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nun weiter, Arbeitsordnungen seien nur in Fabriken zu erlassen, mithin erkläre die Bekanntmachung größere Druckereien für »Fabriken«. Diese Folgerung ist jedoch nicht richtig. Denn in dem angezogenen Z 134a ist nicht bestimmt, daß ein Gewerbebetrieb, in welchem in der Regel mindestens 20 Arbeiter beschäftigt werden, als Fabrik anzusehen und dann für ihn eine Arbeitsordnung zu erlassen sei, sondern die Bestimmung lautet: Für jede Fabrik, in welcher in der Regel mindestens 20 Arbeiter beschäftigt werden, ist . . . eine Arbeitsordnung zu erlassen. Es wird also hier die Fabrikeigenschaft schon als vorhanden vorausgesetzt und nicht erst durch die Beschäftigung von 20 Arbeitern begründet. Nach dem Eingänge der Bekanntmachung hat vielmehr der Bundesrat auf Grund von § 120s der Gewerbeordnung Vorschriften über die Einrichtung und den Betrieb der Buch druckereien und Schriftgießereien erlassen wollen und dabei an der angeführten Stelle vorgeschricben, daß auf solche Be triebe mit mindestens 20 Arbeitern die in tz 134a, Abs. 1 für Fabriken getroffene Bestimmung bezüglich der Errichtung einer Arbeitsordnung Anwendung erleiden solle, aber eine Erklärung der Buchdruckereien und Schriftgießereien für Fabriken ist damit offenbar nicht beabsichtigt. In der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung von: 15. Februar ist sodann darauf Bezug genommen, daß eine Entscheidung des Reichsgerichts vom 15. Februar 1883 eine mit 5 Schnellpressen arbeitende, täglich 7500 Exemplare einer Zeitschrift liefernde Buchdruckerei für eine Fabrik erklärt habe. Abgesehen davon, daß die Ent scheidungen der Justizbehörden für die Verwaltungsbehörden nicht ohne weiteres maßgebend sein können, hat damals das Reichsgericht, und zwar vom Standpunkte des Strafrichters in der Revisionsinstanz aus, nur ausgesprochen, daß das Landgericht bei der betreffenden angefochtenen Entscheidung von dem richtigen prinzipiellen Gesichtspunkte geleitet worden sei, es müsse die individuelle Beschaffenheit des fraglichen Gewerbebetriebes im einzelnen erörtert werden, und daß die von dem Gerichte als thatsächlich vorhanden sestgestellten Faktoren für erheblich zu halten und in ihrer Gesamtverbindung ausreichend seien, die betreffende Druckerei dem Fabrikbegriffe zu unterstellen; dabei ist weiter auch zu berücksichtigen, daß die Anschauung, unter welchen Voraussetzungen die im da maligen Falle für ausschlaggebend erachteten Fabrikmerkmale (bedeutender Umfang des Geschäftsbetriebes, Massenproduktion mit Hilfe von Dampfkraft, große Anzahl der beschäftigten Personen) als thatsächlich vorhanden anzusehen seien, sich in den letzten 15 Jahren infolge der großen Entwickelung von Gewerbe und Industrie nicht unerheblich geändert hat, und daß in dieser Beziehung in der modernen Zeit höhere Anforderungen als damals gestellt werden. Es ist in dieser Beziehung eine Erklärung charakteristisch, die ein Prokurist der in Frage stehenden Firmen bei einer Be fragung vor der Staatsanwaltschaft zu Leipzig am 2. Juli 1898 abgegeben hat. Derselbe erklärte nach Bl. 10 s. der unter den Beilagen befindlichen Akten N 309: »In unserem Institut ist die Fabrikation allerdings eine Massenfabrikation; aber trotzdem halte ich es noch nicht für eine Fabrik, zu einer solchen gehört meiner Ansicht nach noch ein größerer Betrieb, als der unsere.« Der gedachte Prokurist hat hier außerdem bei seiner Erklärung offenbar nicht nur die Buchdruckerei, sondern gleichzeitig auch die übrigen Betriebe der Firma mit im Auge gehabt. Wenn man die Entstehungsgeschichte des Handwerker gesetzes im Zusammenhänge mit dem allgemeinen wirtschaft lichen Entwickelungsgange ins Auge faßt, so wird man annehme» dürfen, daß dieses Gesetz in dem sich vollziehenden Uebergange der Produktionsmethode aus Handwerk — das ist Arbeit mit der Hand — in Handarbeit mit der Maschine dem ersteren denjenigen Schutz und Rückhalt zu bieten bezweckt, welchen die ihm verloren gegangene Zusammenfassung seiner Kräfte ihm zu gewähren geeignet ist. Durch diesen Schutz sollen nicht allein die Handwerker vor unverdientem Unter liegen in der Konkurrenz mit dem Fabrikbetriebe, sondern auch manche wirtschaftliche Vorteile und Vorzüge, welche die ursprüngliche Produktionsmethode vor der neueren voraus hat, vor dem Untergange bewahrt werden. Bei der Entscheidung über die Handwerksmäßigkcit eines Betriebes wird man deshalb weniger äußere Merk male, wie die Person des Unternehmers, den Umfang des Etablissements und anderes zu betrachten, als vor allem zu fragen haben, ob bei demselben die bezeichnete Um wandlung der Produktionsmethode sich wirklich vollzogen hat oder nicht. Wird man durch diese allgemeinen Erwägungen zu der Annahme hingedrängt, daß gerade im Buchdruckereigewerbe der Charakter des handwerksmäßigen sich in vergleichsweise besonders hohem und weitem Umfange, namentlich auch in Ansehung der Zusammensetzung seiner Gehilfenschaft, erhalten habe, so gelangt man zu ähnlichem Resultate, wenn man prüft, ob die als solche anerkannten Fabrikmerkmale bei den einzelnen noch in Frage stehenden Druckereien in einer so ausreichenden Weise vorhanden sind, daß ihr Betrieb als fabrikmäßig im Sinne von Z 100k der Handwerkernovelle angesehen werden kann. Bereits von der ersten Instanz ist darauf hingewiesen worden, daß die für den Fabrikbegriff in Betracht kom menden Merkmale durch die Rechtsprechung, insbesondere des Reichsgerichts, festgestellt seien. Das letztere hat die selben besonders in den Entscheidungen vom 2. Juli 1883 und vom 3. Januar 1884 (vgl. auch Reger, Entscheidungen u. s. w. Bd. 4, S. 83, 290) zusammengestellt, wenn auch offenbar diese Zusammenstellung nicht eine erschöpfende sein soll. In einer ganzen Anzahl späterer Entscheidungen, die allerdings ebenso wie die citierten von den Strafsenaten ergangen sind, hat sich dasselbe sodann weiter mit dem Fabrikbegriffe beschäftigt und dabei meist auf die angezogenen Entscheidungen Bezug genommen. Dabei ist hier und da auch einmal noch ein weiteres Merkmal mit aufgeführt worden. Bei der Verwendung dieser Merkmale im vor liegenden Falle wird nicht ganz unberücksichtigt bleiben können, daß jene Entscheidungen vom Standpunkte des Strafrichters ergangen sind, und es wird insbesondere auf das Fehlen oder Vorhandensein einzelner Merkmale hier unter Um ständen ein anderes Gewicht zu legen sein als dort; es wird unter Beachtung der Absicht des in Frage stehenden Gesetzes, wie ein Reichsgerichtsurteil vom 13. Dezember 1887 (vgl. Reger, Entscheidungen u. s. iv. Bd. 8. S. 361) sich ausdrückt, die Gesamtheit der im Einzelfalle vorhandenen und fehlenden Unterscheidungsmomente gegeneinander abzuwägen und in Berücksichtigung aller konkreten Umstände zu entscheiden sein, ob ein Fabrikbetrieb vorliegt. Der Stadtrat hat nun 6 solche Merkmale zusammen gestellt, und kommt bezüglich der Betriebe der 5 Firmen C. G. Röder, Spamer'sche Buchdruckerei, I. I. Weber, I. B. Hirschfeld und Carl Meyer's Graphisches In stitut zu dem Resultate, daß bei diesen die Merkmale unter 1 und 3 bis 6 vorhanden seien und nur das unter 2 (Arbeitsteilung unter den Gehilfen) fehle, und daß das Vor handensein der ersteren die Annahme der Fabrikmäßigkeit der genannten Betriebe ausreichend rechtfertige. Zunächst ist zu den vom Stadtrate aufgestellten Fabrik merkmalen darauf hinzuweiseu, daß unter 2 eigentlich 2 Merkmale, wie sich aus den späteren Ausführungen der betreffenden Entscheidung ergiebt, gemeint sind, nämlich: