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1110 Nichtamtlicher Theil. ^ 58, 12 MSrz Nichtamtlicher Theil Da» Statuten-RevifionS-Project des Herrn Vorstehers Ad. Kröner in Stuttgart und die Ver handlungen darüber in den Vorstandssitzungen am 11. und 12. October 1882. Auf Grund der Protokolle mitgetheilt. Herr Vorsteher Kröner: Bereits in seinem Umlaufsschreiben vom 29. Juni 1882 habe er die Gesichtspunkte angegeben, unter welchen er eine Revision des Statuts für wünschenswerth er achte. Nach 2 Richtungen habe er dieselbe vorgeschlagen: Erstens sollte das Statut in formaler Hinsicht verbessert, d. h. von den Ungenauigkeiten und Widersprüchen gereinigt wer den, welche ihm als unvermeidliche Folge der Art seiner Ent stehung anhasten. Zweitens sollte es sachlich dahin erweitert werden, daß der Börsenverein einer Existenzfrage des Buchhandels, der Schlcudereifrage gegenüber nicht genöthigt wäre, in vollständiger Unthätigkeit zu verharren, daß es ihm vielmehr ermöglicht wäre, wenigstens einen Versuch zur Beseitigung der durch die Schleu derei hervorgerufenen Mißstände im Buchhandel zu machen. Das Hauptgewicht habe er auf Punkt 2 gelegt. Denn wenn anch die formale Verbesserung des Statuts sehr wünschens werth erscheinen müsse, so sei sie doch nicht in so hohem Grade nothwendig, daß er empfehlen möchte, deshalb allein schon wieder den schwerfälligen Apparat einer Statutenänderung in Bewegung zu setzen. Was nun aber Punkt 2, die sachliche Erweiterung des Sta tuts in dem angedeuteten Sinne betreffe, so sei er der Ansicht, daß diese dringlich sei, daß der Börsenverein sich nicht länger der Mitwirkung bei der Lösung einer für den Gesammtbuchhandel so eminent wichtigen Frage entziehen sollte. lieber Art und Umfang der dem Börsenverein zur Be schränkung der Schleuderei zu gewährenden statutarischen Mittel ließe sich streiten. Sein Vorschlag ginge dahin, an das durch die seitherige Agitationsarbeit des Verbands der Local- und Provinzial-Vereine Erreichte anzuknüpfen. Schon in dem erwähnten Umlaufsschreiben vom 29. Juni 1882 habe er ausgeführt: „Das Prinzip, daß der Börsenverein mit den wichtigsten Fragen, welche seine Mitglieder beschäftigen, nichts zu schaffen haben könne, hat die Schaffung des Verbands zur naturgemäßen Folge gehabt und es ist nun nachgerade dahin gekommen, daß neben dem Vorstand und der Generalversammlung des Börsen vereins sich eine Nebenregierung, ein Nebenparlament gebildet hat, welches die bei weitem wichtigeren oder wenigstens praktisch dringlicheren Angelegenheiten des Buchhandels zum Gegenstand seiner Thätigkcit macht und von Jahr zu Jahr an Bedeutung gewinnt. Bei aller Sympathie, welche er den berechtigten Be strebungen des um die wichtigsten Existenzbedingungen seiner Mitglieder ringenden Verbandes entgegenbringe, müsse er doch sagen, daß dieser Zustand ein nicht wünschenswerther, für die Bedeutung und möglicherweise sogar für den Fortbestand des Börsenvereins gefährlicher sei. Er sei deshalb der Ansicht, daß der Verband in einen organischen Zusammenhang mit dem Börsen- verein gebracht, dem Börsenvereine in irgend einer Form untergeordnet werden sollte. „Dies kann aber loyaler Weise nur dann angestrebt werden und wird auch nur dann dnrchzuführen sein, wenn der Börsenverein sich die Aufgaben des Verbandes bis zu einem gewissen Grade, d. h. so weit er es kann, ohne sich selbst zu schaden, aneignet." Wie Herr Kröner des Weiteren ausführte, ging seine Ab sicht dahin, daß statt des Verbandsvorstands künftig der Börsen vereinsvorstand eine Aufforderung an seine Verlegermitglieder ergehen lassen solle, sich freiwillig zur Verkürzung des Rabatts Schleuderern gegenüber zu verpflichten. Ueber das Inkrafttreten der Verpflichtungen würde dann auf Antrag der Local- und Provinzial-Vereine oder Kreisvereine der Börsenvereinsvor stand statt des Verbandsvorstandes beschließen. Zu diesem Behufe müßte aber der Börsenverein durch ent sprechende Erweiterung des tz. 10 des Statuts in die Möglich keit versetzt werden, prinzipielle Schleuderer, d. h. solche, welche zur Grundlage ihres ganzen Geschäftsbetriebs das Prinzip gemacht haben, zu Preisen zu verkaufen, bei welchen ein solider, über das ganze Absatzgebiet verbreiteter Sortimentshandel nicht mehr bestehen könne, aus dem Börsenverein auszuschließen, und selbstverständ lich müßten dann Mittel und Wege gefunden werden, um den Ausschluß auch mit wirklichen, greifbaren Nachtheilen für den Betreffenden zu verbinden. (Zunächst Entziehung des Börsen blattes und der Bestellanstalt, letzteres auf Grund eines mit der Leipziger Deputation zu treffenden Abkommens.) Die Gegner dieser in: Vorstehenden entwickelten Anschauungen ließen sich, soweit er sie nach den früheren Erfahrungen und den neuerdings gepflogenen Besprechungen übersehen könne, in drei Hauptgruppen eintheilen: Erstens in Solche, welche überhaupt nichts von einer Lösung der Schleudereifrage wissen wollen, vielmehr der Ansicht seien, es müsse jedem Sortimenter sreistehen, die Werke der Verleger ganz unabhängig von den Ladenpreisen so billig und so theuer zu verkaufen, als es ihm zweckmäßig erscheine, und dies für die einzig richtige, gesunde Geschäftspraxis erklären; zweitens in Solche, welche die Schleuderei zwar als ein Uebel beklagen, aber annehmen, es sei infolge der Gewerbe freiheit und der neuen Verkehrseinrichtungen nichts gegen das selbe auszurichten; drittens in Solche, die eine Bekämpfung des Nebels zwar für nothwendig und möglich hielten, aber der Ansicht seien, die selbe müsse auf einem anderen Boden als dem des Börsenvereins oder mit anderen Mitteln als den von ihm vorgeschlagenen ge schehen. Die erstere Gruppe sei, soweit er aus den bis jetzt in der Frage laut gewordenen Aeußerungen schließen könne, im Börsen verein sehr in der Minorität; im gegenwärtigen Vorstand habe sie keinen einzigen Vertreter. Mit Widerlegung der von dieser Seite geltend gemachten Gründe brauche er sich also nicht auf zuhalten. Er wende sich zu den Ausführungen der zweiten Gruppe. Die Richtigkeit des Einwandes, daß die jetzige Aus dehnung des Nebels hauptsächlich von der Einführung der Ge werbefreiheit und des einheitlichen billigen Portosatzes herrühre, müsse ohne Weiteres zugegeben werden. Auf eine gänzliche Beseitigung desselben sei daher nicht zu hoffen. Er halte aber eine theilweise Beseitigung, eine Milderung für möglich und würde eine solche eben darin erblicken, daß man den bis jetzt noch in kleiner Anzahl vorhande nen prinzipiellen Schleuderern durch systematisches Vor gehen und unter Anwendung aller erlaubten Mittel die Schädi gung ihrer Berufsgenossen unmöglich machte oder zum mindesten erschwerte.