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^ 23, 29, Januar 1906, Nichtamtlicher Teil, 1061 berühmten Bildern anfertigte und als Illustrator verschiedener Werke tätig war, ließ er die Bilder der Familienangehörigen und seiner Freunde malen. Nachdem Balthasar Moretus 31 Jahre lang an der Spitze des Antwerpener Hauses, gewissermaßen dem Familien heiligtum, gestanden hatte, starb er unvermählt und ver machte alles seinein Neffen, Jeans Sohn Balthasar, der 1674 starb, — Zu dessen Zeit erschienen die letzten einigermaßen bedeutenden Bücher, Die Nachfolger be schränkten sich auf die Ausnutzung des Privilegs, Meß- und Gebetbücher betreffend, und auf den Druck der Verordnungen und Anzeigen der Stadt, Mag es an mangelnder kaufmännischer Begabung oder an dem Bewußtsein gelegen haben, daß das von den Vor fahren erworbene Vermögen ausreichte, ein sorgloses Leben auch ohne angestrengtes Streben führen zu können; der Ruhm des einst weltbekannten Hauses war dahin, — Zwar erhielt der Nachfolger Balthasars II,, sein Sohn Balthasar III,, 1692 einen Adels- und Wappenbrief vom spanischen König und die ausdrückliche Genehmigung, trotz der Nobilitierung das Geschäft fortzuführen; den Ehrgeiz, es den Vätern gleich zutun, erweckte die Erhebung in den Adelsstand nicht. Von den folgenden Norstus verdienen nur noch Fran- sois-Jean (1768), der die jetzigen Wohnräume an der Llaos 6u Veoäroäi an Stelle einiger kleinen Häuser, die vor der Druckerei lagen, errichten ließ, und seine Frau Marie-Thsrsse Josephine geb, Borrekens Erwähnung, die nach seinem Tode als erste und einzige Frau das Geschäft leitete. Nach der Aufhebung des Privilegs, die spanischen Bücher betreffend, (1800) wurden die Arbeiten nur wieder ausge nommen, wenn Verordnungen und Affichen zu drucken waren oder kleine Auflagen von Büchern, deren letzte die Jahres zahl 1866 trägt. Die letzte Gewerbesteuerquittung für »klautin-Uorstus» stammt aus dem Jahre 1871, — 1875 wurde das Haus mit allen Möbeln, Bildern, Bücher- und Kunstsammlungen von der Stadt angekauft, und es bietet nun als Nasse Llautiii-Noretus das einzig dastehende Bild eines altvlämischen Patrizier- und Geschäftshauses, Erwin v, Hase, ausgeführt habe, das wesentliche Kennzeichen eines kunst gewerblichen Gegenstandes, der in irgend einer Weise in die hohe Kunst hineinrage, daß er seinem Zweck entspreche Dieser Standpunkt fei auch maßgebend für das Buch gewerbe. Denn aus der innigen Verbindung von Zweck- und Kunstform entspringe erst die echte Kunst. War das griechische Kunstempfinden konkreter Natur, also mehr an die natürliche Erscheinungswelt gebunden, so sei das unsere mehr abstrakter Natur, Wir empfänden mehr architektonisch und hätten dies bereits zur Zeit der Gotik dargetan. Auch jetzt drängten wir wieder auf eine neue Architektur hin; denn alle neuzeitlichen Erscheinungen aus kunstgewerblichem Ge biete seien nur als Vorpostengefechte anzusehen. Frei lich mache sich im Hinblick auf das gotische Kunst schaffen und dem heutigen ein unverkennbarer Gegensatz bemerkbar, der darin bestehe, daß damals alle Zweige der bildenden Künste ihren Ausgangspunkt von der Architektur genommen hätten, während heute der Weg gerade entgegen gesetzt sei Der Herr Vortragende gab hierauf einen Rückblick aus die Entwicklung der typographischen Kunst: das Wesen des gotischen Schristcharakters und seine Ausgestaltung durch Gutenberg, er schilderte die Verdienste Dürers, Holbeins und ihrer Zeitgenossen für den illustrativen Schmuck des Buchs, um dann auf Menzel und Klinger hinzuweisen, deren Illustrationen mehr als Selbstzweck, denn als ein sich unter ordnender Teil des Buchs erschienen. Ferner kennzeichnete Redner die Stellung, die der Engländer William Morris in der Buchkunst eingenommen habe, der als romantischer Reaktionär wieder auf die Anschauungen Dürers und Hol beins eingegangen sei. In den neuern Schriftcharakteren, wie sie Eckmann, Behrens u, a geschaffen hätten, ge lange das moderne Linienempfinden zum Ausdruck, Beson ders der letztere mache sich als der Eigenartigere geltend, und seine Schrift bedeute für die Weiterentwicklung der mo dernen Typographie einen großen Fortschritt, ja es scheine, als ob sich aus ihr die Schrift der Zukunft entwickeln könne. Den interessanten Ausführungen folgte lebhafter Beifall, Ernst Kiesling, Neuzeitliches Buchgewerbe. Vortrag, gehalten von Herrn vr. Erich Willrich im Deutschen Buchgewerbehause zu Leipzig. Die Reihe der diesjährigen vom Deutschen Buchgewerbe verein veranstalteten Vorträge, die in der Gutenberghalle des Deutschen Buchgewerbehauses in Leipzig gehalten werden, eröffnete Herr vr. Erich Willrich, Direktor des Deutschen Buchgewerbemuseums in Leipzig, indem er das Thema: »Neuzeitliches Buchgewerbe« behandelte. An der Hand einer Anzahl Lichtbilder führte vr. Willrich seine Betrach tungen aus und zeigte zunächst an einem Beispiel, der Wiedergabe eines Zinngegenstands, der eine in einem Boot sitzende junge Dame darstellt, das Widersinnige falscher kunstgewerblicher Auffassung. Das Ganze war ein Schreib zeug, im vordern Teil des Boots war das Tintenfaß an gebracht. Die Stil- und Zweckwidrigkeit, die sich in einer derartigen Gestaltung offenbare, sei ja heute im Verschwinden begriffen; aber ganz überwunden sei sie noch immer nicht. Ähnliche Beispiele wies Redner an verschiedenen Möbel stücken nach, um darauf einige von Riemerschmid und Eck mann entworfene Stühle zu zeigen, deren Form einzig aus dem Zweckmäßigen entstanden war. An einer solchen Formenentwicklung, die zunächst dem Zweckentsprechenden diene, hätten wir uns heute gewöhnt den Wert kunst gewerblicher Erzeugnisse einzuschätzen; denn vor allem darin besiehe, wie einst der bekannte Künstler Ernst Moritz Geyger Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 73. Jahrgang. Kleine Mitteilungen. */,. Vom Reichsgericht. — Wegen vollendeten und ver suchten Betrugs wurde am 7. Januar v. I. vom Landgericht II in Berlin der Kaufmann Cornelius Voßkamp in Treptow bei Berlin zu Strafe verurteilt.* *) Er trieb einen schwunghaften Handel mit »Haussegen- und beschäftigte in allen Provinzen Agenten und Unteragenten. Sein Umsatz betrug etwa 400 OM ^ im Jahre. Dieser Erfolg war lediglich dadurch verursacht worden, daß er der Wahrheit zuwider behauptete, die Haussegen würden von Krüppelkindern angefertigt und die Erträgnisse des Geschäfts kämen ihnen zugute. Die von dem Angeklagten gelieferten Haus wenn sie nicht durch die unwahren Angaben angepriesen worden wären. — Die Revision Voßkamps wurde am 26. d. M. vom Reichsgericht als unbegründet verworfen. * Deutscher Buchgewerbeverein. — Das Buchgewerbe museum hat in den beiden Erdgeschossen des Deutschen Buch gewerbehauses zu Leipzig eine Ausstellung von Originalzeich nungen neuerer deutscher satirischer Zeichner veranstaltet. Man begrüßt in der reichhaltigen Sammlung, in der man kaum einen Künstler von Rang vermissen wird, so manches treffende, geistvolle Blatt im Original, das schon aus den Abbildungen des Simpli- zissimus, der Jugend, der Lustigen Blätter usw. bekannt ist. Der Genuß ist hier vollkommner, denn die Reproduktionstechnik, so *) Vgl. Börsenblatt Nr. 8 v. 11. Januar 1905 (Kunstanstalt »Samarita« in Rixdorf bei Berlin). 142