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148, 30. Juni 1897. Nichtamtlicher Teil. 4731 Oesterreich an das Sekretariat des Institutes: Wien, III, Hauptstraße 6) zu adressieren. 4. Die schriftlich abgefaßten Referate werden vor der Konferenz verteilt und ihre Schlußanträge in Verhandlung gestellt werden. Sie müssen vor dem 1. Juli beim Ausschuß des Institutes einlangen. Anzeigen von etwa auf der Kon ferenz abzuhaltenden Vorträgen müssen ebenfalls vor diesem Tage bei dem Ausschüsse einlangen. 5. Die schriftlichen Referate, die mündlichen Vorträge und das Protokoll der Verhandlungen werden veröffentlicht werden. 6. Französisch, Deutsch und Englisch werden die offiziellen Sprachen der Konferenz sein. 7. Auch diejenigen, welche nicht dem internationalen In stitut für Bibliographie angehören, sich aber für die auf dem Programm stehenden Fragen interessieren, können an der Konferenz teilnehmen. Ihr Beitrag ist mit 20 Frcs. festgesetzt, und sie werden alle Veröffentlichungen der Konferenz erhalten. Zum ersten Punkt des Programmes hat das »Olims lntsrnLtiovs.1 äs Libliograpbis« folgende Mitteilung verlautbart: »Stand der Bibliographie in den einzelnen Ländern und Wissenschaften. Diese Frage, die auf dem Programm der nächsten bibliographischen Konferenz von Brüssel steht, muß die Aufmerksamkeit der Bibliographen der einzelnen Länder ganz besonders auf sich ziehen. Es ist sehr wünschenswert, daß über diese doppelte Frage sowohl durch Männer, die sich mit der Bibliographie besonderer Wissen schaften beschäftigen, als auch durch solche, die sich mit natio naler Bibliographie befassen, Referate vorgelegt werden Es ist dies eine Art allgemeiner Enquete, deren Resultate des Interesses nicht ermangeln werden, wenn sie einheitlich abge- saßt und methodisch gesammelt erscheinen.« Es wird vorgeschlagen, die folgenden Punkte zu erörtern: »1. Hinsichtlich der Bibliographie in den ein zelnen Ländern: Statistik der Schriften und Artikel in Zeitschriften (vergl. insbesondere bezüglich der Form dieser Statistik das Uullstiu äs I'Ivstitut international äs lliblio- qrapbis 1896, Seite 317). Bestimmungen über Pflichtexem plare und ihr Verhältnis zur Bibliographie. Anführung und Beschreibung der wichtigsten, regelmäßig erscheinenden oder erschienenen nationalen Bibliographieen. Aufzählung der wich tigsten bibliographischen Hilfsmittel, die die Veröffentlichungen in dem betreffenden Lande enthalten. In dem betreffenden Lande allgemein anerkannte bibliographische Regeln zur Her stellung bibliographischer Titelkopieen. Allgemein anerkannte Klassifikation. Einrichtung von Bibliographieen, die inter essante Eigentümlichkeiten bieten. Wissenschaftliche Ver einigungen, die sich mit Bibliographie beschäftigen. Stellung der Regierung zur Bibliographie. Mitwirkung der Verleger, der wissenschaftlichen Gesellschaften und der Regierung an der Bibliographie. Interessante Versuche, die Bibliographie zu organisieren « »2. Hinsichtlich der Bibliographieen besonderer Wissenschaften vom internationalen Standpunkt betrachtet: Dieselben Punkte wie oben und außerdem die Beschlüsse allgemeiner Kongresse oder besonderer Gesellschaften bezüglich der Bezeichnungen, Einteilung, Bearbeitung, Citierart und der Bibliographie der betreffenden Wissenschaften.« — Das hier gesammelte Material wird aber nur gewisser maßen historisches Interesse haben. Denn, soll das allgemeine bibliographische Repertorium seine Aufgabe erfüllen, und damit gehen wir zum zweiten Punkt der Tagesordnung über, soll es eine thatsächlich vollständige nach Wissenszweigen ge ordnete Uebersicht der durch den Druck vervielfältigten Geisteserzeugnisse gewähren, so muß bei seiner Ausarbeitung von allen bestehenden Bibliographieen unbedingt abge sehen werden. Denn wohl keines der bibliographischen Hand bücher ist vollständig, und wenige nur sind fehlerfrei. Die Mühe, die Lücken zu ergänzen und Jrrtümer zu berichtigen, ist aber nicht geringer als die Arbeit, von Grund auf noch mals zu beginnen. Ein Beispiel. Man nehme eine der besten Spezialbibliographieen: Goedekes Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Die Aufsätze einer ganzen Reihe von Fachblättern sind darin verzeichnet, Zeitschrift für deutsches Alterthum, Zeitschrift für deutsche Philologie re.; keine aber ist so vollständig excerpiert, daß sich nicht Aufsätze darin fänden, die im Grundriß noch nicht, oder nicht an allen Stellen, wo sie eigentlich genannt werden sollten, verzeichnet sind. Die Mühe nun, eine solche Zeitschrift von H. bis 2 durch zugehen und durch beständige Vergleichung zu ermitteln, ob eine Abhandlung im Goedeke angeführt ist oder nicht, um nur die nichtverzeichneten herauszuheben, ist — wie jeder, der bibliographisch gearbeitet hat, bestätigen wird — nicht nur nicht geringer, sondern gewiß doppelt so groß, als die sämtlichen Aufsätze nochmals, unabhängig von dem Hand buche, bibliographisch zu verzeichnen Dieses Beispiel läßt sich auf alle anderen Bibliographieen anwenden. Es hat daher gar keinen Nutzen, beispielsweise einen Bibliothekskatalog zu zerschneiden oder abzuschreiben und die einzelnen Titel schon als Bestandteile des Repertoriums anzuordnen. Dieselben Titel werden sich in hundert anderen Katalogen finden; aber die fehlenden wird man vielleicht nur durch Zufall oder gar nicht finden. Um also Vollständigkeit des bibliographischen Repertoriums zu erzielen, muß der Grundsatz festgehalten werden, von allen vorhandenen bibliographischen Hilfsmitteln abzusehen und einzig auf Grund der vorhandenen Druckwerke die Verzeichnung vorzunehmen, ein Grund satz, durch den bekanntlich die deutsche Bibliographie, haupt sächlich die seit nunmehr fast hundert Jahren von der Hin- richs'schen Buchhandlung vorgenommene, zu solchem Ansehen gelangt ist. Die Verzeichnung wird auch nicht nach Wissen schaften getrennt erfolgen dürfen, da die Grenzen zwischen diesen schwankend und irreführend sind, sondern einzig und allein nach geographisch begrenzten Bezirken. Man wird da, von einem Studium des^Pflichtexemplarzwanges ausgehend, alle in Frankreich erschienenen Bücher in der Pariser Nationalbibliothek, alle in Preußen gedruckten Werke in der königlichen Bibliothek in Berlin verzeichnen. Auch für die übrigen Länder, wo die Abgabe von Pflichtexemplaren aufgehoben ist, wird man, aus gehend von der Anschauung, daß bis zu einem bestimmten Ausmaße der größte Teil der im Lande gedruckten Bücher in diesem auch vorhanden ist, bestimmte Kreise ziehen, in denen die Verzeichnung der ausschließlich innerhalb derselben erschiene nen Litteratur vor sich gehen soll. Besteht auch in Sachsen kein Pflichtexemplarzwang, so ist es doch wahrscheinlich, daß der weitaus größte Teil der hier gedruckten und verlegten Werke sich in den Leipziger oder Dresdner Bibliotheken befindet.*) Es wird die wichtigste Aufgabe der nächsten Zeit bilden, durch genaues Studium solche Arbeitskreise herzustellen, die ja auch nur für einen bestimmten Zeitraum Geltung haben, dessen Dauer von den politischen Veränderungen der Vergangen heit abhängig ist. Die in den einzelnen geographischen Be zirken gesammelten Titelcopien werden dann, in einer Centrale *) Um Mißdeutungen vorzubeugcn, sei bemerkt, daß der Ver fasser dieses Aufsatzes durchaus auf dem Standpunkt Frankes (Die Abgabe der Pflichtexemplare von Druckerzeugnissen. Samm lung bibliothekswissenschaftlicher Arbeiten. Ul. Berlin 1889 x. 198 f.) steht, d. h. der Ansicht ist, der Verleger habe die Pflicht, von jeder Druckschrift ein Exemplar unaufgefordert abzuliefern, das aber, sobald es einen bestimmten Verkaufswert hat, zum vollen oder wenigstens zum Herstellungspreise von den staatlichen Anstalten vergütet werden müßte. 364*