Aufstellung eines allgemeinen Rechtssatzes oder durch Spezialvorschriften über die hauptsächlich in Betracht kommenden Formen des unlauteren Wettbewerbes zu bewirken sei. Das Gesetz hat den letzteren Weg eingeschlagen. Die Er örterungen über die Zweckmäßigkeit einer Generalklausel haben aber auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht ausgehört. Sie haben jedoch durch den Umstand beeinflußt werden müssen, daß nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs von der Rechtsprechung des Reichsgerichts die Bestimmungen im 8 826 auch auf dem Gebiet der Wettbewerbhandlungen angewendet sind. In mehrfachen Entscheidungen, besonders in der grundsätzlichen Entscheidung vom 11. April 1901 (R.-G.-Z. Bd. 48 S. 114h hat das Reichsgericht ausgesprochen, daß die Vorschrift des 8 826 dazu bestimmt ist, eine Schutzwehr gegen illoyale Handlungen in umfassender Weise zu gewähren und die Lücken der Spezial gesetze auszufüllen. Ferner ist vom Reichsgerichte neben dem im 8 826 ausdrücklich genannten Schadensersatzanspruch und unab hängig von demselben der Anspruch auf Unterlassung der rechts- Börsenblatt iür den Deutschen Buchhandel. '/4. Jahrgang. widrigen Handlung, der nach allgemeiner Auffassung für das Wettbewerbgebiet besonders wichtig ist, für zulässig erklärt worden. In der Rechtswissenschaft und in der Praxis der Jnstanzgerichte haben diese Grundsätze allgemeine Anerkennung gefunden. Bei dieser Rechtslage wird zwar von der ausdrücklichen Auf nahme einer Generalklausel in das Wettbewerbgesttz abgesehen werden können, zumal auch grundsätzliche Erwägungen die Wieder holung des allgemeinen Rechtssatzes in einem Spezialgesetz als überflüssig, ja als schädlich erscheinen lassen. Dagegen würde es offenbar von Vorteil sein, wenn die vom Wettbewerbgesetze behufs erleichterter Durchführung der Unterlassungsansprüche ge gebenen Vorschriften auch für den Unterlaffungsanspruch aus 8 826 a. a. O. in den Fällen, in denen er zur Abwehr gegen Wettbewerbhandlungen erhoben wird, allgemein nutzbar gemacht würden. Die in Frage kommenden Vorschriften betreffen die Aktivlegitimation von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen für die Geltendmachung des Anspruchs (8 1 Abs. 1 des Gesetzes), die Erleichterung einstweiliger Verfügungen (8 3) sowie die Zulässigkeit der öffentlichen Bekanntmachung der Urteile (8 13). Der Entwurf hat deshalb im 8 3 vorgeschrieben, daß diese Vorschriften auch dann Anwendung finden, wenn auf Grund des 8 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen einer zu Zwecken des Wettbewerbes vorgenommenen Handlung, die gegen die guten Sitten verstößt, der Anspruch auf Unterlassung der Handlung erhoben wird. In den einleitenden Bemerkungen ist bereits darauf hinge wiesen worden, daß die Bestimmung im 8 826 des Bürger- lichen Gesetzbuchs in Verbindung mit 8 3 des Entwurfs die Handhabe zum Einschreiten gegen Mißbräuche auf dem Gebiete des Rabatt- und Zugabewesens bietet und geeignet ist, den Erlaß von Sondervorschriften zu ersetzen. Der gleiche Gesichtspunkt trifft bei mannigfachen anderen Tatbeständen zu, deren sich der unlautere Wettbewerb zum Schaden der redlichen Geschäftswelt bedient, um Kundschaft und Absatz zu vermehren. Im Anschluß an die seitherige gerichtliche Praxis sind besonders die Fälle des Weglockens von Kunden, die Verleitung zum Ver tragsbruch und die Aufnahme vertragbrüchiger Angestellter zu er wähnen. Auch das sogenannte -Schleudern« (Verkaufen unter dem Preise) gehört unter Umständen hierher. Die Vorschriften in 88 1, 4 des geltenden Gesetzes treffen nur denjenigen, welcher sich in öffentlichen Bekanntmachungen unwahrer Weise einer iilligeren Preisstellung rühmt, nicht aber denjenigen, welcher tat- ächlich billiger als andere verkauft, auch wenn es zu dem Zwecke geschieht, damit geschäftliche Vorteile zu erreichen, insbesondere Kunden zu werben. Das letztbezeichnete Verfahren liegt an sich im Bereich des zulässigen geschäftlichen Verkehrs; jedoch würde auch in solchem Falle die Bestimmung in 8 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verbindung mit 8 3 des Entwurfs Platz greifen, ofern nach den näheren Umständen ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt. Hierdurch wird dem Bedürfnis ausreichend Rechnung getragen. Von dem Erlaß weitergehender Vorschriften, durch welche in die freie Befugnis des Geschäftsmanns eingegriffen werden würde, den Preis für Waren oder Leistungen nach dem Maße seines Interesses zu bestimmen, muß aus allgemeinen Gründen abgesehen werden. Die Vorschriften in 88 1 bis 4 des geltenden Gesetzes richten ich gegen die Ausschreitungen im Reklamewesen. Wie in der Begründung des Gesetzes näher ausgesührt ist, soll durch diese Vorschriften nur diejenige Reklame betroffen werden, welche zur Vorspiegelung unwahrer Tatsachen greift, während im übrigen die lobende Beurteilung der eigenen Waren und Leistungen dem Gewerbetreibenden freistehen soll. In 8 1 und demnächst in 8 4 wird deshalb ausdrücklich nur gesprochen von unrichtigen Angaben -tatsächlicher Art-, welche geeignet sind, den Anschein eines be- onders günstigen Angebots hervorzurufen. In den beteiligten Kreisen ist der Wunsch laut geworden, die Worte -tatsächlicher Art- zu streichen. Zur Begründung ist darauf hingewiesen, daß bei der jetzigen Fassung die Grenze zwischen zulässiger und unzu lässiger Reklame zu eng geworden sei, daß die Praxis der Gerichte zu einer Auslegung dieser Bestimmung neige, die den Interessen des redlichen Verkehrs nicht entspreche, und daß die von dem un lauteren Wettbewerb betriebene marktschreierische Reklame, indem ie geschickt die Form tatsächlicher Angaben zu vermeiden wisse, 1800