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184, 11. August 1897. Nichtamtlicher Teil. 5675 in Gera, und A. Kullmann in Glauchau. Beide lernen be sonders Hand- und auch Preßvergolder an. Der Besuch dieser Schulen ist ein sehr lebhafter, denn ein geschickter Hand vergolder ist gesucht und wird gut bezahlt. Die von den beiden Lehranstalten ausgestellten in Leder ausgeführten Prachtbände mit Handvcrgoldung, auch mit Auflage bunten Leders, die Jubiläums- und Diplom-Mappen, Kassetten und Bilderrahmen in altdeutscher Ledcrarbeit weisen alle auf eine ernste und echt künstlerische Auffassung und Ausführung hin, die diese kunstgewerblichen Anstalten ihren Schülern bei zubringen suchen. — Die noch junge Firma Will). Thor- Westen in Weimar betreibt als Spezialität die Ausführung kunstgewerblicher Einbände, während Rehfeld L Resch in Dresden herrliche Lederarbeiten: Lehnstühle, Kassetten, Schreib- mappen re. Vorfahren. Bevor wir die graphischen Kunstanstalten, die, wie schon erwähnt, hier in der Mehrzahl vertreten sind, noch Revue passieren lassen, müssen wir noch auf einige andere Aussteller dieser Abteilung aufmerksam machen. Ernst Heitmann in Leipzig ist mit Erzeugnissen seiner Druckerei und mit Post karten- und Liebigbilder-Albums vertreten, die Buchdruckern und Schriftgießerei von W. Drug ulin in Leipzig hat in einem schmucken Schrank in orientalischem Stil orientalische Druckwerke, ferner Werke im Charakter der Renaissancezeit mit stilvollen Leisten und schließlich Stempel, Matern und Guß orientalischer Schriften, hierunter Originalmatrizen aus dem 17. Jahrhundert, zur Ausstellung gebracht. Mit der von ihm erfundenen neuen Buchdruckwalzenmasse »Carola«, die weder von Terpentin- noch Anilinfarben angegriffen oder zer stört wird, ist Karl Stich in Leipzig-Neustadt, und mit einem großen Accidenzregal, in drei Teile zerlegbar, mit abnehmbarem Stcgregal, Heinrich Wittig in Leipzig erschienen. Die Gravierkunst, die in ihrem Ursprung wohl so weit zurück zu verfolgen ist, wie unsere geschichtlichen Nachrichten überhaupt reichen, und jetzt in ausgedehntem Sinne viele Zweige umfaßt, wie das Steinschneiden, die Stempelschneide kunst, das Schriftschneiden, das Siegelstechen u. s. w., hat für alle Fächer in Leipzig und im Ausstellungsgebiet tüchtige und leistungsfähige Werkstätten aufzuweiscn. Den schon früher genannten Gravieranstalten reihen sich auf der rechten Seite noch an: E. u. H. Schüßlcr in Leipzig-R. (Gravüren und Zinkographieen für Buch- und Katalog-Einbände, für Luxus karten rc.), Emil Hermsdorf in Leipzig-Thonberg (desgl.), Weißbcck L Bechmann in Leipzig (Golddruckgravierungen, ins besondere Mcssingschriften und Figurenschnitte für die Ver- goldeprcsse), Ernst Pawlick in Nürnberg (Albumplatten, Platten für Luxuspapierfabrikation rc.), Wagner L Schmidt in Leipzig-N. (Stempel und Matrizen für Schnstgießereizwccke) und R. Ger- hold's Gravieranstalt in Leipzig, die mit ungefähr 90 Arbeitern Gravüren aller Art anfertigt und dementsprechend sehr reich haltig ausgestellt hat. Die zahlreichen von den Kunstanstalten Carl Abel, Rudolf Kötz, Emil Krell, Kaeseberg L Oertel und Otto Minde, sämtlich in Leipzig, zur Schau gebrachten Holzschnittabzüge zeigen die ausgebreitetc Verwendung des Holzschnittes, im weiteren Sinne auch eines Zweiges der Gravierkunst, nicht nur zu rein künstlerischen Zwecken, sondern auch dessen geeignete Heranziehung zur Illustrierung von merkantilen Drucksachen, Preisverzeichnissen re. Der Leipziger Tylographen-Verband, der sich die Aufgabe gestellt hat, das Publikum für den Holz schnitt zu interessieren und ihm den künstlerischen Wert des Holzschnittes gegenüber den photomechanischen Ncproduktionsoer- fahren vor Augen zu halten, hat einige sehr gefällige und sauber ausgeführte Proben des jüngsten deutschen Holzschnittes ausgehängt. Welchen ungeheuren Umfang das lithographische Kunstgewerbe mit seinen »Buntdrucken und Reklamearbeiten in der Jetztzeit angenommen hat, das kann man auf Schritt und Tritt in unserer Ausstellung bemerken. Kein Produzent kann der Reklame entraten, und die Lithographie ist die hauptsächliche Dienerin dieser. Kein Wunder daher, wenn in einer Jndustrie- und Bücherstadt wie Leipzig und in deren Umgebung dieser Zweig der graphischen Künste in höchster Blüte steht. Von den sorgfältig, oft mit 20 und mehr Farbenplatten ausge führten Plakaten — bei den neueren Plakat-Preisausschreiben wurde allerdings der Billigkeit wegen meistens eine bedeu tende Beschränkung der Farben zur Bedingung gemacht —, von den zierlichen Glückwunschkarten und Geschenkwerken kleiner Gattung, von den Bilderbogen, Bilderbüchern, Jugend- schriftcn bis zu den getreuesten Abbildungen in wissenschaft lichen (botanischen, chemischen, medizinischen) Werken, die in haarscharf passenden Farbenabtönungen mit größter Peinlich keit hergestellt werden müssen, — alles dies sind Arbeiten der Lithographie, die sie sich trotz des eifrigen Wettbewerbes der neueren photomechanischen Verfahren nicht so leicht ent reißen läßt. Man müßte ein kleines Adreßbuch der lithographischen Anstalten hier niederschreibcn, wollte man alle die Aussteller, die hier mit mehr oder weniger kunstvollen lithographischen Arbeiten erschienen sind, namhaft machen. Ebenso würde es uns gehen, wenn wir all die Finnen kurz erwähnen wollten, die sich die verschiedenen photomechanischen Druckverfahren nutzbar gemacht haben und damit dem Buchgewerbe schätzbare Dienste leisten, dem Kunstfreund aber eine Menge von wirklich schönen Bildern zu billigen Preisen liefern. Nur einzelnes können wir er wähnen, im übrigen müssen wir auf den Katalog der Buch gewerblichen Kollektiv-Ausstellung verweisen, der von jeder einzelnen Firma, die sich der Kollektivausstellung angeschlossen hat, oft in meisterhafter kurzer Fassung, das Wissensiverteste mitteilt. Die Lithographische Kunstanstalt von August Kürth in Leipzig glänzt mit farbenreichen, durch ihre Sauber keit auffallenden sogenannten Porzellandrucken, die Geraer Kunstanstalt für Lithographie und Druckerei Ernst Günther mit einer Reihe chromolithographischer Tafeln für Handel und Gewerbe, besonders botanischer Abbildungen für Gärtnereien, Liebich L Kuntze in Leipzig-Reudnitz unter anderen mit den Liebig-Bildern, Chromolithographieen, die so schön sind, daß sie jetzt eifrig gesammelt werden. Trommer L Grund mann in Leipzig haben das wirkungsvolle Plakat zur Ost afrikanischen Ausstellung in Leipzig geliefert und sich dadurch in weiten Kreisen bekannt gemacht. Aus der Anstalt von Louis Glaser in Leipzig, der eine kaum übersehbare Kol lektion von Ansichts-Postkarten, Rciseerinnerungen, Reklame- kartcn rc. geschmackvoll ausgelegt hat, gingen die offiziellen Ausstellungs-Postkarten hervor, die, täglich in vielen Hunderten von Exemplaren versandt, die landschaftliche und architek tonische Schönheit der Leipziger Ausstellung auch in der Ferne bekannt machen und bei ihrer prächtigen Ausführung eine sehr gute Reklame sowohl für die Ausstellung als auch für die ausführende Firma sind. Auch unsere Nachbarstadt und Residenz Dresden ist in dieser Abteilung sehr vorteilhaft vertreten, wie z. B. durch Ncnke L Ostermaier (Farbenphotographieen, Atlas der Alpen flora u. s. w ), Theodor Beyer (moderne Plakate), Stengel L Markert (Lichtdrucke); Naumburg hat Carl Becker mit Licht drucken verschiedener Art (eigene Aufnahmen) und Chemnitz die Firma Körner L Lauterbach mit ihrer Spezialität: litho graphische Ausstattungen für die Strumpf- und Handschuh branche, Nürnberg den Privatlithographen C. Dendtel mit chromolithographischen Arbeiten und endlich Alten bürg die Firma Richard Nestler mit gleichen guten Erzeugnissen nach Leipzig zum Wettstreit gesandt. Bei jeder einzelnen der durch ihre hervorragenden Leistungen auf dem Gebiete des 759'