Volltext Seite (XML)
mende Hand und liebevolle Pflege entbehrten diese Schätze in dem herzoglichen Hause, es war Niemand da, der die Geistessonne dar über leuchten ließ, und so fingen die schönen, schmucken Einbände an zu leiden und der erste Zerstörungsprozeß nahte mit starken Schritten heran, es war die höchste Zeit, daß diese »n!va bessern Custoden überwiesen wurden, so daß die Verbreitung und Zersplit terung der Bibliothek einen Trost bietet. Die Klassiker, die uns von den italienischen Pressen des 15. und 16. Jahrhunderts überliefert worden sind, verbreiten einen unaussprechlichen Zauber, wie alle alten Kunstwerke überhaupt — wie die alten Bilder von Raphael, Michelangelo und Tizian; wie die Radirungen von Rembrandt oder die Holzschnitte von Albrecht Dürer. Es liegt in diesen kleinen Folianten und Quartanten die Geschichte eines 400jährigen ernsten Strebens und Schaffens, die Geschichte der mächtigsten Entdeckung des modernen Lebens, Kultur verbreitend, indem es den menschlichen Geistesathem von neuem an neue Generationen aushaucht. Und sieht man streng nur auf die technische Ausführung, wie bewundert man die sorgsamen, aufmerksamen Hände, die diese Typen zusammensetzten, die Schwärze der Lettern, die Schönheit des Druckes! — und selbst wo Mängel in die Augen treten, werden sie verwischt durch die mechanische Kunstfertigkeit, die schon in so frühen Zeiten den Kunstdrucker leitete, und eben diese Fehler werden zu Stempeln und erhalten uns die Geschichte der Ausgaben; nur der Besitzer eines solchen Kunstwerkes fühlt den Reiz, den es zu verbreiten im Stande ist. Und was für eine stolze Musterung bietet diese Bibliothek von Lckitiones xrineipes! Ein Aelian, Aeschhlos, Anakreon, Lntbo- Ivxis. xraoa», Apollonius Rhodius, Appianus,Apuleius,Aristides, Aristophanes, Aristoteles, Athenaeus, Ausonius, Caesar, Calli- machus, Cicero, Claudian, Demosthenes, Diodorus, Euklides, Euripides, Eutropius, Galenus, Heliodorus, Herodotus, Homer, Horatius, Jsokrates, Justinianus, Lucanus, Martial, C. Nepos, Marcellus, Orpheus, Ovid, Pindar, Plato, Plautus, Plinius, Pomponius Mela, Quintilianus, Seneca, Sophokles, Suetonius, Suidas, Tacitus, Terentius, Thevkritus, Thukydides, Valerius, Varro und Tenophon. Daran schließen sich eine außerordentlich reiche Sammlung von Bibel-Ausgaben in Polyglotten, in hebräischer, griechischer, lateinischer, englischer, französischer, italienischer und spanischer Sprache. Polyglotten von Ximenes, Planten, Brian Walton und Le Iah. Hebräische Bibeln aus den Pressen von Stephanus, Plan- tin, Froben und Anderen; griechische von Aldus, Hervagius, Za- netti rc. und eine große Anzahl von lateinischen Ausgaben, ein schließlich deren von Fust und Schösser aus Pergament 1462. Ferner Ausgaben aus den Pressen von: B. Richel, I. P. de Ferratis, M. Moranus, Ant. Coberger, Th. de Reynsburch, Nie. Jenson, I. Herbort de Selgenstadt, Fr. Renner de Heilbrun, G. de Rivabenis, Nie. Kesler, Jac. Malieti, Sim. Bevilaqua u. Anderen, sämmtlich im 15. Jahrhundert gedruckt; daran reihen sich seltene, werthvolle Ausgaben aus den Pressen des 16. Jahrhunderts, ferner mehrere Manuscripte, namentlich ein Palimpsest-Codex der Evan gelien, griechisch aus dem 8. Jahrhundert, eine lateinische Bibel aus dem 14., 2 griechische Codices der Evangelien aus dem 12. und 13. Jahrhundert, die Werke des Ephraem Syrus aus dem 13., Chryfostomus aus dem 12. Jahrhundert und Anderes. Eine reiche Sammlung der seltensten Ausgaben der italie nischen Klassiker, von Dante bis Alfieri. Namentlich Dante, Boc caccio, Petrarca und Ariosto. Von Dante ein Manuscript des lu- toruo, von einem Zeitgenossen auf Pergament geschrieben, sodann die kostbaren Drucke von Foligno 1472, Neapel 1475, Venetia (Vind. de Spira) 1477, Milano 1478, Fierenze 1481, Venetia (O. Scot) 1484, Bern, de Parma 1421 und Brixia 1487; ferner die Aldinen und andere seltene Ausgaben italienischer und franzö sischer Pressen des 16. Jahrhunderts. Von Boccaccio sind erste Ausgaben fast aller seiner Schriften vorhanden, darunter die erste Ausgabe des Decamervne mit dem Datum, gedruckt von C Val- darfer in Venedig 1471; berühmt wegen der enormen Summe, die der Herzog von Roxburgh für ein Exemplar gegeben (es waren 2,260 Pfd. Sterling). An Pergament-Drucken ist die Bibliothek ein unglaublicher Schatzl; man hielt die Sammlung stets für die bedeutendste im Privatbesitze in Europa, und viele dieser Werke sind den Biblio graphen ganz unbekannt. Schließlich werthvolle Chroniken, Reisen, Kirchenväter, eng lische Geschichtswerke und Dichter, Uampblot» und Id-acts. Dies ist mit wenigen Worten der Inhalt dieser berühmten Bibliothek. Die Drucke des 15. Jahrhunderts werden immer seltener, und was davon erhalten und übrig geblieben, ist in öffent lichen Bibliotheken wohl aufgehoben. Das Britische Museum, die Lockloian lübrarz- in Oxford, die Oibliotbsguo diationglo in Paris und der Vatican sind wohl am reichsten mit diesen alten Schätzen versehen; nächst diesen sind wohl einige Privatbibliotheken des englischen Adels mit diesen kostbaren Werken angefüllt; denn sie gehören zu dem Reichthum eines fürst lichen Palastes. Man dürste sie in den unzugänglichen Biblio theken der Herzöge von Bedsord, Hamilton und Devonshire finden und da dieselben Fideicommiß-Besitz sind, so ist an einen Verkauf derselben nicht zu denken. Eine Versteigerung wie die der Suncksr- I»llck Iül>ra>7 gehört deshalb zu den größten Seltenheiten und kommt vielleicht nie wieder vor. Es ist daher auch sür jeden Kenner und Liebhaber dieser alten Drucke von großem Interesse, den Werth der Bücher kennen zu lernen; denn was Brunet und Lowndes darüber angeben, ist durchaus veraltet. Der wirkliche Werth dieser Pretiosen ist nur den Edelsteinen zu vergleichen, was man auch aus dem später folgenden Bericht über die Versteigerung ersehen wird; nur soviel sei schon jetzt gesagt, daß Amerika für die Bibliothek „SN bloo" 25,000 F offerirt hat, eine Offerte, die der Besitzer ablehnte. London, 9. December 1881. Franz Thimm. Misrcllcn. Zur Beantwortung der Anfrage in Nr. 280 d. Bl. erwähne ich, daß ich s. Zt. in Württemberg durch den Bücher- vertrieb einiger Bezirksbeamten sehr zu leiden hatte, was mich veranlaßte, unter Vorlage genügenden Beweismaterials bei der Vorgesetzten Behörde (der Kreisregierung) Beschwerde zu führen und, da ich Nachweisen konnte, daß der Vertrieb von Gesetzbüchern rc. in nicht ganz uneigennütziger Weise geschah, auch die Steuer behörde hiervon in Kenntniß zu setzen. Der Erfolg war durch schlagend und wird es in Bayern gewiß auch sein. Mannheim, 7. Dec. 1881. F. Nemnich. Pcrsonalnachrichtcn. Herrn Wilh. Ritter v. Braumüller sen., k. k. Hof- und Universitätsbuchhändler in Wien wurde vom König von Rumänien die goldene Medaille „bona moronti" als Auszeichnung für seine hohen Verdienste um Literatur und Wissenschaft verliehen. Herrn Gustav Fritzsche hier ist der Titel „König!. Sächs. Hofbuchbinder" verliehen worden. In Berlin ist am 9. ds. der König!. Commissionsrath, Hos- buchhändler und Hofbuchdrucker Joh. Wilh. Moeser, Besitzer der Firma W. Moeser, in feinem 74. Lebensjahre gestorben.