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141, 22. Juni. Nichtamtlicher Theil. wir unfern Ruhm und unfern Vortheil zu suchen. Die Verleger, durch welche doch hauptsächlich das Börsenblatt von jeher er halten und zu der jetzigen Blüthe geführt wurde, müssen er kennen, daß allein in der Verbreitung, nicht in der Geheim haltung unseres Blattes das Heil liegt, müssen sich ermannen und gegen den Beschluß der Cantateversammlung Protest er heben. Sie geben, thun sie es nicht, eine Macht aus den Händen, die von großer Bedeutung ist. Der Beschluß der Cantate- Versammlung beruht nicht aus allseitiger, eingehender Erwägung: darum schließen wir in der Hoffnung seiner Wiederaushebung. H. H- Ein Mustrr-VcrlagSkatalog. Die Bibliographie d. h. die Jnventarisirung der geistigen Vorrathskammern der Völker (in denen freilich neben Gold und Silber auch viel Kupfer und Blech aufgestapelt ist) ist zwar nur eine Hilfswissenschaft, aber eine um so unentbehrlichere, als jene Vorräthe von Jahr zu Jahr, von Jahrhundert zu Jahrhundert, immer riesigere Dimensionen annehmen, trotz des wohlthätig ver nichtenden Zahnes der Zeit und der viel verschlingenden Stampse des Papiermüllers. In Deutschland, dem vielschreibenden Lande, ist folgerichtig auch diese Wissenschaft mit ebensoviel Liebe als Geschick gepflegt worden; keine Nation besitzt so umfangreiche, mannigfache und praktisch angelegte Bücherlexika, als wir: die Meßkataloge, Hein- sius, Kayser, die altbewährten Hinrichs'schen Kataloge, die Engel- mann'schen und viele andere Fachkataloge. Die Grundlagen aller dieser bilden neben den Novitätenlisten die eigenen Verlags - kataloge der einzelnen Firmen. (Eine werthvolle Sammlung solcher — über 5000 Stücke — besitzt die Bibliothek des Börsen vereins.) Seit etwa 20 Jahren macht sich in der Bearbeitung derselben eine höchst erfreuliche Wandlung bemerkbar: bibliographische Ge wissenhaftigkeit ist an die Stelle der früheren Sorglosigkeit getreten; das Buch als Individuum ist auch in den Katalogen mehr zur Gel tung gekommen. Der ansehnlichen Reihe vortrefflicher Verlagskatalogc ange sehener Firmen hat sich in den letzten Tagen aufs würdigste ange schlossen der „Verlagskatalog von Joh. Ambr. Barth in Leipig 1780 — 1880". Wahrlich, ein echter und rechter Jubiläumskatalog nach Be arbeitung und Ausstattung, durch welchen der derzeitige Inhaber der Firma nicht nur der Geschäststüchtigkeit seiner Vorfahren, sondern auch seiner pietätvollen Anerkennung derselben ein schönes Denkmal setzte. Es ist nicht nöthig, den Buchhandel auf die Bedeutung des älteren und neueren Barth'schen Verlags aufmerksam zu machen; dieser Bedeutung entspricht der vorliegende Index nach allen Seiten. Es ist ein stattlicher, mit geschmackvollem Einband versehener Quartband, geschmückt (wenigstens in dem uns vorliegenden Exemplare auf großem Papier) mit den Bildnissen der Vorbesitzer: Joh. Ambr. Barth (gest. 1813), Wilh. Ambr. Barth (gest. 1851), vr. Adolf Ambr. Barth (gest. 18KS) und mit den 9 verschiedenen Signeten, deren sich die Firma im verflossenen Jahrhundert bediente. Die Vorrede gibt Nachricht von den Lebensumständen der Besitzer und der Entwickelung des Verlags. Der letztere, einschließlich alter vergriffener Artikel und alter früherer Auslagen, sowie der Commissionsartikel, ist auf Seite 1 — 180 alphabetisch verzeichnet und zwar mit seltener bibliographischen Genauigkeit, Tact und Sachkenntniß. Ein hervorragendes Ver dienst hat sich der Bearbeiter dieses Verzeichnisses insbesondere dadurch erworben, daß er von den beiden berühmten Zeitschriften S6S7 des Barth'schen Verlags: Gilbert - Poggendorss's Annalen der Physik (seit 1799) und Erdmann-Kolbe's Journal sür praktische Chemie (seit 1828) eine Peinlich genaue Collation gibt, selbst mit Angabe der (gar nicht seltenen) Irrungen in der Numerirung der Tafeln u. s. w. Namentlich die Antiquare werden ihm sür diese mühevolle Arbeit ganz besonders Dank wissen; sie kennen ja aus leidiger Erfahrung den Verdruß und Zeitverlust, der aus dein nicht zu umgehenden Collationiren solcher umfänglichen und in ihren einzelnen Abtheilungen oft genug verkehrt, confus und unzu verlässig bezeichnten Reihen von Zeitschriften ihnen zu erwachsen Pflegt und der durch die oben erwähnte Collation ihnen wesent lich erleichtert wird. Ein sehr zweckmäßig geordnetes Sachregister auf Seite 181—208 macht den Beschluß des auch in typographischer Be ziehung vorzüglich ausgestatteten Bandes. Möge die Firma I. A. Barth auch am Schluffe ihres zweiten Jahrhunderts eben so blühen, wie heute am Schluffe des ersten Jahrhunderts! U. Miscellen. Aus Leipzig. Inden ersten Tagen dieses Monats hat sich an unserer Universität in aller Stille eine Veränderung vollzogen, die bei ihrer Bedeutung sür das geistige Leben der hiesigen Gelehrten kreise auch den gesammten deutschen Buchhandel interessiren muß und in diesem Blatte nicht unerwähnt bleiben dars. Die Aka demische Lesehalle ist nämlich aus ihren bisherigen, sehr beschränkten Räumlichkeiten in die weiten Säle llbergesiedelt, welche bisher das archäologische Museum inne hatte, und damit zu einem Institut ersten Ranges erhoben worden. Aus kleinen Anfängen entstanden, hauptsächlich aus Anregung des Hrn. Geh. Hofrath Professor vr. Overbeck, hat sich die Lesehalle unter seiner unaus gesetzten Fürsorge und Leitung und begünstigt durch die mit jedem Jahre steigende Frequenz der Universität zu einem nicht unwesent lichen Bildungssactor erhoben, dessen Bedeutung auch von dem sächsischen Cultusministerium durch Bewilligung des neuen Locales Rechnung getragen worden ist. Die neue Lesehalle umfaßt außer dem imposanten Zeitungssaale noch eine den Fachzeitschriften gewidmete Anzahl Räume, in denen zusammen über 300 wissen schaftliche Zeitschriften und gegen 150 Zeitungen und Journale ausgelegt werden, die außer den Universitätsangehörigen jeden: Gebildeten zugänglich sind. War es bisher wegen der beschränkten Localitäten nur in sehr bescheidener Weise möglich, den Besuchern der Lesehalle auch die neuesten Erscheinungen des Buchhandels vor die Augen zu führen, so will der Vorstand von jetzt ab diesem Gebiete eine besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Zu diesem Zwecke ist Hrn. Alfred Lorentz, der bisher schon die Auslage neuer Bücher aus der Lesehalle besorgte, die ausschließliche Besugniß ertheilt worden, vom l.Juli an in einem besonders dazu reservirtcn Saale des Instituts eine permanente Ausstellung wissenschaftlicher Novitäten des deutschen und ausländischen Buchhandels zu eröffnen. Bei der Schwierigkeit für zahlreiche Freunde der Literatur, sich fortlaufend leicht und bequem über die neuesten Erscheinungen ihres Faches zu informiren, kommt diese permanente Bücherausstellung einem wirklichen Bedürsniß entgegen und wird daher von allen Seiten mit lebhafter Freude begrüßt. crr--' Beiträge zur Geschichte des Buchhandels und der Buch druckerkunst — Biographisches — Aussätze aus dem Gebiete der Preßgesetzgebung, des Urheberrechts und der Lehre vom Ber- lagsvertrag — Mittheilungcn zur Bücherkunde — Schilderungen aus dem Verkehr zwischen Schriftstellern und Verlegern — sowie statistische Berichte aus dem Felde der Literatur und des Buch handels finden willkommene Ausnahme und angemessene Honorirung. — Die gewöhnlichen Einsendungen aus dem Buchhandel werden nicht honorirt, SV8*