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116, 23. Mai 1899. Nichtamtlicher Teil. 3769 welche derartigen Geschäfte in Ihrem Bezirke sich mit dem Verkauf von Erzeugnissen des Buchhandels befassen? welche Erzeugnisse sie vertreiben? und zu welchem Preise sie dieselben verkaufen? Es scheint uns dieses alles von der größten Wichtigkeit für das weitere Verhalten des Sortiments. Endlich bitten wir Sie, auch der Verlegerschleuderei ein wachsames Auge zu schenken und jeden Fall sofort dem Vereinsausschuß, unter gleichzeitiger Bekanntgabe an uns, zur weiteren Verfolgung anzuzeigen. Haben Sie die Güte, der Erledigung dieses Schreibens, soweit notwendig, umgehend näher zu treten. Sollte ein Verein noch nicht den Bericht über seine letzte Hauptversammlung zum Abdruck in den Mitteilungen einge- sandt haben, so bitten wir darum, dies thunlichst sogleich nachzuholen; auch wären sonstige Artikel für den gleichen Zweck erwünscht. Mit kvllegialischer Begrüßung unterzeichnet sich hochachtungsvoll Der Vorstand des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine im Deutschen Buchhandel. Julius Zwitzler. Benno Goeritz. Hellmuth Wollermann. Ausstellung dänischer Bucheinbände. Der Direktion der Königlichen Kunstakademie in Leipzig ist es gelungen, eine Sammlung dänischer Buch einbände (ca. 130 Stück), die sich auf dem Wege zu der Internationalen Buchausstellung in München befindet, für einige Tage in der Aula der Akademie zur öffentlichen un entgeltlichen Ausstellung bringen zu können. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die jetzige Buch ausstattung sich in den Anfängen eines neuen, aufsteigcnden Entwickelungsganges befindet. Während andere Zweige des modernen Kunstgewerbes bereits die vorbildliche Stufenleiter der älteren Kunstepochen durchlaufen haben, steht das Buch gewerbe zumeist noch im Stadium der Nachbildung alter Vorbilder; es steht vor der Lösung von Aufgaben, deren Vortrefflichkeit und Notwendigkeit als Lehrmittel nicht ver kannt werden soll. Denn wer etwas Rechtes in irgend einem Zweige der Kunst schaffen will, der muß notwendiger weise seine Entwickelung kennen, muß wissen, was und wie auf dem betreffenden Gebiete in früheren Perioden geschaffen worden ist, um selbständig den eigenen Anschauungen künst lerischen Ausdruck geben zu können. Je mehr einer von dem alten Lehrstoff in sich ausgenommen hat, um so eher wird er demnach in der Lage sein, sich auf eigene Füße zu stellen, eigene Impulse zur That werden zu lassen. Sagte doch schon Cicero: »Nicht wissen, was vor deiner Zeit geschah, heißt allezeit ein Kind sein«. An dem Baume des deutschen Kunstgewerbes bildet die Buchausstattung einen kräftigen Zweig, an dessen starker Ent wickelung Leipzig einen hervorragenden Anteil hat. Soll dieser Zweig jedoch zu voller blühender Entfaltung gelangen, so muß Sorge getragen werden, daß die Kunst unter der maschinellen Produktion nicht Schaden leidet. Hiermit ist aber keineswegs gemeint, daß nun damit begonnen werden soll, die Verwendung der Dampfkraft aus dem Gewerbe zu verbannen oder gar die Maschinen zum Stillstand zu bringen. Von einem Verzicht auf die Errungenschaften der Maschinen technik kann bei der heutigen Produktionsweise, bei den jetzigen Anforderungen mr die kurze Lieferfrist großer Auf lagen, nicht die Rede sein. Was aber im Bereich der StchSunbltchzigster Jahrgani. Möglichkeit liegt und geschehen muß, das ist, zu verhindern, daß die Thätigkeit des Arbeiters durch die Maschinen völlig verdrängt wird. Um dies zu verhindern, muß der Handwerker mit Hilfe der Ausbildung in der Kunstkenntnis, der Förderung des Kunstsinns und des guten Geschmacks so unterstützt werden, daß seine Arbeit über die Leistung der Maschine erhoben wird. Fehlt es uns doch nicht an kunstverständigen Verlegern, fehlt es uns doch nicht an einem kaufkräftigen Publikum. Freilich muß auch bei dem letzteren der Begehr nach dem Besseren, dem Gediegenen und Künstlerischen, mit der Darbietung reiferer und schönerer Produkte, Hand in Hand gehen. Mehr als einmal ist bereits der Ausspruch gethan worden: daß der Grad der Kunstentwickelung eines Volkes auch den Grad seiner Bildung anzeige. Die Wahrheit dieses Satzes wird stets Geltung behalten. Und unser Publikum, das in mehr denn einer Richtung diese Erkenntnis bethätigt hat, wird auch auf dem Gebiete des Buchgewerbes die Bestrebungen der auf diesem Gebiete thätigen Kräfte zu fördern wissen. Wie groß der Unterschied zwischen der Arbeit des kunst- geübten Handwerkers und derjenigen der fühllosen Maschine ist, davon spricht die hier befindliche Ausstellung dänischer Bucheinbände recht vernehmlich. Welche Resultate weisen diese Arbeiten in der Handvergoldung und in Ledermosaik auf, welcher Geschmack zeigt sich in der Zusammenstellung der Farben, welche Kunstfertigkeit in den selbstgefertigten Vorsatz- und Deckenpapieren. Auf letzterem Gebiete hat sich besonders Anker - Kyster - Kopenhagen bethätigt. Er ver wendet hierbei u. a. nordische Motive reich verschlungener Bandornamente, Blumen und Blätter, die mitunter schein bar regellos die Fläche bedecken, teils symmetrisch an geordnet sind. Wie er aber auch die Lösung vornimmt, immer erscheint sie künstlerisch durchdacht und oftmals von bewun dernswerter Feinheit des Kolorits. Hervorragende Arbeiten der Ledermosaik bietet I. L. Flyge-Kopenhagen, von den: auch das bereits vor kurzem hier besprochene »Jubiläums-Album« für die Firma C. C- Milo in Odense herrührt. Einen höchst vornehmen Charakter tragen die Einbände aus Philipsens Verlag in Kopenhagen, von denen besonders der formvollendet gestaltete und fein gestimmte Einband der in zwei ver schiedenen Ausführungen vertretenen »Edda« hervorgehoben sein mag. Aus Schubotheske's Verlag sei der prächtigen Buchdecke zu Shakespeares »Sommernachtstraum« gedacht. Ferner sind mit vortrefflichen Arbeiten vertreten D. L. Elements Nachfolger (Immanuel Petersen), Reitzels Verlag, der »Verein für Buchhandwerk«, der »Buchhändler-Gehilfen - Verein«, der »Typographen-Verein« und der Nordische Verlag, sämtlich in Kopenhagen. Daß keineswegs alle Arbeiten auf gleicher Stufe künst lerischer Vollendung stehen, wollen wir jedoch gleichfalls nicht verschweigen. Es sind Stücke darunter, die teils einen recht zopfigen Charakter, andere wieder, die etwas Gesuchtes an sich tragen. Im allgemeinen zeichnet sich aber die Mehrzahl der Arbeiten durch das Maßvolle in der Formen- und Farben gebung aus. Von Künstlern, die Entwürfe zu diesen Buch einbänden geliefert haben, seien erwähnt: Thorwald Bindes- böll, Hans Tegner, Lorenz Froelich und Gerhard Heilmann. Es sei darauf aufmerksam gemacht, daß die Ausstellung noch bis zum 25. d. M., vormittags von 11—1 Uhr, zu besichtigen ist. Ernst Kiesling. Kleine Mitteilungen. Aus dem Antiquariat. — Die Bibliothek des t Herrn Geheimen Sanitätsrats vr. Hüllmann in Halle a. S. ist in den Besitz der Buchhandlung M. L H. Becker dort übergegangen. 503