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^ 216, 27. September 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. k. Dtschn. Buchhandel. 9729 * Stadtbtbliothrk Berit«. — Die Stadt Berlin will die zerstreuten städtischen Büchersammlungen als Stadtbibliothek in einem eigenen Gebäude vereinigen und der allgemeinen Be nutzung zugänglich machen. Als erste Rate sollen für die Kosten des Baus 200 000 in den Stadthaushaltsplan 1908 ein gestellt werden. * H. Preußischer Fortbildungsschultag. Ausstellung. — Am 3. und 4. Oktober d. I. wird in Hannover der Preußische Fortbildungsschulverein zur Hauptversammlung zusammentreten. Den Teilnehmern wird an beiden Tagen Gelegenheit geboten sein, die im Gebäude der Handwerker- und Kunstgewerbeschule dort, Neuerweg 3 ^., mit Unterstützung des Königlichen Landwirtschafts- Ministeriums veranstaltete Ausstellung von Schülerarbeiten und Lehrmitteln für ländliche Fortbildungsschulen zu besichtigen. Diese Ausstellung soll ein möglichst vollständiges Bild einschlägiger Bücher, Anschauungs- und Lehrmittel, Modelle rc. geben. Ein sendungen von Ausstellungsgegenständen nimmt Herr Alfred Troschütz in Firma Fr. Cruse's Buchhandlung in Hannover gern entgegen. Ein Kart August-Museum für Weimar. — AuSWeimar wird den -Leipziger Neuesten Nachrichten- geschrieben: Aus Anlaß des 150. Geburtstages von Karl August, der am 3. September 1907 gefeiert wurde, ist der Gedanke eines Karl August-Museums für Weimar lebhaft diskutiert worden. Die Anregung ging vom hiesigen Literatur-Historiker vr. Hans Gerhard Gräf aus, dessen im Jnsel-Berlag unter dem Titel -Gedanken über ein Karl August-Museum in Weimar-erschienenes Gelegenheitsschriftchen die leitenden Gesichtspunkte für die Ver wirklichung des Plans zusammensaßt. Die Museumsfrage liegt ja gerade für Weimar im argen. Die Gebäude, in denen sich zum Beispiel alle die Schätze aufgespeichert finden, wie sie außer den literarischen Dokumenten des Goethe- und Schillerarchivs für die Weltliteratur von unschätzbarer Be deutung sind, bürgen nicht im mindesten für eine entsprechende Sicherung dieser Kostbarkeiten gegen die vielerlei Gefahren und machen in ihrer Unzulänglichkeit außerdem all die Sammlungen von unsagbarem Reiz dem Forscher so gut wie unzugänglich. Man denke an das Tiefurter Schlößchen, den Lieblingssitz der Herzogin Anna Amalie und ihres Kreises. Einen fast märchen haft bezaubernden Eindruck von ungewöhnlicher Nachhaltigkeit machen hier die Treppen, Säle, Zimmer und Kabinettchen mit ihren Einrichtungen auf das empfängliche Gemüt. Doch all die hier gesammelten Dinge von teils hohem Wert, wie beispielsweise die Bilder, sind fast durchweg überaus mangelhaft belichtet und auch sonst nicht glücklich untergcbracht. Und unter dem Vielerlei der auf- gestapclten Dinge geht ein gut Teil des einzigartigen Charakters dieses Schlößchens verloren. Ähnlich steht es um die Groß her zogliche Bibliothek zu Weimar, die zurzeit ein Zwitterding zwischen Museum und Bibliothek darstellt und eigentlich keins von beiden sein kann; und nicht zuletzt um Goethes Haus, das sich unter dem Charakter eines Goethe-Nationalmuseums immer mehr zum Stapelhaus aller möglichen mittelbar oder un mittelbar auf den Dichter sich beziehenden Dinge auswächst und mit der Zeit das völlig verliert, was man am Heim Goethes in erster Linie wahren sollte: die wohnliche Eigenart. Diese Gesichtspunkte sollen in der Hauptsache für die Errich tung eines Karl August-Museums maßgebend sein. Die klassische Epoche der deutschen Geisteskultur soll hier in Bildnissen und andern bezeichnenden Dingen zur Anschauung kommen. Dazu sollen die Schlösser des Großherzogtums und jene Stätten ihr reiches Material hergeben; soweit das nicht angehen möchte, weil manches an seinem ursprünglichen Ort um dessen eignen Reizes willen nicht gut vermißt werden kann, sollen die bewußten Werke durch Kopien ersetzt und die Originale im Interesse einer würdigen Konservierung dem Museum einverleibt werden. Das Museum würde dann die notwendige Ergänzung zu dem ungeheuren literarischen Material geben, das im Goethe- und Schiller-Archiv seinen natürlichen Sammelpunkt hat. Nach Karl August muß dieses Museum genannt werden, weil es die Epoche dieses Fürsten ist, die hier lebendig werden soll, und weil das Wesen dieses Fürsten der Epoche ihren natürlichen Mittelpunkt gab. Ein Kartensaal würde die reiche Sammlung von Land- BSrseublatt skr den Deutschen Buchhandel. 7t. Jahrgang. karten, Plänen, Grundrissen, die Wachstum und Gebietsverände rungen des Herzog- und Großherzogtums, sowie die Vergrößerung der Städte Weimar, Eisenach und Jena unter der Regierung des Fürsten veranschaulichen. Ein zweiter Saal müßte durch bildliche und kartographische Darstellungen eine Vorstellung davon geben, was Karl August auf dem Gebiet der Landeskultur vor sich brachte. In einem Karl August-Saale selbst würde dann die echt deutsche, urwüchsige Persönlichkeit des großen Fürsten und Edel menschen aus der Fülle von bekannten Abbildungen entgegen treten; umher im Kreise, wie um ihren Herrn geschart, die Fürsten, Staatsmänner, Hofbedienstete, Militärs und Beamte, die Industriellen und Volkswohltäter der Epoche, die große Reihe von Gelehrten Jenas und Weimars. Der Mutter Karl Augusts, Anna Amalie, würde ein weiterer Saal gewidmet; an ihn reihte sich dann ein Luisen-Saal, auf der andern Seite ein Saal für die Erbgroßherzogin Maria Paulowna. Der zweite der drei großen Hauptsäle würde Schiller, der dritte Goethe gewidmet sein; dann ein Thcatersaal für Dinge aus der Geschichte des Weimarer Theaters und Bildnisse aller bedeutenden Darsteller, ein Lese- und Studien saal und ein Saal für Sonderausstellungen und Vorträge. Großherzog Wilhelm Ernst trägt sich, wie verlautet, ohnehin mit Plänen zu einem neuen Museum, wo die vielen Schätze, die unscheinbar in den Schlössern des Landes hängen, einen würdigen Platz finden und dem Genießer und der Forschung zugänglich ge macht werden sollen. Es wäre einer der schönsten und vornehmsten Werke seiner Regierung, wollte er die wahrhaft große, nicht nur Weimar und ganz Deutschland, sondern die Gebildeten aller Nationen angehende Aufgabe zu verwirklichen seine Hand bieten. Goethes Vorfahren. — Karl Kiefer in Frankfurt a/M. hat die Goetheschen Ahnentafeln von Grund aus neu aufgestellt und sie auf jeder Linie so weit ausgedehnt, wie es zurzeit möglich ist. Er veröffentlicht die von ihm ermittelten acht Tafeln im »Deutschen Herold-. Juristen und Handwerker spielen unter den Vorfahren des Dichters eine besondere Rolle. Sein Vater war, wie man weiß, vr. jur. und Kaiserlicher Rat, der Großvater war Schneider, dann Gasthalter in Aitern (1657—1730), der Urgroßvater Hufschmied daselbst (1632 — 1694). Vater, Großvater und Urgroßvater der Mutter des Dichters, geborenen Textor, waren sämtlich Juristen. Der älteste, aktenmäßig nachweisbare Ahne Goethes in Frankfurt a/M. ist der Gärtner Johannes May, der übrigens zweimal, einmal in zehnter, einmal in neunter Generation erscheint; seine Tochter Elisabeth war nämlich in erster Ehe (1548) mit dem Fuhrmann Hans Beyer, in zweiter Ehe (1553) mit dem aus Echzell her gezogenen Fuhrmann Hans Fäck vermählt. Aus einer inter essanten Tafel ist ersichtlich, daß Goethe und Charlotte Buff durch ihren beiderseitigen Ahnen, den Bürgermeister Reitz Kornmann in Kirchhain (um 1500), eines Stammes sind — eine Tatsache, die wohl unserm großen Dichter wie der von ihm verherrlichten Lotte völlig unbekannt geblieben ist. (Dtschr. Reichsanzeiger.) Fugger-Museum. — In Augsburg wurde kürzlich ein Fugger-Museum eröffnet. Die prachtvollen sogenannten Bade zimmer, die die Fugger 1570 bis 1572 durch Federigo Lamberto und Antonio Ponzano in ihrem dortigen Palast durch Fresken schmücken ließen, wurden, wie die -Allgemeine Zeitung- (München) schreibt, wiederhergestellt und haben jetzt die historischen Samm lungen des Fürsten Fugger-Babenhausen ausgenommen. Von Decken und Wänden glänzen die allegorischen Gestalten in alter Farbenfrische, nachdem sie vom Staub befreit wurden, und in Kästen und Vitrinen sind die alten Waffen und Gläser, Gewänder, Kleinodien und Münzen, Elfenbeinskulpturen und Porzellane be wahrt. Kelche der Gotik und Renaissance, das kleine bemalte Holzrelief des Hans Taucher von 1515 »Maria unter Engeln- im Palast bieten einen besondern Genuß, den der begleitende archi- tektonische Rahmen noch erhöht. Privatvermöge« des Kaufmanns und Geschäfts-Bilanz. — Auf dem soeben in Breslau abgehaltenen 3. Verbandstage deutscher Bücher-Revisoren behandelte Herr Oscar Jacobi (Leipzig) die vielumstrtttene Frage: -Gehört das Prtoatvermögen deS Einzelkaufmanns in die Bilanz?- Referent empfahl, der Verband möge sich dahin schlüssig werden, daß das Privat- vcrmögen des Einzelkaufmanns, soweit es tatsächlich und ein- 1268