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166, 20. Juli 1899. Nichtamtlicher Teil. 5241 druckerei mit für die übrigen Gewerbebetriebe bez. Handels geschäfte der eigenen Firma bez. steht mit denselben in mehr oder weniger enger Verbindung, aber bei allen diesen führt die Buchdruckerei auch Lohndruckaufträge anderer Personen der verschiedensten Art regelmäßig in erheblicherem Umfange aus. Hier muß anerkannt werden, daß selbständige stehende Buchdruckereigewerbebetriebe vorhanden sind, die an sich der Innung anzugehören haben, und bei diesen kann nur noch in Frage kommen, ob sie von dieser Verpflichtung etwa auf Grund der Bestimmung in Z 100 k., Abs. 1, Z. 1 des mehr gedachten Gesetzes ausgenommen sind, also weil das Gewerbe fabrikmäßig betrieben wird. Bevor der Erörterung dieser Frage nähergetreten wird, ist zunächst der besonders in den Eingaben des Rechtsan walts vi-. Junck vom 7. Dezember 1898 und vom 25. April 1899 geltend gemachten Auffassung entgegenzutreten, daß der Eintrag seiner Mandanten im Handelsregister und deren Eigenschaft als Kaufleute in Frage gestellt werde, wenn im vorliegenden Falle die Fabrikmäßigkeit ihres Buchdruckereigewerbebetriebes verneint werde. Er nimmt dabei insbesondere Bezug auf die Bestimmung in Z 1, Abs. 2, Z. 9, des neuen, mit Ausnahme eines kleinen, hier nicht weiter in Betracht kommenden Teiles, noch nicht in Kraft getretenen Handelsgesetzbuches. Nach dieser Bestim mung soll ein Gewerbebetrieb, welcher die Geschäfte der Druckereien zum Gegenstände hat, als Handelsgewerbe gelten, sofern ihr Betrieb über den Umfang des Handwerks hinausgeht. Diese Bestimmung enthält nichts Neues, sondern befindet sich im wesentlichen bereits ini Art. 272, Abs. 1, Z. 5 des bisherigen Handelsgesetzbuchs. Zu dieser letzteren ist in der sächsischen Ausführungsverordnung zum Handelsgesetzbuchs vom 30. De zember 1861 vorgeschrieben, daß der Betrieb einer Druckerei im Zweifel als ein handwerksmäßiger anzusehen sei, wenn derselbe nur mit einer Presse ausgeführt werde. Diese Bestimmung wird selbstverständlich für die in Frage stehenden Betriebe vom Standpunkte des Handelsgesetzbuches aus maßgebend bleiben, auch wenn die Fabrikmäßigkeit derselben im Sinne von Z 100 k. der Handwerkernovelle nicht anerkannt werden könnte. Falls zu der citierten Vorschrift des neuen Handelsgesetzbuches nicht etwa noch nähere Ausführungs bestimmungen getroffen werden sollten, dürfte dann nach dem Inkrafttreten desselben der Handelsrichter vom Stand punkte des Handelsgesetzbuches aus ebenso selbständig, wie die Verwaltungsbehörde vom Standpunkte des tz 100 k. der Handwerkernovelle aus, im einzelnen Falle zu prüfen haben, ob die Voraussetzung der fraglichen Bestimmung des Handels gesetzbuches vorliege. Daß dabei unter Umständen im ein zelnen Falle die Entscheidung der beiden Behörden bezüglich desselben Betriebes eine verschiedene sein kann, ist selbstver ständlich nicht ausgeschlossen. Dies wird aber kaum zu ver meiden sein, solange es nicht eine, für beide Gesetze giltige Definition des Begriffs der Fabrikmäßigkeit eines Gewerbe betriebes giebt, und solange die zur Entscheidung zuständigen Behörden verschiedenen Ressorts (Justiz und Verwaltung) angehören. Im übrigen betreiben die in Frage stehenden Firmen auch noch andere Geschäfte, die ihre Eigenschaft als Kauf leute begründen dürften. Ebenso wird die Frage des aktiven und passiven Wahl rechts der Inhaber der gedachten Betriebe zu den partikular rechtlichen Handels- oder Gewerbekammern durch die gegen wärtig zu treffende Entscheidung schon um deswillen nicht beeinflußt, weil es sich bei Beantwortung derselben um landes rechtliche, nicht reichsrechtliche Vorschriften handelt. Vergl. auch die Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern vom 18. April 1899 — zu 282, 307 und 316 III SrchSundjichzlgstrr Jahrgang. —, die Wahl des Buchdruckereibesitzers Mäser in Leipzig zur dasigen Gewerbekammer betreffend. Was nun die Frage anlangt, ob die Buchdruckerei betriebe der genannten Firmen als fabrikmäßige anzu sehen seien, so ist in der stadträtlichen Entscheidung vom 15. Februar mit Recht sestgestellt worden, daß weder in der Handwerker-Novelle noch sonst in der Reichsgewerbe ordnung der Begriff der Fabrik definiert worden ist, und daß deshalb in jedem einzelnen Falle zu prüfen ist, ob die anerkannten Merkmale einer Fabrik vorhanden sind oder nicht. In seinem Berichte vom 23. März d. I. meint der Stadtrat sodann allerdings, daß die subtilen Erörte rungen des Begriffs der Fabrikmäßigkeil gar nicht so sehr nötig seien, weil, wie er auf S. 6 seiner Enscheidung vom 15. Februar gezeigt habe, im Z 100 k. »fabrikmäßiger« Be trieb nichts weiter heiße als »Großbetrieb«. Während er an der gedachten Stelle seiner Entscheidung nur darauf Bezug nimmt, daß in den Reichstagsverhandlungen und in der Begründung des Handwerksgesetzes an verschiedenen, von ihm näher bezeichneten Stellen die Großindustriellen, die Inhaber von Großbetrieben u. s. w. gleichbedeutend mit Fabrikanten und Fabrikbesitzern genannt worden seien, kommt er also neuerdings zu der Ansicht, daß die Begriffe »fabrik mäßiger« Betrieb im Sinne des oft citierten Z 100 k. und »Großbetrieb« auch rechtlich identisch seien. Dem kann nicht beigetreten werden. Ein Großbetrieb, d. h. also ein großer Gewerbebetrieb, kann sehr wohl vorhanden sein, ohne daß derselbe zugleich auch ein fabrikmäßiger ist. Eine Schneider- oder Schuh macherwerkstätte mit 50 und mehr Gesellen wird man wohl als einen großen Betrieb bezeichnen müssen; derselbe dürfte aber, auch wenn etwa in ihm außerdem noch kaufmännische Buchführung u. s. w. eingeführt wäre, deshalb noch nicht als ein »fabrikmäßiger« im Sinne der gedachten Bestimmungen angesehen werden können, falls nicht etwa noch weitere Fabrikmerkmale, wie z. B. weitgehende Arbeitsteilung, Arbeiten auf Vorrat u. s. w., dazu kommen. Es giebt große Bau betriebe, in denen regelmäßig 100 Arbeiter und mehr mit der Ausführung von Bauten beschäftigt werden, ohne daß derselbe aufhört, ein Bauhandwerksbetrieb zu sein, und ihn etwa jemand als eine »Baufabrik« bezeichnen würde. Der Stadtrat hat in seinem Berichte als Beweis für die Richtig keit seiner Ansicht noch darauf Bezug genommen, daß im H 129, Abs. 4 der Handwerkernovelle der Ausdruck »Groß betrieb« ganz gleichbedeutend mit »Fabrik« gebraucht worden sei. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, so würde eben nur hier, sowie an den angezogenen Stellen bei den Reichs tagsverhandlungen über das Gesetz der Ausdruck »Großbetrieb« in der Bedeutung von »Fabrikbetrieb« ausnahmsweise ge braucht worden sein, daraus aber noch keineswegs folgen, daß beide Begriffe wirklich rechtlich gleich seien. Daß dies thatsächlich nicht der Fall sein kann, ergiebt sich übrigens auch schon daraus, daß es, wie wohl nicht bestritten werden kann, auch Fabriken giebt, die nicht Großbetriebe sind. Jedenfalls hätte, wenn unter der Bestimmung in Z 100 k., Abs. 1, Z. 1 einfach »Großbetriebe« gemeint sein sollten, dieser Aus druck gebraucht werden müssen, was aber eben nicht ge schehen ist. Der Stadtrat hat weiter in seinem angezogenen Berichte geltend gemacht, daß in der Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 31. Juli 1897, betreffend die Einrich tung und den Betrieb der Buchdruckereien und Schrift gießereien, unter I, Z. 13 im Abs. 2 Bestimmung getroffen worden ist, es seien die im Abs. 1 gedachten Vorschriften, wenn der Betrieb in der Regel mindestens 20 Arbeiter beschäftige, in die nach tz 134o der Gewerbeordnung er lassene Arbeitsordnung aufzunehmen. Der Stadtrat folgert 696