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120, 28. Mm 1890. Amtlicher Teil. 2845 einen richtigen Blick gehabt, als ich voriges Jahr sagte: Ich kann die Wahl zum ersten Vorsteher nur dann annehmen, wenn Herr vr. Brockhaus an meine Seite tritt. Auch heute erkläre ich seine Wahlannahme als eine Bedingung sür die weinige. Meine Herren! Der Vorstand hat im abgelausencn Jahr sicher, sest, aber maßvoll und mit der durch die Umstände gebotenen Vorsicht seines Amtes gewaltet. Er wird auch im künftigen Jahr so fortfabrcn. Wir verhehlen uns die Schwierig keiten nicht, mit denen wir zu kämpfen haben; wir wissen ganz genau, daß noch große offene und geheime Gegnerschaften zu überwinden sind; aber, meine Herren, wir vertrauen fest aus den endlichen Sieg unserer Sache. Und zwar nicht etwa des halb, weil wir von den äußeren Zwangsmaßregeln, die wir verhängen können, allzu große Erfolge uns versprechen, sondern wegen der inneren Richtigkeit und Gerechtigkeit des in unsere Satzungen ausgenommencn Prinzips, wegen der Thalsache, daß die Durchführung dieses Prinzips im wohlverstandenen Interesse Aller liegt, selbst derjenigen, welche heutzutage noch glauben, daß ihre Interessen durch dasselbe geschädigt werden. (Bravo.) — Meine Herren! In diesem Sinne nehme ich die auf mich gefallene Wiederwahl dankend an. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen) Herr Franz Wagner-Leipzig: Nach dieser Erklärung begrüße ich unseren Herrn Adolf Kröner als wiedergewählten ersten Vorsteher und fühle mich verpflichtet, im Namen des Börscnvcrcins und zugleich im Namen des deutschen Buch handels ihm sür diesen Entschluß zu danken. Wir danken ihm doppelt, daß er es über sich gewonnen hat, bei den fast erdrückenden eigenen Geschäflsverhältnissen das mühevolle Amt aufs neue zu übernehmen. Wir gehen nun zum Wahlergebnis des zweiten Vorstehers über. Es sind 633 Stimmen auf Herrn I)r. Eduard Brockhaus in Leipzig gefallen, und ich habe an denselben die Frage zu richten, ob er geneigt ist, die Wahl anzunehmen. Herr vr. Eduard Brockhaus-Leipzig: Meine Herren! Ich sage Ihnen den herzlichsten Dank sür den Beweis großen Vertrauens, welchen Sie mir auch heute durch die zahlreichen Stimmen, welche auf mich gefallen sind, wieder erwiesen haben. Auch ich fühle mich verpflichtet, vor der Erklärung über die Annahme der Wahl einige Worte an Sie zu richten. Wie mein Herr Vorredner Ihnen schon mitgeteilt hat, war es eine schwierige Lage, in der wir an die Spitze des Börsenvereins traten, und auch ich war zweifelhaft, ob ich länger in dieser Stellung bleiben könnte, ob meine Ueberzeu- gungen, die dieselben sind wie seit langen Jahren, mir gestalten und mir ermöglichen würden, dieses Amt fortzuführen. Zu meiner großen Freude habe ich gefunden, daß ich in allen Hauptsachen mit meinen Kollegen und speziell mit dem ersten Vorsteher vollständig übereinstimme, nicht nur in dem Ziele, sondern auch in den, Wege zu dem Ziele, dein wir zuzusteuern wünschen, und so. meine Herren, da ich diese Ueberzeugung gewonnen habe, fühle ich mich zu der Erklärung verpflichtet, auch diesmal die Wahl wieder anzunehmen und dieses Amt zu verwalten, so lange ich das Vertrauen derer genieße, die mich gewählt haben, und so lange meine persönlichen Verhältnisse mir das nicht unmöglich machen sollten. In diesem Sinne, meine Herren, nehme ich die Wahl dankbar an. (Lebhaftes Bravo und Händeklatschen.) Herr Franz Wagner-Leipzig: Wir alle danken Herrn vr. Brockhaus für die Erklärung der Annahme. Wir wissen es sehr zu schätzen, daß er die Wahl annimmt bei den eigenen überaus umfangreichen Geschäftsverhältnissen. — Die Ermittelung der übrigen Wahlergebnisse ist noch nicht vollendet, darüber wird Ihnen später Mitteilung gemacht werden. Sollte das Ergebnis erst nach Schluß der Versammlung festgestellt werden, so werden Sie dasselbe durch das Börsenblatt erfahren. — (Herr Vorsteher Adolf Kröner-Stuttgart übernimmt wieder den Vorsitz.) Vorsitzender: Meine Herren! Wir gehen zu Punkt 5 der Tagesordnung über, dem Antrag des Vorstandes: Die Hauptversammlung wolle die aus den Beratungen des Börsenblatt - Ausschusses und des Nechnungs- Aus schusses hervorgegangenen und im Börsenblatt vom 2. April d. I. (Nr. 76) abgedruckien -Bestimmungen, das Börsenblatt und seine Verwaltung betreffend« nach 8 38 der Satzungen genehmigen. Ich erteile dem Referenten Herrn Rob. Voigtländer das Wort. Herr Robert Voigtländer-Leipzig: Meine Herren! Von der Tagesordnung der vorjährigen Hauptversammlung wurde die Beratung des schon damals vorgcleglen Entwurfs neuer Bestimmungen für das Börsenblatt bekannftich abgesetzt. — Der vorjährige Entwurf war durch das Bedürfnis veranlaßt, die alten, etwas umfänglichen Bestimmungen von 1881 zu vereinfachen und, wo nötig, mit den neuen Satzungen in Einklang zu bringen. — Der nunmehrige Vorstand hatte den Börsenblatt-Ausschuß beauftragt, eine erneute Durchsicht des Entwurfs vorzunehmen. Das Ergebnis der Beratungen des Börsenblatt- und Rechnungs-Ausschusses und des Vorstandes liegt Ihnen nun zur Beschlußfassung vor. — Wenngleich im Vorjahre der Entwurf nicht zur Beratung in der Hauptversammlung gelangte, so fanden doch bezügliche Erörterungen in der Abgeordnetenversammlung statt. Die dort erhobenen Einwendungen haben wir möglichst zu berücksichtigen gesucht. So schlagen wir, im Gegensatz zu dem vorigen Entwurf, Ihnen vor, doch bei dem eingebürgerten und einfachen Titel »Börsen blatt« zu bleiben. Eine andere Bestimmung des vorjährigen Entwurfs ist inzwischen schon in Kraft gesetzt worden. Ich meine das halbmonatliche Verzeichnis zurückverlangter Neuigkeiten, die zu unserer Freude mit allseitigcr Befriedigung auf genommene »grüne Liste.« Selbstverständlich haben wir abermals in der eingehendsten Weise uns mit der Frage der mehrspaltigen Inserate beschäftigt. Das Ergebnis war, daß wir in diesem Punkte die Fassung des vorjährigen Entwurfs beibehalten haben, Ihnen also Vorschlägen, die Fessel der einspaltigen Inserate fallen zu lassen. Meine Herren! Es ist nicht möglich, in dieser Angelegenheit noch etwas Neues vorzubringen. Es stehen sich zwei Ansichten gegenüber: Die eine, hauptsächlich von Sortimentern vertretene, ist, daß mehrspaltige Anzeigen schwerer lesbar seien, als einspaltige, wohl auch das Blatt zu umfangreich machen. Die anderen, hauptsächlich Verleger, bestreiten zunächst die Richtigkeit jener Behauptung, sagen viel mehr, daß große Anzeigen leichter lesbar seien, als kleine. Jedenfalls nehmen sie für sich die Freiheit in Anspruch, selbst zu bestimmen, wie sie die Ankündigung ihrer Verlagsartckel sür sich am nützlichsten erachten. Dieser Widerstreit der Mei nungen wird wohl immer unentschieden bleiben, denn keinx Partei kann durch Thatsachen erweisen, daß sie recht habe. Beide Behauptungen sind mehr oder weniger Gefühlssache. Ein gewisses Plus stellt sich indessen doch wohl zu Gunsten der Jnseratensreiheit heraus, bei Anwendung des gesunden Grundsatzes, daß Handel und Verkehr nur im äußersten Notfall beschränkt werden dürfen, wenn nämlich das Gemeinwohl unter der Freiheit leidet. »Gazetten müssen nicht geniert werden,« sagte schon Friedrich der Große. Eine gewisse Beeinträchtigung der Freiheit liegt ganz entschieden darin, daß die Ausstattung des Inserats häufig in einer ganz