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- Erscheinungsdatum
- 1908-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735684481-190809106
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735684481-19080910
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735684481-19080910
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-09
- Tag 1908-09-10
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Monat
1908-09
-
Jahr
1908
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Nr. 2l1. Auer Tageblatt und Anzeiger für da» Erzgebirge. Donnerstag, den 10. September 1908. geholfen werden, daß dl« Stabiltsierungszylinder am Schwanz ende de» Ballon» ein« dem Abströmen der Luftwirbel günstigere Form erhalten haben. Auch ist in da» Gondelgerippe aus Stahl rohr «in ILOpferdekräftiger Rennwagenmotor eingebaut, her eine Zugschraube von fünf Metern Durchmesser und ISN Umdrehungen antreibt. Der MotoristaufFedernsundamenttert, Uin di« inner« Reaktion zu dämpfen, die bei Luftschisfmotoren schwere Störungen verursacht. Der Ballonkörper aus Kautschuk baumwollstoff ist fisch förmig und besitzt bei einem Rauminhalt von 3500 Kubikmetern eine Länge von 58 Metern und 10,58 Meter Durchmesser am Hauptquerschnitt. Das Streckungsver hältnis ist ein geringeres al» bei der Republique. Wie bei der Ville de Paris wird die Höhensteuerung durch einen am Gondel gerippe angebrachten Lhanutschen Doppeldecker herbeigeführt, der 10 Quadratmeter Areal umfaßt. Im Ballon über die Alpen. Die diesmalige Ueberquerung der Alpen des Lustschiffers Spelt erini ist vollständig gelungen. Der Aufstieg erfolgte am Sonntag nachmittag in Zürich bei klarstem Wetter. Der neue Ballon Syrius stand zwei volle Stunden über Eiger, Mönch und Jungfrau und flog dann in einer Höhe von 4200 bis 4900 Meter -wischen Breithorn und Blümlialp am Breithorn recht dicht vor bei über die Berner Alpen. Dann wurde die Monte Rosa gruppe überflogen. Die Landung erfolgte nach ü'/pstiindiger Fahrt glücklich abend 1/28 Uhr aus einer Alp auf der Südseite des Monte Rosa am Challäntale. Neue amerikanische Schraubenslieger. In Amerika sind neuerdings Versuche mit Schraubensliegern geplant. Mr. Wilbourgh Ktmballs hat eine Maschine nach einem neuen Prinzip konstruiert, die einem Spinnenncsz gleicht und mit 20 kleinen Holzschrauben in den Maschen versehen ist. Einen anderen Schrauüenflieger hat in Washington Emil Ber it n e r, der Erfinder des Telephonübertragers, fertiggestellt. Die ersten Versuche sollen ergeben haben, daß die Maschine 360 Pfund in die Luft heben kann. Der Apparat besteht aus Stahl und Aluminium und wird durch horizontal nach vorwärts geneigte Schrauben angetrieben. Berliner meint, daß ein Schrauben apparat in einem Lcnkballon angebracht, dessen Schnelligkeit verdoppeln würde. Politische Tagesschau. Aue, den 10. September. Vom Kaisermanöver. Nach genauen Meldungen hatte das 15. Armeekorps Dienstag früh seine 31. und 30. Division in eine Kolonne aus die Straße Hellimer—Cappel hintereinander- gesetzt, wohl mit der Absicht, durch Linkseinschwenken den feind lichen Flügel zu umfassen, der am Vormarsch auf Freibust— Groß-Tünchen vermutet wurde. Daraufhin ordnete das 16. Armeekorps die Entfaltung der 34. und der 33. Division zwischen Groß-Tänchen und St. Maria bezw. südöstlich Vahl-Ebersing zum Angriff in östlicher Richtung an. Der einheitliche Angriff der blauen 31. Division zwang die rote 33. Division trotz des wirksamen Eingreifens der Kavallerie-Division -L auf die starken Höhen bei Vahl-Ebersing zu weichen. Dagegen wurde die 30. Division auf dem linken Flügel von sehr erheblichen Kräften umfaßt und zum Zurückgehen auf Püttlingen genötigt. Ein An griff der bayerischen Kavallerie-Division gegen den rechten Flügel von Rot konnte daran nichts ändern. Der kommandierende General von Blau sah sich daher trcsZ des Erfolges der 31. Divi sion veranlaßt, den allgemeinen Rückzug des Korps hinter den Mutterbach bei Püttlingen zn befehlen. Am Abend standen demnach beide blauen Divisionen bei Püttlingen, die bayerische Kavallerie südwestlich davor bei Kappelkinger, die 3. bayerische Division nordöstlich rückwärts bei Saargemünd. Von Rot stan den die 33. Division bei Vahl-Ebersing, die 34. bei Fremers dorf. Die 8. bayerische Infanterie-Brigade unter Generalmajor Wening mit 6 Bataillonen und drei Batterien schwerer Feld haubitzen Lei Hellimer und die Kavallerie-Division bei St. Avold. * Aus dem Reichssinanzresormplan des Schatzsekretärs Sy- dow wird nunmehr mitgeteilt, es sei beabsichtigt, eine plan mäßige Schuldentilgung einzuführen, sowie größte Sparsamkeit in bezug auf sächliche und persönliche Aus gaben (Verringerung des Beamtenapparates) obwalten zu lassen. Zur Erhöhung der Einnahme sind hohe abgestufte K 0 n- s um steuern auf Genußmittel vorgesehen, ferner Ausbau der Erbschaftssteuer, sowie Erhöhung und zugleich Fixierung der ungedeckten Matr-kularbciträge. Umsatz- und Ver kehrssteuern sind ebensowenig wie Einkommen- und Vermögens steuer geplant; dagegen wird auf die Gas- und Elektrizitäts steuer angespielt. An Stelle der Matrikularbeiträge soll «in neuer beweglicher Faktor treten. 1 * Vom Reichskolonialamt wird sich der Wirkliche Legations rat Eerstmeyer zum Zwecke des Studiums englischer Rechts und Kolonialverhältniße nach England begeben und zu diesem Zwecke vom Oktober bis Dezember nach London beurlaubt werden. * Der Deutsch« Psarrert», der gestern in D 0 rtmund zu sammentrat, sandte folgende» Huldigungstelegramm an den Kaiser: E«. Kaiser!. Majestät sendet der zu Dortmund auf altehrwürdigem Boden versammelte Deutsch-evangelische Pfarrer tag alluntertänigsten Huldigungsgruß mit dem Gelöbnis, im Geiste de» Evangeliums und trsudeutfcher Gesinnung weiter zu arbeiten am Bau des Eottesreiche» im deutschen Vaterland. — Au der angeregten Abänderung des Gotteslästerungs paragraphen (8 160 StGB.) wurde eine Resolution ange nommen, in der der Vorstand beauftragt wird, einen formu lierten Abänderungsantrag zum 8 168 zu entwerfen, insbeson dere zu erwägen, ob nicht die Reibeflächen zwischen den Konfessionen durch positive Bestimmungen zum Schutze der Eewissenssrciheit mit größerem Erfolge vermindert werden können als durch die Beschränkungen, wie sie der Para graph gegenwärtig enthält. — Ferner wurde beschlossen, dem Deutsch-Evangelischen Verein zur Förderung der Sittlichkeit kor- porativ beizutreten. * Ueber die Unruhen auf den deutschen Karolinen wird be richtet, daß sie nur in Streitigkeiten der einzelnen eingeborenen Fürstengeschlechter unter sich bestehen wegen Landbesitzes. Die Einwohner der Kolonien sind kriegerisch und schwer zu be handeln, wie die Spanier zu ihrem Schaden als ehemalige Be sser erfahren mußten. Waffen werden zwar nur noch wenige in ihrem Besitz sein, da der verstorbene Vize-Gouverneur Frei herr von Berg die Entwaffnung in friedlicher Weise beinahe ganz durchgeführt hat. Immerhin sind die Unruhen derart, daß ein Eingreifen der Regierung notwendig wurde. Doch be steht für die weiße Bevölkerung durchaus keine Gefahr. * Zum Fall Schücking. Die Verhandlung gegen den Husumer Bürgermeister Dr. Schücking, die bekanntlich am 19. September stattfinden sollte, wurde abgesctzt und hinausgeschoben, da die Sache scheinbar noch immer die Ministerialinstanzen beschäftigt. * Die Verbreiter der Döberitzer Kaiserrede sollten nach einer kürzlich durch die Presse gegangenen Notiz zwei Eardeoffiziere gewesen sein, die daraufhin verabschiedet seien. Demgegenüber erklärt die Deutsche Tageszeitung, daß an Stellen, die davon unterrichtet sein müßten, von dieser angeblichen oder bevorstehen den Verabschiedung nichts bekannt sei. " Ein neuro französisches Artillerie eschoß. Bei den Ar- tillcricschießiibuiigeii der französischen Marine in B 0 ul 0 gne wurde in den letzten Tagen ein neues Geschoß versucht, das eure Erfindung des Generals Pcrruchon isi. D eses Geschoß enthält eine Ladung von 40 Kilogramm Kresyl, das ein Explosiv stoff v 0 n f n r ch tb a r e r G ewalt' sein soll. Die Risse, welche die Geschosse an tum Leite ein. s Kreuzervanz es machten, zeigten die gleiche Wirkung wie die eines Torpedos. Der Ä essel- raum wurde durch eines dieser Geschosse in einer Entfernung von 6000 Metern vollständig z e r st ö r l. * Kämpfe der Franzosen mit marokkanischen Banden. Wie aus Bu Dcnib gemeldet wird, zerstreute Major Fesch am Abend des 7. September die plündernden Trupps und verbrachte die Nacht an der Wasserstelle Odlat Rahsa auf halbe Wege von Bu Denib nach den Dörfern am Flusse Zig. Gestern abend ver einigte er sich bei Tazzugert mit dem Eros der Kolonne, die gestern den Ausgang der Schlucht von Tazzugert besetzt hielt, und sich bei dem Dorfe Tazzugert festsetzte. Die Einwohner dieses Ortes, die vorher schon eine korrekte Haltung beobachtet, wur den durch die Kolonne nicht beunruhigt. Oberst Alix fand auf dem Marsche Vorräte aller Art, Habseligkeiten, Verwundete und Frauen, die die Harka zurückgelassen hatte. Wahrscheinlich ist, daß nach der heutigen Ruhepause Oberst Alix bis nach Toulal, einem Hauptstützpunkte der Harka, verrücken wird. — Da eine marokkanische Bande in der Umgebung von Colomb Vechar gemeldet war, marschierte gestern eine Abteilung von 130 Schützen und 30 Eingeborenen-Reitern ab, um die Pässe von Djebel und Bechar auszukundschaften. * Erkrankung Liebknechts. Der sozialdemokratische Abgeord nete Rechtsanwalt Liebknecht-Berlin, der auf der Festung Glatz die gegen ihn wegen Hochverrats erkannte Strafe verbüßt, soll seit vier Tagen nicht unbedenklich erkrankt und bett lägerig sein. * Bestrafung einer deutschen Zeitung in Rußland. Die okto- Lristische Petersburger Zeitung ist mit einer Geldstrafe von 3000 Rubeln belegt worden wegen der Veröffentlichung eines Artikels über die Zukunft der Hochschulen. Der Artikel be sprach die Maßnahmen des Unterrichtsministers wegen der Hospi tantinnen und die Studentenorganisationen, sowie die geplante Maßregelung einiger der Kadettenpartei angehörender Universi tätsprofessoren. Die gleiche Strafe traf die Zeitung Rietsch wegen Abdruckes des Artikels. * Der englische Gewerkschaftskongreß nahm eine Resolution an, in der das Eingehen von Verpflichtungen britischer Arbeiter internationalen Syndikaten gegenüber als eine Ein mischung in die Acbeitsverhältnisse fremder Länder ver urteilt wird. Es wurde angeregt, daß das Aussenden von Streik brechern durch die Gesetzgebung verboten würde, ähnlich wie ein bestehendes Gesetz die Anwerbung der Fremden zum Militär dienst verbietet. — ' A«S dem «Suigreich Sachse«. Kohlenverkrhr auf den Sächsis»«« Tt-attetseabahaen. Im ersten Halbjahre 1908 betrug die Gesamtmenge der be förderten Kohlen 6 852 500 Tonnen gegen 6 759128 Tonnen im gleichen Zeitabschniite des Vorjahres, das sind 93374 Tonnen oder 1.38 Proz. mehr. Hiervon entfielen auf Steinkohlen 2 635 963 Tonnen — 38,47 Proz. und aus Braunkohlen 4 216 537 Tonnen — 61,53 Proz. Der Versand umfaßte: 1. Steinkohlen (ein schließlich Koks und Bok tts) aus Sachsen 1 916 296 (1 953 760) Tonnen, das sind 7464 Tonnen odir 0,38 Proz. weniger; 2. Braunkohlen aus Sachsen, und zwar Kohlen und Koks 173 848 (172 I09> Tomen oder 173 ' Tonnen — 1,0l Proz mehr; Brikett» 157 358 t.162 436) Tonnen oder 5078 Tonnen — 3,13, Prozent weniger; aus Sachsen - Altenbu g Kohlen und Koks 43 867 (424158) Tonnen oder 6209 Tonnen 1,46 Proz. mehr; Briketts 602 585 (502 185) Tonnen oder 100 400 Tonnen — 19,99 Proz. mehr. Der Empfang betrug: 1. Steinkohlen (einschließlich Koks und Brikett») aus Schlesien 452 492 <434 873) Tonnen oder 17 619 Tonnen — 4,05 Proz. mehr, aus Rheinland-Westfalen 168 518 (120 343) Tonnen oder 48 175 Tonnen — 40,03 Proz. mehr, aus anderen Kohlengebieten 68 657 (55 341) Tonnen oder 13 316 Tonnen — 24,06 Proz. mehr. 2. An Braunkohlen aus Preußen, Thüringen und Anhalt gingen ein. Kohlen und Koks 149 903 (152 008) Tonnen oder 2105 Tonnen---1,38 Proz. weniger, Briketts 456 713 (470 999) Tonnen oder 14286 Tonnen — 3,03 Proz. weniger. Der Empfang an böhmischer Braunkohle belief sich aus 2 245 763 (2 310 914) Tonnen oder 65 151 Tonnen — 2,82 Proz. weniger. Die tägliche Bcsördcrungsmcnge betrug 3? 651 (37 343) Tonnen. * * Oelsnitz i. Erzgeb., 9. September. Brandbrief. Auch bei dem jüngst hier stattgefundenen Brand wurden viele Brand briefe gefunden, deren einer lautete: Wir tragen geladene Waf fen mit uns. Jedes Suchen und Forschen nach uns ist vergeblich. Wir gehen langsam, aber sicher, so lange es uns gefällt. — Die eifrigen Nachforschungen nach den frechen Gesellen haben leider noch immer keinen Erfolg gehabt. Bekanntlich haben sich hier kurz hintereinander zwei durch Brandstiftungen verursachte Brände ereignet. * Ehrenfriedersdorf, 9. September. Eine interessante Beobachtung machte ein hiesiger Bürger bei einem Spazier gange durch den Wald. Er sah ein Eichhörnchen, eas, auf einem Aste sitzend, an einem größeren Gegenstand herumknabberte. Aus Neugierde klopfte er an dem Stamm des Baumes. Das Tierchen war sich nicht sofort klar, ob es seine Bente, ^ic cs jedenfalls mit Mühe hinausgcrettet hatte, prcisgeben sollte, schließlich ließ es diese fallen und der Beobachter konnte einen prächtigen Steinpilz mit nach Hause nehmen, den das Eichhörnchen eben im Begriff war, zu verzehren. * Limbach, 9. September. Bier Kinder in Lebens gefahr. Eine in der Marktstraße wohnende Frau Sohr« hatte ihre vier Kinder im Alter von 1—5 Jahren unbeaufsichtigt in der verschloßenen Wohnung zurückgelassen. Eins der Kinder zündete nach einer Weile Feuer an, um Kaffee zu wärmen. Die Flammen sprangen aber auf den Kohlenkasten über und breiteten sich auf der Diele aus. In ihrer Angst liefen die Kinder in die benachbarte Schlafstube und suchten unter den Bettdecken Schutz, da sie infolge des dichten Qualmes Llm noch zu atmen vermochten. Der von den Straßenpaßanten Miiachrichtigte Hauswirt löschte schließlich das Feuer und rettete die Kinder. * Bad-Elster, 9. September. FürstiiÄer Besuch. Die 23jährigc Prinzessin Helene v 0 11 Scrbien weilte in dm letzt« n Wochen unter dem Inkognito einer Gräfin D'Aval aus Belgrad hier zur Kur. Herrn Badedirektor Regieruugsrat von Mberti und Herrn Amtshaupliiiann von Bosc-OclSnitz wurde vom König von Serbien anläßlich des Kuraufenthaltes der Prin zessin das Kouiturkecuz des St. Savaordens verliehen. * Milteioverwitz, 9. September. Eine Lampenex plosiv n richtete am Sonnabend in der hiesigen Restauration zur guten Quelle großen Schaden an. Das ganze Zimmer war plötzlich in ein Flammenmeer getaucht; die ganze Einrichtung ist fast völlig verbrannt. Durch das schnelle Eingreifen der Mit glieder des Kr egervcreius, die in dem Lokal rn einer Gedenkfeier zusammcngckvmmm warm, wurde größeres Unglück verhütet. Die betrisfmden Lampen wurden nist Benzin gespeist; erst explodierte eine, daun wohl durch die umherstiegmden Funken vcranlaßi auch noch drei weitere Lampen. Menschen sind nicht verletzt worden. * Falkenstein, 9. September. Zur Leichenverwechse lung. Zu der bereits gemeldeten Leichenverwechselung wird weiter aus Falkenstein geschrieben: Die Schuld an der Ver wechselung der Leichen ist im Krciskrankenstift Zwickau zu suchen, wo die Leiche Trögers mit einer falschen Nummer ver sehen wurde. Hier traf die Leiche Dietzee an Stelle der Trögers am Sonnabend gegen abend ein. Der Sarg wurde in der Leichen- an der Verteidigung hinderte. Trotzdem versuchte er, verzweifelt sich gegen die Uebermacht zu wehren, bis ihn ein wohlgezielter Schuß niederstrecktc. Co ist meine Geschichte; ein gütiges Ge schick hat mich vor einem grausigen Ende bewahrt; aber ich kann Ihnen versichern, daß es eine furchtbare Stunde war, in der ich lernte — nur zu gut! was fürchten heißt" „Wo ist die Rüstung denn jetzt?" fragte halb ängstlich eine junge Dame. „Ich habe sie aus meinem Zimmer schaffen und sie in der Halle der Reihe der anderen «ingliodern laßen; alber es sind Vorkehrungen getroffen, daß Aehnliches sich nicht mehr er eignen kann. Gleichwahl gehen die Leute noch immer mit einer gewißen Vorsicht daran vorüber. Doch es ist spät geworden, und ich schlage vor, daß wir uns zurllckziehen." Langsam, halb wider willig, folgten die Anwesenden der Aufforderung; standen sie doch sämtlich mehr oder weniger unter dem Vanne der Erzählung, und als sie die weite Halle des-Schloßcs durchschritten, flog man cher ängstliche Blick seitwärts, wo in flackerndem Kerzenschein die Rüstungen glänzten, und jedes Auge suchte mit halbem Schrecken die Eespensterrüstung. Lkleiner Lettilletrn Eine fürstliche Märtyrerin. Am heutigen Tage vollenden sich zehn Jahre, seit Kaiserin Elisabeth von Oesterreich dem Mord stahle des italienischen Anarchisten Lucheni zum Opfer fiel. Der Mörder wurde, da das schweizerische Gesetz die Todesstrafe nicht kennt, zu lebenslänglichem Zuchthause verurteilt. Erst kürzlich hatte er, wie das Auer Tageblatt meldet«, die Kühnheit, Kaiser Franz Joseph um Begnadigung zu bitten. Die rauh« Hand des unerbittlichen Schicksals hat selten so Ichwer auf einem Sterblichen gelastet, wie auf dem ehrwürdigen Haupte des greisen Kaisers Franz Joseph von Oesterreich. Was aber am tragischsten berührt, das ist das merkwürdige Zusammen treffen, das gerade das gegenwärtige Jahr, in dem es dem Herrscher vergönnt ist, aus eine sechzigjährige Regierungszeit zurückzublicken, ihm zugleich zwei Gedenktage allerernstester Art bringt: den fünfzigsten Geburtstag des einstigen Thronerben, Kronprinzen R ud 0 lf, dec in der Blüte seiner Jahre auf so entsetzliche Weise aus dem Leben schied und den zehnjährigen Gedenktag der Ermordung der Lebensgefährtin, die in der Schweiz das beklagenswerte Opfer eines jener fanatischen Mordgesellen wurde, die im Namen ihrer angeblichen Freiheit sich am Leben sogar der harml 0 sesten, allem Politischen grundsätzlich fern stehenden hochgebildeten Frau vergriffen. Und warum? Ein zig weil sie einem Fürsten, zumal einem Kaiser, vermählt war! Kann es eins stärkere Verurteilung deo Anarchismus geben, als die ruchlose Tat, deren erschütterter Zeuge die Welt vor zehn Jahren war? Das war kein sogenannter politischer Mord, das war purer feiger Meuchelmord, entsprungen dem krankhaften Hirn eines Verblendeten, der nur im der Bluttat das Ziel seiner Bestrebungen steht. Kaiserin Elisabeth Amalie Eugenik war als die älteste Toch ter des Herzogs Maximilian Joseph in Bayern am 24. De zember 1837 geboren und zeigte schon in früher Jugend Lei einem Hange zur Einsamkeit und Schwärmerei schöngeistige Nei gungen. Am 24. April 1854 reichte die damals erst 17jährige Prinzessin dem um 7 Jahre älteren Kaiser Franz Joseph von Oesterreich — Kaiser seit dem Jahre 1848 — die Hand zum Ehe bunde, dem vier Kinder entsproßen: Prinzessin Sophie, geb. 1855, gest. 1857; Prinzessin Gisela, geb. 1856, vermählt seit 1873 mit dem Prinzen Leopold von Bayern, Sohn des Prinz regenten ; Kronprinz Rudolf, geb. 1858, gest. 30. Januar 1889; und Prinzessin Mari« Valerie, geb. 1868, vermählt seit 1890 mit Erzherzog Franz Salvator. Kaiserin Elisabeth war eine schöne, majestätische Erscheinung und bezauberte namentlich, al» sie am 8. Juni 1867 als Königin vom Ungarn gekrönt wurde, die Herzen de» leicht entzündbaren Volkes dermaßen, daß ihr aller Sympathien wie im Sturme zuflogen. Dazu kam, daß die Kaiserin sich namentlich im Sattel alsgewandteReiterin äußerst vorteilhaft präsentierte. Auch war sie eine begeisterte Liebhaberin des Sports und ähnlicher Bestrebungen. Vor allem aber war sie eine Frau von hoher literarischer Bildung, selbst eine durchaus nicht mittelmäßige Dichterin und vor allem eine warme Verehrerin Heines, dem sie auf ihrem Lieblingssitze, der in diesem Jahre in den Besitz des Deutschen Kaisers Lbergegangenen Villa Achilleion auf Korfu, ein herrliches Denkmal errichten ließ. Die Poesie war das Reich, in dem sie sich allein wohl fühlte, hierher flüchtete sie sich, wenn des Daseins Schwere sie allzu sehr drückte, und als vollends der Thronerbe aus so tragische Weise aus dem Leben geschieden war, da weilte sie nur selten in der kaiserlichen Residenz und begab sich mehr denn je auf Reisen, namentlich zur See und auf ihren Musensitz Achilleion. Hier konnte sie, fern von allem höfi schen Zwang und Zeremoniell — der Politik war sie von je grundsätzlich ferngeblieben — ganz ihren schöngeistigen Neigun gen leben. Von den Gedichten der Kaiserin sei nur das folgende erwähnt, das, in ihrer Villa unter Glas und Rahmen ange bracht, ihrer Seelenstimmung treffenden Ausdruck gibt: Verzicht. Gerüstet sein wie für die letzte Reise Allstündlich ohne sorgend« Bedenken, Das ist vielleicht die einzig richtige Weise, Der Götter Segen auf sein Haupt zu lenken. Was du ersehnst, das wird dich ewig fliehen, Was du beweinen kannst, verlierst du auch. Die Huld des Schicksal» wird nur frei verliehen, Und suchst du sie, verweht sie dir ei» Hauch. E» liegt ein Fluch auf allem ird'schen Trachten, Und was er hält, das ringt sich nicht mehr lo». Doch lernst du lächelnd Glück und Glanz verachtend > Dann finkt dir ihre Fülle in den Schoß. Ob groß, ob klein erscheint, was wir getan, Wenn wir beschlossen unsre Erdenbahn,
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