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^ 275, 26. November 1904. Nichtamtlicher Leib 10625 doch eine fast vollständige Aufführung aller Momente, die für die Kalkulation von Belang sind. Namentlich Akade miker werden diese Auseinandersetzung mit Nutzen lesen; aber auch der Buchhändler kann daraus lernen. Verfasser fragt, was dem Sortiment noch bleibt, wenn es nach den Anschauungen Büchers ginge? Die wissenschaftlichen Bücher vertrieben durch die Dozenten und durch die Spezialgeschäfte, die Brotliteratur durch die Warenhäuser, die Zeitschriften durch die Post, keine Rabattbeschränkung bei Lieferung an »Ver einigungen von Konsumenten«? Auch auf die Konkurrenz wird hingewiesen, die durch die Züchtung neuer Kollegen durch gewisse Leipziger Kommissionäre verursacht wird, ferner auf die Schädigung, die namentlich dem Leipziger Sortiment durch die Besorgung von Sortiment seitens buchhändlerischer Angestellter — »vom Prokuristen herunter bis zum Markt helfer« zugefügt wird. »Einzelne spekulative Markthelfer haben eine »Kontinuation« auf »Buch für Alle«, »Moderne Kunst«, »Woche«, etc., die die manches mittleren Sortiments- geschäfts in den Schatten stellt.« Welche Mittel haben nun die Akademiker, wird weiter gefragt, um ihre Wünsche in die Tat zu übersetzen? Das Unternehmen, den Gesamtbedarf auf eine Handlung zu überführen, ist schon im Entstehen gescheitert. So legen die Akademiker jetzt das Hauptgewicht auf Ausnutzung ihrer Rechte auf Grund des K 26 des Verlagsgesetzes, der ihnen den Bezug ihrer eigenen Werke von ihrem Verleger zu dem niedrigsten Ansatzpreise sichert und es ihnen möglich macht, diese Werke ihren Studierenden zu diesem »niedrigsten« Preis zu überlassen. Wie bekannt, bestreitet der Buch handel, daß der Z 26 so aufzufassen sei. Der Buchhandel behauptet die Unstatthaftigkeit eines Bezugs des Autors zum billigsten Preis, wenn dieser Bezug zum Zweck des Wiederverkaufs zum Erstehungspreis geschieht. Der Ver fasser bespricht ausführlich die Arbeit des Vereinsausschusses, sein Gutachten, ferner das von vr. Beer im Auftrag des Akademischen Schutzvereins erstattete. Er kann weder das eine noch das andre vollständig billigen, kommt vielmehr zu einem von liqust. Ich habe nur einen mageren Auszug aus den Auf sätzen der »Allgemeinen Buchhändlerzeitung« gegeben, kann aber das Nachlesen der Arbeit selbst nur warm empfehlen. Herr Professor Liefmann-Freiburg i. B. hat im 83. Band der Jahrbücher für Nationalökonomie den Kartell verhandlungen eine ausführliche Besprechung*) zuteil werden lassen, die sich nicht darauf beschränkt, über die Verhandlungen zu referieren, vielmehr eine ungemein klare, durchsichtige Be handlung allen den Fragen angedeihen läßt, die zu dieser Enquete Veranlassung gegeben haben. Haben mich auch nicht alle Ausführungen überzeugt, so sind sie doch samt und sonders ungemein interessant und zum Nachdenken an regend. Es liegt in der Natur der Sache, daß die Lief- mannsche Besprechung sich vielfach mit der meinigen deckt. Aus diesem äußern Grunde nicht nur, sondern mehr noch in der Absicht, recht viele zum eignen Studium der vortreff lichen Liefmannschen Auseinandersetzungen zu veranlassen, greife ich aus dem reichen Inhalt nur einiges heraus, das ganz besonders erwähnenswert erscheint oder ganz besonders zum Widerspruch herausfordert. Professor Liefmann führt an, daß als Grundlage für die Verhandlungen ein andrer Fragebogen aufgestellt war als bei den frühem Verhandlungen, und zwar ein solcher, der den speziellen Verhältnissen des Buchhandels angepaßt *) Der deutsche Buchhandel in der Kartellenquete, nebst Unter suchungen über seine Organisation und seine voraussichtliche Weiterbildung. Von Prof. Or. Robert Liefmann-Freiburg i. B. Jena 180t, Gustav Fischer. Jahrb. f. Rat.-Oek. Bd. 83, S. 200—237. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 71. Jahrgang. war, und daß damit dem von ihm geäußerten Wunsch Ge nüge geleistet worden sei. Leider sei dieser Fragebogen, wie die Verhandlungen ergeben haben, ganz unzweckmäßig ge wesen. Wie seiner Meinung nach der Stoff hätte gegliedert werden sollen, zeige die Einteilung seines Aufsatzes. Auch Liefmann hält den Börsenverein für kein Kartell. »Der Börsenverein ist meiner Meinung nach kein Kartell, wohl aber das Organ eines solchen, oder eine Mehrheit von solchen. Wenn also die Buchhändler bestreiten wollen, daß es in ihrem Gewerbe Kartelle gebe, so ist das nicht richtig; die Kartelle liegen in den einzelnen Orts- und Kreisvereinen, und in den Vereinbarungen, die diese mit einander getroffen haben Kartelle aber, und zwar Preiskartelle, sind die innerhalb der einzelnen Orts- und Kreisvereine und in dem gemeinsamen Verein, dem Börsenverein, ge troffenen Vereinbarungen, den Kundenrabatt zu beschränken oder aufzuheben.« .... »Es ist zutreffend, daß im allgemeinen eine Vereinbarung der Händler über die Rabattgewährung kein richtiges Preiskartell, sondern nur ein sogenanntes Konditionskartell, ein nicht-mono polistischer Verband ist, da, wenn der Preis der zu verkaufenden Waren dem Händler überlassen ist, auch durch Rabattfestsetzungen eine einheitliche Preisregelung noch nicht erfolgt, sondern es dazu erst noch eines Preiskartells der Händler bedarf. Hier jedoch, wo der Preis eines jeden Buches feststeht, genügt die einheitliche Regelung der Rabatt gewährung, die Konkurrenz der Händler in den Preisen zu beseitigen und der Vereinbarung den monopolistischen Charakter eines Preiskartells zu verleihen« (S. 204). Die Funktion des Börsenvereins »diesem gemeinsamen Kartell und allen Vereinbarungen der Orts- und Kreisvereine, die er gutgeheißen hat« gegenüber ist die eines »Sicherungs- Mittels« (S. 206). Bei der Besprechung der Produktionskosten hat Liefmann die Erwähnung des Verhältnisses des Verlags zu den Druckereien vermißt (S- 208), und ob nicht durch Kombi nation des Verlags mit der Druckerei eine Ermäßigung der Produktionskosten zu erzielen sei. Darauf sei erwidert, daß dies nicht der Fall ist. Ein mir nahestehender Verleger, der selbst Mitbesitzer einer Druckerei war, ließ mit Vorliebe seinen Verlag in einer fremden Druckerei Herstellen: »es käme ihm so billiger«. Daß Verlugsbetriebe, die auch Druckereien besitzen, zahlreiche, namentlich gewisse Arbeiten in fremden Druckereien Herstellen lassen, ist bekannt. Besonders Verlagshandlungen in großen Städten lassen Arbeiten, die sich dazu eignen, in kleinen Städten drucken, die keinen Lokalzuschlag zum Setzerlohn haben, und erzielen dadurch billigere Herstellung, als sie in ihren eignen Be trieben möglich wäre. Auch die Gefahr, zu viel zu verlegen, um gegebenenfalls die Arbeiter und die Pressen zu beschäf tigen, sei als eine mögliche Folge einer Kombinierung des Verlags mit Druckerei erwähnt. Daß eine — wenigstens ins Gewicht fallende — Verbilligung der Bücher durch Ver einigung der Verlagshandlung mit Druckerei zu erzielen sei, ist unwahrscheinlich; tatsächlich ist mir kein vereinter Betrieb bekannt, der die Preise seiner Bücher niedriger kal kuliert als die Einzelbetriebe. Einen preissteigernden Einfluß des Autorenhonorars nimmt Liefmann nicht an. Die Autorenhonorare mögen 25—30 Prozent der Verlagskosten ausmachen, in einzelnen Fällen auch darüber hinausgehen. »Trotzdem glaube ich kaum, daß ein Verleger deswegen, weil ein Autor ein hohes Honorar verlangt, den Preis der Bücher höher ansetzen wird, als er es sonst getan hätte. Denn er wird das Honorar nur zahlen, wenn er in dem zu erwartenden Absatz eine Kompensation finden zu können glaubt« (S. 209). Dies ist sicher nicht immer der Fall. Wenn ein Autor auf 1392