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- Erscheinungsdatum
- 1908-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735684481-190809191
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735684481-19080919
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735684481-19080919
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-09
- Tag 1908-09-19
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Monat
1908-09
-
Jahr
1908
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I. Bringe zu Rr. Sitz d- Puer Tageblatt« und Anzeiger» ftzr da« Erzgebirge Sonnabend, den 19. September ISOst amtliche Meldung von der geistigen Erkrankung des Briesschrei- bers erwog, al» auch ein Brief de, zuerst in Anspruch genoinme. tten Kollegen vom Standesamt «intraf und den Fall aufklärt«. Her H«irat»kandidat hatte nämlich, als er fein Weib vor vielen Jahren verlieb, erklärt, er gehe nach Amerika. Daraufhin war er im Reichsanzeiger und in den zuständigen Amtsblättern er folglos ausgeschrieben, vom Gericht für tot erklärt und der Frau di« Erlaubnis zur Wied«rverehelichung erteilt worden. Die nackten -eiligen de» Himalaja. Es ist bereits viel erzählt worden von den Mahatmas, jenen buddhistischen Heiligen, die auf den Höhen des Himalaja in unzugänglichen Höhlen wohnen. Doch war bisher noch nie mand bis zu ihnen vorgedrungen, so daß ein Bericht der Hindu stan Review von besonderem Interesse sein wird, da hier vier kühn« Reisende ihre Begegnung mit diesen Einsiedlern schildern. Eie waren in eine unwirtliche und unzugängliche Höhe empor gestiegen; man hatte ihnen die ungefähre Richtung angegeben, in der sie gehen sollten, aber lauge fanden sie nichts. Da end lich! auf einem steinernen Felsen lag in gebückter Haltung in dem ungewiß zitternden Licht der bleichen Sterne ein schöner, alter, ehrwürdiger Mann. Sein langes weißes Haar und sein herabfließender Bart waren von den herabfallenden Schnee flocken bedeckt; sein steiniges Lager mußte ganz mit Eis über zogen sein. Unbeweglich, erstarrt, mitten in der romanti schen Umgebung, in der heiligen Stille dieser feierlichen Stunde erlaubte ihm sein ruhiges Hingegebensein an die beseligenden Visionen anderer Welten nicht, auf unsere Gegenwart zu achten. Wir sahen ihn atmen, aber die Verehrung, die wir für den Heiligen empfanden, erlaubte nicht, sich ihm zu nähern und ihn zu berühren. Die halbe Stunde, die wir bei ihm standen, öff nete er nicht einmal seine fest geschlossenen Augen. Nicht weit von der Stelle, wo der alte Mann lag, konnte man einen anderen jüngeren Mann sehen, ausgestreckt auf die gefrorene Erde. Hinter diesem wurde ein dritter Büßer sichtbar; er lag auf seinen Händen und Füßen in solcher Weise, daß sein Rücken Len Boden nicht berührte, sein Kops war weit zurückgesunken und das Gesicht blickte starr und verzückt nach oben. Nichts be schützte diese in heilige Beschauung versunkenen Büßer vor dem wildheulenden Eiswind und dem unaufhaltsam fallenden Schnee; fie waren völlig bloß und hatten nicht einen Faden am Leibe, während wir in unseren dicken Flanellröcken und -mänteln ein« grimmige Erstarrung in den Gliedern fühlten und es vor Kälte kaum aushalten konnten . . . Die Brautwerbung tm Gerichtssaal. Dieser Tage sollte sich vor der Pariser Strafkammer ein 17jähriges Mädchen verantworten, das bei einer Razzia in einem verrufenen Lokal verhaftet worden war und dabei Len Polizei organen tätlichen Widerstand entgegengesetzt hatte. Das junge Mädchen stammt aus achtbarer Familie. Die tiefbetrübten Eltern nahmen ihr den tüchtigsten Advokaten Louis Mou te ils. Womöglich sollte sie dem Gefängnis entrissen werden. Aber die Art und Weise, wie der Rechtsanwalt das anstellte, überraschte alle Beteiligten und sogar die gesamte Justizwelt. Er hielt nämlich keine Verteidigungsrede, sondern sprach wie folgt: Hoher Gerichtshof, cs hat sich bei mir soeben ein junger Mann gemeldet, der die Angeklagte noch im Elternhaus kannte und von ihr trotz des Geschehenen keine schlechte Meinung hegt. Er will die Gefallene aufrichten; er hat sic stets im Stillen ge liebt und ist bereit, ihr die Hand zum Bunde zu reichen, sie zu seiner Gattin zu machen und mit ihr aufs Land zu ziehen, wo sie niemand kennt. Der Betreffende befindet sich hier im Verhandlungssaale, bereit, vorzutreten und dem Gcrichtshof selbst seine Werbung vorzubringen — Der Gerichtshof war über diesen Antrag einfach paff. Aber als gleich darauf tatsächlich der in Rede stehende junge Mann, der sich schon vorgerufen glaubte, über die Barriere des Zuhörerraumes kletterte und, vor die Schranken eilend, Wort für Wort die Behauptung des Advokaten bekräftigend, zugleich der schluchzenden jungen Sün derin einen Blick voll Liebe sendend, da konnten die Richter auch nicht hart bleiben und sagten Ja und Amen, indem sie einen Freispruch fällten. Arm in Arm verließen die N e u v e r l ob t e n den Iustizpalast. Kreuzzüge gegen das Küssen. Der alte Spruch: Einen Kuß in Ehren kann niemand wehren wird von der englischen Rechtsprechung durchaus nicht an erkannt. Es sind auch im letzten Jahre wieder zahlreiche B e- stra jungen gegen allzufeurige Liebhaber ergangen, die ihr Glück nicht erwarten konnten und cs mit stürmischer Gewalt von den Lippen der Angebeteten raubten. Sie war so reizend und so entzückend; ich konnte mir nicht helfen, ich mußte sie küssen, erklärte ein junger Springinsfeld, der in den Parkan lagen von Birmingham einem Mädchen einen Kuß gestohlen hatte. Vierzig Schilling Strafe oder vierzehn Tage Haft, lautete die gefühllose Antwort des Richters. Sie müssen lernen, Ihre Verehrung für das andere Geschlecht auf würdigere Weise auszudrllcken. — Traurig und sorgenvoll zog der Jüngling, der ein paar rote Lippen so unwiderstehlich gefunden hatte, die 40 Schilling au» dem Portemonnai«. Nicht imm«r kommt Labet der stürmisch« Frau«nvepehr«r auf so billig« Weise davon. Gin Kauf' mann, dem der Mund eine» hübschen Zimmermädchen in einem Hotel zu Manchester so anziehend war, wurde zu 80 Schilling verurteilt, und nicht selten wird der Preis für ein« solche ge raubte Liebkosung auf 200 Schilling und mehr angefetzt. Es ist daher einträglicher, wenn man sich überhaupt auf ein« so wenig dankbare Sach« einlass«» will, sich gleich eine Anzahl von Küssen zu holen, denn en gros werden sie augenscheinlich nicht so teuer angerechnet. Ein junger Herr, der in einem vornehmen See bade einer Dame eine ganze Anzahl von Küssen versetzte, wurde zu 100 Schilling Geldstrafe verurteilt, aber eine obere Instanz, vor die die Sache kam, erhöhte diese Summe noch um 60 Schilling. Strenger noch als in England geht man in manchen Teilen der Vereinigten Staaten gegen das Küssen, vor allem natürlich gegen das gewaltsame Küssen vor. In Massachusetts verbietet ein altes puritanisches Gesetz das Küssen auf der Straße überhaupt, und vor w«nig«n Monaten wurde ein jung verheiratetes Paar wegen Nichtbeachtung dieser Vorschrift einge sperrt und mußte die Flitterwochen im Gefängnis verleben. Kreuzzüge gegen das Küssen sind in Newyork in großem Maß stabe organisiert worden, und in den Anlagen von Ncw-Jersey wird jedes Paar, das beim Küssen überrascht wird, mit einer Strafe von 60 Schilling belegt. Aus Kinderlieb' zum Dieb. Eine jener kleinen Tragödien, die in ihrer schlichten Art ebenso wuchtig und ergreifend wirken, wie die großen Dramen, hat sich dieser Tage in Paris abgespielt. Ein Blumenhändler in der Rue de Providence beobachtete, wie ein kleiner etwa zwölfjähriger und sehr dürftig gekleideter Knabe, mit begehr lichen Augen die vor der Straße stehenden Blumentöpfe anstierte. Plötzlich ergriff das Kind einen Topf mit Geranium und lief davon. Der Blumenhändler setzte dem Flüchtigen nach und stellte ihn an der nächsten Straßenecke. Auf dem Polizeirevier erzählte der kleine Dieb tränenden Auges folgende Geschichte: Wir sind sehr arm. Mein Vater ist tot, und meine Mutter ist schwer krank. Die sagt, daß sie baldsterben wird, und daß sie wenigstens ein Blümchen haben möchte, damit es nicht ganz so trostlos aussieht. Und da ich doch kein Geld besitze, habe ich den Blumentopf fortgenommen, um ihn meiner Mutter zu schenken. Nun laßt mich aber laufen, meine Mutter wird sich schon sehr ängstigen. Ich will es auch nie wieder tun. — Durch die Erzählung gerührt, begab sich der Blumenhändler mit dem Reviervorstand in die Wohnung. Man fand hier alle Angaben des Knaben bestätigt. Der Reviervorstand sorgte sofort dafür, daß ein Arzt geholt wurde, und der Blumenhändler schickte der Kranken bald darauf zwei wundervolle Töpfe mit blühenden Rosen. Briefkasten rer Redaktion. Brietf-tffen erteilen wir Zlurkunf über a'.lr an UN«; aerichketen Anfragen, mit Ausnahme von medizinischen Aadschlägen Müudlicke Auslunft wäbrend der Redaktionssprechflunden Hans R. Sie müssen schon warten, denn 8 2273 des Bürger lichen Gesetzbuches lautet: Bei der Eröffnung eines gemein schaftlichen Tcstaments sind die Verfügungen des überlebenden Ehegatten, soweit sie sich sondern lassen, weder zu verkünden noch sonst zur Kenntnis der Beteiligten zu bringen. Bon den Verfügungen des verstorbenen Ehegatten ist eine beglaubigte Abschrift anzufertigen. Das Testament ist wieder zu verschließen und in die besondere amtliche Ver wahrung zu geben. Frl. A. P. Was hat man zu meiden, um sich einen reinen Teint zu erhalten? — Man vermeidet geringwertige Toi lettenseifen, spirituöse Fabrikate, zu häufige Anwendung von Schminken und Puder, all« in- und ausländischen kosmetischen Präparate, deren Zusammensetzung nicht bekannt ist. Ferner vermeide man gleich nach dem Waschen die direkte Einwirkung der Sonnenstrahlen auf die Haut und schnellen Temperatur wechsel. Für die Hauswirtschaft. * Japanischer Lackfirnis. Man nimmt vier Unzen Terpen tinöl, drei Unzen Lavendelöl, befreit diese von dem etwa darin enthaltenen Wasser, indem man etwas geglühtes Chlorkalcium zugibt und dann das Oel behutsam abgießt, und vereinigt es hierauf in einer Flasche mit einhalb Drachme Kampher und 1 Unze Kopal. Di« Flasche stellt man 24 Stunden in heiße Asche, schüttelt sie ab und filtriert es endlich durch ein Tuch. Das Filtrat bleibt wiederum 24 Stunden stehen; alsdann wird die über dem Niederschlage stehende klare Flüssigkeit abgegossen. Der zweite Rückstand kann als erster Deckanstrich, versehen mit irgend einer Farbe — für Schwarz ist Gasruß am geeignetsten — ver wendet werden, der erstere dagegen ist für Lackanstriche wertlos. * Gute Haarpomade. Diese wird aus gut ausgewaschenem Schweinefett, etwa zwei Eßlöffel, mit Hinzusetzung von einem Löffel guten Provenzer-Oel», einig«» Tropfen Bergamott-Oel und peruvianifchem Balsam ber«it«t. Die» alle» wird zur Salb« gehörig durchgerührt. Will man dies« noch wohlriechender haben, so kann man die Zahl der Oeltropfen vermehr«», auch noch etwa» Jasmin-, Rosmarin- oder Lavendelöl hinzutun. Ist die Pomade nicht steif genug, so vermehrt man die Dost» des Schweinefette». * Konservieren von Schweinefleisch. Vorerst wird «ine Lake bereitet; zur Konservierung von 30 Kilogr. Fleisch v«rw«ndet man 12,3 Liter Master, 2 Kilogr. Kochsalz, 30 Erm. Salpeter und 300 Grm. Zucker, kocht dies bis Mr Siedehitze und schäumt es ab. Die nun fertige Lake wird kaltgestellt und dann übeer das Fleisch gegasten, das, in die üblichen Teile zerschnitten, schichtenweise in ein Holzgefäß gebracht worden ist. Dann sorgt man noch dafür, daß zwischen den einzelnen Fleischstücken keine hohlen Räume entstehen und daß die Lake über dem Ganzen -u- sammenfließt, und di eOperation ist fertig. Nach zehn bis zwölf Tagen erzielt man ei» Fleisch von schöner, frischroter an genehmer Farbe und seltener Güte, Schmackhaftigkeit und Nahr haftigkeit, welches das nach gewöhnlicher Art behandelt« in jeder Beziehung weit übertrifft. " Zervelatwurst. 6 Kilogramm fein gemachtes Schweine fleisch, eineinhalb Kilogramm ebenso frischen Speck, 250 Grm. getrocknetes Salz, 17 Grm. Zucker, 17 Grm. Salpeter, 17 Grm. weiße Pfefferkörner, 17 Grm. dito gestoßen. Man kann statt des Salpeters auf jedes einhalb Kilo Fleisch beim Zerkleinern fünf Gramm Konservensalz nehmen. Es macht nicht nur Pöckelfleisch und Wurst rot und dauerhaft, sondern erhält die Zervelatewurst geschmeidig und rot bis zum Jahresschluß. * Einer Hammelkeule Rehgeschmack zu verleihe». Die Hammelkeule wird, wie sie vom Fleischer kommt, enthäutet und entfettet, gut ausgewaschen und in ein leinenes Tuch geschlagen. In diesem Zustande wird sie sonach, zum Ersatz des Durchklopfens, auf die Waschmangel gebracht und dort so lange unter starkem Druck gerollt, bis das Fleisch weich und mürbe geworden ist. Darnach wird die Keule im Tuch aufbewahrt, bis sich die An fänge eines Hautgout zeigen, welchen abgelagertes Wildfleisch besitzt. Dann erst kommt sie in die Beize, worin sie fünf Tage verbleiben muß, um schließlich gedünstet und unter den üblichen Zugaben von Kapern, Rahm usw. gebraten zu werden. " Apfeltorte, warm oder kalt zu essen. Dazu gehören ge schälte und in feine Scheiben geschnittene Aepfel, vier ganze Eier, 250 Gramm Zucker und ebenso viel Mehl. Die Eier wer den mit dem Zucker eine halbe Stunde mit der Schneerute ge schlagen, dann langsam das Mehl hineingerührt. Nun stretcht man eine Form mit Butter und streut sie mit geriebener Semmel aus .gibt die Aepfel schichtweise bis zur Hälfte der Form hinein, und zwischen jede Schicht streut man Zucker und Zimmt, auch Mandelstückchen. Darauf kommt die gerührte Masse, welche man nach Geschmack mit etwas Vanille oder Zitronenöl mischen kann. Die Torte muß gegen eine Stunde langsam kochen. * Preißel- — Krons- — beeren einzumachen. Auf 5 Liter Beeren rechnet man einhalb Liter guten süßen Wein — Aus bruch —, ein Kilogr. feinen Zucker, ein Stückchen Zimmt und sechs Gewürznelken. Zunächst wird der Wein mit dem Zucker und dem Gewürze in einem zugedeckten Gefäße zehn Minuten lang gekocht, alsdann schüttet man die Beeren hinzu und läßt dieselben ebenfalls gut aufkochen. Ist dieses geschehen, so hebe man das Ge fäß vom Feuer, rühr« die Beeren mehrmals um, daß sie ab kühlen, und fülle sie in Gläser. Solche Preißelbeeren schimmeln nie und schmecken nach zwei Jahren wie frisch eingekochte. Was mancher nicht weitz. Die Erde enthält nur 1/2 300 000 000 der Wärm«, welche die Sonne ins Weltall ausströmt. * Die Stadt Herat, die Pforte Indiens, ist fünfzigmal zer stört und wieder aufgebaut worden. * Ein Springbrunnen zu Sydenham springt 85 Meter hoch. (In Sanssouci 39 Meter,) (Schluß des redaktionellem Teil«».) Eine glänzende Errungenschaft. Da? Einnehmen de« seine? unangenehmen Geruches und Ge schmackes wegen so unbeliebten Lebertrans ist heutzutage glück licherweise ein überwundener Standpunkt, denn in Scotts Emul sion sind diese Nachteile nicht nur beseitigt, sondern die Nährkraft des Trans wird sogar dank ihrer zweckmäßigen Zusammensetzung ganz bedeutend erhöht. Scotts Emulsion wird von unS ausschln'ßlich im aroßen verkauft und zwar nie lose nach Gewicht oder Maß, sondern nur in versieflleten Originalflaschen in Karton mit unserer Schußmarke (Fischer mit dem Dorsch). Scott 6: Bowne, G- m. b. H., Frankfurt a. M. Bestandteile; Feinster Mcdiztnal-Lebertran 150,0, prima Glyzerin 50,0 unterphoSorphor- saurer Kalk 4,3, untervhoSphortgeS Natron 2,0. pulv. Tragant 3,0, feinster arab. Summt pulv. 2,0, dostill. Wasser 120,0, Nlkoffol 11,0. Hierzu aromatische Emulsion mit Zimt- Mandel- und Maultheriaöl se 2 Trovreu. dann so viel ein, daß ich mit ganz bescheidener Zulage leben kann. Mit der Diplomatenkarriere ist es nichts, das Gut ist zu sehr verschuldet." „Also alle Hoffnung ist aus." „Wir müssen eben warten." „Worauf? Wann kannst du ein armes Mädchen heim führen? In zehn Jahren vielleicht." „Warum auf einmal diese Verzagtheit, Regina? So kenne ich dich gar nicht. Haben die Ketten der Abhänglichkeit diese schlanken Schultern wieder einmal wund gedrückt? Hast du deinen schönen Kopf zu hoch getragen, daß Tante Ellern ihn hat beugen müssen?" „Nein, Wolf Dietrich, Vater hat wieder Dummheiten ge macht." , „Kann der noch immer nicht Ruhe halten? Alt genug ist er dazu." „Er soll nicht noch tiefer sinken. Ich darf es nicht leiden, daß ein Kraußneck verkommt und vielleicht mit den Gesetzen in Konflikt gerät." „Ihm ist nicht zu helfen." „Mit Geld ist viel zu machen, er müßte eine auskömmliche Rente erhalten, die ihm in Monatsraten gezahlt würde, wenn «r ein ordentliches Leben führt. Vor allen Dingen muß er aus Berlin fort und diesen gefährlichen Hochstaplerkreisen entrückt werden." „Und wer soll diese Rente zahlen?" fragte Wolf Dietrich und blickte scharf zu der Geliebten hin, die verzweifelt vor sich hinstarrte. „Du schweigst? — Ich kann die Antwort von deinen stummen Lippen lesen, von den tiefen Falten deiner Stirn, Regina, und dem trostlosen Ausdruck deiner sonst so stolzen Augen. Nicht der arme Wolf Dietrich ist es, aber irgend ein reicher Freier, der sich um di« schöne Gesellschafterin der Schloß frau von Groß-Ellern beworben hat." „Ja, Wolf Dietrich", di« Stimme Reginas hatte einen har ten energischen Klang, aber in den Augen standen Tränen, „du sprichst die Wahrheit, darum habe ich um eine Zusammenkunft gebeten, es soll di« letzte sein." , ' > „Regina?" schrie der Mann auf. „Du willst doch nicht sagen, daß diese Entscheidung so nahe ist." „Sie ist unwiderruflich, Wolf Dietrich." „So hast du mich nie geliebt." „Mein lieber Trautgesell!" Das war ihre ganze Antwort. Der Kosename, den sie ihm nur dann zu geben pflegte, wenn ihre Seele sich ihm ganz zu eigen gab, ihr heißes Herz all seinen Stolz vergaß und Regina ganz zärtliches, hingebendes Weib war. Er riß sie in seine Arme und küßte den weichen Mund, der so traute Worte sagte und die stolzen Augen, die so zärtlich blicken konnten. Die ganze Süße dieser sonst so herben Natur offenbarte sich ihm wieder und verjagte mit ihrem Zauber die Hirngespinste, wie er ihre wunderlichen Reden bei sich nannte. Schon wiegte er sich in die Sicherheit, sie bezwungen zu haben, als sie sich mit sanfter Gewalt von ihm löste und ihn auf einen Stuhl niedersitzen hieß. „Lies Wolf Dietrich!" bat sie, „dann wollen wir weiter reden." „Vom Vetter Eberhard? — Ah, wohl wieder ein Sitten zeugnis über deinen alten, leichtsinnigen Herrn?" „Lies!" Sie stand am Fenster mit leicht verschlungenen Händen, den Kopf mit der Flechtenkrone stolz aufgerichtet, die tränenlosen Augen starr in das dämmernde Tal gerichtet. Ueber der Stadt weit drüben lag ein Heller Schein, die Lichter wurden ange- zündet, drunten in d«r Tiefe trieb noch «in beladener Kahn, Äe Signallaterne am Mast und am Heck blitzten zu ihr entpor. Dumpf rauschende Wasser im Tal, während die Wälder in feier licher Stille lagen kein Laut wurde dort hörbar. Auch auf die lichten Höhen senkte sich der Fried« der Nacht. Kaum daß das scheidende Licht noch dazu reichte, den Inhalt de» Briefes zu entziffern. „Er hat falsch gespielt! — Da schlage doch ein Donner wetter drein. Hat denn den alten Herrn aller Verstand ver lassen? Welch ein Glück, daß da» Aergst« abgewendet wurde." Regina wandte ihm da» bleich« Gesicht zu, e» war unheim lich in seiner Starrheit. K«in« innere Erregung war darauf zu lesen, als es hart und unerbittlich über ihre Lippen kam: „Ich will vor der Welt nicht die Tochter eines Falschspielers sein. Vater muß dieser Luft entzogen werden, ich muß ihn unter Aufsicht haben und ihm eine monatliche auskömmliche Rente verschaffen." „Und da ich dir das nicht bieten kann." . . . „So ergreife ich die Hand des anderen." „Regina, du erträgst es nicht, dich zu verkaufen." „Ich bin die erste nicht." „Du willst einem alten, verlebten Manne deine Schönheit opfern?" „Nein, Wolf Dietrich, der um mich freit, ist ein ansehnlicher Mann. Die Welt wird mich glücklich preisen, die Frauen wer den mich beneiden. Keiner wird auf den Gedanken kommen, daß er in meinen Augen den einen großen Fehler hat, daß ich ihn nicht liebe." „Wer ist es? — Kenne ich den Mann?" Wolf Dietrich ergriff eine der schlaff herniederhängenden Hände und preßt« sie mit Ungestüm — sie waren von eisiger Kälte. „Quäle mich nicht länger, sondern sage mir seinen Namen." „Heute warb dein Onkel Baron von Ell«rn um mein« Hand." „Weiter — weiter!" Wolf Dietrich legte in seiner furcht baren Erregung seinen Arm um die leicht Erzitternde, al» solle sie ihm schon jetzt für immer entrissen werd«». „Für seinen Sohn Wilhelm." Wolf Dietrich stieß di« Geliebte von sich, daß sie taumelte. „Verraten — betrogen! Da» ist allerdings ein beneidenswertes Los. Schloßfrau von Groß-Ellern M werden. So jagt Beiter Wilhelm zur Abwechslung auch mal edles Wild, die Freude an der niederen Jagd hat wohl für ihn den Reiz verloren. Seit wann spielt denn di« Sache schon? Du willst mich doch nicht glauben machen, daß lediglich dieser Brief" — er zerdrückte da« Schreiben zu einem Knäuel und zertrat e» dann noch mit den Füßen — „die Farce eingeleitet hat." „Der Sohn de» Hause» wirbt um mich, so lange ich auf Groß-Evern bin. Ich habe es dir au» leicht begreiflichem Grunde Li, jetzt verheimlicht." ( (Fortsetzung folgt.)
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