Volltext Seite (XML)
Da durch diese Bestimmung den Werken, die im Deutschen Reiche erschienen sind, und den nicht erschienenen Werken deutscher Reichsangehöriger unter der Voraussetzung der Reciprozität der volle Schutz gewährt wird, sollte man meinen, daß alles in schönster Ordnung sei. Das ist aber leider nicht der Fall. Denn unter den im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern haben, was bei der Redaktion des österreichischen Gesetzes über sehen wurde, Dalmatien, Galizien und Bukowina niemals zum Deutschen Bunde gehört, so daß die dort erschienenen Werke Nicht deutscher und die nicht erschienenen Werke Dalmatiner, Galizianer und Bukowiner nach 8 62 des geltenden Gesetzes in Deutschland keinen Schutz genießen und nach H 57 des Entwurfes auch in Zu kunft keinen genießen würden. Es wirft sich nun die Frage auf, ob denn die in Deutschland erschienenen Werke von Nichtösterreichern und die nicht erschienenen Werke deutscher Reichsangehöriger in Dalmatien, Galizien und Bukowina geschützt werden, eine Frage, die sich eigentlich gar nicht befriedigend lösen läßt. Einerseits wird aus der bloß partiellen Reciprozität die Konsequenz gezogen, daß die erwähnten Werke in Galizien u. s. f. ungeschützt bleiben (Mitteis, Zur Kenntnis des littcrarisch-artistischen Urheberrechtes, 1898 S. 7), anderseits wird auch für diese Werke unter Hinweis auf den einheitlichen öster reichischen Staatsverband der Urheberschutz für ganz Oesterreich in Anspruch genommen (v. Seiller in Stubenrauchs Kommentar, Wien 1899 S. 434). Es wäre zu wünschen, daß das neue deutsche Reichsgesetz dieser Unsicherheit ein Ende machte, indem es den ohnehin anti quierten § 62 des geltenden Gesetzes für Oesterreich fallen ließe und ganz einfach allen in Oesterreich erschienenen Werken von Nichtdeutschen und den nicht erschienenen Werken von Oester reichern unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit und mit Beschränkung auf die Schutzdauer in Oesterreich vollen Schutz ge währte. Für das Deutsche Reich würde hieraus der Vorteil er wachsen, daß alle in Deutschland erschienenen Werke und die nicht erschienenen Werke deutscher Reichsangehöriger in Galizien, Dal matien und Bukowina geschützt werden würden, was derzeit noch in Frage steht. Ministerieller Erlaß gegen den unlauteren Wettbewerb in Oesterreich. Der österreichische Handelsminister Freiherr Di Pauli hat an sämtliche österreichische Handels- und Gewerbekammern folgenden Erlaß gerichtet: Der Schutz des redlichen, zur Anspannuug aller seiner Kräfte mehr wie jemals gezwungenen Gewerbestandes erheischt dringend eine möglichst umfassende und wirkungsvolle Ergänzung der be stehenden, in verschiedenen Gesetzen enthaltenen Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb. Dem Handelsministerium liegen äußerst schätzenswerte, von den Handels- und Gewerbekammern und anderen kaufmännischen Korporationen erstattete Gutachten vor, die sich auf die falschen Herkunftsbezeichnungen beziehen. Ebenso bieten die Aeußerungen, die zu dem mehrfach um- gearbeitetcn Entwürfe eines Gesetzes zum Schutze gegen Uebervor- teilungen in Bezug auf Quantität und Qualität im Warenverkehre abgegeben worden sind, wertvollen Stoff für eine Bestimmung, die der, insbesondere im Kleinhandel vielfach geübten Quan titäts-Verschleierung begegnen soll. Gleichzeitig mit diesen beiden Erscheinungsformen unreellen Geschäftsgebarens verlangt aber noch eine Reihe anderer Mißbräuche auf dem Gebiete des Wettbewerbes schleunige Abhilfe, die — zweckmäßigerweise — in einem einzigen thunlichst kurzen und gemeinverständ lichen Gesetze zu suchen sein wird. Im Zuge der beabsich tigten Revision mehrerer Bestimmungen der Gewerbeordnung werden zunächst deren Vorschriften über -Eingriffe-, sofern sie nicht ledig lich gewerbepolizeilicher Natur sind, bei ihrer Einfügung in das neue Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verallgemeinert und verbessert werden müssen. Die gemeinten Paragraphen (46 ff.), die bei ihrer Erlassung allgemein als wichtiger Fort schritt anerkannt worden waren, sind nur selten zur An wendung gelangt, in das allgemeine Rechtsbewußtsein nur wenig übergegangen. Es wird ein Ausbau dieser Normen in der Richtung stattfinden müssen, daß jede Aneignung der Bezeich nung, unter der ein Erwerbsgeschäft geführt wird, wenn durch diese Aneignung eine Verwechselung mit diesem Geschäfte beab sichtigt und möglich gemacht wird, für verfolgbar erklärt wird. Was den Begriff der Verwechselung betrifft, so wird an dem auf verwandten Rechtsgebieten bewährten Satze festzuhalten sein, daß eine solche dann immer, aber auch nur dann gegeben sei, wenn die Unterschiede der Bezeichnungen von dem gewöhnlichen Ab- KetsvndsiSüast« Kabrssxs. nehmer der Leistung oder Ware nur durch Anwendung besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können. Im Zusammenhangs mit dem eben gedachten Verbote, durch das zahlreiche von jenen Machenschaften getroffen werden sollen, bei denen es direkt darauf abgesehen ist, das wohl erworbene Renommee eines Unternehmens oder eines Erzeug nisses für sich auszubeuten, wird zu untersuchen sein, ob und in welcher Art das gewerbliche Firmenrecht auszugestalten sei, ob insbesondere und mit welchen Maßgaben die einschlägigen, nach dem Handelsgesetzbuche für Kaufleute vollen Rechtes geltenden Grundsätze auch für sonstige Gewerbsunternehmungen zu adoptieren seien. Daß bei dem heutigen Stande der Güter- erzcugung und des Güterabsatzes die Ocffentlichkeit einen nicht bloß nützlichen, sondern geradezu unentbehrlichen Faktor bildet, steht außer Frage. Insbesondere erscheint die Anwerbung von Kunden durch die sich täglich mehrenden und wirksamer ge staltenden Mittel der Verlautbarung, vor allem durch die tausendzüngige Presse als ein an und für sich durchaus legitimes Hilfsmittel gewerblicher Thätigkeit, dessen hinwiederum auch ein an sehnlicher Teil des Publikums bei der Befriedigung seiner Bedürfnisse kaum zu entraten vermöchte. Um so minder zulässig ist jedoch die Reklame dann, wenn sie sich an dem zu ihrem Zwecke notwendigen Lobe und an der zu einem allgemeinen Gebrauche gewordenen Uebertreibung des Lobes nicht genügen läßt, sondern, um den Anschein eines besonders günstigen Angebotes hervorzurufen, nicht verschmäht, sich an die Ocffentlichkeit mit unrichtigen, ganz konkreten Angaben zu wenden, zumal sich diese der Wahrheit unmittelbar zuwiderlaufenden Behauptungen auf die maßgebenden Momente des betreffenden Geschäftes beziehen. Als solche Momente hätten in erster Linie Beschaffenheit und Erzeugungsart der empfohlenen Ware zu gelten. Cs dürfte nicht Baumwolle als Leinen, Halbseide als Seide, Honigsurrogat als Honig, Eisen als Stahl, Maschinen produkt als Handarbeit, fremdes als »eigenes Erzeugnis» aus geboten werden. Art des Bezuges der Ware und Anlaß ihres Verkaufes erscheinen oft als nicht minder wesentliche Verhältnisse; es dürfte nicht gegen die Wahrheit angepriesen werden der Bezug von Waren direkt aus der Fabrik, aus einer Verlassenschaft, einer Konkursmasse, der Verkauf infolge der Abreise einer Künstlerin, der Räumung des Warenlagers, eines gänzlichen Ausverkaufes. Auch über die Art der Preisberechnung hätte sich die Reklame un richtiger Angaben zu enthalten, wie z. B. der Klauseln: -Um den Einkaufspreis-, -Unter dem Schätzwerte», oder jener der An kündigung billigerer Preise in den Schaufenstern, als beim Kaufe thatsächlich vcrlaugt werden. Anschließend an die eben gekennzeichneten Ausschreitungen der Reklame käme noch eine besondere Form derselben zu behandeln: die Herabsetzung der Waren, der gewerblichen Leistungen, des Erwerbsgeschäftes eines anderen oder der Person dieses anderen durch unwahre Behauptungen, um da durch dessen Geschäftsbetrieb oder Kredit zu schädigen und die Wertschätzung der eigenen Leistungen und Produkte in den Augen des Publikums zu erhöhen. Von mehreren Seiten ist auch listiges Abspenstigmachen und Anwerben von Arbeitern als ein Mißbrauch des Wett bewerbes bezeichnet worden, und wird für den Schutz von Betriebs und Geschäftsgeheimnissen wirksame Vorsorge zu treffen sein; aller dings müßte hierbei im Auge behalten werden, daß nicht durch diese oder jene Regelung Handlungsgehilfen, Lehrlinge, Gesellen oder sonstige Arbeiter in ihrem Fortkommen unberechtigterweise gehindert werden oder die Anwerbung von Arbeitskräften erschwert wird. Bei der Sicherung des Betriebsgeheimnisses würde über dies auch vorgekehrt werden müssen, daß dasselbe nicht auf Kosten des auf dem Grundsätze der Publizität neu geregelten Patentschutzes ausgenutzt werde. Was die Unterdrückung der im Vorstehenden nur sehr allgemein ekennzeichneten Arten unlauteren Wettbewerbes betrifft, so ist eabsichtigt, die Mittel der Abwehr zunächst in die Hände des Mitbewerbers selbst zu legen. Den Mitbewerbern im weitesten Sinne und natürlich jeder Vereinigung solcher Mitbewerber soll das Recht zustehen, beim ordentlichen Richter die Unterlassung der unlauteren Handlung — also Beseitigung des Uebels — zu ver langen. War die Handlung wissentlich oder mit auffallender Sorg losigkeit vorgenommen, so soll sich das Klagerecht auch auf den Ersatz des Schadens gemäß den allgemeinen Grundsätzen — also auf Beseitigung auch der Folgen des Uebels — erstrecken. Und nur dort, wo eine aus Arglist oder in böser Absicht unternommene Handlung, sonach ein Bruch der allgemeinen Rechtsordnung vor liegt, soll strafrechtliche Verfolgung eintreten können. Wo ein solches Interesse nicht verletzt wird, da soll es genügen, den mit Schaden Bedrohten oder Geschädigten in die Lage Zu versetzen, daß er sich auf dem Wege des bürgerlichen Rechtes Ruhe und Genugthuung hole. Dieser Weg, den in Oesterreich eben erst die neue Ordnung des Civilprozesses gangbar gemacht hat, indem sie die richterliche 875