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Freitag, 9. Oktober 1SV8. M id» 3S0V »blutt llduuitn! Rr.Z3«. Trister Jahrgang luer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von 4—L Uhr. — Telegramm-Adresse: Tageblatt Aue. — Fernsprecher Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Verantwortlicher Redakteur: rm nrnhoia Für die Inserate verantwortlich: Walter Krau» beide in Aue i. Lrzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Lonntaasblatt und v-rl-g- ' Huer vruclt- u»a Äerl-„.«elelg»»kt m. b. H. in Aue i. Lrzgeb. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Haus monatlich 50 ffg. 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Die Unruhen im mittleren Deutsch-Ostafrika sind jetzt völlig unterdrückt. Albanien hat sich, einer Meldung aus Triest zufolge, für unabhängig erklärt. (S. Leitart. u. Tel.) Dem Studentenstreik an der Petersburger Univer sität haben sich die Universitäten Moskau und Dorpat a n g e s ch l 0 s s e n. Die Heere ver Türkei und Bulgariens. Zu der Krisis auf dem Balkan haben der englische Pre mierminister und der Minister des Aeuhern das Wort ergrif fen. Die Idee einer Konferenz wird in Paris und London jetzt weniger enthusiastisch begrübt. In Sofia ist eine ruhigere Stimmung eingekehrt. Doch dauern die Kriegstreibereien fort. Zn Serbien fordert man nach wie vor den Krieg gegen Oesterreich-Ungarn, auch in Monte negro droht man mit Eewaltmatzregeln. Bulgarien und die Türkei würden im Falle eines Krieges mit ungleichen Kräften in den Streit ziehen. Das bulgari sche Heer ist im Kriege in neun Infanterie-Divisionen zu zwei Brigaden gegliedert. Die Division bildet die Kampfein heit und darum ist sie mit allen jenen Anstalten und technischen Truppen versehen, die in anderen großen Armeen bei den Armee korps zur Ausstellung gelangen. Außer einer selbständigen Ka valleriedivision befindet sich die Reiterei demgemäß bei den Infanteriedivisionen, und auch die Pioniere und die Sanitäts- Kreisel und Diabolo. Ein sehr altes und ganz neues Spiel. — Von Th. L. Paul. In den jetzigen schönen Herbsttagen gibt es in ganz Europa kaum ein Kind, das nicht Diabolo spielt. Unsere Leser kennen daher wohl alle diesen in Gestalt eines Sanduhrglases doppel konisch geformten Teufelskreisel, der durch regelmäßiges Auf- und Niederbewegen einer an zwei mehr oder weniger eleganten Stöckchen befestigten Schnur in rotierende Bewegung gesetzt, mit der Schnur hochgeschleudert und — wenn der Spieler oder die Spielerin geschickt ist — wieder mit derselben Schnur ausgefangen wird. Mit einer beispiellosen Schnelligkeit hat sich das Dia- Lolospiel leider über den ganzen europäischen Kontinent ver breitet. Vor einigen Jahren erst wurde das Spiel mit seinem verblüffend einfachen Spielgerät in Frankreich oder Italien — es ist nicht genau festzustellen — erfunden, und heute ist cs bei hoch und niedrig in der Stadt wie auf dem Dorfe, nicht nur bei jung, sondern auch schon bei alt verbreitet. Ich sah vor einigen Wochen auf einer Reise die Rangen Berlins wie die süßen Kleinen der französischen Hauptstadt ebenso Diabolo spielen wie die englischen und italienischen Backfische und Jüng linge in den vornehmen Fremden-Karawansereien des Ober- Engadin. Ja, das Spiel, das nicht ungefährlich ist, weil der Diabolokreisel einem ahnungslosen Straßenpassanten eben so auf die Nase oder in die Augen fliegen kann, wie der spitze, schnell vorgestreckte Diabolostock, ist bereits in mehreren Orten von der Polizei für die Straße verb 0 ten worden, so unter anderem in der Stadt Schöneberg, in Halle a. S., Würzburg "und teilweise in Berlin und an einigen der besuchtesten Ostsee bäder. -- Ich sagte mit Absicht: Diabolo k r e i s e l, denn das neue, mit einer gewaltigen Reklame auf den Markt geworfene Spiel ist nur «ine moderne Umbildung und Erweiterung des guten at»en Kreisels. Diabolo ist ein Doppelkreise!; der historische Kreisel wird, mit einer einfachen Peitsche auf dem Erdboden um sich selbst rotierend und dabei fliegend bewegt; der Diabolo Wirtz mit einer Doppelpeitsche in Bewegung gesetzt und nach dem anstalten werden von der Division aus geleitet und verwendet. An Artillerie befindet sich bei jeder Division ein Artillerie regiment zu drei Abteilungen mit je drei Batterien. Eine Ge- birg^-Artilleriebrigade zu 6 Abteilungen n 3 Batterien ist für besondere Aufgaben bestimmt, die sich wohl im Kriegsfall auf eine Verwendung im Balkangebirge beschränken dürste. An besonderen Formationen besitzt die bulgarische Armee noch ein Garde-Kavallerieregiment, drei Festungsartillerie-Bataillone, ein Haubitzregiment und die notwendigen technischen Truppen. Im Kriege können im ganzen als streitbare Truppen aufgestellt werden: 216 Bataillone, 56 Eskadrons, 185 Batterien und 35 Festungsartillerie-Kompagnien, zusammen etwa 212 060 Mann, 7800 Reiter und 624 Geschütze. Für die Art der-Kriegsgliederung der türkischen Ar mee fehlt jeder Anhaltspunkt, denn eine auch nur annähernd richtige Orientierung dazu bietet nicht einmal die Gliederung des Heeres im Frieden. Kein Führer einer größeren Friedens einheit kann im voraus wißen, ob er die ihm im Frieden unter stellten Truppen in der gleichen Zusammensetzung nach Brigaden oder Divisionen im Kriege befehligen wird. Denn schon im Frieden schieben sich die Redif-(Landwehr-)Formationen in die Einheiten des stehenden Heeres ein, und cs kommt sogar vor, daßRegimentsverbände zerrissen werden, nur um eben einem zur Hand befindlichen Bataillon oder einer Eskadron einen tak tischen Unterschlupf zu gewähren. Es bleibt auch fraglich, ob etwa für einen Krieg eine feste Ordre de bataille überhaupt auf gestellt ist. Gerade im Hinblick auf die türkischen Heeresver- hältnisse darf man wohl das Wort anwenden: Alles fließt, denn Veränderungen in der Zusammensetzung der Verbände tre ten jeweils von Fall zu Fall, unmittelbar, ohne Rücksicht auf einen einheitlichen Plan ein. Soweit die Kenntnis von der Zusammensetzung des Heeres im Frieden reicht, lassen sich die Heereskörper der ottomanischen Armee ungefähr wie folgt glie dern: 20 Nizam-(Linien-)Divisionen haben nominell einen Ge fechtsstand von je 13 600 Mann, 150 bis 600 Reitern, 18 Lis 46 Geschützen, wahrscheinlich in der Wirklichkeit aber nur von 12 000 Mann und nur 200 Reitern und höchstens 24 Geschützen. Hieran schließen sich 24 Redif-(Landwehr-)Divisionen mit einer Sollstärke von ca. 12 000 Mann, höchstens 400 Reitern und 18 bis 48 Geschützen. Schon der große Spielraum, der zwischen der no minellen Stärke und der zu erwartenden Gefechtskraft der tak tischen Einheiten besteht, gibt ein Bild von der mangelhafen Organisation Les Heeres. Elf Redif-Divisionen, die etwa unse rem Landsturm entsprechen, sollen je 12 000 Mann im Kriege Forttreiben aus der Luft aufgesangen. Weil Diabolo eine so rapide Verbreitung gesunden hat, möchte ich annehmen, daß es ihm geht wie schon so verschiedenen anderen Modespielen, die nach einigen Jahren starken Forcierens wieder in die Ver gessenheit zurücksanken. Man denke nur an Boccia, Krocket und andererseits an Lawntennis und Fußball! Vor zwanzig Jahren galt es als vornehm und kuii-, Boccia und Krocket auf dem Rasen zu spielen; heute kennt unsere junge Welt diese Spiele nicht mehr, sondern spielt nur noch mit Eifer und Ausdauer Lawntennis und Fußball. Da? Kreiselspiel dagegen ist nicht nur uralt, sondern es hat sich seine Beliebtheit auch gleichmäßig bewahrt; es ist aber ein richtiges volkstümliches Volksspiel, während Diabolo wohl immer ein künstlich verbreitetes Spiel bleiben wird. Schon im Mittelalter gebrauchte Albrecht von Scharfenburg im Jüngeren Titurel das Bild eines auf dem Eise herumgetrie- bcnen Kreisels zur Bezeichnung der schnellsten Bewegung: so daz sich us einem ize ein topf versumct hate. Die altdeutsche Form des Wortes ist Krüsel, welches die Form einer kleinen Lampe bezeichnet und mit Kreis nichts zu tun hat. Topfspiel heißt das Spiel im Närdlinger Spielgesetz vom Jahre 1426. Selbst noch weit früher als in altdeutscher Zeit gab es das Kreiselspiel; denn cs wird glaubhaft berichtet, daß der Strombos, Rombos, Stro bilos, Konos und Bembix der Griechen nichts anderes war als unser deutscher Kreisel oder Triesel, wie man in mancher Gegend sagt. Auch die römischen Knaben werden häufig kreiselspielend dargestellt, und zwar nannten sie ihr Spielgerät Turbo oder Sturbo. Außer Striesel finden sich in Deutschland noch andere provinziell« Benennungen; so heißt der wirbelnde Tanzkegel Dudelmann in Franken, Klappküsel in der Nordseegegend, Krüselding oder Schnurrkrüsel in Holstein. Die französischen Knaben nennen ihn Sabot, die englischen Top oder AHip-top. Der Kreisel hat seit altersher oben auf seiner Platte mehr oder minder zahlreiche buntfarbige Kreise. Der größt« Ping heißt Männchen, der zweite Weibchen, der dritte Steinsetzer, der vierte wieder Männchen und so fort. Kommt auf dem kleinsten innersten Ring beim Abzählen das Wort Steinsetzer, so ist nach dem Aberglauben der beim Kauf sorgfältig auswählenden Knaben der betreffende Kreisel ein guter Läufer, der beim umfassen. An Reitertruppen besitzt die Türkei sechs Kqvallerie- divisionen zu drei Brigaden mit je zwei Regimentern zu fünf Eskadronen. Außerdem bestehen sechs Garde-Kavallerieregi menter. Das Garde-Zuaven-Regiment wird wohl auch im Kriegs um die Person des Sultans verbleiben. Die Summe der Streit kräfte im Kriege dürfte, soweit sie in Europa verwendet werden können, betragen: 600 Bataillone, 240 Eskadrons, 170 Batte rien, dann 16 bis 20 technische Kompagnien, zusammen 480000 Mann, 22 000 Reiter und 984 bis 1056 Feld- und Gebirgs geschütze. Die militärische Bewertung der beiden Ar meen ist aus dem Grunde besonders heute erschwert, weil seit dem bulgarisch-serbischen Kriege das bulgarische Heer einer durch greifenden Reform unterzogen wurde, und auch seit dem letzten Kriege der Türkei gegen Griechenland die Verhältnisse sich dort merklich verschoben haben. Für den Wert der bulgarischen Armee spricht ihre gute Ausbildung und das prächtige Material, endlich der offenkundige Eifer, mit dem der Dienst von den höchsten bis zu den geringsten Führern gehandhabt wird. Zudem auch haben die Bulgaren im Krieg gegen Serbien gezeigt, daß sie tapfer und schneidig sind, und daß sie auch Ausdauer und Zähig- leit im Felde besitzen. — Die türkische Armee in ihrer desolaten Verfassung und Organisation bringt vor allen Dingen ihre Kriegsersahrung in den Kampf mit. Als wichtigste? Moment aber darf der Umstand gelten, daß das türkische Soldatenmaterial wohl mit zu dem bestenderWelt zählt. Was der türkische Nizam an Widerstandsfähigkeit gegen die Fährnisse des Krieges leistet, ist bewunderungswürdig, und wie er mit einem Stück trockenen Brotes tagelang alle Strapazen willig erträgt, das gibt ihm allein schon die Grundlage einer ganz außerordentlichen Verwendbarkeit im Kriege. Ich war einmal Zeuge einer Szene im Sandschak Novibazar, wo ein hoher österreichischer Heerführer eine türkische Patrouille auf dem Marsche beobachtete, und den ihn begleitenden Offizier sagte: Sehen Sie, meine Herren, das sind Soldaten, — so knieweich und salopp, so abgerissen und be dürfnislos, aber dabei doch ganze Kerls!! — Jedenfalls werden sich, wenn es zum Schlagen kommen sollte, zwei Machtfaktoren von ganz hervorragenden militärischen Eigenschaften gegenüber stehen. * Inzwischen mehren sich die Wirren, es führt zu einer reine« Umwälzung auf dem Balkan. Heute ist über den Abfall Albanrfiens von der Türkei zu berichten. Die Türkei scheint einer völligen Dezimierung Schlage mit einer paffenden Peitschenschnur im weiten Bogen über die Straße flitzt. Das Flitzen der Kreisel ist freilich schon früher in den Städten, ebenso wie jetzt Diabolo, verboten wor den, weil Passanten und Fensterscheiben dabei in Gefahr kamen. Auf dem Lande ist noch vielfach der Kreiselwettlauf und der Wettkampf üblich. Ersterer besteht darin, den eigenen Kreisel früher als der Gegner den seinigen nach einem bestimmten Ziele zu treiben, beim Wettkampf« werden die beiden Kreisel gegen einander gepeitscht, bis einer vom andern umgerannt wird. Wett kämpfe hat man jetzt auch auf das Diabolospiel übertragen. Als besonders geschickt gilt vielfach, namentlich in Mitteldeutschland, ein Kind, das nicht nur zwei oder drei Kreisel zu gleicher Zeit treiben kann, sondern auch in jede Hand eine Peitsche nimmt und beide gebrauchen lernt. Da in diesem Falle die Rotation bei dem «inen links, bei dem andern rechts ist, so dürfen die Peitschen beim Zuschlägen nicht verwechselt werden; denn bei einem einzigen Schlage gegen die Rotation würde di« Be wegung sofort aufhören. Ein Kreisel ist aber wie ein Diabolo stets nur so lange ein Spiel, als er rotiert. Eine Abart des gewöhnlichen alten Kreisels ist der Brummkreisel, ein« ihm entsprechende Abart des neuen Spiels ist der turnende und singende Diabolo. Der gute alte Brummkreisel besteht aus einer hohlen Kugel, die an der Seit« mit einem Loch und unten mit einem etwa sieben bis acht Zenti meter langen und runden Stab, der ihm zum Fuße dient, ver sehen ist. Von der untersten Spitze des Fußes wird eine Schnur schraubenartig bis oben an den Kopf heraufgewickelt, das noch übrige Ende durch da» Seitenloch des Schlüssel» (der sogenann ten Nonne) von innen nach außen durchgezogen, und dann der Fuß mit der Schnur durch den Schlüssel gesteckt. Hält man den Schlüssel fest und zieht darauf di« Schnur schnell durch das Seitenloch des Kreisels, so kommt er in einen Umschwung, den er unter Geheul und Gebrumm eine Zeitlang fortsetzt. Der tönende und singende Diabolo ist mit einigen Zungenpfeifchen — wie sie di« bekannten Kinder-Mundharmonikas besitzen — versehen; diese Zungen werden durch den bet der schnellen Ro tation entstehenden Luststrom zum Tönen gebracht. Der Brumm kreisel heißt auch Mönch, »rummkopf, Schnarchhan», Pfurre oder Zwirbel in der Schweiz, Gabergai» in Glsckß, toupis ä^Us-