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2856 Amtlicher"Teil. ^ 120, 28. Mai 1890. Übergangsbestimmungen. Meine Herren! In dieser Beziehung, möchte ich allerdings bemerken, ist noch eine Frage zu erledigen. Diese Aenderung im Preise des Börsenblatts von 15 aus 20 Mark wird doch selbstverständlich erst vom nächsten Jahr an eintreten können. Ich bitte mich aber zu belehren, wenn ich da irren sollte. Hier steht allerdings »treten sofort in Kraft,« aber die Abonnements sind doch schon bezahlt. (Zustimmung.) Also vom nächsten Jahre an. Wünscht jemand noch das Wort? Dann habe ich noch die Frage an Sie zu richten, ob Sie die »Bestimmungen« mit den von der Hauptversammlung angenommenen Aendcrungen annehmen wollen? Sie verzichten wohl auf die nochmalige Verlesung? (Ja!) Ich stelle die Frage, ob die Versammlung die »Bestimmungen, das Börsenblatt und seine Verwaltung betreffend , in der Fassung, wie sie aus den Beschlüssen der heutigen Versammlung hervorgegangen ist, im ganzen annehmen will. Ich bitte die Hand zu erheben. Sie sind angenommen. Erster Vorsteher Herr Ad. Kröner-Stuttgart (übernimmt den Vorsitz wieder): Meine Herren! Ich habe Ihnen das Ergebnis der übrigen Wahlen mitzuteilen: Für den Rechnungs-Ausschuß sind gewählt: Herr Carl Meißner- Elbing mit 644 Stimmen und Herr Fr. Thienemann,stio.-Gotha mit 653 Stimmen. Für den Wahl-Ausschuß: Herr Georg Abel-Leipzig mit 644 Stimmen, Herr Will). Laber-Köln mit 539 Stimmen. Für den Verwaltungs-Ausschuß: Herr K. F. Koehler-Leipzig mit 648 Stimmen, Herr !)>-. Alph. Dürr Leipzig mit 648 Stimmen. Ich frage die Herren, soweit sie anwesend sind, ob sie die auf sie gefallene Wahl annehmen. Herr C. Meißner: Ich nehme die Wahl mit Dank an. Herr Thienemann Hru.: Ich nehme die Wahl dankend an. Herr Wilh. Lader: Ich nehme die Wahl an. Herr K. F. Koehler: Ich nehme die Wahl mit Dank an. Vorsitzender: Wir gehen nun zu Punkt 6 der Tagesordnung über. Antrag des Vorstandes: Die Hauptversammlung wolle nachstehenden Antrag des Herrn Rob. Voigtländer-Leipzig, betr. Erlaß einer Verlags-Ordnung für den deutschen Buchhandel annchmcn: Die Hauptversammlung wolle sich einverstanden erklären mit dem Erlaß einer Verlagsordnung für den deutschen Buchhandel. Sie wolle zu deren Ausarbeitung die Bildung eines zur Zuwahl schrift stellerischer und juristischer Sachverständiger berechtigten außerordentlichen Ausschusses beschließen und letzteren beauftragen, seinen Entwurf bald möglichst der Hauptversammlung zur endgültigen Beschlußfassung vorzulegen. Ich gebe dem Referenten Herrn Voigtländer das Wort. Herr Rob. Voigtländer-Leipzig: Meine Herren! Bei der vorgerückten Stunde und nachdem ich eben schon Ihre Geduld vielleicht länger, als manchen von Ihnen lieb war, in Anspruch habe nehmen müssen, möchte ich fast um Entschuldigung bitten, daß ich Sie bitten muß, mir noch einige Minuten zuzuhören. Ich werde mich aber kurz fassen: Meine Herren! Der Antrag, welchen ich der Hauptversammlung zu stellen die Ehre habe, ist im Börsenblatt (Nr. 80) vor einigen Wochen sachlich begründet worden, mit Genehmigung des Vorstandes, dem ich für seine Förderung der Sache auch an dieser Stelle lebhaft zu danken habe. So kann ich heute eine Wiederholung der Begründung unterlassen. Ich ^rufe Ihnen nur in Erinnerung, daß mit Ausnahme der unter dem Landrecht stehenden preußischen Provinzen und dem Königreich Sachsen das übrige Deutschland verlagsrechtlich gesetzlos ist, Oesterreich sich in gleicher Lage befindet und nur die Schweiz und Ungarn bessere Zustände haben. Ferner erinnere ich daran, daß alle Bemühungen, für Deutschland eine gesetzliche Regelung des Verlagsrechts zu erreichen, bislang erfolglos geblieben sind, und an unterrichteter Stelle einge- zogene Erkundigungen auch keine andere Aussicht gegeben haben. Ich kann nun bei der vorgerückten Zeit und in dieser großen Versammlung nicht wohl die Nachteile des bestehenden Zustandes im einzelnen schildern. Ich glaube aber, schon jeder von uns, der einmal etwas verlegt hat, hat sich schon im Zweifel über irgend ein in Betracht kommendes Rechts verhältnis befunden. Zu Studien in den vorhandenen juristischen Werken hat man nicht immer Zeit, und vielfach würde auch alles Nachschlagen nicht zur Klarheit führen, weil sich Verlagspraxis, Lehrmeinung und Gerichtserkenntnisse häufig genug einander widersprechen. Also die Verlagsordnung hat den praktischen Zweck, 1. für jeden Verleger ein handliches, bequemes Nachschlagebuch für verlagsrechtliche Fragen zu sein, 2. in Lücken und Unklarheiten bestehender Verträge ergänzend und erläuternd einzutreten. Was uns nun aber, außer dem Nächstliegenden praktischen Bedürfnis, zur Ordnung des Verlagsrechts bewegen soll, sind, sozusagen, buchhändlerisch-politische Erwägungen. Die neueren Gesetze über Urheberrecht liegen durchaus nicht so zu gunsten des Buchhandels, als es wohl sein sollte. Ganz einseitig ist darin das Autorrecht behandelt. Das mag seine Berechtigung haben, dann hätte man aber gleich zeitig auch das Verlegerrccht berücksichtigen sollen. Aber nirgend in der Gesetzgebung kommt mehr die notorische und wichtige Thatsache zum Ansdruck, daß häufig genug nicht der Schriftsteller und Künstler, sondern der Verleger der wirkliche Urheber ist. Ferner: das Fehlen eines geordneten Verlagsrechts hat in neuerer Zeit öfters zu Klagen in der Schriftsteller-Presse Anlaß gegeben, als ob der Verlagshandel diesen Umstand zur Uebervorteilung der Autoren benutze. So unwahr diese Anschuldigungen in ihrer Allgemeinheit auch sind, so ist doch gar nicht zu verkennen, daß die öffentliche Meinung eher zu gunsten der Autoren beeinflußt ist. Das knüpft an die längst widerlegte, aber noch immer geglaubte Legende vom armen Schiller und reichen Cotta an, die man sehr geneigt ist auch auf heutige Verhältnisse anzuwenden. Meine Herren! Wir haben dem gegenüber kein besseres Mittel, als vorzubeugcn, und das Verlagsrecht selbst so zu ordnen, daß Klarheit geschaffen wird, daß endlich das geschriebene Recht überall unserer Verlagspraxis entspricht. Ist ein solches Verlagsrecht einmal eingelebt, so wird höchst wahrscheinlich die Reichsgesetzgebung einfach ihr Siegel daraufdrücken.