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für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börfenvereins. W'62. Freitags, den 6. Juli 1838. An mein e Collegen als derzeitiger xrimns int er psres. Die durch Stimmenmehrheit auf mich gefallene Wahl in letzter Jub.-Messe zum Börsenvorstehcr veranlaßt mich nun, nachdem ich mich vom ersten Schreck und Staunen über das mir so unverhofft und unerwartet zu Theil gewor dene Loos erholt, und dringende Geschäfte, die meiner zu Hause warteten, beseitigt habe — noch einmal Worte des Dankes für das mir erzeigte Wohlwollen und Vertrauen hiermit auch öffentlich auszusprechen, dann auch meine durch die vieljährige Praxis zwar ziemlich bekannt gewordenen Ansichten und Grundsätze im Allgemeinen und fürs Allge meine auszusprechen, damit diejenigen unserer Collegen, welche mich nicht näher kennen, wissen, was sie während der Zeit, in welcher ich den Ehrenposten zu bekleiden habe, meiner Seils und verkommenden Falls erwarten dürfen auch in Erfüllung der mir nun obliegenden besondern Pflichten, so weit Einsicht und Kräfte reichen. Durch unser nun gedrucktes, von Seiten Königl. Sächs. Regierung anerkanntes, jedem Vörsenmitgliede zu gesandtes neues Statut ist zwar die Form vorgezeich- net, in welcher der sämmtliche Vorstand unsers Böcsen- vereins seine Functionen zu verrichten hat und wonach auch jeder Einzelne dieses Vorstandes weiß, was ihm obliegt — jeder Einzelne des Vereins überhaupt, was er nach diesen sich selbst gegebenen Gesetzen äußerlich zu befolgen hat. Allein welche Verbindlichkeiten nun der Geist unsers Vereins zu erfüllen, welche strenge Rechenschaft ec über die Art und Weise seiner Wirksamkeit, seines Handelns zum gedeihlichen Bestehen nicht nur, sondern auch 5r Jahrgang. zum ehrenvollen und tüchtigen Feststehen sich zu geben hat — das ist's, was mir, wie jedem meiner Collegen, die das Institut des Deutschen Buchhandels, das uns von unseren Vordern überliefert worden, in gleichem Sinn un^ Geist, und was die Zeit erfordert in vielverzweigter A"'-dehnung weiter zu führen sich verpflichtet fühlen — das ist's, was uns am ersten am Herzen liegen muß. Dieser Geistund Sinn, das beste Erbtheil dieser unserer Vor dem, bestand darin, in einfacher, schlichter Weise ihr Ge schäft nach eben so einfachen, schlichten Regeln zu betrei ben, aber hauptsächlich und im Ganzen ihres Standes Ehre und Würdeim Auge zu behalten. Wir müssen gestehen, unser Geschäft hat seit einer Reihe von Jahren durch den großen Umschwung der Dinge und die ihm wieder gewordene Freiheit Glück und dadurch auch Zuwachs im Allgemeinen und Besondern auf bedeu tende Weise sich zu erfreuen gehabt, allein es steht nun wie Herkules am Scheidewege: ob cs sich seines Glückes über- hcben, dasselbe überschätzen, ob es seinen Zuwachs ins Ungemessenc noch ferner erweitern kann und darf; ob der Einzelne sich in seinem Glücke übermülhig vom Ganzen scheiden, das Ganze in seiner überspannten Ausdehnung sich vom Einzelnen lossagen, also Jeder nach seinem Gut dünken am Ende nur seinem Egoismus stöhnen und um des glänzenden Bestehens willen, und im täuschenden Gefühle seiner Selbstständigkeit und Kräfte, seiner indivi duellen, wenn auch nicht bessern Einsicht durch gänzliches Abwcichen von Herkommen, Recht und Sitte folgen darf. Das sei ferne, und würde Tod und Auflösung unaus bleiblich zur Folge haben; cs ist leider jetzt schon Klage ge nug über Mangel an Gemcinsinn, Mangel an Biederkeit, 105