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lands auferlegt, der weitaus den größten Bücherconsum zeigt und — Petersburg ausgenommen — die größten Buchhandlungen zählt. Ich erinnere nur daran, daß eine einzige Rigaische Buchhandlung Filialen in Petersburg, Moskau u. Odessa besitzt und daß ein großer Theil des dortigen Konsums also über Riga befriedigt wird. Daß die Bücherpreise in Rußland durch die neue oder erneute Maßregel nicht erhöht worden sind, ist eine erfreuliche Nachricht. Meint der Hr. Verfasser aber, daß die Buchhändler in dem Theile Rußlands, der neu zur Steuer herangezogen ist, einen Zuwachs an eigenen Kosten auf die Dauer ohne Recompensation an den Bücher- käusern tragen werden? Das könnte doch nur dann geschehen, wenn eine weitere Preissteigerung das ganze Geschäft lahm zu legen drohte, und wäre somit nur ein neues Zeugniß für den Druck, unter welchem der Buchhandel in Rußland steht. Der Rückschlag auf den außer russischen Buchhandel wird meines Erachtens nicht lange auf sich warten lassen. Eine Stcuererhöhnng von 120 Rub. — nach der richtigeren Annahme von 300 statt 200 Censurtagen aber 180 Rub. — jährlich ist bei den ohnehin ungünstigen Verhältnissen des Buch handels in Rußland keine geringe Belastung. Viel größer aber erscheint noch der allgemeine Nachtheil in literarischer und kul tureller Beziehung, den die jetzige Richtung in Rußland auf Be schränkung des geistigen Verkehrs übt, und zu deren Beleuchtung der Hr. Verfasser selbst offenbar ohne Absicht wichtige Beiträge liefert. L. 8r. Miscellen. Erwiderung aus den Artikel: „lieber Ansichts sendungen" in Nr. 163 d. Bl. — Ein Hr. I. unterzieht an bezeichneter Stelle meinen „Literarischen Merkur" einer abfälligen Kritik, welche mich zu einer Entgegnung nöthigt, umsomehr, als er in seinem Elaborat auch diejenigen Firmen angreift, welche mein Unternehmen beziehen. Hr.J.nenntden „Merkur" „unpraktisch und unnatürlich"; wie kommt er aber dazu, fast 700Sortimentern, welche dieses „unpraktischen und unnatürlichen" Vertriebsmittels sich be dienen, „notorischen Jndifserentismus" vorzuwersen? Weshalb die Klage, daß „die große Masse sich dorthin wendet, wo das Meiste gehört wird"? Ich habe seit Bestehen meines „Merkur" mich red lich bemüht, das Juteresse für denselben bei Sortimentern und Verlegern immer mehr und mehr anzuregen, und ich kann heute einen ganz respectablen Erfolg meiner Bemühungen constatiren. An meinen Ausspruch: Bessere Erfolge als durch die in den meisten Fällen nutzlosen und allemal kostspieligen unverlangten Auswahl sendungen ans Publicum erzielt der Sortimenter durch eine bestän dige, allgemeineVertheilung des „Literarischen Merkur", knüpft Hr. I. folgende Bemerkung: „Für den Verleger des »Merkur« wäre die Realisirung dieses Vorschlages nicht unvortheilhast" — nicht nur für mich, auch sür alle Verleger und besonders sür alle Sortimenter; denn der bisher allgemein übliche Novitätenvertrieb ist, wie bekannt, mit mehr Kosten und Mühe verkuüpst, als er einbringt. Wenn Hr. I. meinen Worten nicht glaubt, so will ich ihm einige competente Urtheile citiren: In ihrer Eingabe vom April d. I. an den Vor stand des Börsenvereins sagen die vereinigten Sortimenter aus Bonn, Cöln und Wiesbaden, „daß der Nutzen, welcher durch die Ansichts-Versendungen aus Publicum erzielt wird, in keinem Ver- hältniß steht zu den Opfern und der Mühe, welche diese Mani pulation erfordert". Und die vereinigten Prager Sortimenter er klären in einem kürzlich versandten Circular, „daß sie an dem Ver trieb der Novitäten bei den enormen Spesen, welche damit ver bunden sind, meistens ihr Geld zusetzen". Angesichts solcher Uebel- stände sollte es mir doch von keiner Seite verdacht werden, daß ich durch meinen „Merkur" dem Sortimentshandel ein Mittel biete, durch welches derselbe in den Stand gesetzt wird, sein Publicum daran zu gewöhnen, die auch zur vorherigen Ansicht gewünschten Neuigkeiten selbst zu wählen. — Freilich, nach dem Urtheil des Hrn. I. ist der „Merkur" hierzu nicht geeignet, weil dieses Blatt in seiner Bibliographie „nicht alle Büchertitel gleichmäßig be kannt macht". Hrn. I. muß ich hier mindestens einer Fahrlässigkeit beschuldigen. Er stützt sein Urtheil auf Nr. 12 des „Merkur", welche nur 133 Neuigkeiten verzeichnet. Warum übergeht Hr. I. die Nrn. 13—19, welche seither noch erschienen sind? In jeder derselben sind ca. 230 — 260 Titel von Neuigkeiten der deutschen, englischen und französischen Literatur verzeichnet. Bezüglich der beiden fremden Sprachen richte ich mich nach den mir von Hrn. A. Twietmeyer zugehendcn Berichten; die deutsche Literatur wird aber vollständig ausgenommen, soweit sie eben sür weitere Kreise von Interesse sein könnte. Ausgeschlossen sind also: Zeitschriften, Lieserungswerke, deren Aufnahme die betreffenden Verleger selbst nicht wünschen, unbedeutende Broschüren und Ber- einspublicationen, Schul- und Lehrbücher von altem Renommse oder sür kleinere Districte, Volks-Kalender, Adreßbücher, Colpor- tage- und dergl. Literatur, endlich Jugendschristen und Bilder bücher, welche letztere nur in der Weihnachts-Nummer ausführlich verzeichnet werden. — Hr. I. frägt, nach welchen Prinzipien bei der Aufnahme verfahren wird, und fügt hinzu: „Die Antwort dürfte aus Buchhändlerkreisen wohl kaum zweifelhaft sein, nament lich wenn mau den letzten Passus in der Zuschrift aus Lübeck ver gleicht, welcher lautet: »Viele meiner Kunden warten immer schon aus die neueste Nummer, und was die Hauptsache ist, sie reagiren sowohl auf die Annoncen als aus die Recensionen.«" Ich gestehe, daß es mir unmöglich ist, hier dem Jdeengange des Hrn. I. zu folgen, und ich weiß nicht, was er damit sagen will. Aber ich er widere ihm, daß ich die Auswahl der auszuuehmenden Titel selbst treffe und stets bemüht bin, nichts auszulassen. — Des Weiteren sagt Hr. I: „ ... die Kritik darf sich nur auf Vereinzeltes be schränken". Das weiß ich, und treffe auch hierbei die Auswahl für die „Kritische Rundschau" des „Merkur" selbst. Und um noch eine weitere Uebereinstimmung zwischen der Ansicht des Hrn. I. und der meinigen zu constatiren, so nehme auch ich sür mich das „jedem Buchhändler zustehende Recht, seine Artikel anzupreisen", hiermit in Anspruch und beziehe mich aus mein Inserat in heutiger Num mer d. Bl. Berlin, 22. Juli 1881. Franz Neugebauer. Ein kleiner Beitrag zur Orthographie-Frage. — Ein Moment geschäftlicher Muße gibt mir Gelegenheit, auf eine eigenthümliche Neuerung im Schulzischen Adreßbuch hinzuweisen, die auch sür weitere Kreise soviel Interesse beanspruchen dürfte, daß mir Hr. Schulz verzeihen wird, wenn ich Heu Weg der Oeffent- lichkeit vorziehe, statt ihn privatim auf den begangenen Schnitzer aufmerksam zu machen. Der Redacteur oder Corrector des neuesten Jahrganges ist offenbar ein Anhänger des phonetischen Systems und hat sich dadurch verleiten lassen, bisher im „Schulz" stets rich tig geschriebene Ortsnamen in pejus zu ändern. Wenn die vor nehmste Regel des Phonetikers lautet: „Schreibe, wie du sprichst", so darf er dabei keineswegs außer Augen lassen, daß dieser Satz einer kleinen, zwar stillgedachten, aber sehr wichtigen Ergän zung bedarf, nämlich „Schreibe, wie du richtig sprichst"!, den Satz aber nicht etwa umkehren und reglcmentiren wollen: „Sprich, wie du schreibst"! In den niederdeutschen Eigennamen auf loe, hoe ic. wird das o durch das angehängte e nicht zum Umlauter ö, sondern e ist ein Dehnungszeichen wie unser h! Man spricht also Oldeslö, Jtzehs u. s. w., aber nicht Oldeslö, Jtzehö; abweichend davon wird der bayerische Ort Buch-lo-e dreisilbig ausgesprochen und nicht etwa Buchlö, wie im „Schulz" steht. Das Gleiche wie von ersteren 443*