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4946 Nichtamtlicher Teil. 140, IS. Juni 1901. am 12. März 1804- und die Original-Zeichnungen zu dem Fest spiele -Lalla Ruth» in Berlin, 27. Januar 1821, ferner die Original-Ausgaben der 31 Blätter der Dörbeckschen Zeichnungen, von denen auch der Verein mehrere besitzt. Unter den zahlreichen Seltenheiten heben wir auch den Originaldruck der Flugschrift: -Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung- hervor, das Buch, wegen dessen Herausgabe der Buchhändler Palm auf Napoleons Befehl erschossen wurde. — Persönliche Liebhaberei tritt hervor in der Betonung der Geschichte unserer Hohenzollern, der französischen Revolution, der Befreiungskriege, der burschenschaftlichen Be wegung 1817—1819, des -tollen- Jahres 1848; und als Besitzer eines Häuschens in Rheinsbcrg pflegt Herr Frensdorfs die Rheins- bcrger Litteratur Friedrichs des Großen und seines Bruders, des Prinzen Heinrich von Preußen. Die leider allzu gedrängt aus gestellte Bibliothek wird benutzbar gemacht durch einen sehr sorg fältig, mit buchhändlerischer Fachkenntnis und minutiösem Lieb- habcrinteresse bearbeiteten Katalog, der bis jetzt sieben Hefte umfaßt: 1. Allgemeine Weltgeschichte. Allgemeines. Kultur- und Sittengeschichte. Geschichte von Deutschland und Oesterreich- Ungarn. 120 S. 2. Staats- und Rechtswissenschaft. Socialwissenschaft. 40 S. 3. Alte Geschichte und Litteratur. Judaica. 25 S. 4. Theologie und Philosophie. Medizin und Naturwissen schaft. 34 S. 5. Geschichte des Auslandes. Französische Revolution. 64 S. 6. Litterarische Zeitschriften, Wochenschriften, Litteratur und Literaturgeschichte, Autographen und Manuskripte. Musik und Musikgeschichte. 26 S. 7. Vormärzliches. Revolution 1848/49. 40 S. Ein umfangreicher Nachtrag mit Erwähnung vieler Selten heiten ist in Bearbeitung. Eine Sonderausgabe des Kataloges enthält Preise. Die bei den Werken bemerkten Preise bezeichnen keine Verkaufspreise, sondern lediglich Schätzungspreise für den Inhaber, eventuell ge eignet zu Versicherungs- oder Erbteilungs-Zwecken. Der Besitzer war Realschüler und hat daher die klassische Philo logie, die römischen und griechischen Schriftsteller in der Ursprache, vernachlässigt; um so besser ist es mit den Uebersetzungen der selben und mit den Vertretern der modernen Sprachen bestellt. Selbstverständlich ist es ein Genuß, durch die Bibliothek zu wandern und zunächst wie ein Schmetterling den Honig aus den Blüten zu saugen, hier und da eine Ruhepause eintreten zu lassen, zu blättern und zu fragen — der Besitzer steht in liebenswürdiger Weise Rede und Antwort und bleibt beim Nichtermüden Sieger —, noch größeren Genuß aber gewährt es, einige zusammenhängende Fragen an der Hand der Bibliothek prüfen und sofort beant worten zu können. Or. H. Brendicke. Kleine Mittellungen. Vom Reichsgericht. Die Verantwortlichkeit desVer- legers bei periodischen Druckschriften. (Nachdruck verboten.) — Das Landgericht Wiesbaden hat am 22. März d. I. den Verleger des Wiesbadener Generalanzeigers, Buchdruckereibesitzer Emil Bommert, von der Anklage des Vergehens gegen die 88 6 und 18,2 des Preßgcsetzes freigcsprochen. Der Angeklagte druckt das genannte Blatt und ist auf dem Titel als Drucker genannt. Außerdem ist aber auf der letzten Seite als -verantwortlich für Druck und Verlag- Georg Jacobi genannt. In dieser doppelten Angabe des Druckers erblickte die Staatsanwaltschaft eine Ver letzung der in ß 6 des Preßgesetzes gegebenen Vorschrift, daß jede Druckschrift den Namen und Wohnort des Druckers enthalten muß. Der Angeklagte erklärte in der Hauptverhandlung, er habe absichtlich so gehandelt, um die Verantwortlichkeit auf Herrn Jacobi zu übertragen, und berief sich dabei auf zwei andere Generalanzeiger, die es ebenso machten. Das Landgericht er kannte auf Freisprechung, da es einen Verstoß gegen das Preßgesetz nicht als vorliegend erachtete. Durch die Benennung eines -Ver antwortlichen- werde an der Verantwortlichkeit des wahren Druckers und Verlegers nichts geändert. Ein Zweifel, wer Drucker und Verleger sei, könne im vorliegenden Falle nicht be stehen. Gegen dieses Urteil hatte der Staatsanwalt Revision ein gelegt. In der Verhandlung der Sache vor dem Reichsgerichte, die am 17. d. M. stattfand, führte der Reichsanwalt folgendes aus: Die doppelte Angabe ist keine falsche im Sinne des § 18, 2; dagegen liegt eine Uebertretung nach ß 19 vor. Die Motive zu 8 6 sagen, daß der Nachweis des Druckers ermöglicht werden soll. Der Angeklagte wollte das vereiteln. Die Polizei wird nie wissen, an wen sie sich halten soll, wenn zwei Personen als Verleger an gegeben sind. — In Uebereinstimmung hiermit hob das Reichs gericht das freisprechende Urteil auf und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Zum Artikel -Der Brief und das neue Urheberrecht in Nr. 137 d. Bl. — Berichtigung. — Wir veröffentlichen gern das nachstehende Schreiben, das uns soeben zukam: -Stuttgart, den 17. Juni 1901. -Sehr geehrte Redaktion! -Der in Nummer 137 des Börsenblatts veröffentlichte Artikel -Der Brief und das neue Urheberrecht- enthält die Bemerkung, daß -bekanntlich- auch die vorigjährige Herausgabe der Briefe Bismarcks (an seine Braut und Gattin) beinahe an den Urheber rechten gescheitert wäre, die andere Verleger für einzelne Briefe geltend gemacht hätten, und daß deren Ansprüche abgefunden werden mußten. Eine ähnliche Notiz ging schon im vorigen Jahre durch einige Blätter. Demgegenüber möchten wir erklären, daß diese Angaben irrig sind: es ist gegen uns von keiner Seite der Einwand geltend gemacht worden, daß dem Erscheinen der vom Fürsten Herbert Bismarck herausgegebenen Briefsammlung in unserem Verlage ältere Rechte entgegenständen. Wir haben also auch an niemand eine Abfindung zu zahlen brauchen. Mit vorzüglicher Hochachtung I. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger G. m. b. H.- Die Mode im Buchtitel. — Von den Wandlungen, die der Buchtitel in der Geschichte der deutschen Prosakunst zu durch laufen hatte, giebt im zweiten Mai-Heft des -Litterarischen Echo- der Prager Lilterarhistoriker Or. Rudolf Fürst ein recht anschau liches Bild. Von den geschwätzigen, vielzeiligen Romantiteln des 17. Jahrhunderts, die zugleich Inhaltsangaben und Anpreisungen waren, bis zu den kurzen, meist nichts verratenden Titeln moderner Bücher führt ein stufenreicher Weg. Im 18. Jahrhundert machten zunächst namentlich englische Vorbilder Schule. Sternes -Leben und Meinungen Tristram Shandys- und seine -Empfindsame Reise durch Frankreich und Italien» wurden auch im Titel viel fach nachgeahmt. In der klassischen Zeit liebte man es, den bürgerlichen Namen des Helden als Buchtitel zu nehmen, und dies ist seitdem eine vielfach angewandte Titelform bis zum heutigen Tage geblieben (Martin Salander, Frau Jenny Treidel, Effi Briest, Hermann Jfinger rc.). Auch der Ritterroman zu Anfang des 19. Jahrhunderts und weiterhin bevorzugte diese Art der Betitelung, nur mit gaumenreizenden Zuthaten, als da waren -Astolfo der Guerilla - Hauptmann oder das unter irdische Blutgericht in Barcelona- , -Drahomira mit dem Schlangenring oder die nächtlichen Wanderer in den Schreckens gefängnissen von Karlstein, eine Schauergeschichte- u. s. w. Auch die Romantiker mit ihren -Lucinde», -Godwi-, -William Lovell- u. s. w. hielten sich an diese Titelschablone. Erst als mit dem »Jungen Deutschland- der Roman es unternahm, Bilder ganzer Epochen und Stände zu geben, suchte man nach allge meinen umschreibenden Titeln, wie -Die Epigonen- (Jmmermann), -Die Ritter vom Geiste» (Gutzkow), -Das junge Europa- (Laube) u. a. Diese Mode, einen bestimmten Lebenskreis schon im Titel zu umgrenzen, pflanzte sich dann fort; -Problematische Naturen-, »Kinder der Welt-, -Soll und Haben», »Europäisches Sklavenleben-, »Hammer und Amboß- gehören dieser Richtung ebensogut an, wie in unseren Tagen etwa -Die Betrogenen» (Kretzer), -Berlin W- (Lindau), -Die bunte Reihe- (Mauthner), -Die Alten und die Jungen- (Albcrti). Der gefühlvolle Unterhaltungsroman zog da für mehr und mehr sentenziöse Wendungen vor, wie -Aus eigner Kraft-, -Dunkle Gewalten«, -Ins Leben verirrt-, -Getrennte Wege-. Auf französischen, nordischen und russischen Einfluß wieder gehen die knappen und präcisen Titel zurück, in deren Prägung Tolstoi und besonders Zola Meister sind. Gelegentlich finbet man wohl auch noch ganze Sätze als Titel: -Was will das werden I- -Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht-, -Die Waffen nieder I- -Es lebe die Kunst!- -Woher tönt dieser Mißklang durch die Welt?- Aber im ganzen herrscht auch auf diesem Gebiete jetzt die Kürze und eine gewisse Mäßigung, die sich von platter Inhalts angabe ebenso entfernt hält, wie von manierierter Undeutlichkeit und reklamehafter Weitschweifigkeit. Man hält sich an Lessings Rezept, der gelegentlich gesagt hat, ein Buchtitel sei um so besser, je weniger er von dem Inhalte verrate; er brauche den Inhalt weder anzugeben, noch zu erschöpfen, aber er solle doch auch nicht irresühren. Deutsche Rechtschreibung (vgl. Nr. 139 d. Bl.). — Die -Berliner Corrcspondenz» schreibt unter dem 17. d. M.: Die Kon ferenz für die Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung wurde heute vormittag im Reichsamt des Innern durch den Staatssekretär Grafen Posadowsky eröffnet, der in seiner Begrüßungsansprache da rauf hinwies, daß nach der Ansicht der deutschen Bundesregierungen die Zeit gekommen sein dürste, um dem kostbarsten Gute des deut schen Volkes, der deutschen Sprache, auch ein einheitliches Gewand zu geben. Der Staatssekretär drückte die Hoffnung aus, daß die Beratungen zu einem Erfolge führen möchten, der in gleicher