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138, 18. Juni 1897. Nichtamtlicher Teil. 4435 kommende Schriften berücksichtigen. In der ziemlich leb haften Debatte, die sich an diesen Antrag anschloß, wurde wohl hervorgehobcn, daß bei der Zahl der schon bestehenden Bibliogrnphiecn in polnischer, böhmischer und kroatischer Sprache, sowie bei dem Umstand, daß doch fast alle in den Handel gelangenden Bücher deutscher Sprache in den Hin- richs'schen Verzeichnissen Aufnahme fänden, dieses Unter nehmen einerseits überflüssig erscheine, anderseits auch keine Aussicht auf größeren Absatz habe; doch da eine hervorragende Wiener Verlagsbuchhandlung sich zur Verlagsübernahme des Werkes bereit erklärt hatte, so daß eine Beanspruchung der Vereinsmittel durchaus nicht stattfinden sollte, wurde der Antrag des Ausschusses mit überwiegender Stimmenmehrheit genehmigt. Ein weiterer sehr dankbar zu begrüßender Vorschlag war die Herausgabe von »Mittheilungen«, die vorläufig in bescheidenem Umfange vier- bis sechsmal jährlich er scheinen sollen Ohne daß diese »Mittheilungen« auf denRang einer bibliothekswissenschaftlichen Zeitschrift Anspruch machen oder gar als Konkurrenzunternehmen zu einer solchen gedacht sind, werden sie vielmehr zur Entlastung der bestehenden Fach blätter dienen und durch Referate und Aussätze ihr Scherflein zum Ausbau der Bibliothekswissenschaft beitragen. Ur. F Eichler aus Graz beantragte die Beteiligung des Vereins an der Sektion für Schrift-, Buch- und Bibliotheks wesen des im Herbst d. I. zu Dresden stattfindenden Philologen- und Schulmännertages. Da einerseits das Programm dieser Sektion noch unbekannt war, anderseits die Erfahrungen, die man mit Angliederung kleiner Sektionen an Hauptversamm lungen bisher gemacht hatte, nicht die besten waren, konnte man vorläufig sich nicht für die Annahme dieses Antrages entschließen. Dabei wurde aber nochmals betont, daß eine internationale Vereinigung von Bibliothekaren äußerst wünschens wert sei. Angenommen wurde der Antrag vr. Ortners aus Klagenfurt auf Schaffung einer Sammlung der technischen Hilfsmittel zum Bibliotheksbetriebe (als Grundstock eines Bibliotheksmuseums) ebenso der Antrag P. Kinters aus Raigern, der Verein möge Angebote von seltenen Werken, die den größeren Bibliotheken gemacht würden, in den »Mit theilungen« des Vereins veröffentlichen, um dadurch die Bibliotheken, speziell die in den kleineren Orten auf dem Laufenden über die Preisbewegung zu erhalten. Schließlich wurde auch der Antrag des Sekretärs des InNitnt International äs Libliogrspbis in Brüssel, Herrn Karl Junkers, angenommen, dahin lautend, der Verein für österreichisches Bibliothekswesen erachtet es für sehr wünschenswert, daß allen künftig erscheinenden Schriften je drei gedruckte Titel- kopieen zu Katalogzwecken beigelegt würden, und ersucht den Vorstand, auf die Verwirklichung dieses Vorschlages seitens der österreichischen und der deutschen Buchhändler in ge eigneter Weise einzuwirken. Dies ist in kurzen Zügen die Geschichte des Vereins für österreichisches Bibliothekswesen, dessen Thätigkeit schon im ersten Jahre, wie aus den angeführten Daten hervorgeht, gewiß eine fruchtbringende zu nennen ist. Für diese Thätig keit ist aber noch ein großes Feld offen. Das österreichische Bibliothekswesen, das in früheren Jahrzehnten vielfach ver nachlässigt worden ist, den Forderungen der Gegenwart ent sprechend auszugestalten, ist nicht leicht. Vor allem wird es sich darum handeln, eine bedeutende Erhöhung der den einzelnen Anstalten zur Verfügung stehenden Dotation, deren kärglich bemessener Umfang oben angedeutet wurde, zu er zielen. Eine Vermehrung des Beamtenpersonals wird nicht nur die Führung der Geschäfte, sondern auch die Umarbeitung und Vollendung der Kataloge, bezw. die Neuanlage solcher, wesentlich erleichtern und beschleunigen. Bibliotheken ohne Realkataloge sind, wie Frederic Vinton gesagt hat (l-idrarzr llournai III. S. 49 u. folg), die Grab stätten des Wissens, in denen Tausende und Tausende von Büchern verborgen liegen, weil niemand von ihrem Vor handensein eine Ahnung hat. Und diese Realkataloge fehlen noch in den meisten Bibliotheken Oesterreichs. Die Stadt bibliothek in Wien besitzt einen vollständig ausgeführten, der leider nicht allgemein zugänglich ist. In der k. k. Hofbiblw- thek ist ein derartiger Fachkatalog in der Ausarbeitung be griffen, der, wiewohl nach einem veralteten System angelegt, dessen Annahme durch die umfassenden, seit Dezennien be triebenen Vorarbeiten bedingt war, doch, nach den bisher vollendeten Teilen zu schließen, auch weitgehende An forderungen zu befriedigen imstande ist. Die Wiener Uni versitätsbibliothek ist vorläufig noch mit der Neukatalogisierung der älteren Bestände beschäftigt. Daran wird sich die Um arbeitung des alphabetischen Band-Kataloges schließen. Weiters würde durch Einführung der bibliothekarischen Fachprüfungen den österreichischen Bibliotheken ein geschultes Personal und mit Eifer ihrem Beruf obliegende Beamte, die den Bibliotheks dienst nicht als vorübergehende Stellung, als die Vorstufe zu einer Professur arischen, gesichert werden Mit der Hebung des Bibliothekswesens würde auch der wissenschaftliche Be trieb gefördert und gemehrt werden, es würde vielleicht auch der österreichische Verlagsbuchhändler, der bisher von den Segnungen reger wissenschaftlicher Thätigkeit, insbesondere auf dem Gebiete der humanistischen Fächer, verhältnismäßig wenig verspürt, unterstützt und gekräftigt werden. So stehen dem Vereine für österreichisches Bibliothekswesen noch große Aufgaben, aber mit Erfüllung dieser auch ein schöner Lohn bevor. H. U. ä. Kleine Mitteilungen. Der Grobe-Unfug-Paragraph (St.-G.-B. 8 380, Zifs. 11) und die Presse. — Zu diesem Thema wird der -Allgemeinen Zeitung, geschrieben: -Von den Beschlüssen des Leipziger Journalisten- und Schrift- stellertagcs dürfte der auf eine Erläuterung des Strafgesetzpara graphen über den groben Unfug bezügliche wohl praklisch am meisten Bedeutung haben, da die an sich durchaus gerechtfertigte Forde- rung wegen des Strafvollzugs bei wegen Preßvergehen verur teilten Personen, so lange das Reich den Strafvollzug nicht von sich aus regelt, lediglich für die Einzelregierungcn in Betracht kommt. Mit dem Vorschlag, die Anwendbarkeit des Unsugs- paragraphen und Unfugsbegriffs auf den Inhalt von Druck schriften vollständig auszuschließen, sind auch die juristischen Kreise zum größten Teil einverstanden, allerdings mit der Einschränkung, daß die besondere Art der Bekanntmachimg einer Druckschrift, des Anschlags oder Anhestens derselben als grober Unfug betrachtet und bestraft werden kann. Diese Einschränkung ist ebenso selbstverständlich wie notwendig, und es wäre viel leicht richtiger gewesen, wenn der Journalisten- und Schrift stellertag sie ebenfalls ausdrücklich erwähnt hätte, da sonst das Mißverständnis immerhin möglich ist, daß die Versammlung auch unter dieser Voraussetzung die Anwendung des Paragraphen beanstande. Ob die Aussichten für eine baldige Erfüllung dieser Forderung als günstig bezeichnet werden können, dürfte zweifelhaft sein. Unsres Erachtens werden die verbündeten Regierungen kaum gewillt sein, auf eine Handhabe zum Einschreiten gegen die Presse in zahlreichen Fällen zu verzichten, sofern man ihnen nicht durch eine Verschärfung des Preßgesetzes einen Ersatz hierfür bietet; daß aber hieran nicht zu denken ist, bedarf keiner Begründung. Es wäre übrigens schon ein Fortschritt und eine Wendung zum Bessern, wenn das Beispiel des preußischen Justizministers befolgt würde, der bekanntlich in einem Rundschreiben die Staats anwaltschaften angewiesen hat, bei der Verfolgung der Presse unter dem Gesichtspunkt des groben Unfugs recht vorsichtig zu sein; allerdings scheint es, als ob die Staatsanwaltschaften diese Weisung nicht durchaus so beachteten, wie die seit langer Zeit schon bekannte Thatsachc nur bestätigt, daß eine Anweisung nicht genügt, sondern regelmäßig eine weitere des Inhalts erforderlich ist, daß die erste auch befolgt werden solle.- Fortschritte im Reproduktionsverfahren. — Die Kunst der Illustration auf dem Wege der photomechanischen Reproduktion 594*