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10l5 46 1016 V. Hierauf ging der Vorsteher zu einem andern Gegenstände über und bevorwortete denselben wie folgt: „Es wird Wenigen unter Ihnen entgangen sein, w n sich in unserer Zeit bei Gelegenheit des vermehrten und an sich lo- benswerthen Strebens, die Schätze unsrer altern Literatur durch neue zeitgemäße Ausgaben wieder in Umlauf zu bringen, die beklagenswcrthesten Conflicle zwischen Verlegern unter einander, zwischen den Verlegern und Autoren oder deren Kindern und Enkeln, ja selbst zwischen den Enlscheidrngen der Verwaltungsbehörden und der Gerichte ergeben haben. Diese Verschiedenheit des Rechts und der Ansichten ko-nmt niemanden gelegner, als denen, die gern im Trüben fischen und in der Verwirrung nach Allem greifen, was sie glaibcn erlangen zu können. Auf der andern Seite werden von den Vcrtheidigern des ewigen Verlagsrechts der Schriftsteller und ihrer Nachkommen so übertriebene Ansprüche gemacht, und zum Thcil schon auf dem Wege Rechtens verfolgt, daß der Buchhandel in diesem entgegengesetzten Treiben in das ärgste Gedränge kommt. Es scheint daher die höchste Zeit, daß auf dem Wege der Gesetzgebung der schon so lange ersehnte gleichförmige literarische Rcchtszustand für ganz Deutschland herbeigefühct werde. Nun hat zwar die hohe deutsche Bun desversammlung für das nächste Jahr eine solche Feststellung verheißen; doch scheint es nicht überflüssig, daß unser Ver ein in seiner heutigen Versammlung sich darüber ausssceche, wie bedauerlich und für das Gedeihen des Buchhandels, die Einigkeit seiner Mitglieder und die Ehre des ganzen Standes gefährlich der gegenwärtige Zustand sei, und daß er den Vorstand beauftrage, im Verein mit einigen andern zu diesem Zwecke ihm zuzugesellenden Mitgliedern eine Petition an die königl. sächs. Regierung, welche unfern Verein allein anerkannt und die Interessen desselben stets huldvoll wahrgenommen hak, zu entwerfen und einzuscnden, des Inhalts: Dieselbe möge die gegenwärtige Rechtsunsicherheit und NcchtSverschiedenheit und deren schädliche Rückwir kung nicht bloß auf den deutschen Buchhandel im Allgemeinen, sondern auch auf das Leipziger Eommissions- gcschäft insbesondere gnädigst in Erwägung ziehen, und diesem Zustande thcils durch eigene Gesetzgebung, theils durch ihre Verwendung bei anderen hohen Negierungen und nach Befinden beim hohen deutschen Bun destage ein Ende zu machen suchen." Dieser Vorschlag wurde einstimmig gut geheißen, doch entspann sich darüber eine Verhandlung, an deren Schlüsse das Amendement des Herrn H. Brockhnus, in der beantragten Eingabe den Wunsch auszusprcchen: „daß sich das neue Gesetz der preußischen Gesetzgebung anschließen, den dort ausgesprochenen Schutz als ein Maximum anerkennen, die bemerkbaren Lücken aber ausfüllen möge," von der großen Mehrzahl angenommen wurde. Es sollte demnächst der Vorstand mit dem Wahlausschüsse zusammcntretend nach §. 43. des Statuts einen zweiten außerordentlichen Ausschuß erwählen, dem die föcdersamste Bearbeitung dieser Denkschrift aufzutragen sei. VI. Die von Hrn. Fr. Fleischer zuerst dem Vorstande mitgetheilte Idee, eine Sammlung aller auf das vierte Jubiläum der Erfindung der Buchdruckerkunst bezüglichen Schriften und Kunstblätter zu veranstalten, und für uns und unsere Nachkommen auf der Buchhändlerbörse niederzulegen, fand allgemeinen Anklang, und es wurde der Vor stand ermächtigt, die betreffenden Verleger um Milthcilung solcher Schriften w. anzugehen. Man glaubte sich jetzt, nach einem Jahre, wo das Interesse des großen Publikums für diesen Gegenstand längst erloschen sei, zu der Hoff nung berechtigt, daß die resp. Verleger der Aufforderung des Vorstandes bereitwillig entsprechen und diesen schönen Zweck fördern helfen werden- Auch wird eine Liste der Gaben angefertigt, und eine Ausstellung derselben in der nächsten Ostcr- messc veranstaltet werden. VII. Der Antrag, die bisher durch Herrn Dnrth bewirkte Einsammlung von Beiträgen der auswärtigen Buchhändler für die Leipziger Armen dadurch zu vereinfachen, daß die Börsenkasse mit einer zu bestimmenden Summe dafür aufkommc, ward nicht genehmigt, sondern beschlossen, in dieser Beziehungauch in Zukunft den bisherigen Weg zu befolgen, die Beiträge der Mildthätigkeit der Einzelnen zu überlassen und Herr Vcrrth ersucht, der bisherigen Mühwal- tung mit seiner anerkannten Gefälligkeit auch ferner sich zu unterziehen. VIII. In der Reihenfolge der Tagesordnung theilte Herr Klirl Reimer eine von ihm aufgefaßte Idee mit, wie die Buchhändler durch Vermeidung von Verlagsgeschäften mit den Eensoren ihre Abneigung gegen das Institut der Eensur aussprechen könnten. Diese Idee fand vielfachen Widerspruch und ernste Mißbilligung, sowohl an sich, als hinsichtlich ihrer Ausführbarkeit; da jedoch kein Antrag damit verbunden war, auch der Gegenstand an und für sich nicht zur Competenz des Börscnveceins sich eignete, blieb die Debatte ohne andre Folgen, als daß Herr Or. Veit den Antrag daran knüpfte: „die Versammlung möge als einen gemeinschaftlichen Wunsch aussprcchen, daß in keinem Bundesstaate ein geringeres Maaß von Preßfreiheit als die Bundesbeschlüsse bedingen, stattfinden möge." Da es unmöglich schien, über diese Angelegenheit zum Schlüsse zu kommen, auch noch die Besprechung wegen der Thalectheilung offen stand und die Zeit zu weit vorgerückt war, um heute damit weiter vorzuschreiten, so wurde eine