Volltext Seite (XML)
2746 Nichtall., ..ch 147, 29. Juni. gerade Hallberger's Anfänge sehr schwere gewesen. Er habe in den ersten Jahren nach seiner Etablirung (1848) Württembergica, Jugendschriften, etwas Belletristik re. verlegt, ohne nach irgend einer Richtung hin festen Fuß fassen zu können. Man erinnere sich heute kaum mehr seiner Verlagsthätigkeit. von damals, so sehr sei sic in dem Glanze seiner späteren Erfolge verblaßt. Erst als sein Bruder Carl aus Amerika zurückgekehrt, wo er auf dem Gebiete der illustrirten Journallitteratur reiche Erfahrungen ge sammelt, habe das Geschäft den Charakter angenommen, welchen es fortab mit so großem Erfolge beibehielt. Redner schilderte sodann Hallberger's Verdienste auf typographischem und illustra tivem Gebiet, auf welchem er bahnbrechend gewirkt habe. Hall berger sei der erste gewesen, welcher die Verwendung französischer und englischer Clichss in größerem Maßstabe betrieben habe. Es sei ihm daraus früher oft ein Vorwurf gemacht worden, aber mit Unrecht. Die französischen und englischen Holzschnitt zeichner und Holzschneider seien damals durchschnittlich den unsrigen weit voran gewesen. Die Einführung der fremden Clichös sei ein Sporn für unsere Holzschneider gewesen, umsomehr als auch die Ansprüche des Publicums dadurch gesteigert worden seien. In diesem Sinne habe Hallberger viel zur Vervollkommnung der Xylographie in Deutschland beigetragen. In natürlicher Folge hiervon habe sich auch der Jllustrationsdruck vervollkommnen müssen, und wenn Stuttgart heute einen hervorragenden Platz auf diesem Gebiete behaupte, so müsse anerkannt werden, daß derselbe in erster Linie den Bemühungen Hallberger's zu ver danken sei. Wenn man die Thätigkeit eines Verlegers nach den Spuren beurtheile, welche sie in der Literatur zurücklasse, so werde Hallberger allerdings von anderen Buchhändlernamen übertroffen. Er sei nicht zu jenen Verlegern zu zählen, welche ihre Ausgabe darin erblicken, einen inhaltlich möglichst werthvollen Verlag zu schaffen, die selbständigen Geistesproducte bedeutender Autoren den Gebildeten der Nation zu übermitteln. Er sei vielmehr ein hervorragender Vertreter jener Richtung gewesen, welche das natürliche Wachsthum literarischer Producte nicht erst abwartet, um in Thätigkeit zu treten, sondern in eigener Initiative lite rarische Unternehmungen plant und unter Beiziehung geeignet scheinender literarischer und künstlerischer Kräfte ausführt. Wenn diese Richtung auch schon zu manchen, den eigentlichen Literatur freunden unerwünschten Auswüchsen geführt habe, so sei ihr eine innere Berechtigung doch nicht ganz abzusprechen, da wir ihr doch auch manches gute und nützliche Unternehmen verdanken. Geschäftlich habe sie jedenfalls belebend gewirkt. Das Geschäft sei nun in eine Actiengesellschaft verwandelt worden; aber da Carl Hallberger, der dasselbe mitgegründet und durch alle Phasen seiner Entwicklung mitgeleitet, in dessen Leitung verbleibe, da dem Geschäfte ferner die Thätigkeit lang jähriger erprobter Mitarbeiter erhalten bleibe, so dürfte man nicht zweifeln, daß das großartige Unternehmen im Sinne und Geiste auch des Verstorbenen fortgeführt werde. Redner schilderte sodann die Verdienste, welche Adolf Oetinger sich als geachteter und beliebter Commissionär um den süddeutschen Buchhandel erworben, und die Bedeutung, welche C. A. Schmidt, ein Veteran des Buchhandels, als Chef eines renommirten Jugendschriften-Verlags für Stuttgart gehabt habe. Unter den verschiedenen Bestrebungen, Stuttgart als Haupt stapelplatz des süddeutschen buchhändlerischen Verkehrs zu heben, seien Wohl diejenigen die zweckmäßigsten, welche auf seine Hebung als Productionsort abzielen. Denn die Hauptstärke des Platzes liege doch in seiner Bedeutung als Productionsort. Als ein Versuch der Hebung nach dieser Richtung hin wurde auch die -geil. Petition angeführt, welche im Januar d. I. von dem Vereins- mitgliede W. Spcmann in Verbindung mit zahlreichen Buch händlern, Gelehrten und Künstlern wegen des Baus der Kunst schule, die für die illustrative Ausstattung des Stuttgarter Verlags so wichtig sei, an die Abgeordnetenkammer gerichtet wurde. Dieser Petition sei in der Kammer ein nicht durchaus freund licher Empfang bereitet worden, und es seien bei der Debatte über dieselbe zum Theil recht mißverständliche Auffassungen des buchhändlerischen Geschäftsbetriebs zu Tage getreten. „Aber," fuhr Redner fort, „wir wollen uns dabei nicht weiter aufhalten, sondern lieber der wohlwollenden, einsichtigen, die Bedeutung und die Bedürfnisse unseres Standes anerkennenden Stimmen gedenken, welche laut wurden. Als besonders werthvoll haben wir die Erklärung des Hrn. Cultministers v. Geßler zu be zeichnen, nach welcher nicht gezweifelt werden darf, daß der eigentliche Zweck der Petition in nicht zu ferner Zeit erreicht wird." Inzwischen sei man auch in Privatkreisen nicht müßig gewesen, das Kunstleben Stuttgarts zu heben. Es sei unter Mitwirkung einer Reihe hiesiger Buchhändler ein Verein zur Förderung der Kunst in Württemberg gegründet worden, welcher einen ansehnlichen Fonds zur Erbauung eines Künstlerhauses und mehrerer Maler-Ateliers gesammelt habe. Se Maj. der König habe das Protectorat dieses Vereins übernommen, in dessen Leitung der Director unserer Kunstschule, Liezen Mayer, einer der genialsten Illustratoren Deutschlands, sich befinde. Auch von diesem Verein dürfe der Stuttgarter Kunstverlag eine Förde rung seiner Bestrebungen mit Sicherheit erwarten. Redner referirte sodann über die während der letzten Can tate-Messe in Leipzig erfolgte Constituirung des „Verbands deutscher Provinzial- und Localvereine". Von Seiten des Vorstands des Verbands sei eine Aufforderung an den Süddeutschen Buchhändler verein zum Eintritt in den Verband eingetroffen. Diesem An sinnen könne zwar nicht entsprochen werden, da der Süddeutsche Buchhändlerverein nicht unter die Provinzial- und Localvereine zu rechnen sei, wie ja auch die letzte Generalversammlung aus drücklich ausgesprochen habe, aber er wolle diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne Namens des Gesammtvorstandes den Mitgliedern des Süddeutschen Buchhändlervereins zu em pfehlen, es möge Jeder in seinem engeren Kreise für den Bei tritt zum Verband und für die möglichste Förderung dieser In stitution wirken, welche ja bestimmt sei, ein Surrogat zu bieten für die vor 2 Jahren unterlegenen Anstrebungen, den Börsenverein im Sinne der Hebung des Sortimentshandels, resp. der Bekämpfung der Schleuderei zu reorganisiren. Nur wenn es gelingen würde, den Verband über das ganze Absatzgebiet des deutschen Buchhandels auszudehnen, nur wenn er die große Majorität nicht nur der Sortimenter, sondern auch der Ver leger für sich gewinnen könnte, nur dann dürfe gehofft werden, daß er seinen Zielen näher rücke. Hr. Schöpping-München berichtete sodann über den Stand des Vereinsvermögens, welches sich gegenwärtig auf 2590 M. 70 Pf. beläuft. Nach Berathung einiger interner Angelegenheiten schritt man zu der Wahl eines Vorstandsmitgliedes und eines Stell vertreters für die ausscheidenden Hrn. Karl Schöpping (München) und vr. I. Hoffmann hier, welche beinahe einstimmig wieder gewählt wurden. Der Vorstand besteht nun für das nächste Vereinsjahr wieder aus den Herren A. Kröner (Vorsteher), K. Schöpping (Cassirer) und Limbarth-Wiesbaden (Schrift führer) und deren Stellvertretern vr. I. Hoffmannn, Wild- Wirth aus Zürich und I. G. Kötzle (Laupp'sche Buchhandlung) ans Tübingen. Die Generalversammlung schloß kurz, nach 11