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1482 Nichtamtlicher Theil. ük 91, 22. April. Der Vorwurf, welchen in dieser Beziehung Schürmann den genannten beiden Abgeordneten macht, ist ein nur zu gerechter, und mit Grund sagt er, daß deren Reden über die Pflichtexemplare an die Rede des Abgeordneten Braun-Wiesbaden über das Nachdrucks gesetz erinnern, — wenn er bannt freilich auch das Härteste sagt, was über die Ausführungen der Hru. Oncken und v. Schulte gesagt werden kann. Schürmann widerlegt dieseAusführungcnausdasschlagendsteund eingehendste und wir empfehlen den Artikel allen Angehörigen des Buchhandels zur eigenen Lectüre und zur Verbreitung auch in an dere Kreise. Eines freilich hat auch Schürmann übersehen, den sehr geehr ten, aber über den vorliegenden Gegenstand sehr mäßig sich belehrt habenden Herren entgegeuzuhaltcu: dieselben verwiesen auf die in Frankreich und England erhobenen Pflichtexemplare, gegen welche in keinem dieser Länder eine Klage laut geworden. Aber nach der französischen und englischen Gesetzge bung beruht der Schutz eines Preßerzeugnisses gegen Nachdruck auf solcher bei dessen Erscheinen zu geschehen den Ablieferung von Pflichtexemplaren. Die deutsche Nachdrucksgesetzgebung kennt solches Bedingniß nicht; ja das Parlament des Norddeutschen Bundes hatte bei der Bcrathung des jetzigen Nachdrucksgesctzes den Antrag: den Schutz gegen Nach druck von der Ablieferung von Pflichtexemplaren abhängig zu machen, abgclehnt, weil dies einen Widerspruch gegen das Prinzip involviren würde, auf welchem in Deutschland der Schutz des literarischen Ei genthums überhaupt beruht. Hat Hr. Schürmann diesen Umstand übersehen, so ist es beson ders zu bedauern, daß im Reichstage, wo allerdings diese Hinwei sung aus Frankreich und England bei den Nicht-Eingeweihten Ein druck machen mußte, die Verhältnisse nicht sofort klargelegt und den Herren Oncken und v. Schulte sogleich ein Spiegel vorgchalten wurde, in welchem sie als die mit der ganzen Angelegenheit wenig Vertrauten vor dem Parlamente erschienen sein würden. Ob bei der bevorstehenden dritten Lesung des Preßgesetzcs die Bestimmung wegen der Pflichtexemplare fortfallen wird — wir bezweifeln es, wie die Dinge nun einmal verfahren sind; das Eine sei aber doch ausgesprochen, daß die Bundesregierun gen der Aushebung der Pflichtexemplare nicht widersprechen, die Vorstände der staatlichen Bibliotheken selbst aber die Aufhebung auf das freudigste im Interesse der Bibliotheken selbst begrüßen würden. — nZ— Misccllen. Zahlen beweisen. — Nach dem in Nr. 83 d. Bl. veröffent lichten Jahresbericht 1873 unseres allgemeinen Unterstützungs- Vereins betragen bei einer Jahres-Ausgabe von 10,120 Thlrn. und der Verwaltung eines Reserve-Fonds und mehrerer Stiftungen von zusammen etwa 52,000 Thlrn. die Unkosten 276 Thlr., also etwas über ZH Procent. Nach dem in Nr. 76 veröffentlichten Rechnungs-Abschluß 1873 des Allgemeinen Deutschen Buch handlungs-Gehilfenverbands betragen bei einer Einnahme re. von zusammen etwa 5000 Thlrn. die Unkosten 254 Thlr., also nicht ganz 5 Procent, d. h. die Unkosten des Gehilseuverbandes sind beinahe 9 mal so hoch, als die unseres Unterstützungsvcreins; das sollte doch auch dem Befangensten die Augen öffnen! x. Hr. Edwin Troß in Paris hat, wie die Allgemeine Zeitung berichtet, eine interessante Entdeckung gemacht, nämlich die bisher gänzlich unbekannte Original-Ausgabe des vierten Buches von Ra belais, unter dem Titel: I>s gnurt livrs ckss juistr et ckiotr Us- rcüguss än noble UantuKrnsl. Lornposs pur U. kruv^ois Rabelais, voeteur en Ueäieins et Lalloisr äes Islss Uisres. -4 Rz-on, I/an mil einig eens guarants buiot. In-16., 48 keuillsts non ebillrds. Weder die Ausgabe noch der Text, den sie enthält, waren bis jetzt von den Bibliographen citirt; sic umfaßt nur einen Prolog und 11 Capitel, während die Ausgabe von 1552 einen längeren Prolog, eine Dedication an Odet Cardinal de Chastillon und 66 Capitel enthält. Die Einleitung der neu aufgefundcnen ersten Ausgabe ist eine ganz andere, und der Text des Buches ist sehr verschieden von dem bekannten. Der kostbare kleine Band war mit einem Exemplar der guten Ausgabe des Rabelais, Valence 1547, 3 kartiss, zu sammen gebunden. Er ist in den Besitz eines sehr bekannten Pariser Bibliophilen, des Hrn. I. de R * *, übergcgangcn. Zeitungs-Jubiläum. — Eine der ältesten Zeitungen Thüringens und Deutschlands zugleich, die „Jena ische Zeitung", feiert am 26. April ihr 200jähriges Jubiläum, und wird, wie wir vernehmen, an diesem Tag eine Festnummer als die erste des 201. Jahrgangs ausgeben. Das Blatt hat während der langen Zeit seines Bestehens äußerlich und auch theilwcise hinsichtlich des Titels manche Wandlung zu bestehen gehabt, aber was ihre Ten denz anbclangt, so gehörte sie stets in die Avantgarde der liberalen Streitgcnossen. Was noch besonders interessant bei diesem Jubiläum erscheinen muß, ist die Thatsache, daß die Zeitung seit ihrer Grün dung, also seit 200 Jahren, ununterbrochen in der Familie Neuen hahn cxistirte, so daß der jetzige Chef und Redactcur, Hr. A. Neuen hahn, mit einer seltenen Gcnugthuung auf das bevorstehende Jubi läum blicken kann. (Allg. Ztg.) Personalnachrichten. Der „Verein jüngerer Buchhändler zu Breslau" hielt am 2. April d. I. seine statutenmäßige Generalversammlung ab, und wurden in derselben die Herren B. Zander (bei F. Karsch) als Vorsitzender, G. v. Aigner (bei E. Morgenstern) als Schriftführer, und P. Alsleben (bei Maruschke L Bcrendt) als Caffirer in den Vorstand gewählt. In der am 31. v. Mts. abgehaltencn Generalversammlung des Buchhandlungs-Gehilfenvereins „Novität" in Frankfurt aM. wurden in den Vorstand gewählt die Herren Rud. Neumann (bei I. Alt) als Präsident, Ad. Detloff (ebcnd.) als Schriftführer, und Jul. Zeiger (in der Jäger'schen Buchh.) als Cassircr. In der am 9. April stattgefundencn Generalversammlung des Buchhandlungs-Gehilfenvereins „Ulk" in Stuttgart wurden für das Sommer-Semester 1874 in den Vorstand gewählt: Carl Thenn (in der Cotta'schen Buchh.) zum Präsidenten, Georg Eichmann (bei P. Neff) zum Schriftführer, und R. Witzendorf (in der Cotta'schen Buchh.) zum Cassircr. — Der Verein zählt zur Zeit 47 Mitglieder. Briefwechsel. Herrn L. H. in Z. — Ihre gefällige Anfrage: „ob ein Privat-Gcsang- vcrei», der sich für den eigenen Gebrauch einzelne Stimmen von Gesangwerken abschreiben oder auf eine sonstige mechanische Art ver vielfältigen läßt, straffällig werde", ist ganz entschieden mit Ja zu beantworten, denn im H. 4. des deutschen Gesetzes zum Schutze des Urheberrechts vom I I. Juni 1870 steht mit klaren Worten zu lesen, daß jede mechanische Vervielfältigung eines Schriftwerkes (gleichviel ob ganz oder nur theilwcise), welche ohne Genehmigung des Berechtigten hergestellt wird, Nachdruck heißt und verboten ist; sowie ferner, daß als mechanische Verviclsältigung auch das Ab schreiben anzusehen ist, wenn es dazu bestimmt ist, den Druck zu vertreten. Der von Ihnen erwähnte Umstand aber, daß der fragliche Verein die Vervielfältigung nur für den eigenen Gebrauch im Verein veranstalten und eine anderweitige Verbreitung sich nicht zu Schulden kommen ließ, bleibt für die Beurtheilung der vorliegenden Frage völlig gleichgültig, indem durchaus nicht der etwaige Vortheil aus einer Vervielfältigung den verbotene» Nachdruck charakterisirt. sondern lediglich die Verletzung des ausschließlichen Vervielfältigungrechtcs des Urhebers.