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5270 Nichtamtlicher Teil. ^ 120, 26. Mai 1S06. Nichtamtlicher Teil Adolf von Kröner. Zu seinem siebzigsten Geburtstage. Am heutigen 26. Mai sind 70 Jahre verflossen, seit einer der Großen unsers Standes in Stuttgart das Licht der Welt erblickte. Adolf Kröner, dessen Name für immer unauflöslich mit der Geschichte des deutschen Buchhandels verknüpft ist, hat Anspruch darauf, daß wir Buchhändler an diesem Ehrentage seiner in Dankbarkeit gedenken. War er es doch, dessen schöpferischem Geiste und unbeugsamer Energie es in erster Linie gelungen ist, dem Rabattunwesen im Buchhandel zu steuern und eine Besserung der Existenz bedingungen namentlich des Sortimentsbuchhandels herbei zuführen, wie man sie noch vor gar nicht langer Zeit für undenkbar hielt. Ein kurzer Rückblick auf den Lebensgang des bedeutenden Mannes ist bei dieser Gelegenheit gewiß am Platze, dem Alter zur Erinnerung, der Jugend zur Nacheiferung. Adolf Kröner verlebte seine Jugendzeit in seiner schönen Heimatstadt und widmete sich bald nach Absolvierung des dortigen Eberhard Ludwig-Gymnasiums dem Buchhandel, den er zu München in der Riegerschen Universitäts-Buch handlung erlernte. Schon von der Schule her beseelte den jungen Berufsgenossen ein starkes Interesse für die Literatur, auf das der Verkehr mit seinem Jugendfreund Wilhelm Hertz, dem spätern feinsinnigen Dichter und Literarhistoriker, von großem Einfluß gewesen sein dürfte. Nicht minder wohl die ganze Atmosphäre, die damals das geistige Leben der Jsarstadt beherrschte, wo Maximilian II. eine Schar der hervorragendsten Dichter und Künstler um sich versammelt hatte. Eine ganze Anzahl dieser Männer, zu denen Kröner schon damals in Beziehung trat, durfte er später zu seinen Autoren zählen, wie Geibel, Paul Heyse, Hermann Lingg und andere. Nach nur kurzer Gehilfenzeit erwarb Kröner, ein Drei- undzwanzigjähriger, im Jahre 1859 die Hof- und Kanzlci- buchdruckerei von Gebr. Mäntler in Stuttgart, durch die Geschäftsverbindung mit Schiller bekannt, aber bei Über nahme durch Kröner von nur bescheidenem Umfang. Nicht lange jedoch wendete der junge Geschäftsmann der Buch druckerei seine Hauptaufmerksamkeil zu; seine ganze Veran lagung wies ihn vielmehr auf ein verwandtes Feld, auf dem er Erfolge erringen sollte wie nur wenige vor ihm in der stolzen Reihe seiner engern Berufsgenossen. Er gründete einen Verlag, und wenn es auch im Anfang ein Kämpfen und Ringen ohne große Resultate war, so winkte seiner hohen Intelligenz, seiner zähen Tatkraft und Beharrlichkeit doch der Sieg, zuerst durch ein Verlagswerk, zu dem er selbst Plan und Anregung gab. Es war ein Rechtsbuch für seine engere Heimat: »Der württembergische Sekretär«. Diesem ersten großen Wurf folgten bald andere, die Firma Adolf Kröner — denn unter seinem eigenen Namen betrieb er den Verlag seit 1862 — fing an sich zu einer der angesehensten im deutschen Buchhandel zu entwickeln. Insbesondere auf den Gebieten der Belletristik und der Jugendliteratur wußte der junge Verleger die besten Autoren um sich zu scharen. Im Jahre 1867 ging der größere Teil von Adolph Becher's Verlag (Gustav Hoffmann) in Stuttgart in den Besitz von Adolf Kröner über, und im gleichen Jahre trat sein vor kurzem leider verstorbener hervorragend tüchtiger Bruder Paul Krö ner in die Buchdruckerei als Teilhaber ein, der später diesem Geschäftszweig wie überhaupt den technischen Betrieben mit großem Erfolg Vorstand. Die Druckerei wurde durch Über nahme der I. G. Cotta'schen Buchdruckerei, zuerst pachtweise, später, im Jahre 1886 käuflich, bedeutend erweitert, und aus dieser Offizin ist im Laufe der Jahre eine große Anzahl der schönsten Drucke hervorgegangen. Namentlich auf dem Gebiet des Jllustrationsdrucks leistete sie Hervorragendes, nicht nur für den eigenen Verlag, sondern auch für I. Engel- Horn, W. Spemann u. a/ Am 1. Mai 1870 kaufte Kröner den Verlag von Adolph Krabbe, der ihm die bedeutenden Autoren Hackländer und Ottilie Wildermuth zuführte. Die Schriften des erstern dieser beiden gingen im September 1877 an Carl Krabbe, den Sohn Adolphs, zurück, der dar auf seinen später so bekannt gewordenen Verlag aufbaute. In diesem Jahre wurde auch die bis dahin getrennt vom Verlag geführte Buchdruckerei mit diesem vereinigt und beide nunmehr unter der Firma Gebrüder Kröner weitergeführt. Geradezu bahnbrechend wirkte Kröner, als er in den siebziger Jahren das groß angelegte Prachtwerk »Unser Vaterland« herausgab, das in Wort und Bild die schönsten Teile deutscher Erde schildert. Und er verstand es, die be rufensten Kenner seines Themas in den Dienst des Unter nehmens zu stellen: die klangvollsten Namen der damaligen Zeit, sowohl was den Text, als insbesondere den in wunder vollen, mustergiltigen Holzschnitten reproduzierten Bilder schmuck anbelangt, hatten sich vereinigt zur gelungenen Tat. Einem Lieblingsgedanken von ihm, dem deutschen Volke die reichen Schätze seiner eignen und die Perlen der Welt literatur in bequemer Weise zugänglich zu machen, verdankte die Cottasche Bibliothek der Weltliteratur ihre Entstehung, die er in Verbindung mit der Cottaschen Buchhandlung zu einer Zeit herausgab, als er wohl noch nicht daran dachte, einmal Besitzer und Erneuerer dieses weltberühmten Ver lags zu werden. Diese Cottaschen Klassikerbände haben bekanntlich eine riesige Verbreitung gefunden und gehören zu den Brotartikeln des Sortiments. Einem ähnlichen Gedanken gab er durch Herausgabe der »Universalbibliothek für die Jugend« Gestalt und Leben, und zahllose Bändchen dieser Sammlung des Besten auf diesein Gebiete finden wir in den Händen der deutschen Jugend. Anfang 1884 kaufte der unternehmende Mann mit seinem Bruder Paul Kröner die »Gartenlaube«. Die Witwe Ernst Keils hatte manches verlockende Angebot zurückgewiesen, ehe sie sich entschloß, das Lebenswerk ihres verewigten Mannes in andre Hände übergehen zu lassen. Ihr war die »Garten laube« kein bloßes Handelsobjekt, nein, sie forderte Garantien, die gewährleisteten, daß das Blatt im Sinne seines Be gründers von einem kongenialen Geiste weitergeführt werde. Den hatte sie in Adolf Kröner gefunden, und er hat es verstanden, während der zwanzig Jahre, da die »Gartenlaube» seiner Leitung und Obhut anvertraut war, sie nicht nur auf der Höhe zu erhalten, sondern ständig weiter zu entwickeln, dem fortschreitenden Geiste der Zeit entsprechend. Wahrlich keine leichte Aufgabe, denn welche Summe von Arbeit, Mühe und Sorge die Leitung eines solchen Organs mit sich bringt, kann nur der richtig er messen, dem es vergönnt war, nähern Einblick zu gewinnen in das Triebwerk, da mitzuhelfen, wo ein Großer schaffte. Adolf Kröners Feuergeist, seiner unermüdlichen Schaffens kraft und seinem natürlichen Sinn für die guten Instinkte des Publikums, man möchte sagen für die Regungen der Volks seele, gelang es bald, die seit dem Tode Keils wesentlich zurückgegangene »Gartenlaube« wieder zu heben, den Abon nentenstamm ganz beträchtlich zu steigern. Es würde zu weit führen, die Namen all der Schriftsteller, Gelehrten und Künstler, die er für die Gartenlaube gewann, hier auf zuzählen. Aber so viel möchte ich an dieser Stelle sagen: