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2724 Nichtamtlicher Theil. ^ 172, 28. Juli. bey 1HH Gr. von dem Thaler gewißlich nicht zu Grunde gehen." Auch die etwaige Capricc der Buchhändler, mit der Dessauer Firma nicht verkehren zu wollen, wird dieser nicht schaden, sofern ihr nur die Gelehrten treu bleiben. Für das Unternehmen noch be sonders wichtig würden die Berichte sein, die vom 1. April ab von der Buchhandlung ausgegeben werden sollen. Sic bringen Selbstrecensionen ihrer Schriftsteller, Nachrichten über das, was der Gelehrte unter der Feder hat, und über das, was ihm und der Buch handlung Gutes oder Böses widerfährt. Es wird da Gelegenheit sein, gegen halsstarrige Buchhändler zu Feld zu ziehen. Also nur „beherzt"*) vorgegangen. Die Buchhandlung der Gelehrten ist nicht zaghaft, seien es auch die Gelehrten nicht. Während auf diese Weise Reiche die Bedenken Befreundeter erledigte, gab ein besonderes Blatt noch dem „gesitteten Publi kum" von den „Berichten"Kundc und forderte zum Abonnement auf. Zn derselben Zeit hatten sich auch bereits Gelehrte gefunden, die von dem Dessauer Anerbieten Gebrauch machen wollten, darun ter einige Namen von gutem Klang, so Ancillon, Bahrdt, Bcrtnch, die Musiker Reichardt und Rust. Auch Semlcr, das früher genannte Opfer buchhändlerischer Gewinnsucht, brachte Etwas und zwar gleich drei Werke auf einmal. Reiche, der stets ungenannt bleibt, zeigte ebenfalls ein Werk an, eine synchronistische Weltgeschichte in sechs Bänden. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Magister Reiche von der Vortrefflichkeit seiner Idee ganz erfüllt und ein durchaus ehren hafter Mann war. Dies beweist die Thatsache, daß er nicht, wie er doch als Erfinder wohl gekonnt, sich ganz frei und selbständig an die Spitze des Unternehmens stellte,**) sondern, wie es scheint, selbst den Fürsten Franz bat, zwei Männer seines Vertrauens zu Oberauf sehern zu ernennen. Dieser Bitte um einen Aufsichtsrath, dessen schon im Privileg vom 18. Januar gedacht wird, gab der Fürst Franz Folge und bestimmte hierzu den Hofrath Leopold Hermann und den Amtsrath de Maröes, beide in Dessau. Die „Nachricht" erwähnt diese beiden Männer als designirtc Aufsichtsräthe, und wie im Laufe des Frühjahrs trotzdem einige Bedenken in Gelehrtcn- kreisen laut werden, ob denn die Gelehrtenbuchhandlung auch wirk lich den Gelehrten zahlen werde, was sie ihnen schuldig sei, da ver säumt das erste Stück der in Aussicht gestellten Berichte (vom Monat April) nicht die Gelegenheit, die völlig selbständige Stellung der beiden fürstlichen Oberaufseher zu betonen und noch daran zu er innern, daß ja jedem Gelehrten, der mit der Dessauer Firma iu Verbindung tritt, das Recht zustehe, sei es Persönlich, sei es durch Andere die Wahrheit der Angaben der Gelehrtenbuchhandlung zu prüfen. Ueberdies hatte sich der Erfinder des Plans noch einen Inspektor setzen lassen, den Candidaten der Theologie Karl Sieg mund Ouvrier, einen überaus gelehrten und braven Mann, der sich erboten hatte, noch vor der Ostermesse 1781 folgenden Eid zu leisten: *) Hier macht das Reiche'schc Elaborat folgende Anmerkung: Ein guter redlicher Buchhändler sagte, da er dieß „beherzt" hier las: — „Der Gelehrte ist ein Hausthier und zahm wie diese Thiere alle sind: zahm wie der Haushund, wenn ihm der Brodherr einen Bissen Brods darreichet." — „Ich lache derowegen über euren Einsall, und biethet der Verleger dem Gelehrten ein Stück Geld; so sollt ihr sehn, so ist sein Muth auch wieder abgekühlet." Die Erfahrung wirds ja geben, ob dieser Mann hier richtig denkt, ob unsre Gelehrten Haushunde sind, und ob sie in dem Brode ihrer Hausherren bleiben wollen. **) „Der Erfinder des Plans und der, der auf seine Gefahr alles an geordnet, und bisher ausgeführet hat, auch zu seinem Schaden oder Vortheil alles übrige noch fernerhin ordnen und vollführcn will, (er crröthct best den so großen und allgemeinen Lobsprüchen, die der Gelehrte und der Künstler io einmüthig dem Erfinder machen,) ist vor etwan acht Jahren der Eitelkeit und des Ehrgeizes beschuldigt worden; hat sich, weil dies unverdiente Kränkung war, in Dunkelheit und Finsterniß gehüllet; und mag öffentlich in dieser Welt nicht mehr genennet werden." Berichte d. B. d. G. 1781. 1. Stück S. 5, 6. „daß er der gedruckten Nachricht getreulich nachleben und jede Un richtigkeit und Unbilligkeit, die er an den Factoren und überhaupt in der Handlung bemerken möchte, sofort abändern oder der fürstlichen Regierung melden wolle". Auch Herr Steinacker, „der hier mit dem Buchhandel lange schon beschäftigt ist", und der Erfinder des Plans wollten als Factoren der Handlung diesen Eid schwören, ebenfalls noch vor der Messe.*) Hieran knüpft das erste Aktenstück des Oberlandesgcrichts an. Die drei letztgenannten Männer wenden sich an die Behörde und bitten (20. April 1781), da die Jubilatcwochc vor der Thür ist, ihnen den zugesagten Eid nun abzunehmeu. Diese Eidesleistung erfolgte dann am 28. April. (Fortsetzung folgt.) Gegen ungehörige Becintriichtigung deö Sortimenters. In neuerer Zeit ist seitens des General-Postamtes eine Einrich tung getroffen worden, welche es den Postbeamten ermöglichen soll, literarische Werke zu bedeutend ermäßigtem Preise in Credit, gegen monatliche Abschlagszahlungen an besondere Postcassen, zu be ziehen. Mau bedient sich dabei folgenden Verfahrens: Eine Postdircc- tion setzt sich mit einer Bcrlagshaudluug in direkte Verbindung, um für ein bestimmtes Werk gegen Verpflichtung zur Abnahme einer größeren Anzahl Exeniplarc die Gewährung günstigerer Bedingun gen zu erzielen, und offerirt dieses Werk den Herren Postbeamten dann wohl zum Buchhändlcrncttopreise, wenn nicht gar noch wohl feiler. EinWcrk von allgemeinem Interesse, dessen Ladenpreis 40Thlr. ist, wurde z. B. für 28 Thlr. angcboten. Eine solche Concurrenz darf vom Buchhandel nicht unterschätzt werden. Viele Beamte rcslectircn auf derartige Offerten, khcils aus Bedürfniß, thcils vielleicht, um sich bei den Vorgesetzten beliebt zu machen, theils, wie sich nicht leugnen läßt, schließlich auch iu der Ab sicht, durch Verkauf des completen, nach und nach zu bezahlenden Werkes augenblicklich eine größere Summe zu erhalten. Wiederholt mir zugegangenc Mittheilungen, wonach einerseits die auf solche Weise von Postbeamten bezogenen Werke von diesen sofort wieder verkauft wurden, andrerseits Telegraphen- und Regierungsbeamte Bücheroffertcn mit dem Bemerken zurückwicsen, daß sie sich durch Vermittelung dieses oder jenes Postbeamten das Angcbotene weit billiger verschaffen könnten, bestätigen das Gesagte. Wohin das führen soll, wenn dieser „Uebereifer" des General- Postamtes bei anderen Behörden, auf Universitäten, bei Vereinen re. Nachahmung findet, ist leicht abzuschcn; der Sortimenter kann dann nur ruhig seine „Budike" schließen, die Bücherkäufer werden ihn schwerlich noch vermissen. Es muß demnach dieser Angehörigkeit, der Beeinträchtigung un seres Gewerbes durch eine Behörde, mit aller Entschiedenheit von uns entgegeugetreten werden. Sollte nun von den Vertretern des Buchhandels nichts geschehen, so wäre cs wohl zeitgemäß, mit Hilfe des Börsenblattes Schritte zur Einbringung einer Petition an den Reichstag zu thun, in welcher Beschwerde gegen solch' unberechtigte Concurrenz erhoben würde. L. Pcrsonalnachrichtcn. Herr Anton Beer, Besitzer der Verlagsbuchhandlung von Im. Tr. Möller in Leipzig, hat vom Kaiser von Oesterreich das Ritterkreuz des Franz-Josefs-Ordens erhalten. *) Steinacker war ursprünglich Kaufmann, befaßte sich aber wie einige Buchbinder und der Hofbuchdrucker Heybruch auch mit Bücherverkauf. Vgl Siebigk, ein Bild aus Dessaus Vergangenheit. Dessau 1864.