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9204 Nichtamtlicher Teil. 279. 1. Dezember 1899. Schon die Beschränkung des Raums im Vergleich zu der Menge der Rezensionsexemplare läßt dies als Notwendig keit erscheinen. Die Auswahl der zur Besprechung kommenden Werke muß den Leitern der Zeitschrift überlassen bleiben. Manchmal wird ein derartiges Vorgehen ausdrücklich an gekündigt,' notwendig ist das nicht. Bücher, die auch in der Uebersicht nicht ausgenommen werden, stehen eine angemessene Zeit wieder zur Verfügung des Einsenders. Eine Verpflich tung zur Zurücksendung wird in keinem Falle anerkannt. Das Ergebnis ist übrigens, und zwar für die Zeit vom 1. Januar 1900 an für das ganze Reich, jetzt für die meisten Rechtsgebiete desselben, das gleiche, wenn man von dem leicht angestrittenen Bestand eines Gewohnheits rechts absieht. Hier soll nur der künftige Rechtsstand ins Auge gefaßt sein. Das Handelsgesetzbuch enthält keine be sonderen Vorschriften; die Frage ist sohin nach bürgerlichem Recht zu beurteilen. Hiervon kommen sofort wieder die bereits erwähnten Vorschriften in Betracht, daß die Aus legung von Verträgen und die Erfüllung von Verpflichtungen nach Treu und Glauben unter Rücksicht auf die Verkehrs sitte zu beurteilen sind. Durch die Annahme eines zu gesandten Rezensionsexemplars kommt ein Vertrag zu stände; nach gemeinem Recht wäre von einem oontraotus äo ut kiwiLs zu sprechen. Das Vertragsangebot geht von der Zeit schrift aus, indem sie eine Rubrik für Büchcrbesprechungen einrichtet; es lautet dahin, daß die eingesandten Werke, soweit es aus dem Charakter der Zeitschrift sich ergiebt, zur Besprechung kommen. Die Annahme des Angebots erfolgt durch die Einsendung eines Exemplars.*) Diese Annahme kann an Bedingungen geknüpft werden, z. B. die Bedingung, daß das Rezensionsexemplar, wenn es nicht innerhalb einer gewissen Frist besprochen sei, zurückgesandt werden müsse. Das ist Ablehnung des von der Zeitschrift aufgestellten Angebots und Vorschlag eines neuen. Hierauf brauchen selbstverständlich die Leiter der Zeitschrift nicht einzugehen. Wird die Besprechung innerhalb der bestimmten Zeit ge bracht, so ist die Sache entschieden; das neue Angebot ist angenommen. Erscheint die Besprechung nicht, oder wird von Anfang an das neue Angebot zurückgewiesen, so kann das Exemplar zurückgeholt werden. Eine Verpflichtung zur Zurück sendung besteht nicht; sie kann auch nicht etwa durch die Beifügung einer Zuschrift bei der Entsendung, daß das Buch binnen einer bestimmten Zeit besprochen oder zurückgeschickt werden müsse, statuiert werden. Durch die Entgegen nahme des Exemplars werden nicht etwa die beigefügten Bedingungen, billig oder unbillig, zur Vertragsgrundlage gemacht; vielmehr entsteht, wenn die Uebersendung an Be dingungen geknüpft war und diese nicht angenommen werden, ein vertragsloser Zustand, und das Exemplar befindet sich, in der Redaktionsbibliothek, in einer gleichen Rechtslage wie etwa eine auf Probe gelieferte und abgelehnte Ware. Es ist nach Treu und Glauben vor Schaden zu behüten; ihm eine besondere Sorgfalt zuzuwenden, ist nicht geboten. Auf Verlangen ist es herauszugeben. Ebenso sind Exemplare *) Die Erörterungen der Frage, die ich bisher zu Gesicht bekam, gehen von der Auffassung aus, daß der das Rezensions exemplar einsendende Verleger das Angebot stelle und daß durch die Empfangnahme des Exemplars die Annahme des Angebots er folge. Zu einer ausführlichen Widerlegung ist hier kein Platz. Die Bedeutung der Thatsache, daß eine Zeitschrift überhaupt Re zensionen bringt und hierbei gewisse Gesichtspunkte cinhält, ist dabei völlig übersehen. Wenn jemand in den Wagen einer Straßen bahn einsteigt, macht er vielleicht da das Angebot, sich von ihr befördern zu lassen? Er nimmt das in der Thätigkeit der Straßen bahn gelegene Angebot an, muß den festgesetzten Preis bezahlen und kann sich nicht beklagen, wenn er nach dem Fahrplan später, als er meinte, an sein Ziel kommt oder vielleicht dies gar nicht erreicht. Die Aehnlichkeit der Fälle bedarf keiner weiteren Hervor hebung. zu behandeln, die als Rezensionsexemplare schlechthin ab gewiesen, also auch nicht in der Uebersicht aufgeführt werden. Die Zeit der Aufbewahrung richtet sich nach der Lage des Falles; ein wertvolles Buch wird länger zur Verfügung stehen müssen als eine Broschüre. Als Maßstab wird die Zeit dienen, innerhalb deren die Besprechung nach der Uebung der Zeitschrift erwartet werden kann. Ist diese Zeit verstrichen, ohne daß das Werk zurückverlangt wurde, so kann angenommen werden, daß darauf verzichtet ist. Häufig wird der Fall ohnehin nicht sein, daß bei der Ueber sendung des Buches eine solche Bedingung ausgesprochen wird. Der bloße Wunsch, das Buch möge, wenn keine Besprechung erfolge, zurückgeschickt werden, ist keine Be dingung. Er ist für die Empfänger in keiner Weise rechtlich bindend. In all den Fällen, in denen die Einsendung des Rezensionsexemplars ohne Bedingung erfolgt, ist für die Be urteilung des vorliegenden Rechtsverhältnisses das mit der Einsendung acceptierte Vertragsangebot die einzige rechtliche Handhabe. Dieses Angebot wird selten besonders formuliert; in früheren Jahrgängen der »Beilage« geschah es. Not wendig ist es nicht; das Vertragsangebot kann auch aus der Uebung der Zeitschrift entnommen werden. Wem diese Auskunft nicht genügt, der mag sich, wo er will, näher er kundigen; schickt er ein Werk ein, ohne sich erkundigt zu haben, so thut er das auf seine Gefahr. Bei vielen Zeit schriften werden Neuauflagen schon besprochener Werke grund sätzlich nicht neuerdings der Kritik unterstellt; bei anderen richtet sich diese prinzipielle Weigerung gegen Broschüren, Separatabdrucke und ähnliche Erscheinungen. Wer derartige Werke an solche Zeitschriften sendet, kann nicht auf Gegen liebe rechnen; eine Bestätigung des Empfangs durch Auf führung in der Uebersicht der eingelaufenen Bücher ist alles, was er hoffen darf. Derartige Vertragsschlüsse ohne genaue Kenntnis des Angebots sind durchaus keine Seltenheit. Wer in den Briefkasten eines abgelegenen Dorfes eine Sendung einlegt, muß die Folgen selbst tragen, wenn der Kasten nur einmal in der Woche entleert wird; wer in eine Droschke steigt und mit ihr fährt, muß den Tarif zahlen, auch wenn er ihm hoch vorkommt; wer einem Anderen einen Dienst thut, ohne sich vorher den Lohn auszubedingen, muß zu frieden sein mit dem, was er hinterher erhält. Das Angebot stimmt nun, wie schon hervorgehoben wurde, in zwei Punkten bei allen Zeitschriften überein; erstens darin, daß alle Rezensionsexemplare mit der Ein sendung in das Eigentum der Zeitschrift übergehen, und zweitens darin, daß die Auswahl der zu besprechenden Bücher dem freien Ermessen Vorbehalten bleibt. Daß hierbei der Vorteil auf der Seite der Zeitschrift liegt, ist ganz natürlich; sie stellt ja das Angebot. Will ein Verleger auf diese Un gewißheit hin nichts opfern, so mag er die Einsendung unter lassen oder an Bedingungen knüpfen; wenn er sicher gehen will, wird er die Bedingungen bekannt geben, ehe er die Einsendung vornimmt, und diese erst ausführen, wenn die Bedingungen angenommen sind. Bei der Uebersendung eine stillschweigende Bedingung zu unterstellen, daß das Werk, wenn keine Besprechung erfolgte, im Eigentum des Absenders verbleibe, ist rechtlich unmöglich. Das Angebot der Zeitschrift verträgt sich nicht mit einem solchen heim lichen Vorbehalt. Die Sache liegt auch durchaus nicht so, daß ein Vorbehalt dieser Art sich von selbst verstände. Das Uebersenden von Rezensionsexemplaren ist eines der vielen Geschäfte, bei denen die Gegenleistung durchaus nicht sicher ist. Der Weinhändler, der eine Flasche Wein zur Probe schickt, thut dies auch nicht aus Freigebigkeit; er hofft auf eine nachfolgende Bestellung. Wenn aber die Bestellung ausbleibt, kann er doch die Flasche nicht zurück-.