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Hs 175, 1. August. Nichtamtlicher Theil. 3247 Mittheilung macht, bemerkt sie, daß, obwohl kein Gesetz die Be schränkung von Buchhandlungen vorschreibt, der König ohnehin nach Belieben entscheiden könne, es jedoch im Interesse der Berliner Buch händler läge, das „zu seinem Vortheil sehr wohl ausgesonnene" Gesuch des Buchhändlers Voß abzulehnen, der „allenfalls auch auf den Messen zu Frankfurt oder durch auswärtige Corrcspondcnz seinen Handel vergrößern könne". Trotz dieses ungünstigen Berichts entschied der König für Voß und ließ am 2. October der Kammer durch den Minister v. Boden (dirigirenden Minister und Vicepräsi- denten des Generaldirectoriums, dem etwa das Staatsministerium heute zu vergleichen wäre) eröffnen, daß, da Niemandem in dieser Sache ein „gegründetes" Widerspruchsrecht zustehe, er dem Gesuche „des aus Lübben nach Potsdam gezogenen" Buchhändlers Voß wegen Errichtung eines Buchhandels in Berlin stattgegeben, dem Gesuchsteller aber die Verpflichtung auferlegt habe, das Geschäft in Potsdam beizubehaltcn und solches allenfalls „durch einen tüchtigen Handelsdiener respiciren" zu lassen. Von demselben 2. October 1748 datirt auch das Privilegium, in dem es heißt: „Als privi- legiren und begnadigen Wir aus Königlicher Macht, Chur- und Landes-Fürstlichcr Hoheit obbenannten Christian Friederich Voß hiermit und krafft dieses also und dergestalt, daß gedachter Christian Friederich Voß zur Beförderung seines Buchhandels, neben seinem Etablissement zu Potsdam, auch allhier in Berlin, seiner Convenicnz nach, einen Buchladen anlegen, öffnen und halten und darin gleich anderen von Uns privilegirten Buchführern allerhand gute, nütz liche und erbauliche Bücher und Materien in allen Facultäten, freien Künsten und Wissenschaften, auch Sprachen ungehindert, in- und außerhalb denen öffentlichen Jahrmärkten verkaufen und kaufen, hiernächst auch dergleichen gute und nützliche Bücher in allen Facul täten, freien Künsten und Sprachen, wenn dieselben gehörigen Orts revidiret und censiret worden, selbsten auflegen, drucken lassen und verhandeln könne und möge." Am 18. October 1748 zahlte Voß die verordnten Gebühren von 16 Thalern zur Recrutencasse und eröffnte sein Geschäft hier in dem Viedebahn'schen Erbenhause. In diesen Verhältnissen blieb das Geschäft, bis Voß am 12. Januar 1791 dem Könige Friedrich Wilhelm II. eine Bitt schrift übersandte, worin er zuerst die Mittheilung machte, daß er sowohl seine Buchhandlung als sein Zeitungsgeschäft (die Rüdiger'- sche Zeitung war inzwischen nämlich unterm 5. März 1751 auch auf Voß übergegangen und hieß von da im Volksmunde „Vossische Zeitung") „mit allen dabei zustehenden Rechten", bei seinem zu nehmenden Alter und um seinen Erben später mögliche Weitläufig keiten zu ersparen, seinem ältesten Sohne Christian Friedrich Voß, den er schon seit geraumer Zeit dazu in Societät genommen, „jetzt erblich verkauft, cediret und abgetreten" habe. Er bittet darauf, diese auf seinen Sohn geschehene Transferirung seiner Buchhand lung und seines Zeitungsprivilegiums „dafern es nöthig sein sollte, allerhöchst zu bestätigen und der Behörde bekannt machen zu lassen". Der Bitte wurde schnell Gewährung zu Theil, nachdem das Generaldirectorium und hier dessen Justitiar und Decernent in der Sache, Geheimer Ober-Finanzrath Wlömer, die Erledigung ohne Anstand bewirkt hatten. Unterm 19. Januar schon bestätigte der König die gesammte Uebertragung, und zwar hieß es in der Bestätigungsurkunde nach damaligem Canzleistil: „Als wir die von dem Supplicanten geschehene Transferirung seiner vorerwähn ter, in der Breiten Straße, Christ. Gottlieb Nicolai, in der Poststraße, Joh. Andr. Rüdiger, im Berlinischen Rathhause (wohnte in der König straße, Hände L Spener, Buchhändler der k. Akademie der Wissen schaften, an der Schloßsreiheit, im eigenen Hause, Schuhe, am Schloß- Platz, Jasperd, französischer Buchhändler, an den Weiderichen Mühlen. ten Buchhandlung und seines Zeitungsprivilegii auf seinen Sohn Christian Friedrich Voß hierdurch confirmiret, ratihabiret und bestätigt und soll letzterm, wie auch seinen Erben und Nachkommen, wenn sie sich nach dem Inhalte sothanen Privilegiums achten und Prästanda Prästiren, dabei jederzeit geschähet werden." Gleichzeitig erhielt die kurmärkische Kammer die Benach richtigung und den Auftrag, dem Buchhändler Voß die Bestäti gungsurkunde auszuhändigen. Ebenso wurde die Chargencasse an gewiesen, diejenigen hundert Thaler, welche der bisherige Zeitungs besitzer für das Privilegium jährlich zahlen mußte, nunmehr von dem Sohne und Nachfolger einzuziehen. Letzterer hatte noch außer dem 16 Thlr. Gebühren für die Uebertragung der Buchhandlung und 20 Thlr. für die der Zeitung, zusammen also 36 Thlr., zu zahlen, wozu dann noch 54 Thlr. Sporteln traten. Ueber die Höhe dieser ihm ungerechtfertigt scheinenden Gebührensätze erhob Boß Beschwerde, und es wurden ihm darauf 62 Thlr. 6 Gr. durch Ver fügung vom 26. Februar 1791 zurückgezahlt. Voß der Sohn blieb nicht lange im Besitze der Buchhandlung, da er schon am 22. April 1795 und 48 Stunden darauf sein Vater, der Vorbesitzer, starb. Am 23. Juni 1795 zeigte die Wittwe Voß, Anna Rosina, geb. Schramm (deren Ehe kinderlos geblieben), dem Könige den erfolgten Tod ihres Gatten und den ihres Schwiegervaters an und bat um beglaubigte Abschrift der ihrem Erblasser am 12. Juni 1791 ertheilten Uebertragungs-Urkunde, was ihr auch bewilligt wurde. Ihr Erblasser hatte am 25. Februar 1788 ein am 23. April 1795 publicirtes Testament errichtet, worin er seinen Vater und seine Gattin zu Erben einsetzt, erster» jedoch nur auf Pflichttheil, weil das Gesetz es so forderte, ihn aber zugleich gebeten, daß er sich zu Gunsten der zur Universalerbin eingesetzten Wittwe beziehentlich Schwiegertochter des Pflichtteils begebe. Da Voß, der Vater, von dem Tode seines Sohnes nichts erfuhr und auch keine Erklärung mehr geben konnte, so blieben Erbstreitigkeiten nicht aus, zumal die natürlichen Erben des jünger» Christian Friedrich Voß ihr Recht zu wahren hatten und in der That auch wahrten. Hatte doch die Wittwe Voß zuerst versucht, eine authentische Interpretation des Privilegs durch den König selbst herbeizuführen, der sie damit jedoch an die Gerichte verweisen mußte und auch verwies. Die Geschichte dieses an sich sehr interessanten, aber sehr lang wierigen und durch die Wittwe Voß auffällig in die Länge ge zogenen Rechtsstreits kann uns hier nicht weiter beschäftigen, zumal er meistentheils auf die Zeitung Bezug hatte; es genüge die An führung, daß der Bruder des jüngeren Christian Friedrich Voß, der als Artillerie-Hauptmann auf seinen Antrag wegen Krankheit, die er sich in dem Rheinfeldzuge zugezogen, verabschiedete Premier lieutenant Ernst Ludwig Voß den Prozeß der „Alt-Vossischen" gegen die „Jung-Vossischen Erben" glücklich zu Ende führte und sich der Buch händler Oehmigke den ersteren bereit erklärte, falls ihnen bei Fortfüh rung der Vossischen Buchhandlung Schwierigkeiten als Nichtsachver ständigen entgegen gestellt werden sollten, als Geschäftsführer wirksam zu sein. Es kam jedoch in dieser Beziehung im weitern Verlauf des Pro zesses noch zu einem Vergleiche. Die Wittwe Voß, welche einen in rus sischen Diensten gestandenen Oberstlieutenant v. Möller geheirathet, zuvor aber einen natürlichen Sohn geboren hatte, der ihrer Eltern Namen führen mußte, war, im Beistände ihres Gatten, nachgiebiger geworden, und so wurde durch königliches Privileg vom 9. August 1804 die Vossische Buchhandlung auf den eben erwähnten Sohn der Voß, den Buchhändler Schramm und dessen Geschäftsgenossen Wewezer, nachdem diese ihre Befähigung dargethan, übertragen, damit also aus der Vossischen Familie entlassen, S. G. 452*