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744 Nichtamtlicher Teil. 16. 20. Januar 1906. schließe sich den Bemerkungen des Herrn Oberbürgermeisters Tröndlin an, daß die römisch-katholische Kirche ihre Feiertage außerordentlich praktisch mit dem Berkehrsleben zu vereinigen wisse. Eine derartige Behandlungsweise, wo der Verkehr nach dem Gottesdienst wieder zu seinem Recht komme, möchte er allen Landesteilen, den Großstädten wie dem platten Land, sehr empfehlen. Dem Volk täten möglichst viel Gottesdienste not, aber nicht Feiertage. Sehr zu begrüßen sei es, daß man die Hauptgottes dienste verkürzt und Abendgottesdienste eingerichtet und auf diese Weise einen rcgern Besuch erzielt habe. — Wie der Herr Geheime Kirchenrat VOr. Hofmann, so huldige auch er der Ansicht, daß durch die Verlegung des Festes an der Bedeutung desselben nichts geändert werden würde. — Mit seinem Vorredner stimme er darin überein, daß die Feiertage leider sehr viel zu unsittlichen Exzessen benutzt würden; in dieser Hinsicht gäben die Galizier, Polen rc. ein gutes Vorbild, die auf seinen Gütern beschäftigt gewesen seien; sie hätten nach dem Kirchenbesuch an ihren Feier tagen ohne Zögern die Arbeit wieder ausgenommen. — Er glaube, daß es zur Hebung des kirchlichen Sinns nicht wenig beitragen würde, wenn, wie dies jetzt bereits in Großstädten der Fall sei, die Kirchen auch auf dem Lande immer geöffnet wären. Berichterstatter Se. Exzellenz Wirkl. Geh. Rat Ministerial direktor a. D. Meusel: Wenn Herr Graf Brühl darauf hin gewiesen habe, daß die äußere Mission darunter leiden würde, wenn das Epiphaniasfest nicht mehr als Landesmissionsfest be gangen würde, so sei er nicht seiner Ansicht und erkläre sich mit dem einverstanden, was dem Herrn Grafen Brühl schon ent gegnet worden sei. Wenn nach der Meinung des Herrn Kammer herrn v. Frege die Deputation hätte beantragen sollen, das Epi phaniasfest auf den nächsten Sonntag zu verlegen, so wäre die Deputation, wenn sie dies getan hätte, über ihre Befugnis hinaus gegangen. Die Stände seien nur in der Lage, die Frage zu beantworten, ob staatlicher Schutz zu gewähren oder zu versagen sei. Das Weitere sei lediglich Sache der Kirchenorgane. Hieraus beschließt die Kammer: 1. gegen die Stimme des Grafen v. Brühl, die Petition, soweit sie daraus gerichtet ist, daß der 6. Januar nicht mehr als allgemeiner Feiertag begangen werde, der Königlichen Staats regierung zur Kenntnisnahme zu überweisen; 2. gegen die Stimme des Oberbürgermeisters Justizrats vr. Tröndlin, die Petition, soweit sie die Aufhebung des auf den Mittwoch vor Oculi fallenden Bußtags als allgemeinen Feiertags bezweckt, auf sich beruhen zu lassen; 3. einstimmig, die Anschlußpetition des Vereins der Buch händler zu Leipzig durch die Beschlußfassung über die Haupt petition für erledigt zu erklären. * Berner Literar-Union. — Die Zahl der auf Grund der Berner Literar-Konvention vereinigten Staaten beträgt jetzt IS. Es sind: Deutschland, Belgien, Dänemark, Frankreich (mit Algier und den Kolonien), Großbritannnien (mit Kolonien und Be sitzungen), Haiti, Italien, Japan, Luxemburg, Monaco, Norwegen, Schweden, die Schweiz, Spanien, Tunis. Dänemark. — Vertrieb ausländischer Waren durch Inländer. Gewerbescheine für ausländische Handlungs reisende.— Laut Entscheidung der dänischen Gcneralzolldirektion vom 16. September 1905 brauchen Inländer einen Adgangsbevis nicht zu lösen, wenn sie außerhalb Kopenhagens aus dem Aus land herrührende Waren selbst oder durch ihre Reisenden für eigne Rechnung, d. h. so, daß der Käufer sich mit seinen Rechtsan sprüchen nur an den inländischen Händler halten kann und mit der ausländischen Firma nichts zu schaffen hat, feilbieten oder veräußern, wobei es ohne Einfluß ist, ob die Waren von dem Verkäufer oder unmittelbar von dem ausländischen Hause geliefert, die Warenfakturen von dem erstern oder letzter» ausgestellt werden oder ob die Bezahlung an letzteres erfolgt. Geschieht da gegen das Angebot oder der Verkauf solcher Waren durch einen Inländer derart, daß der Käufer bei weiterer Abwicklung des Ge schäfts sich nur an die ausländische Firma halten kann, so ist, gleichviel ob die Waren durch den Verkäufer oder die ausländische Firma fakturiert sind, von ersterm ein Adgangsbevis zu lösen. Wenn Inländer in Kopenhagen in dem Umfang, in dem ihre -Bürgerschaft» (Lorgsrsüab) ihnen überhaupt Handel zu treiben gestattet, Waren für fremde Rechnung feilbieten oder veräußern, so bedarf es keines Adgangsbevis; dabei können die Waren sowohl von dem inländischen Kommissionslager genommen, als auch erst nach abgeschlossenem Handel von der ausländischen Firma gesandt werden. In gleicher Weise können Inländer von Kopenhagen aus, also ohne selbst die betreffenden Orte zu bereisen oder durch einen Agenten bereisen zu lassen, in den Provinzstädten Angebote machen und Geschäfte abschließen. (Tiässtzrikt kor Tolävasssu.) Durch Entscheidung der dänischen Generalzolldirektion vom 15. September 1905 ist einer Firma der Antrag, den Adgangsbevis ihres bisherigen, außer ihr noch mehrere Firmen vertretenden Reisenden für die noch verbleibende Gültigkeitsdauer auf den neuen Reisenden zu übertragen, unter der Bedingung genehmigt worden, daß sie den für mehrere Firmen ausgestellten alten Adgangsbevis behufs Streichung ihres Namens und Ausstellung eines neuen für die noch verbleibende Gültigkeitsdauer einreicht. Da nun der neu ausgestellte Adgangsbevis einen -Hauptadgangs- bevis- darstellt, für den 160 Kronen zu zahlen sind, für die Firma aber, da sie im alten Adgangsbevis nicht an erster Stelle aus geführt war, bisher nur 80 Kronen entrichtet sind, so waren noch 80 Kronen dafür nachzuzahlen. (Mässicrikt kor Tolävasssn.i * Verein Dresdner Buchhändler. — Die Hauptversamm lung des Vereins Dresdner Buchhändler ist auf Dienstag den 30. Januar 1906, abends 8 Uhr, Hotel de France, Wilsdruffer straße, anberaumt worden. (Vgl. die Bekanntmachung im amt lichen Teil d. BI.) * Schweizerischer Buchhandlungsgehilfenverein. — Der Verlagsbuchhändler Herr Or. I. Huber in Frauenfeld hat aus Anlaß seines Scheidens aus dem Buchhandel der Kasse des Schweizerischen Buchhandlungsgehilfenvereins den Betrag von 500 Franken zugewendet. Zollbefreiung für Postkarten in Columbien. — Laut Regierungsbeschluß Nr. 98 vom 14. November v. I. sind die im Auslande von Privatpersonen hergestellten Postkarten bei der Einfuhr nach Columbien zollfrei, da sie als ein Teil der Aus gaben von Postkarten amtlicher Art angesehen werden. Dem zufolge sollen die Zölle, die von Postkarten privater Ausgabe er hoben sind, erstattet werden. Der Umlauf von Postkarten mit unsittlichen Abbildungen und Aufschriften ist verboten; die Zoll- und Postbeamten der Regierung sollen dergleichen Postkarten bei der Einfuhr beschlagnahmen. (Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten -Nachrichten für Handel und Industrie-.) Anerkennung für wissenschaftliche Arbeit. — Die philosophische Fakultät erster Sektion der Universität München hat, wie die Beilage zur Allgemeinen Zeitung erfährt, aus der Frohschammer-Preisstiftung dem Geheimen Hofrat Professor vr. Wilhelm Wundt in Leipzig für sein Werk »Völkerpsychologie» einen Preis von 2000 ^ verliehen. Pers onalnachrichten. * Philo vom Walde ff.— Am 16. Januar ist im Alter von 47 Jahren der Lehrer Johannes Reinelt gestorben, der unter dem Dichternamen Philo vom Walde eine Reihe gern auf genommener Gedichte, Erzählungen, Bühnenstücke (viele auch im Dialekt) geschrieben hat. Von seinen Werken seien hier folgende genannt: Aus der Heemte — Schlesien in Sage und Brauch — A schläsches Bilderbüchel — Singvägerle — Vagantenlieder — I. Schindler — Die Dorfhexe (Bühnenstück) — Die gute Stube (Lustspiel) — Wasser tut's freilich (Lustspiel) — Der rechte Doktor (Lust spiel) — Wie heilt man Krankheiten? — Der Kurpfuscher (Lustspiel) — Drei Paar Verlobte (Lustspiel) — Der kranke Gott (Lustspiel) — Vincenz Prießnitz — Leutenot — Sonntagskinder (Gedichte) — Befreiung (Bühnenstück). — Seit dem 19. Jahrgang (1901) gab er auch den von Max Heinzel gegründeten Kalender -Der gemittliche Schläsinger- heraus.