Volltext Seite (XML)
1462 Amtlicher Teil. M 45, 24. Februar 1897. Uebrigens halte er es für wünschenswert, solche Lese bücher zu bevorzugen, die im Verlage größerer und finanziell gut situierter Firmen erschienen wären, um, wenn textliche Aenderungen oder sonstige Opfer von seiten des Verlegers nötig werden sollten, damit keine Schwierigkeiten zu haben. Damit sei jedoch nicht gesagt, daß, wenn eine kleine Firma ein wirklich gutes Lesebuch verlegt, seine Einführung aus diesem Grunde nicht erfolgen werde. Besonders hob Herr Gcheimrat Küglcr sodann noch her vor, daß eine Monopolisierung der Volksschullesebücher, die bei bestimmten Firmen erschienen seien, durchaus nicht in seinen Absichten liege. Zum Schluß bemerkte er, daß eine Antwort auf die Eingabe nicht erfolgen werde, da grundsätzlich Eingaben von Korporationen, Vereinen rc. von der Beantwortung aus geschlossen seien. Als Ersatz dafür möge eine Verfügung dienen, die demnächst bezüglich der Volksschullesebücher er lassen werden würde. Herr Geheimrat Kügler, der sich in der Lesebücher- Angelegenheit sehr unterrichtet zeigte, erteilte seine Geneh migung, über die Unterredung einen Bericht zu erstatten und zu veröffentlichen. Anlage. Hochgebietender Herr Ministerl Der gehorsamst Unterzeichnete Vorstand des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig bittet um die Erlaubnis, Eurer Excelle'nz folgendes zur hochgeneigten Erwägung und gefälligen Berücksichtigung vortragen zu dürfen. In dem amtlichen »Schulblatte für den Regierungsbezirk Arnsberg« Nr. 8 vom 4. August 1896 ist die nachfolgende Verfügung veröffentlicht: »Mit Genehmigung des Herrn Unterrichtsministers ordnen wir hierdurch an, daß das in unserem Austrage herausgegebene Lesebuch für evangelische Schulen (Verlag von Velhagen L Klasing) in allen evange lischen Volksschulen unseres Verwaltungsbezirks zum Ersatz aller bisher dort gebrauchter Lesebücher mit dem Beginn des Schuljahres 1897/98 zur Einführung gelangt.« — Dasselbe Buch soll, wie wir hören, auch für den Regierungs bezirk Minden bearbeitet werden und dürfte dann auch für diesen Bezirk eine zwangsweise Einführung zu gewärtigen sein. In gleicher Weise hat die Königliche Regierung zu Stettin unterm 20. Mai v. Js. die Einführung des Bockschen Lesebuches (Verlag von Ferd. Hirt k Sohn in Breslau und Leipzig) angeordnet und veranlaßt damit die Schulen des ganzen Bezirkes zu einer zwangsweisen Einführung eines von der preußischen Lehrerschaft vielfach nicht gewünschten Lehr mittels. Aehnliche Verfügungen liegen für die Regierungs bezirke Düsseldorf, Köslin und Stralsund vor, desgleichen in den Provinzen Schlesien und Posen, auch soll, nach Berichten von gut informierter Stelle, die Provinz Schleswig-Holstein gleichfalls mit dem Bock-Hirtschen Lesebuche bedacht werden. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß durch solche Zwangsbestimmungen seitens höherer Unterrichtsverwaltungen geradezu Monopole dekretiert werden, die nach früheren Kundgebungen des Hohen Königlich Preußischen Kultus ministeriums durchaus nicht im Sinne und der Absicht desselben liegen dürften, Monopole, deren Erträgnisse nur einigen Bevorzugten zugute kommen, der freien Konkurrenz aber, die doch auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens ihr Gutes geschaffen, vollständig die Adern unterbinden würden. Ist auch durch den hohen Erlaß Eurer Excellenz vom 24. August 1893 (v. III 2215) »ein Hinwirken auf thun- lichste Einheitlichkeit der Volksschullesebücher, wenigstens für einen und denselben Bezirk« angeordnet worden, so dürste mit diesem Erlaß wohl kaum bezweckt sein, daß dieser Ein heitlichkeit zu Liebe Lesebücher besonders neu angefertigt und andere im Gebrauche befindliche, gut bewährte zu Gunsten dieser ganz neuen, noch unerprobten zwangsweise vollständig ausgeführt werden sollen! Zu dieser Annahme ist der gehorsamst Unterzeichnete umsomehr berechtigt, als ihm ein von Eurer Excellenz Unter zeichneter Bescheid aus dem Jahre 1892 vorliegt, in welchem es ausdrücklich heißt: »daß im Hohen Ministerium der stark befestigte Grundsatz maßgebend sei, im Interesse der Eltern von Schulkindern einem unnötigen Zuwachs und Wechseln der Lehrmittel besonders dadurch entgegenzutreten, daß die Genehmigung zur Einführung neuer Schulbücher da von vorn herein versagt wird, wo nach dem Urteile der Schulaufsichts behörden das Bedürfnis einer Neuerung nicht hinreichend be gründet ist«. Die Beweggründe dieses ministeriellen Bescheides sind mit der Verfügung der Arnsberger Regierung schwer in Ein klang zu bringen; ähnlich liegt es aber auch in den anderen umstehend bezeichneten Provinzen. Als an den Herrn Amtsvorgänger Eurer Excellenz, den Herrn Staatsminister Grasen von Zedlitz - Trützschler, in der 26. Sitzung des Preußischen Abgeordnetenhauses vom 7. März 1892 die Anfrage gerichtet wurde, »ob der Herr Unterrichts minister (wie die Zeitungen berichteten) wirklich die Volksschul- lesebücher zu verstaatlichen trachte«, erwiderte der Herr Graf: »ein solcher Unsinn ist mir noch niemals in den Sinn gekommen, aber auch meine Vorgänger, auch meine verehrten Herren Mitarbeiter haben niemals einen Gedanken gehegt, der das zum Ausdruck bringen könnte«. Ferner betonte Herr Graf von Zedlitz-Trützschlcr ganz besonders: »der freien Thätigkeit auf diesem Gebiete (der Produktion von Volksschullesebüchern) wollen wir in keiner Weise einen Hemntschuh anlegenl« Sollten sich jetzt die Ansichten im Hohen Königlich Preußischen Kultusministerium derart geändert haben, daß man nun doch Provinz Monopole für diese Art von Lehr mitteln schaffen will?! Es würde dies aus den ver schiedensten Gründen zu beklagen sein. Es gestattet sich deshalb der ergebenst Unterzeichnete Vorstand die ganz ge horsamste Bitte: »die Frage einer solchen provinziellen Monopolisierung der Volksschullesebücher, wie sie durch die neuerlichen Anord nungen verschiedener Königlicher Regierungen in die Erschei nung tritt, nochmals in Erwägung ziehen zu wollen, und, wenn irgend angängig, im Sinne einer freien Konkurrenz auf diesem Gebiete zu entscheiden«. Leipzig, 1. Februar 1897. Eurer Excellenz gehorsamster Der Vorstand des Lörsenvereiils der Dknlschrii Buchhändler. (gez.) Johannes Stettner, II. Vorsteher. Erschienene Ncnigkcilen -es deutschen Buchhandels. (Mitgeteilt von der I. C. Hinrichs'schen Buchhandlung.) ° vor dem Titel — ohne Aufdruck der Firma des Einsenders ans dem betr. Buche. si vor dem Preise — nur mit Angabe eines Nettopreises eingeschickt. Die mit n. vorgezeichneten Preise der Verleger müssen im Auslande zum Teil erhöht werden, die mit n.n. und u.u.n. bezeichneten auch im Jnlande. Preise in Mark und Pfennigen. Julius Becker in Berlin. lllarrraolr, L.: klnlipp Nslaueütbou. ^lraclsmievbg I'sstrscks. gr. 4''. (22 8.) v. -. 75