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- Erscheinungsdatum
- 1908-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735684481-190802151
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735684481-19080215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735684481-19080215
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-02
- Tag 1908-02-15
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Monat
1908-02
-
Jahr
1908
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1. Beilage zu Nr. 38 deS Auer Tageblattes und Anzeigers für das Erzgebirge. Sonnabend, den lb. Februar 1008 werden, aber erst nach langem Parlamentieren gelingt es, die Bedenken der Photographen zu zerstreuen. Nicht Bedenken gegen die Gefährlichkeit Sodas; Bedenken gegen irrende Kugeln, denn die fünfzig Gewehre, die gegen die Löwin ins Feld geführt werden, erwecken nicht allzugroßes Vertrauen. Aber es kommt zu keinen aufregenden Zwischenfällen. Soda ist eingeschüchtert; sie will den Käsig nicht verlassen. Endlich kommt sie hervor. Sie kauert sich nieder auf den Boden; ihr Schwanz peitscht zornig die Erde. Dann folgt sie der Mauer, langsam, vorsichtig, immer wieder sich niederkauernd. Einige fünfzig Meter, die Flamänen sollen sie zurücktrciben, aber langsam nähert sich die Löwin dem Feuerbereich. Sie kommt dabei in einer Entfernung von zwei Metern an einem der Jäger vorüber. Ein Schuh, die Kugel dringt durch das Auge in den Kopf; einige kurze Zuckungen, und die Jagd ist beendet. Nur wenige Minuten währte das Schau spiel. Nun eilen die Iagdteilnehmer herbei, umdrängen die Beute und schleppen sie im Triumphzug feierlich rund um den Park. Was ein Chamälion nicht aushalten kann. Gelegentlich eines Banketts, das in Neuyork zu Ehren Mark Twains im Klub der Neuyorker Bankiers gegeben wurde, er zählte der amerikanische Humorist zum Nachtisch folgendes Ge- schichtchen, das er selbst erlebt haben will: Ich besah einmal ein schönes Chamälion, ein wahres Prachtcremplar. Ich hatte es selbst auf einer meiner Reisen gefangen und hütete und pflegte es mit großer Sorgfalt. Das Tier machte mir und meinen Freunden viel Spas;, und jedesmal, wenn ich Besuch hatte, muhte es nch mit seinen Eigenschaften produzieren. Setzte man es auf ein gelbes Tuch, dann nahm es eine gelbe Farle an, setzte man cs auf ein rotes Tuch, dann wurde es rot, und auf einer grünen Unterlage beliebte cs grün zu schillern. Eines schonen Tages nun kehrte ich erst spät abends von einem längeren Spaziergang zurück und sand beim Nachhausekonnnen ineine Wirtschafterin in Tränen aufgelöst vor. Was ist Ihnen, Mrs. Baxter? fragte ich erschrocken und erstaunt. Das Chamälion, das Chamälion, Mr. Twain! rief sie händeringend und schluchzte zum Steinerweichen. Nun, was ist mit dem Chamälion? Es ist tot, lautete die Antwort — und Mrs. Baxter sank verzweifel! in ihren Stuhl zusammen. So, sagte ich ärgerlich, denn ich hatte das amüsante Tier wirk lich in mein Herz geschlossen, wie ist denn das passiert? Und Mrb. Baxter, immer unter Schluchzen: Während Sie fort waren, besuchte mich eine Freundin, und als ich dieser von den Merk- Würdigkeiten des Chamälions erzählte, ruhte sie nicht eher, als bis ich ihr das liebe Tier vorsührte. Wir setzten es auf ein gelbes Tuch, und cs wurde gelb, nur setzten cs auf ein rotes Tuch, lind es wurde rot, auf der grünen Unterlage schillerte cs grün, dann aber ein neuer Tränenstrom — setzte sie cs auf ein schottisches Tuch — und da ist cS geplatzt! Das hat das Chamälion nicht ausgehalten! Sine BolkSversammlung in einem telephonischen Apparat wird vielleicht die Neuheit von morgen sein. Die Direktion des TvlephonivesenS in Belgien beschäftigt sich gegenwärtig mit einem Projekt, das die telephonische Unterhaltung zwischen mehreren Personen möglich machen soll. Man hofft, dah in einiger Zeit, vielleicht schon in einigen Monaten, die Neuerung eine vollendete Tatsache sein wird. Sie wird praktisch und bequem sein, erklärte ein Beamter dem Berichterstatter des Piccolo. Wir werden im Zeatralamt einen sehr einfachen Apparat erblicken, den ich heute noch nicht genau beschreiben kann, und dec cs möglich macht, daß unter Umständen alle Tclephonabonncntcn zu gleicher Zeil Miteinander in Verbindung treten können. Nach den Ver suchen, die wir gemacyt haben, können wir schon jetzt erklären, dah die Verbindungen tadellos sein werden. Die Neuerung dürfte viele Dinge einfacher gestalten. Die Mitglieder eines Vcrivaltungs« rals oder irgend eines Ausschusses werden sich untereinander ver ständig.« können, ohne erst aus dem Hause gehen zu müssen. Natürlich wird man auch telephonische Versammlungen veranstalten können. Von der ruhigen Oase seines Arbeitszimmers aus wird der Abonnent sich an jeder Debatte zu beteitigcn in der Lage ;ein. Der glückliche Sterbliche, der einen Tclephonanschlub hat, wird ruhig die Diskussion anhörcn und, wenn ihn der Rede drang packt, den Präsidenten ums Wort bitten und seine Rede am telephonischen Apparat halten. Chinesische Leckerbissen. Von den Genüssen der chinesischen Kochkunst weist der Gali leis eine amüsante kleine Geschichte zu erzählen. M de Mon- tigny war damals der Gesandte Frankreichs im Himmlischen Reich. Eines Tages wurde er von einem cinflnstrcichen Mandarinen zum Mahl geladen. Der Gastgeber halte cs sich nicht nehmen lassen, dem Gesandten die exquisiteste n Leckerbissen der chinesischen Küche vorznsrtzen. M. de Monligny hatte einen vorschriftSmüstigen Appetit mitgebracht, aber das Menu sättigte ihn schon bei der Lektüre vollständig. Denn da gab es pikante P s c r d e n i e r e n, Fledermäuse, köstlich knusperig geröstete Spinnen und kunstvoll gebratene meiste M ä u s e. Der Gesandte rührte keines der Gerichte an; schliesslich meinte der Wirt mit liebenswürdigem Lächeln: Exzellenz, beim nächsten Gericht werden Sie sich schad los halten können. Die Hoffnung des Gesandten lebte neu auf, aber nur für einen Moment; denn anmutig auf Krebsen arrangiert prangte ein gebratener Hund. Der Gast konnte trotz aller Diplomatie in seinen Mienen das auszuckende Entsetzen nicht ganz verbergen. O, m-intc der freundliche Mandarin, wenn Sie auch dieses Gericht vorübergehen lassen, werden Sie mich wirklich kränken; denn ich bin überzeugt, Exzellenz goutieren den Hund. Ich, ich wollte . . . Aber geivist, der Hund ist doch der Freund des Menschen. Resigniert fügte sich der Diplomat nnd nahm sich — einen Krebs. Zwei Lebeusschicksale. Aus Hamburg wird geschrieben: Hier starben dieser Tage zwei Männer, deren Schicksale wie ein Kapitel aus einem Roman anmuten. Beide waren einst flotte Studenten. Der eine war zuletzt Zeitungskorrektor mit 100 Mark Monatsgehalt; sein Vater hatte ihm ein Vermögen von 200000 Mark hinterlassen. Der andere war ein früherer zweifacher Millionär, der von Stufe zu Stufe sank. Vor etwa sechs Jahren siel in Leipzig ein Student, der Apotheker werden wollte, beim Examen durch. Aus gekränktem Ehrgefühl suchte der junge Mann die elterliche Wohnung in Oderbruch nicht wieder auf, beschloß vielmehr, in die weite Welt zu gehen. Er kam aber nur bis Hamburg; hier stürzte er sich mit den Bdrmitteln, die ihm noch geblieben waren, in den Strudel des Großstadtlebens, geriet vollends in den Sumpf und sank immer tiefer. Schließlich wurde er Karrenschieber. Als solchen sanden ihn vor etwa vier Jahren zwei Hamburger Jour nalisten, die beruflich am Hafen zu tun hatten. Sie waren zu fällig mit ihm in ein Gespräch gekommen, in besten Verlauf sie sofort merkten, daß der Karrenschieber einst bester« Tage gesehen hatte. Sie beschlossen, den Entgleisten wieder aus die richtige Bahn zu bringen. Er wurde sauber und neu eingckleidet und bei einer Hamburger Zeitung als Korrektor mit einem Monats gehalt von 100 Mark untergcbracht. Vier Jahre lang hat er seinen Posten ausgesUNt. Vor einigen Tagen wurde er krank und starb bald darauf in einem Krankenhause. Das Kranken haus teilte der Familie in Oderbruch den Tod des Angehörigen mit. Zu der Beerdigung Haien sich drei Brüder des Toten: zwei Gutsbesitzer und ein Offizier in Hamburg eingefunden. Sie er zählten, daß für die Auffindung des Vermißten vor sechs Jahren Uber !>000 Mark ausgegebcn worden seien. Es konnte aber keine Spur von ihm entdeckt werden, da er sich nicht polizeilich ange- meldct hatte. Bald »ach dem Verschwinden, so erzählten die Brüder weiter, sei ihr Vater gestorben und habe dem Bruder 200 000 Mark Vermögen Hinterlasten. In der großen Wcsterstraße in Altona brach vor einig.'« Tagen ein alter Mann kraftlos zusammen; er wurde nach dem Krankenhause gebracht, wo er st a r b. Vor Jahrzehnten hätte er es sich sicher nicht träumen lassen, daß er einmal auf der Straße zusammenbrechen und für arm beerdigt werden würde. Er war 1818 als Sohn eines sehr reichen Kaufmanns in Altona geboren; er absolvierte das Gymnasium, bezog die Universität und bestanv seine Examina. Unglücklicherweise starb um diese Zeit sein Vater und hinterließ ihm ein Barvermcgen von zwei Msllionen M a r k. Der junge Erbe versammelte einen Kreis von Schma rotzern um sich, mit denen er sein Geld verjubelte. Dies tolle Leben dauerte sechs Jahre, dann war das Geld „alle". Die ehe maligen Freunde ließen ihn im Stich. Es gelang ihm, eine be scheidene Stelle in einem Hamburger Exporthause zu finden; er hielt jedoch nicht lange aus; die Arbeit war ihm fremd geworden. Eine Zeitlang trieb er sich in aller Herren Länder umher. An fangs der achtziger Jahre tauchte er plötzlich wieder in Hamburg auf. Er erhielt eine Art Vertrauensstellung in einem Kauf- mannshause. Aber er täuschte das Vertraue» seines Ehest-; eines Tages war er mit der Kasse verschwunden, die etwa 10 000 Mark enthalten hatte. Als das unredlich erworbene Geld verjubelt war, stellte er sich freiwillig der Behörde und mußte für seinen Vertrauensbruch drei Jahre hinter Gesiinqnismauern zubringcn. Nach seiner Entlastung zog er als Landstreicher in Schleswig- Holstein herum, bis der Tod jetzt seinem Leben ein Ende ge macht hat. Italienische -lvtwkaten auf öUielttenjajlV. Standeswllrde ist ein schönes und beliebtes Wort, und es ist bekannt, daß gewisse Stände, so vor allem der Stand der Aerzte nnd der Anwälte, ihre ganz besondere Würde haben. Daß man cs aber, sobald der nervus rerum in Frage kommt, mit der Standcswürde nicht immer so genau nimmt, beweist ein in der Gazetta di Torino vcrössentlichter Artikel, in welchem ein pie- montesischer Mvokat ein bischen aus der Schule plaudert. In unterhaltender Weise erzählt er von den sinnreichen Reklame kunststücken, die gewisse Anwälte anwcndc», um, sobald ein „schönes Verbrechen" die öffentliche Meinung beschäftigt, die Auf merksamkeit aus sich und aus ihre Advokatcnstube zu lenken. In Turin lebt ein Advokat, der sein ganzes Bureau mit Verbrecher bildern tapeziert hat — und unter jedem Bilde steht «ine enthu siastische Widmung. Sobald einer, der etwas auf dem Kerbholz hat und einen Verteidiger braucht, das Bureau betritt, zeigt ihm der vornehme Anwalt mit . . . berechtigtem Stolz die Bilder: der da rechts mit dem langen Bart ist ein Vatermörder; der dort links oben im Blusenhemd hat im Streit drei Genossen erschlagen; jener Herr, der so ehrwürdig aussteht, ist ein Notar, der ein Testament gefälscht hat. Und natürlich hat er, der «Her vorragende Advokat", die Freisprechung aller dieser Dentlemen erzielt und klipp und klar ihre Unschuld nachgewiesen. Der Man», der dringend einen Verteidiger braucht, reißt natürlich vor Bewunderung die Augen sperrweit aus und verspricht die unmöglichsten Honorars. Andere Anwälte durchstöbern jeden Tag mit großer Auf merksamkeit die Zeitungen und schreiben dann sofort einen Brief an die Familie des Arbeiters, der einem Kollegen einen Messer stich verletzt hat, der Kommis, der seine Rennwetten aus der Ladenkaste bezahlt hat, des alten Lüstlings, der bei einem Sttt- lichkeitsverbreck-en ertappt worden ist, um diesen Herren Ver brechern Rat und Hilfe anzubieten. Die Treiberrolle bei dieser Klientenjagd spielen gewiss« berüchtigte Agenten, die in den ^meisten Fällen selbst schon mit dem Gefängnis Bekanntschaft ge macht haben und der Polizei als vorbestraft genau bekannt find; es sind Hehler, Zuhälter, Damen von der Straße, Verwandte und Freunde der Herrschaften, die immer mit einem Fuße auf der Schwelle des Zuchthauses stehen. Sobald die Kunde von einer Strafsache zu ihnen dringt, laufen diese Leute zu dem Messer stecher, zu dem Spitzbuben oder zu der geschädigten Partei und empfehlen diesen oder jenen Advokaten, der schon die Freispre chung des Herrn Müller oder Schulze durchgeseht hat, der mit den Richtern eng befreundet ist, und der mit einem so geringen Honorar zufrieden ist. Und sie reden und arbeiten so lange und wissen das Wild so geschickt zu umgarnen, daß sic fast immer die „Sache" für ihren Auftraggeber zu kaper» wissen; der Advokat zahlt ihnen dann natürlich einen anständigen Prozentsatz von dem Honorar, das er erhält. Diese Klientenjagd wird manchmal sogar in den Gefän g- nissen ausgeübt; hier ist es gewöhnlich der mit Bureauarbeiten beschäftigte Sträfling, der zwischen dem Advokaten und dem Untcrsuchungsgesangenen den Vermittler spielt. Advokaten, di« sich mit solchen Leuten etnlasten, geraten nicht selten selbst aus die Bahn des Verbrechens und werden schließlich gezwungen, ihren Beruf auszugeben. Solche Rechtsanwälte a. D. sind dann froh, wenn sie irgendwo ein Unterkommen finden, und es kann passieren, daß sie ihr Leben als Straßenfeger oder als Haus diener beschließen. In Mailand und Turin gibt es verschieden« gewesene üldvokaten, die jetzt in den niedrigsten Berufen tätig sind. Was mancher nicht weis;. Der Riesenhai wird bis 8000 Kilogramm schwer. Die Stadt Linden in Hannover hat 00 000 Einwohner, ist aber weder Sitz einer staatlichen Behörde oder Garnison, noch hat sie ein Theater, Museum oder eine Bibliothek. In der christlichen Symbolik ist der Hase nicht das Sinnbild der Furcht, sondern des reuigen Sünders. * Beim Prägen hält der Unterstempel nicht still, sondern wird im Moment des Druckes um 3 Grad gedreht. BereinStalenver. Sonnabend, den lö. Februar 1008. Verein Union, Aue, Versammlung im Restaurant Edelweiß. Verein Turnerschast Aue. Versammlung im Schützenhaus. Corps Cimbria. i/„0 Uhr im Hotel „zur Eiche." Sonnlag, den >0. Februar 1008. Naturheilvercin Zschorlau, Restaurant Bicrhallc. frostdouivn, sufgöspenngsns Uünüo, fldvkton, kranci- wuncisn, oiköns üsino, iisutau88vilMgs, Wunüsvln (iimtie- 8onckore bei kleine» Kinciocn) Wolf, 8okvvoi88fü88S, iiömorr- lioicksn, l8vtiis8, Krampfacispn nnci anäsrs Ko8oliwüro bellt 8cli»ell »nli siclier clie von liolien Zerrten empkolilene. im In- null ^uRnncke mit liöcimten Fnsreiclinnnßen prämiierte UW- WenLSlssIbe "WS per l)o8e /Vik. 1- in allen ^pollielcen erüülllicü oller ckirekt ru berielien llurcli llie alleinigen Fabrikanten Lki*. Akenseei ch Oo-, Aainr Aomdsek. bequeme» Stühle nieder. Essen konnte sie nichts, aber wie er unaufhörlich in sie drang, nippte sie ein wenig von dem Süd wein, dem der Edelsteinhändler selbst lebhaft zusprach. „Wollen wir nun gehen?" fragte er. Eie erhob sich und krampfte ihre weißen Hände um die Stuhllehne, um ihrem jungen Gesicht lag ein unbeugsamer Widerstand. Er ging lächelnd um den Tisch herum, berührte leicht ihrm Awn und sagte: „Ich habe eine kleine Ueberraschung für dich, da, in meinem Arbeitszimmer." Sie blickte flüchtig hin, aber ihre Miene war voller Mißtrauen. „Komme doch!" bat er und ging voraus. Schließlich folgte sie ihm. Aber er, der sie heimlich beobachtete, bemerkte recht wohl ihre Verwunderung, wie sie sich umblickte, in diesem nicht allzu- grotzen Raum, den sie jetzt betrat. Dessen Licht kam aus rochier ten Lampen, so daß seine Quellen nicht zu sehen waren. Der Schein war wie mattes Gold und um so merkwürdiger und ge heimnisvoller erschienen Wände und Decke des Gemaches, die ganz mit dunkelblauem Sammet be'pannt waren. Der Fuß boden war aus Spiegelglas und das erweckte den Eindruck, als käme das von dort reflektierte Licht auch aus der Tiefe. Tische und Stühle waren aus Ebenholz und die Sessel hatten Sa: metbezüge von demselben schwarzbraunen Lüster. Keine Farve gab es hier, kein Bild hing an den Wänden, nur der ttefdunkl« Schimmer der Sammelbecken und das flüssige Gold, das aus den Spiegeln des Estrichs omporlohte. Der Juwelen Händler zeigte schweigend nach einem Sessel hin, der an dem mächtigen, mit seltsamen Arabesken geschnitzten, schwarzem Tische stand, während er selbst nach der Ecke ging, di« ein riesenhafter Tresor einnahm. Den Schrank schloß er auf und da erhob sich im ganzen Hause ein Klingen, aber ein einziger Fingerdruck seiner Hand brachte die singenden Glockenzeichen sosort zum Schweigen. „Das weckt mich," sagte er lächelnd, „wenn Unberufene mal kn meinem Schrank Nachsehen wollen." Und indem er da» sagte, ging er in andere Ecke de» Gemache», tzt« mit demselben dunkelgliinzenden Stoff bezogen war, und brachte mit einem Handgriff ein dort verborgenes Spielwerk in Aktion, das schmachtende, offenbar altertümliche und der jungen Frau unbekannte Lieder zu spielen begann. „Sie gehörte der Hortense Bcauharnais, der schönen Stief tochter Napoleons, diese Spieluhr . . . Und es hat mich viel Geld gekostet, sie wieder in Stand sehen zu lasten." Die blonde Adele interessierte das gar nicht, aber die Furcht vor den, „Später" und der Wunsch, den Augenblick sestzuhalten, ließ sie nähertretcn und allmählich nahmen die freundlichen und zarten Weisen ihren Sinn gefangen. Er lachte still in sich hinein und wie er wieder nach dem großen Geldschrank hinllbcrging, wurde das Licht immer Heller, neue Flammen schienen auszuleuchten und in ihrem Schein stellte Victor Aldobrastan einen großen, in Silber getriebenen Kasten aus die Sammetdecke des Tisches. Aber für Adele hatten die Schätze, die er jetzt vor ihr aus breitete, keinen Reiz. Und als er ihr einen Rubin von der Größe eines Bogeleies, der wie klaren, goldgctränktes Blut leuchtete und an einer goldenen Kette hing, hinreichte, da wei gerte sie sich entschlossen, ihn zu nehmen. „Aber er ist dein, ich schenke ihn dir!" nickte Aldobrassan. Sie schüttelte nur den Kopf. „Das sind die Steine, die ihrem Besitzer Glück bringen. Und weißt du," er lächelte scherzend, „wenn einmal ein Unglück dich treffen sollte, soimrkst du es an diesem Stein sofort... er wechselt dann die Farbe, verliert sein tiefes Rot und wird bläulich. . ." „Dann müßte er es jetzt sein," sagte sie leise. Er wandte sich zur Sette, um seinen Zorn zu verbergen. Gleich darauf aber kehrte er sich ihr wieder zu, nahm einen JaHpts, der in Silber als Ring gefaßt war, aus der Kassette, hielt ihr den durchsichtigen, roten und von grünen Aederchen durchzogenen Stein hin und sagte mit verstecktem Hohn: „Und weißt du, was der für Eigenschaften hat? ... Er soll di« Person, der er geschenkt wird, mit leidenschaftlicher Liebe erfüllen für den, der ihn schenkte." Mit einem Entsetzen, al» hab« der Ring sich plötzlich in eine Schlange verwandelt, stieß Adele di« ihn darbittend« Hand zurück. „Nein! Nein! ... Ich will nichtI"> rief sie. Der Juwelenhändler betrachtete sie ruhig, nur ein leichtes Zusammenziehen der Lider in dem bärtigen Gesicht, welchem die brünette Farbe und die schweren grauen Schatten unter den brennenden Augen etwas Fremdländisches gaben, verriet, was er jetzt empfand. Aber desto deutlicher las man aus den Zügen der jungen Frau deren Empfindungen: ein Gemisch von Abscheu, Widerwille und Trotz, das krampfte ihr« feinen Lippen auseinander, das glühte in den blauen Augensternen, die in dieser Umgebung doppelt lockend und unergründlich wie das Rätsel der Weiber seele selbst erschienen. Der Juwelenhändler versuchte es mit allem möglichen, aber es hals ihm nichts. Adelens Interesse war dahin! Das Mysterium der Ehe, dem sie entgegenging, schien ihr schauerlicher, al» all« Geheimnisse der Welt, von denen diese Kostbarkeiten hier Zeug nis ablegen sollten — sie fürchtete sich. In den Augen des Juwclenhändlers blitzte cs auf, er bat, Adele für einen Augenblick allein lassen zu dürfen . Und das erlaubte sie ihm von Herzen gern. Er aber ging hinüber in das Schlafzimmer, dessen weiße Seidenkissen im Lichte einer mit bunten Glasflächen inkrustier ten Ampel träumten, und öffnete dort ein Wandschränkchen, dem er ein winzig kleines, aus einem Beryll geschnittenes Flacon entnahm . . . Das steckte er zu sich und kehrte zurück in das Sammetgernach. Das war leer Er stürzte in das Eßzimmer, in die Salons, ins Schlafzim mer zurück, auf den Korridor Da, die Entreetür stand offen, auf der Treppe brannte do- elektrische Licht I . . . Rasch faßte er in seine Paletottasch« — die Schlüssel fehlte«. Und wie ein Panther in langen Sätzen die Treppe hinab- springend, fand er da» Haustor geöffnet. Sein Schlüssel steM« im Schloß. Da ging er mit einem wilden Fluch wieder hinauL aber nur um sich umzuziehen und die Wohnung sofort wiche» zu verlassen. Eortsetznng folgte
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