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«WWWWMWMVNWW>-^W>^., Donnerstag, 22. Ottober 1SV8. VH! it» 380» ullutt vmntul Nr. 247. Dritter Jahrgang stuer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge v«Ew^...ch«R-d-kt-u-- wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. M di. >s.r°».°«an,wörtlich- —— H«e vkU« M>s Walter sie»»» Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittag, von 4—s Uhr. — Telegramm.Adresse: Tageblatt Aue. — Fernsprecher in Au, i. Lr,aeb beide in Aue i. Lrzgeb. Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. " Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Haus monatlich so ffg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich 40 pfg. und wöchentlich >o pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich »so Mk. — Durch den Briefträger frei in» Haus vierteljährlich >.Y2 Mk. — Einzelne Nummer >n pfg. — Deutscher Postzritungs- katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bi» spätestens 4'/. Uhr vormittags. Air Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei «ns eingehen. Jnsertionrpreir: Vie fiebengcspaltene Rorpuszeile oder deren Raum >o pfg., Reklamen rs pfg. Bei größeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Viese Arrinnrer «rnser^r S Seit«« -- .^7-" DaS Wichtigste vom Lage Am heutigen Tage vollendet die Kaiserin ibr 50. Lebens jahr. Am gleichen Tage findet die Vermählung des Prinzen August Wilhelm mit der Prinzessin Ale xandra von Schlesivig-Hoiftem statt. (2. Leilatt. u Tel.) In der Hesingen Sitzung der W a h l r e ch t s d e p u t a 1 i 0 <> der zweiten sächsischen Kammer wurde de ziocite Lesung der Eventualvorlage fortgesetzt. (2. Art. i. Hplbl.) Die Reichsfinanzr efor in gesetzt werden dem Reichs tag, wie verlautet, gleich nach seinem Wiederbe ginn zugch n. Die freisinnige Fraktion des preußischen Abge- 0 rd n e te n h a u s e s hat einen Antrag aus Einstihrung des allgemeinen, gleichen, direkten Wahl rechts mit geheimer Stimmenabgabe eingebracht. * Ministerialdirektor a. D. Wirklicher Geheimer Rat Dr. Alth 0 sf ist am Dienstagabend g est 0 rbe n. Der mit der Lösung der V e r f a s s u n g s f ra g e betraute mecklenburgische außerord, ntliche Landtag ist am Mittwoch ergebnislos auseinaudergegangen. Festtage im Oaiserhame. Die Hochzeit am SV. Geburtstage der Kaiserin. Bunte Girlanden schmücken die Linden in Berlin vom Bran denburger Tor bis zum Schlöffe, von Hunderten Flaggen und Wapvenschildern grüßen im Hellen Scheine der kühlen Oktober sonne die Farben Schleswig-Holsteins. Kaiserin Auguste feiert heute ihren 50. Geburtstag und gleichzeitig an diesem Tage ver Napoleonische Orren. Es ist eine in der allgemeinen Öffentlichkeit gewiß wenig bekannte Tatsache, daß der noch jetzt höchste Orden des König reichs Sachsen, der Hausorden der Rautenkrone, gestiftet von König Friedrich August dem Gerechten am 2V. Juli 1807, auf unmittelbaren Antrieb Napoleons I. und eigens für ihn gestiftet worden ist. Das war also rund sieben Monate nach dem Posener Frieden vom 11. Dezember 1806, der dem Albertinischen Zweige der Wettiner die sächsische Königs krone einbrachte, und wenige Tage nach dem Frieden zu Tilsit zwischen Frankreich und Preußen, durch den Sachftn das Groß herzogtum Warschau erhielt. Vom 13. bis zum 22. Juli 1807 weilie Kaiser Napoleon zum ersten glanzvollen Besuche in Dres den und bei dieser Gelegenheit erhielt er, als erster, auch den Orden. Daß Napoleon für Frankreich am 19. Mai 18^2 den heute noch bestehenden Orden der Ehrenlegion gestiftet hat, der allerdings seitdem mir den Regierungswechsel» in Frankreich oitmale Abänderungen erfuhr, weiß dagegen wohl auch in Deutschland jedermann. Neu dürfte es aber vielen sein, daß Napoleon einmal sogar den altberiihmten Orden vom Goldenen Vlies hat übertrumpfen wollen, und zwar durch Stiftung eines Ordens der drei Goldenen Vliese. Das war nach der Schlacht bei Wagram (5. und 6. Juli 1809), in der der Korse den Erzherzog Karl entscheidend schlug. Meine Adler, so bat er damals geäußert, haben das spanische Vlies und das Vlies der Habsburger erobert, ich will nunmehr für Frankreich einen Kaiserlichen Orden der drei Goldenen Vliese stiften. Es soll mein Adler mit ausgebreiteten Flügeln sein, der in jeder seiner beiden Klauen je eines der alten Vliese hält, die er daoongctragen hat, während er stolz in seinem Schnabel das von mir gestiftete Vlies in die Lüfte trägt. — Am 15. August 180S, seinem Geburtstage, unterzeichnete der Kaiser im Lager Lei Schönbrunn die Errichtungsurkunde des neuen Ordens, der Wesentlich für Kriegs-, daneben aber auch für hohes staats männisches Verdienst bestimmt sein, den aber auch jedes sieg reiche Feldzeichen erhalten sollte. Der Orden ist jedoch nie ver liehen worden und wurde am 27. September 1813 mit der Ehren legion vereinigt und damit begraben. Auch ist nie ein wirk liches Abzeichen des Ordens ausgefiihrt worden. Es gibt nur gezeichnete und farbige Entwürfe dazu. Die neue Stiftung hatte sich nämlich von Anfang an in Frankreich keines Beifalls erfreut «nd namentlich bet den Großadlern und Großofsizieren der mahlt sich ihr Sohn, Prinz August Wilhelm, mit der Prinzessin Alexandra Viktoria von Schleswig-Holstein, also mit einer Prin zessin des Hauses, dem die Kaiserin selbst entstammte. Es ist kein Zufall, daß die Heirat des Prinzen gerade auf heute angefetzt worden ist. Der 22. Ottober ist, wie gesagt, der Geburtstag der Kaiserin, die heute 50. Jahr« alt wird. Sie ist um einige Monate älter als der Kaiser, der die 50 erst im Januar im nächsten Jahre vollendet. Das Eheglück, das dem Kaiserpaare beschicken worden ist, kann als lebendigster Gegen beweis gegen die graue Theorie gelten, nach der der Mann älrer sein soll als die Frau. Am 27. Februar 1881 hat sich die damalige Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein mit dem Prinzen Wilhelm von Preußen vermählt, vor zwei Jahren hat sie ihre silberne Hochzeit feiern können; wenn sie heute auf diese lange Zeit zurückblickt, dann mag sie sich als Gattin und Mutter ihrer von Herzen freuen. Und die Gegen wart spiegelt sich nicht weniger freundlich in ihren, unter dem weißen Haare noch so liebenswürdig frischen Zügen. Mit ihrem Manne sind sechs Söhne um sie versammelt, als jüngstes Kind schließ! sich die auch schon siebzehnjährige Prinzessin an, und zu den beiden Schwiegertöchtern gesellt sich heute als dritte eine Tochter aus ihrem Hause: ihr vierter Sohn bekommt eine ihrer Nichten zur Frau. Die Persönlichkeit der Kaiserin hat der Kaiser selbst einmal im Gespräche mit einer Amerikanerin in scherzhafter Form gekennzeichnet. Das Gespräch war auf die Be strebungen der modernen Frauenwelt gekommen. Beredt wußte die Dame die Frage von der einen und anderen Seite zu be leuchten. Der Kaiser hörte ruhig zu, und als sie geendet hatte, nickte er mit dem Kopf und sagte lächelnd: Ich fühle mich am wohlsten bei der Lösung, die meine Frau in der Frauenfrage getroffen hat. Die hält es nämlich mit den drei K.: Küche, Kinder, Kirche. Prinz August Wilhelm, der noch vor seinem älteren Bruder Adalbert heiratet, wurde am 29. Januar 1887 geboren. Mit seinem nur IsH Jahre jüngeren Bruder Oskar ist er von 1«96 ab bis zur Reifeprüfung im Januar 1905 zusammen er zogen und unterrichtet worden. Am 29. Januar 1905 wurde er großjährig erklärt, im Mai desselben Jahres bestand er das Osfizierexamen und wurde in Potsdam zum Dienst in das 1. Garderegiment eingestellt. Zum Universitätsstudium zog er Ehrenlegion eine gewisse Beunruhigung hcroorgerufen. Napoleon besaß übrigens selbst damals auch schon den spa nischen Orden vom Goldenen Vlies, und zwar seit dem 19. Juli 1805. Er erhielt ihn damals zugleich mit seinen Brüdern Joseph (König von Neapel und Sizilien) und Ludwig (König von Holland), seinen Schwägern, den Fürsten Borghese (Gemahl seiner Schwester Pauline) und Baciocchi (Gemahl seiner Schwe ster Elise) und dem Kardinal Fesch, dem Stiefbruder seiner Mutter. Alle diese Personen haben aber den Orden nicht bis zu ihrem Tode brhalten. Im Oktober 1814 erging nämlich durch den damaligen König von Spanien an den Ordenssekretär ein sehr merkwürdiger Befehl, der dahin lautete, in der Liste der Ritter den Napoleon und die anderen Individuen seiner Familie und seines Hofes zu streichen und das Blatt heraus zureißen, aus dem ihre Namen verzeichnet stehen, damit im Orden keine Erinnerung an sie verbleibe. — Diese geschichtliche Merkwürdigkeit ist erst durch Ausstellung der betreffenden Ur kunde bei der vorjährigen Vliesausstellung in Brügge wieder entdeckt worden. Getragen hat der Kaiser übrigens das spanische Vlies ohne Zweifel nur sehr selten. Er trug überhaupt für gewöhnlich grundsätzlich nur sehr wenige Orden, nämlich das große Band, den Stern und das Kreuz der Ehrenlegion, außer dem dds Kreuz des ebenfalls von ihm gestifteten Ordens der Eisernen Krone. Damit hat es folgende Bewandtnis: Am 17. März 1805 war Napoleon zum König von Italien gewählt worden. Am 20. Mai des gleichen Jahres fand im Dom zu Mailand seine Krönung mit der alten Krone der Lonooüarden, der sogenannten Eisernen Krone statt. Am 5. Juni stiftete er zum Gedächtnisse hieran den Orden der Eisernen Krone, und zwar ebenso wie ursprünglich die Ehrenlegion in drei Klaffen. Nach dem Sturze Napoleons schlief dieser Orden alsbald ein, wurde jedoch am 12. Februar 1816 von Kaiser Franz I. als ein nunmehr kaiserlich österreichischer Orden wieder aufgerichtet und mit neuen Satzungen versehen. Als solcher und als ein sehr angesehener Orden besteht er in Oesterreich noch heut«. Nur bei Fürstenzusammenkünften und ähnlichen festlichen Gelegenheiten hat Napoleon den hohen Orden vom Schwarzen AdlerPreußens getragen, den er als Erster Konsul er halten hatte; damals schickt« König Gustav von Schweden seinen schwarzen Adler mit einem zornglühenden Briefe an Friedrich Wilhelm III. zurück. Bei der eiligen Flucht Napoleons nach der Schlacht bei Waterloo fielen Kreuz und Stern seines schwar zen Adler-Ordens mit den ganzen übrigen Kostbarkeiten, die er mit sich geführt hatte, in die Hände der Preußen. Die» ge dann 1906 nach Bonn. Er widmete sich den Staatswissenfchaften und hat in diesem Juli das Doktorexamen bestanden. Roch während seiner Studentenzeit Weihnachten 1906 verlobte er sich in Glücksburg mit Prinzeß Alexandra von Schleswig- Holstein. Die Braut Prinzessin Alexandra Viktoria gehört der Linie Echleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg an, die mit der Linie Augustenburg in enger Verwandtschaft steht, seit zu Primkenau die Prinzessin Karoline Mathilde zu Holstein-Augu- fteniurg den damaligen Erbprinzen, jetzigen Herzog Friedrich Ferdinand zu Holstein-Glücksburg heiratete. Der Ehe Les Her zogspaares Friedrich Ferdinand find sechs Kinder entsprossen. Die zweit« Tochter ist die Prinzessin Alexandra Viktoria, di« nur um wenige Monate jünger ist als Prinz August Wilhelm. Sie wurde am 21. April 1887 zu Erünholz geboren. Die Kaiserin hat ihrer Nichte Alexandra Viktoria stets eine besonders liebe volle Gesinnung entgegengebracht und Freude daran empfunden, sie recht oft um sich zu haben. Man sagt, daß die Wahl ihres Sohnes auf diese Nichte fiel, habe einem Herzenswünsche der Kaiserin entsprochen. Nach seiner Vermählung wird das Paar in der Villa Liegnitz in Potsdam wohnen. Di« Einholung der Braut ging gestern nachmittag um drei Uhr vom Schlöffe Bellevue aus in der bei den Hochzeiten der Prinzen des Kgl. Hauses üblichen Weise vor sich Die Prinzessin hatte sich vormittags um 11 Uhr 10 Minuten von der Wildpark-Station mit ihrer Mutter mit einem Sonderzug nach Berlin begeben. Die Ankunft der Prin- zissin auf dem Potsdamer Vorortbahnhof erfolgte mittags gegen 12 Uhr. Bon dort begab sie sich in Begleitung ihrer Mutter in einer Hofequipage nach dem Schlöffe Bellevue. Im Schlosse Belle vue erwartete die Kaiserin, die Kronprinzessin, Prinzessin Eitel Friedrich und Prinzessin Viktoria Luise die Braut am Fenster, am Portal stand der Kaiser mit feinen sechs Söhnen. Der Kaiser führte die Braut die Front der Wache entlang und nahm einen Vorbeimarsch der Kompagnie entgegen. Im Schlöffe wurde die Braut von der.Kaiserin und den Prinzessinnen be grüßt. Nach der Ankunft fand Frühstücktafel statt. Schon kurz nach Mittag begann sich die Straße unter den Linden mit Schaulustigen zu füllen. Die Einzugsstraße vom schah m der auf die Schlacht folgenden Nacht bei Eenappe. König Friedrich Wilhelm III. verlieh diese Abzeichen des höchsten preu ßischen Ordens, die der Geschlagene getragen hatte, dem Grafen Neidhardt von Eneisenau, dem unermüdlichen Leiter der Ver folgung. Als Ordensstifter kommt Napoleon I. noch bei einem vier ten Orden in Betracht, nämlich bei dem OrdenderWieder- vereinigung (de la Reunion). Diese Ordensstiftung ge schah am 18. Oktober 1811, anläßlich der Wiedervereinigung der Niederlande mit Frankreich Der König der Niederlande hob ihn im Jahre 1815 förmlich auf. Auch die Nepoten des Kaisers habe» Orden gestiftet, die man infolgedessen wohl als Napoleo nische Orden bezeichnen kann. Da ist zunächst der von Ludwig Napoleon, erstem König von Holland, im Februar 1807 gestiftete KöniglicheOrdenderUnionzu nennen, der am 18. Ok tober 1811 durch den eben genannten Orden der Wiedervereini gung ersetzt wurde. Dann der von Joseph Napoleon am 24. Fe- . bruar 1808 gestiftete Orden beider Sizilien, den Jo sephs Nachfolger, Joachim Murat, beibehielt, den aber König Ferdinand IV. am 1. Januar 1819 durch den Orden des heiligen Georg von der Wiedervereinigung ersetzte, während Joseph im Jahre .1809, als König von Spanien, dort einen neuen König- liä;en Orden von Spanien stiftete, der aber nur wenige Jahre bestand. Ferner stiftete König Hieronymus von W stphalen, der „morgen wieder lustige", am 15. Dezember 1809 den Orden der Westphälischen Krone, der naturgemäß im Jahre 1813 verschwand. An ihn knüpft sich eine kleine Anekdote. Das - Oidenskleinod zeigt das hannöversche und braunschweigische Pferd, den hessischen Löwen, einen gekrönten zweiköpfigen Adler, endlich, diese drei Tiere überragend: den Napoleonischen Adler mit den, Donnerkeil. Als Hieronymus seinem kaiserlichen Bru der bald nach der Stiftung des Ordens Eroßkreuz und Stern überreichte, sagte dieser: Da sind aber mächtig viel Viehcher drin' (Jl y a bien des botes lä-dedansl) Endlich ist in diesem Zusammenhänge noch der Kon- kordien-Orden zu erwähnen, den der achtungswert« Frei herr Karl Theodor von Dalberg als Eroßherzog von Franksun dort am 15. August 1813 stiftete. Von allen diesen kurzlebigen Ordensschöpfungen hat der Konkordien-Orden sich des kürzesten Daseins erfreut. Er bestand nur wenig« Monate, da Dalberg schon im November des gleichen Jahre« abdankte. Man steht: nicht nur Bücher, auch Orden haben ihre Geschicke. vr. ktepkiau Xekulo von Strackonit».